News in einfacher Sprache 21.04.2023, 11:42

Ein kunterbunter Tag im Jugendparlament

Eine Reportage über das Jugendparlament zum Thema: Einsatz von digitalen Unterrichtsmitteln. Schüler:innen aus Wien und dem Burgenland suchen Mehrheiten.

Manche Schüler:innen waren noch müde, als sie am Freitag in der Früh im Sitzungssaal des Nationalrats saßen. Sie sagten: Wir haben zwar das Nachtleben in Wien nicht erkundet, aber wir waren schon ein bisschen länger wach. 
Die Müdigkeit war aber schnell vergessen. Die 100 Schüler:innen aus Wien und dem Burgenland diskutierten sehr aufgeweckt über eine Reform des Schulunterrichtsgesetzes. Das Jugendparlament diskutierte die Frage: Soll es ab dem kommenden Schuljahr keine Schulbücher und Arbeitsblätter mehr geben? Soll nur mehr digital gelernt und gearbeitet werden? Diese Fragen sollten die Schüler:innen im Jugendparlament entscheiden.

Schüler:innen erleben Prozess der Gesetzgebung

Die Parlamentsdirektion veranstaltete das Jugendparlament dieses Jahr zum 24. Mal. Schulklassen der 5. und 6. Schulstufe sollen den Prozess der Gesetzgebung in Bundesrat und Nationalrat miterleben. Dazu gehören: Besprechungen in Klubs, Ausschuss-Sitzungen und eine Plenardebatte. 

Dieses Jahr waren dabei: Klassen des Gymnasiums am Augarten, der Modeschule Hetzendorf, der HTL Pinkafeld, des BG/BRG Mattersburg und der Akademie der Wissenschaft Neusiedl. Die Schüler:innen bildeten 4 Klubs: Violett, Orange, Weiß und Gelb.

Demokratie erleben

Die Schüler:innen haben erlebt, wie Demokratie funktioniert und wie demokratische Prozesse schlussendlich zu einem beschlossenen Gesetz führen. 

Wie im echten Leben im Parlament gab es auch einige informelle Gespräche: Die Schüler:innen berichteten von Verhandlungen während des Mittagessens. Der orange und der violette Klub fanden zu einer Koalition zusammen. Beide Klubs waren sehr verwundert über einen Vertreter des weißen Klubs. Er hat in der ersten 
Ausschuss-Sitzung vorgeschlagen: Verbrennen wir doch die gedruckten Schulbücher. So ebnen wir den Weg für digitale Materialien.

Meinungen hören und ernst nehmen

Demokratie bedeutet: alle Meinungen anhören, alle Meinungen ernst nehmen. 
Die Schüler:innen zeigten an den beiden Tagen im Parlament in Wien, dass sie das verstanden haben. 

Die Fußballklasse aus Pinkafeld hat schon bei ihrer Bewerbung die Zusammenhänge zwischen der Demokratie und dem Sport betont. Thomas meinte: Die Politik schaut auf das Land, und wir schauen im Fußballteam auch aufeinander. 
Karo von der Modeschule Hetzendorf berichtete von einem Projekt ihrer Klasse: Ein selbst genähtes Kleid mit verschiedenen Symbolen als Zeichen dafür: Jede Person kann so sein, wie sie will.

Plenarsitzungen

So sein, wie man will, oder wie man eben ist: Das wurde auch bei der Plenarsitzung im Saal des Nationalrats klar: 
Eine Schülerin des weißen Klubs versuchte in Gebärdensprache vom Redner:innenpult aus, ihre Kolleg:innen von notwendigen Umweltschutzmaßnahmen zu überzeugen. Sie überzeugte auch andere Fraktionen. 

Ein Abgeordneter des gelben Klubs sprach in seiner Rede die Situation im globalen Süden an und brachte einen Entschließungsantrag ein: Wir fordern die Bundesregierung auf, dass bei technischen Geräten auf eine nachhaltige und faire Produktion geachtet wird. 

Diese Entschließung fand in der Abstimmung eine knappe Mehrheit. 

Die jungen Abgeordneten fühlten sich keinem Klubzwang verpflichtet. Anders als es im Nationalrat eigentlich üblich ist: Normalerweise stimmen alle Mitglieder eines Klubs bei Abstimmungen gleich ab. Das machte den Tag im Jugendparlament sehr spannend. 

Abgeordnete begleiten das Jugendparlament

Die echten Abgeordneten des Nationalrats freuten sich sichtlich über den frischen Wind, den die Schüler:innen ins Hohe Haus brachten. 
Sibylle Hamann von den Grünen sagte: Es ist eine Freude, dass auch Unerwartetes passiert. Sie half den Schüler:innen bei der Koordination der Koalition und der Zusammenarbeit zwischen den Fraktionen. 

Außerdem begleiteten Christoph Stark von der ÖVP, Eva Maria Holzleitner von der SPÖ, Christian Ries von der FPÖ und Martina Künsberg-Sarre von den NEOS die Schüler:innen durch den Tag.

Ende der Debatte: Abänderungsantrag

Es gab dann am Ende einen gemeinsamen Abänderungsantrag von Violett, Orange und Gelb. Der ursprüngliche Entwurf sagte: Der Einsatz von digitalen Arbeitsmitteln soll schon ab dem nächsten Schuljahr ab der 5. Schulstufe in jedem Fach verpflichtend sein. Mit dem Abänderungsantrag wurde der ursprüngliche Gesetzesantrag entscheidend abgeändert: Jede Klasse und jede Schule soll in Zukunft selbst entscheiden dürfen, ob sie digitale Materialien verwendet und welche Form von digitalen Materialien sie verwenden möchte. 

Das war der Wunsch des Jugendparlaments. Ob die Abgeordneten mit diesem Wunsch vom Gesetzgeber im echten Leben gehört werden, ist eine andere Frage. Auch das ist Demokratie.

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