News in einfacher Sprache 27.06.2025, 15:13

Als die Todesstrafe abgeschafft worden ist

Zwei Mal ist es ihm gelungen, sieben Mal hat er es probiert: Der Frauenmörder Johann Trnka ist in die Wohnungen seiner Opfer eingebrochen und hat sie getötet. Er hat dann Radios und andere Wertgegenstände gestohlen, die er leicht verkaufen konnte. Aber man erinnert sich an Johann Trnka nicht nur wegen seiner Verbrechen: Er ist der letzte Mensch gewesen, der in Österreich vom Staat hingerichtet worden ist.

Johann Trnka ist wegen zweifachen Mordes zum Tod durch Hängen verurteilt worden.

Das war am 24. März 1950. Trnka ist im Galgenhof des Wiener Straflandesgerichts gehängt worden. Genau zwei Monate später hat der Nationalrat aber für ein Ende der Todesstrafe gestimmt. Das ist außergewöhnlich gewesen. Das zeigt schon der Gesetzesantrag: Der wäre für ein Ende der Todesstrafe nämlich gar nicht notwendig gewesen.

Hinrichtungen unter Dollfuß und Hitler

Eigentlich ist die Todesstrafe in der Bundesverfassung schon 1919 abgeschafft worden. Aber unter der Regierung von Engelbert Dollfuß ist sie wieder eingeführt worden. Damals hat Justizminister Kurt Schuschnigg erklärt, dass die Todesstrafe notwendig wäre, damit man etwas gegen die Anschläge von Terroristen tun könne. Er hat damals die Nazis gemeint.

Engelbert Dollfuß hat die Todesstrafe für Mörder, Brandstifter und schwere Sachbeschädiger eingeführt. Später auch für andere Taten.

Auch unter den Nationalsozialisten hat es die Todesstrafe gegeben. Sie haben sie gegen Gegner ihrer Herrschaft eingesetzt. Nur am Straflandesgericht in Wien sind zwischen 1938 und 1945 ungefähr 1.200 Menschen hingerichtet worden. 640 davon waren Widerstandskämpfer:innen. Weil es so viele Hinrichtungen gegeben hat, haben die Nationalsozialisten aus Berlin extra ein Fallbeil geliefert.

Todesstrafe als Antwort auf viel Kriminalität

Nach dem Zweiten Weltkrieg hat in Österreich aber wieder die Bundesverfassung gegolten. Diese verbietet die Todesstrafe.

Dieses Verbot ist aber für eine bestimmte Zeit aufgehoben worden. Die damaligen Abgeordneten des Nationalrats haben das mit den schlimmen Zuständen nach dem Krieg erklärt: Es hat sehr viele brutale Verbrechen gegeben. Außerdem hat es noch Prozesse gegen viele Nationalsozialist:innen gegeben. Nach 1945 sind 100 Todesurteile gefällt worden. Es hat 43 Hinrichtungen gegeben.

Die Möglichkeit der Todesstrafe ist immer wieder verlängert worden. Das letzte Mal bis zum 30. Juni 1950. Justizminister Otto Tschadek hätte also nichts tun müssen, damit die Todesstrafe in Österreich verboten wird. Sie wäre automatisch wieder verboten worden. Er wollte diese Entscheidung aber nicht selbst treffen. Im Justizausschuss hat er am 29. März 1950 gesagt, dass er nicht auf die Gesetzesvorlage verzichten wollte. Er hätte der Volksvertretung die Möglichkeit geben wollen, dass sie ihre Meinung zu dieser wichtigen Frage sagt.

Otto Tschadek wollte nicht allein über das Ende der Todesstrafe entscheiden. Er hat dem Parlament die Entscheidung überlassen.

Eine Gewissensfrage

Die Meinung zur Todesstrafe war nicht einheitlich. Manche waren dafür, weil es so viel Kriminalität gegeben hat. Vor allem hat es viele Morde gegeben. Andere sind gegen die Todesstrafe gewesen, weil es auch mit der Todesstrafe nicht weniger Kriminalität gegeben hat.

Die Entscheidung ist eine Gewissensfrage geworden, die nichts mit der Zugehörigkeit zu einer Partei zu tun gehabt hat. Ganz im Gegenteil: Damals ist die KPÖ im Parlament gewesen und hat als Partei geschlossen gegen die Todesstrafe gestimmt. Dafür hat es Kritik gegeben. Die anderen Parteien haben es anderes gemacht und die Abgeordneten haben ihre eigene Entscheidung treffen können. Außerdem haben die Abgeordneten ausgemacht, dass eine geheime Abstimmung abgehalten wird. So hat niemand gewusst, wer dafür und wer dagegen war.

Am 24. Mai ist es dann so weit gewesen: Im Nationalrat haben die Abgeordneten geheim über die Todesstrafe abgestimmt. Für eine Verlängerung der Todesstrafe hätten zwei Drittel der Abgeordneten dafür sein müssen. Am Ende waren 86 Abgeordnete gegen die Todesstrafe und nur 64 dafür. Deshalb ist in Österreich mit 1. Juli 1950 die Todesstrafe für die meisten Fälle abgeschafft worden. Theoretisch hat es noch bis 1968 die Möglichkeit von Hinrichtungen bei Standgerichten gegeben. Standgerichte sind militärische Gerichte, die in Notfällen schnell entscheiden können. Es hat aber keine Hinrichtung mehr gegeben.