News in einfacher Sprache 08.07.2024, 09:20

2. Sitzungstag: Keine Zweidrittel-Mehrheit für Grün-Gas-Quote

Die von der Regierung vorgeschlagene Grün-Gas-Quote erhielt nicht die notwendige Mehrheit. Der von der Koalition vorgelegte "Made-in-Europe"-Bonus zu Photovoltaik-Investitionszuschüssen wurde mit Zweidrittel-Mehrheit beschlossen.

Was ist die Grün-Gas-Quote? Gasversorger sollen einen bestimmten Anteil an fossilem Erdgas durch Grünes Gas ersetzen. Das ist im Inland produziertes erneuerbares Gas. Dadurch soll die Abhängigkeit von Gasimporten verringert und die Versorgungssicherheit verbessert werden. Dafür sind Änderungen im Erneuerbaren-Gas-Gesetz (EGG) notwendig. ÖVP und Grüne brachten im Plenum einen Abänderungsantrag dazu ein. Er erhielt nicht die notwendige Mehrheit.

Worum geht es beim sogenannten "Made-in-Europe"-Bonus für Investitionen in Photovoltaik (PV)? Größere Unternehmen bekommen einen Zuschuss, wenn sie PV-Anlagen kaufen. Mit dem Bonus soll der Zuschuss um 20 Prozent höher sein. Die Unternehmen müssen die Anlagen in Europa kaufen. ÖVP und Grüne brachten noch einen Abänderungsantrag ein. Die Höhe des Bonus soll differenziert festgelegt werden.

Mit Johannes Rauch diskutierten die Abgeordneten auch über Tierschutz.

Wirtschaft: Einwegpfand, Gewerbeanmeldungen, Marktüberwachung

Ab 2025 gibt es Pfand auf Einwegflaschen und Einwegdosen. Das wird durch die "AWG-Novelle Digitalisierung" zum Abfallwirtschaftsgesetz genauer geregelt.

Mit einer Änderung der Gewerbeordnung wird das Gewerbeinformationssystems Austria (GISA) weiterentwickelt. Damit sollen Gewerbeverfahren rascher abgewickelt werden können.

Beschlossen wurde auch die Novellierung der gewerblichen Marktüberwachung. Durch die Überwachung sollen nur Produkte auf den Markt kommen, die in der EU erlaubt sind. Dazu gehören zum Beispiel Motoren oder Drucker.

Begriffe einfach erklärt

Die Arbeit im Parlament ist sehr umfangreich und vielfältig. Es gibt viele Fachbegriffe. Diese Begriffe werden auf der Parlaments-Website einfach verständlich erklärt: 

Begriffe einfach erklärt

Gesundheit: Von Tierschutz bis zu Änderungen im MTD-Berufsrecht

Der Nationalrat befasste sich an diesem Tag mit zahlreichen Gesundheitsthemen.
Zum Beispiel wurde eine umfassende Novelle des Tierschutz-Gesetzes beschlossen. Sie bringt eine Verschärfung des Qualzuchtverbots für Heimtiere. Wer Hunde und exotische Tiere hält, muss dafür bald einen Sachkundenachweis erbringen.

Tierschutz war auch Thema in der Fragestunde mit Minister Johannes Rauch. Mit ihm diskutierten die Abgeordneten auch über wichtige Maßnahmen und Vorhaben in den Bereichen Gesundheit, Soziales und Konsumentenschutz.

Das MTD-Gesetz wurde reformiert. MTD-Berufe sind medizinisch-technische Dienste. Dazu gehören Physiotherapeut:innen, Biomedizinische Analytiker:innen, Radiologietechnolog:innen, Logopäd:innen, Diätolog:innen, Ergotherapeut:innen und Orthoptist:innen. Neu geregelt wurde auch das Berufsrecht für diese Berufe.

Angenommen wurde ein Abänderungsantrag zum Rezeptpflicht-Gesetz. Auch Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege können nun Arzneimittel verschreiben.

Mehrheitlich beschlossen wurde die Novellierung des EU-Qualitätsregelungen-Durchführungs-Gesetzes. Im Gesetz geht es vor allem um Regeln für die biologische Produktion von Lebensmitteln.

Rechtliche Grundlagen wurden auch für diese Bereiche geschaffen:

  • Vollbetrieb des elektronischen Impfpasses
  • Anbindung der Rettungsdienste und der Hotline 1450 an ELGA
  • Abgabe von Arzneimitteln durch das Österreichische Rote Kreuz

Mit der Änderung im Medizinprodukte-Gesetz wird eine EU-Verordnung umgesetzt.

Pflegepaket: Ausweitung der Befugnisse des Personals

Das neue Pflegepaket bringt eine Ausweitung der Zuständigkeiten von diplomiertem Pflegepersonal, Pflegefachassistent:innen und Heimhelfer:innen.

Sonderausbildungen für den gehobenen Pflegedienst sollen künftig nach einer längeren Übergangsphase nur noch im tertiären Bildungssektor, also auf Fachhochschul- oder Universitätsebene stattfinden.

Es gab auch einen umfangreichen Abänderungsantrag zum Gesundheits- und Krankenpflege-Gesetz. Angehörigen des gehobenen Dienstes dürfen ab September 2025 selbstständig Arzneimittel in den Bereichen Nahrungsaufnahme, Körperpflege und Pflegemaßnahmen verordnen.

Geplant ist eine Erweiterung des Pflegestipendiums. Dafür soll das AMS künftig weitere 20 Mio. Euro jährlich aus dem Budget des Sozialministeriums bekommen.

ÖVP und Grüne schlugen vor: Die Versehrtenrente und andere Geldleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung sollen in Zukunft nicht mehr bei der Berechnung der Ausgleichszulage und bei der Sozialhilfe berücksichtigt werden.

Sozialversicherungsänderungs-Gesetz 2024

Wenn jemand im Inland oder in einem EU-Staat in Haft ist, bekommt er keine Pensionsleistungen und andere Leistungen aus der Sozialversicherung. Das gilt in Zukunft auch, wenn jemand in einem Drittstaat in Haft ist.

Um eine Pension zu bekommen, muss man eine Mindestversicherungszeit erreichen. Zeiten der Pflegekarenz, der Pflegeteilzeit und der Begleitung von Kindern zu Reha-Aufenthalten sollen in Zukunft als Versicherungsmonate aufgrund einer Erwerbstätigkeit gelten.

Berufsbezeichnung "Sozialpädagog:in"

Das im Februar beschlossene Sozialarbeits-Bezeichnungsgesetz schützt Bezeichnungen wie "Sozialarbeiter" oder "Sozialpädagogin" gesetzlich. Für den Bereich der Sozialpädagogik sollen nun Übergangsbestimmungen festgelegt werden. Sie regeln, wann jemand die Bezeichnung "Sozialpädagoge" bzw. "Sozialpädagogin" tragen darf.
Im Sozialausschuss stimmten ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grüne für den Koalitionsantrag.

Mehr Zuständigkeiten für Heimhelfer:innen

Das Mindestalter für Fach-Sozialbetreuer:innen und für diplomierte Sozialbetreuer:innen wird auf 18 Jahre herabgesetzt. Die Zuständigkeiten von Heimhelfer:innen werden ausgeweitet, das steht in einer Bund-Länder-Vereinbarung aus dem Sozialbereich. Heimhelfer:innen sollen auf Anweisung von Gesundheitspersonal mehr Aufgaben übernehmen dürfen, wenn sie die passende Ausbildung dafür haben. Dazu gehören Blutdruck, Puls und Temperatur messen, Blutzucker kontrollieren und bei der Verabreichung von ärztlich verordneten Augen-, Nasen- und Ohrentropfen helfen.
Die theoretische und die praktische Ausbildung wird dafür verlängert.

"Papamonat" für Zivildiener

Auch Einrichtungen der Altenbetreuung und Krankenanstalten zählen in Zukunft zu den bevorzugten Zivildienst-Einrichtungen. Zivildiener sollen bei der Geburt eines Kindes künftig einen "Papamonat" in Anspruch nehmen können.

Stärkung der Behindertenanwaltschaft

Eine Novellierung des Bundesbehinderten-Gesetzes und des Behinderteneinstellungs-Gesetzes bringt verschiedene Verbesserungen für Menschen mit Behinderung. Die Behindertenanwaltschaft und der Bundesbehindertenbeirat sollen gestärkt werden. Es sollen mehrere Regionalstellen der Behindertenanwaltschaft eingerichtet werden.

Der Österreichische Behindertenrat wird mit jährlich 870.000 Euro finanziell abgesichert.

Unternehmen mit mindestens 400 Beschäftigten müssen in Zukunft eine:n Barrierefreiheits--Beauftragte:n haben.

Leistungen für Verbrechensopfer

Verbrechensopfer haben Anspruch auf Hilfeleistungen nach dem Verbrechensopfer-Gesetz. Für die Entscheidung ist das Sozialministeriumservice zuständig. Damit diese Entscheidung rascher erfolgt, sollen die Staatsanwaltschaften und Gerichte verpflichtet werden, dem Sozialministeriumservice die erforderlichen Informationen zu übermitteln.

Arbeit und Soziales: Zuverdienst-Grenzen, Tele-Arbeit

Studierende über 20 Jahre haben Anspruch auf Familienbeihilfe. Sie verlieren aber diesen Anspruch, wenn sie mehr als 15.000 Euro im Jahr dazuverdienen. Sie bekommen dann auch weniger Studienbeihilfe.

Die Koalitionsfraktionen wollen die Zuverdienst-Grenze ab 2025 jährlich an die Inflation anpassen. Die Grenze für das heurige Jahr soll rückwirkend mit 1. Jänner 2024 auf 16.455 Euro angehoben werden.

Schlechtwetter-Entschädigung für Bauarbeiter:innen

Ziel der Novelle ist, gleiche Regeln für die Stammbelegschaft und überlassene Arbeitskräfte zu ermöglichen. Voraussetzung ist: Auch der Betrieb, dem die Arbeitskräfte überlassen wurden, muss in den Geltungsbereich des Gesetzes fallen. Auch Spenglerbetriebe wurden mit ein paar Ausnahmen in den Geltungsbereich des Gesetzes aufgenommen.

Rechtliche Rahmenbedingungen für Tele-Arbeit

Eine Regierungsvorlage schafft die arbeits- und sozialrechtlichen Rahmenbedingungen für Tele-Arbeit. Telearbeit liegt dann vor, wenn Arbeitnehmer:innen regelmäßig von zu Hause aus arbeiten. Nun sollen sie auch an anderen Orten arbeiten können, zum Beispiel in Coworking-Spaces oder an anderen Orten wie Cafés. Telearbeit und die jeweiligen Orte müssen in einer Telearbeits-Vereinbarung schriftlich vereinbart werden.

Auch die unfallversicherungsrechtlichen Regelungen wurden angepasst. Als Tele-Arbeit gilt nicht, wenn jemand in einer Filiale oder Zweigstelle der Arbeitgeber:in arbeitet.

Klarstellungen und Neuregelungen für Gastverträge an Theatern

Zu Gastverträgen an Theatern gibt es nun klare Regeln. Novelliert wurde das Theaterarbeits-Gesetz. Auch Bühnenunternehmen ohne fixes Ensemble haben, müssen klare Entgeltgrenzen für Gastverträge haben.

Übereinkommen über die Beseitigung von Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz

Der Nationalrat hat ein internationales Übereinkommen über die Beseitigung von Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz ratifiziert. Es enthält auch Empfehlung der Internationalen Arbeitsorganisation.

Verkehr: Fahrgastrechtnovelle stärkt die Entschädigungsrechte

Durch die Fahrgastrechtenovelle 2024 werden die Entschädigungsansprüche von Fahrgästen gestärkt. Zum Beispiel, wenn ein Zug ausfällt. Eine Änderung im Eisenbahn-Gesetz macht es möglich, rasch auf Kapazitätsprobleme zu reagieren.

Der Bund leistet einen Beitrag zur Finanzierung des Baus der Regionalstadtbahn Linz. Das ist ein Teil der so genannten "Öffi-Milliarde". Die 15a-Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Land Oberösterreich wurde einstimmig angenommen.

Österreichs tritt dem 2008 abgeschlossenen Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) bei. Das unterstützten alle Fraktionen.

Angenommen wurden auch Entschließungsanträge. Darin geht es um den verstärkten Ausbau von Rampen an Bahnhöfen und um Verbesserungen des transeuropäischen Bahnverkehrs.

Auch einige Punkte im Kraftfahr-Gesetz wurden neu geregelt. Dabei geht es zum Beispiel um Deckkennzeichen und Wunschkennzeichen. Wunschkennzeichen sollen nicht bewilligt werden, wenn sie anstößige Wörter oder Zahlen enthalten.

Die Abgeordneten stimmten auch für Maßnahmen für rasche Pannenhilfe aus. Eine Petition für den Ausbau des ÖBB-Parkdecks am "Bahnknotenpunkt" Wels wurde zur Kenntnis genommen.

E-Government und Medientransparenz-Gesetz

Eine Änderung des E-Government-Gesetzes schafft die rechtlichen Grundlagen für weitere Digitalisierungs-Schritte in der Verwaltung. Verantwortliche des öffentlichen Bereichs sind verpflichtet, miteinander digital zu kommunizieren.

Bürger:innen sollen wählen können, in welcher Form sie mit öffentlichen Stellen kommunizieren.
Bei der E-ID-Registrierung oder für die ID Austria soll künftig auf ein bereits registriertes Foto vom Reisepass oder Personalausweis oder der E-Card zurückgegriffen werden können.

Ausnahme für Tourismuswerbung

Das Medientransparenz-Gesetz verpflichtet die öffentliche Hand, Inserate und andere entgeltliche Werbeleistungen in regelmäßigen Abständen zu melden. Das soll mehr Transparenz schaffen.

Ausgenommen ist im Ausland verbreitete Tourismuswerbung. Diese Ausnahme gilt derzeit nur für klassische Inserate und Sponsoring in TV, Radio, Printmedien und im Online-Bereich. Nun sollen auch andere Werbeformen wie Plakate und Public Screens rückwirkend mit Anfang 2024 in die Ausnahmeregelung mit einbezogen werden.

Zahlreiche Prüfberichte des Rechnungshofs

Mit insgesamt 13 Berichten des Rechnungshofs befassten sich die Abgeordneten am Schluss der Sitzung. Die Themen reichten von der Akademie der Wissenschaften, Bildungsdirektion, dem Bundesverwaltungsgericht, Gewalt- und Opferschutz von Frauen, dem Schulbetrieb während der COVID-19-Pandemie bis hin zu wohnrechtlichen Schlichtungsstellen.

Sonderaktivitäten: Dringliche Anfrage, Misstrauensantrag, Fristsetzung

Die Freiheitlichen brachten eine Dringliche Anfrage ein. Thema war die ihrer Ansicht nach "eigenmächtige Zustimmung der Bundesministerin Gewessler zum EU-Renaturierungs-Gesetz". Die Zustimmung ist rechtskonform gewesen, zeigte sich Gewessler überzeugt. Ein gegen sie eingebrachter Misstrauensantrag blieb in der Minderheit.

Danach fand eine Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag statt. Die SPÖ trat dafür ein: Der Gesetzesantrag für die Abschaffung der Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung soll bis 8. Juli im Sozialausschuss behandelt werden.