NEWS - ARCHIV

EU-Vorsitz: Abgeordnete der Europaausschüsse warnen bei Konferenz vor hartem Brexit

Dieser Artikel wurde archiviert.

Im Rahmen der parlamentarischen Dimension des österreichischen Ratsvorsitzes lädt das Parlament zur COSAC, der Konferenz der Europaausschüsse der Parlamente der EU, in das Austria Center Vienna. Eröffnet wurde die 60. Konferenz der Europaausschüsse durch Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und Bundesratspräsidentin Inge Posch-Gruska. Sobotka appellierte an die ParlamentarierInnen, die Länder des Westbalkans auf dem Weg nach Europa zu begleiten. Die Balkanregion sei bis ins 21. Jahrhundert hinein ein Krisenherd geblieben und deshalb sei es notwendig, dieser Region eine klare Perspektive für Europa zu geben. Die Bundesratspräsidentin wies auf die soziale Dimension der EU hin und stellte fest, es brauche einen Ausgleich zwischen wirtschaftlichen und sozialen Aspekten. Anschließend an das Motto des österreichischen Ratsvorsitzes "Ein Europa, das schützt" müsse es auch gelten, den sozialen Schutz und die Absicherung des Wohlstands miteinzuschließen, um die EU als verlässliche und stabilisierende Kraft wiederherzustellen.

Nach dem jüngsten Durchbruch in den Brexit-Verhandlungen stand am ersten Konferenztag die erzielte Einigung zwischen der Europäischen Union und Großbritannien im Fokus der Debatte. Danuta Hübner, die Vorsitzende des Ausschusses für konstitutionelle Fragen im Europäischen Parlament, warb für das Austrittsabkommen, das ihrer Ansicht nach Rechtssicherheit für alle gewährleiste. Von Seiten der britischen VertreterInnen äußerte hingegen Sir William Cash, Abgeordneter des House of Commons, schwere demokratiepolitische Bedenken gegen die Einigung und konstatierte, dass das Vereinigte Königreich gute Gründe habe, die EU zu verlassen. Lord Timothy Boswell of Aynho vom House of Lords warnte hingegen vor einem No-Deal. Dies wäre das schlimmste Ergebnis für alle Beteiligten.

Auch Staatssekretärin Karoline Edtstadler, die zuvor über den aktuellen Stand des österreichischen EU-Ratsvorsitzes informierte, umriss als eines der Ziele des Vorsitzes, die Vermeidung eines ungeordneten, "harten Brexits" und die Wahrung der Einheit der verbleibenden 27 EU-Mitgliedstaaten. Trotz dieses derzeit dominanten Themas, würden die anderen Themen, wie illegale Migration, nicht vernachlässigt.

Der europäischen Klimapolitik und Energieunion wurde bei der Konferenz ein eigener Schwerpunkt gewidmet. Zwar würden sich die Mitgliedstaaten sehr ambitioniert bei der Erreichung der Pariser Klimaziele zeigen, allerdings lässt die Wissenschaft keinen Zweifel daran, dass die Anstrengungen zur Eindämmung der Erderwärmung noch weiter verstärkt werden müssen, unterstrich EU-Kommissionsmitglied Maroš Šefčovič. Monika Langthaler, Direktorin des R20 Austrian World Summit, nannte drei Herausforderungen, die sich für die Energieversorgung in den nächsten Jahren stellen würden: Klimawandel, Zugang zu Elektrizität und Luftverschmutzung in den Städten, welche zu einem der größten Killer der Menschheit geworden sei.

Vor dem Hintergrund der Europawahlen im kommenden Jahr debattierten die Abgeordneten auch über wachsende EU-Skepsis und über die Wiedergewinnung von Vertrauen. Unter anderem durch das Nichteinhalten der Dublin-Regelungen, durch Verstöße gegen Grundsätze der Rechtstaatlichkeit einzelner Mitgliedstaaten oder durch EU-Überregulierungen habe laut Justizminister Josef Moser das gegenseitige Vertrauen innerhalb der EU in den letzten Jahren gelitten. Daher brauche es einen Kurswechsel, um das Vertrauen in Europa wieder zu stärken. Mairead McGuinness, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, zufolge steht das allgemeine Vertrauen in die Politik auf dem Spiel, da die gegenwärtige Wahrnehmung des Politiker-Berufs sei problematisch sei. Eine Lösung sieht McGuinness im Thema Transparenz, die auch ein Schüsselthema für nationale Parlamente darstelle.

Die COSAC-Schlussdokumente bilden schließlich das breite Themenspektrum zum Ende der zweitägigen Konferenz ab. Demnach wird dem Subsidiaritätsprinzip viel Bedeutung beigemessen, sodass politische Entscheidungen transparenter, effizienter und mit größerer öffentlicher Akzeptanz getroffen werden. Hinsichtlich illegaler Migration bekennt sich die COSAC in ihrem Beitrag zu paneuropäischen Maßnahmen für den Schutz der EU-Außengrenzen sowie für den Kampf gegen Menschenhandel und Schlepperei. Für verstärkte Reformprozesse in den Ländern des Westbalkans sprechen sich die COSAC-Mitglieder überdies aus, wobei die EU im Sinne einer guten Nachbarschaft den südosteuropäischen Staaten eine klare EU-Beitrittsperspektive zu geben und finanzielle Unterstützung zu leisten habe. Außerdem bekräftigen die Europaausschüsse das Bestreben, auf Basis des UN-Klimaabkommens von Paris die nötigen Schritte gegen die drastische Erderwärmung zu setzen. Weitere Maßnahmen zur Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf möglichst 1,5°C seien jedoch erforderlich. Zum anvisierten Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU, dem Brexit, heißt es in den Schlussdokumenten der COSAC, man wolle gerade auf parlamentarischer Ebene jedenfalls die enge Zusammenarbeit mit Großbritannien erhalten.

Weitere Informationen: