Parlamentskorrespondenz Nr. 320 vom 15.05.1997
NATIONALRAT: NEUE POLITIKERGEHÄLTER AB 1. AUGUST 1997
Wien (PK) - Abgeordneter BÖHACKER (F) bezeichnet das Bezügebegrenzungsgesetz als Mogelpackung. Seiner Auffassung nach werden die Politikerabfertigungen zwar de iure abgeschafft, mit der Bezugsfortzahlung führe man aber gleichzeitig neue Privilegien für Politiker ein. Auch Rechnungshofpräsident Fiedler habe kritisiert, so der Abgeordnete, dass es für diese Bezugsfortzahlung nicht einmal eine Mindestamtsdauer gibt. Zur Gesetzesbestimmung, dass Politiker nicht auf ihre Geldleistungen verzichten dürfen, kündigt er einen Abänderungsantrag seiner Fraktion an.
Abgeordneter Mag. KUKACKA (VP) steht, wie er sagt, zur vorliegenden Lösung, auch wenn sie nicht 100prozentig perfekt sei und manche Ungerechtigkeiten enthalte. Er findet es bemerkenswert, dass es zu einer Vier-Parteien-Einigung gekommen ist, obwohl sich das Thema wie kaum ein anderes für Polemik und Populismus eigne. Durch die im Gesetz vorgesehenen Unvereinbarkeitsbestimmungen soll Kukacka zufolge verhindert werden, dass aufgrund politischer Funktionen die Unabhängigkeit etwa eines Richters gefährdet sei.
Abgeordneter BLÜNEGGER (F) erklärt, man müsse sich für das Bezügebegrenzungsgesetz nicht nur schämen, es sei sogar ein Skandal. In Zeiten, wo es für die Bevölkerung ein Belastungspaket gebe, beschliesse das Parlament ein Gesetz, wo die Politiker nachher noch mehr verdienen als zuvor. In einem Entschliessungsantrag, der dem Finanzausschuss zugewiesen werden soll, fordert Blünegger, die Absetzmöglichkeit für die Familienheimfahrt auf den zweifachen Höchstbetrag anzuheben.
Abgeordneter SCHIEDER (SP) bringt einen Abänderungsantrag zum Bezügebegrenzungsgesetz ein, dem zufolge das Inkrafttreten vom 1. Juli 1997 auf 1. August 1997 verschoben werden soll. Neben weiteren Detailänderungen beinhaltet dieser Antrag auch Bestimmungen bezüglich der Pensionsregelung in der Nationalbank.
Ein von Schieder eingebrachter SP-VP-Entschliessungsantrag hat eine transparente, leistungsorientierte Entlohnung in staatsnahen Unternehmungen zum Ziel. Konkret wird die Bundesregierung aufgefordert, in Unternehmungen, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen, u.a. folgende Massnahmen zu setzen: öffentliche Ausschreibung aller Vorstands- und Geschäftsführerfunktionen, Schaffung von erfolgsabhängigen Jahres-all-in-Bezügen, Festlegung eines Rahmens für die Verträge durch eine Kommission bestehend aus Personalberatern, Wirtschaftstreuhändern und Managern, Orientierung der Pensionsregelungen am Bezügebegrenzungsgesetz. Alle Massnahmen sollen auch für Länder und Gemeinden gelten. Schieder unterstreicht, durch diesen Entschliessungsantrag werde die Neuregelung der Politikerbezüge abgerundet.
Nationalratspräsident Dr. FISCHER gibt bekannt, dass die Liberalen einen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses bezüglich der politischen Verantwortung der Bundesregierung in Zusammenhang mit den Kurdenmorden eingebracht haben. Die Abstimmung darüber findet nach Erledigung der Tagesordnung statt.
Abgeordneter MENTIL (F) weist auf kritische Stimmen in den Medien zum Bezügebegrenzungsgesetz hin. Er glaubt, dass die dort enthaltenen Bestimmungen letztendlich teurer als vermutet sein werden. Kritik übt er zudem an der Zusammensetzung des Nationalrates und klagt, es seien zu wenige Facharbeiter vertreten.
Abgeordneter Dr. STUMMVOLL (VP) nennt die Vorlage einen grossen Wurf, weil es erstmals gelungen ist, eine Relation zwischen den Politikergehältern herzustellen und eine Abkoppelung vom Bundesschema zu erreichen. Wichtig wäre jedoch, wenn die Veröffentlichung der Bezüge nicht zur Folge habe, dass die Betreffenden an den Pranger gestellt werden. Anliegen müsste es sein, den Gedanken von Leistung und Verantwortung in ein adäquates Verhältnis zur Entlohnung setzen zu können. Der Redner bringt einen Entschliessungsantrag ein, in dem der Finanzminister aufgefordert wird, eine Novellierung des Notenbankgesetzes bezüglich der künftigen Pensionsregelungen vorzulegen.
Abgeordneter Ing. NUSSBAUMER (F) erneuert die Kritik seiner Fraktion und meint, man könne die Situation in der Privatwirtschaft nicht mit den Politikergehältern vergleichen. Immerhin seien die Managergehälter erfolgsabhängig, weshalb er den Ansatz, das Abgeordnetengehalt als Basis für diese Pyramide zu nehmen, für falsch hält. Der Abgeordnete legt einen Abänderungsantrag bezüglich Verzichtsregelungen vor.
Abgeordneter Dr. SCHWIMMER (VP) weist die Vorwürfe der F zurück und stellt Aussagen des Abgeordneten Stadler aus seiner Sicht richtig. Es stehe den F-Abgeordneten frei, auf die Vergütung besonderer Aufwendungen durch einfache Fristversäumnis zu verzichten. Zufrieden zeigt sich Schwimmer mit der Neuregelung der Bezüge für die Abgeordnetenmitarbeiter.
Abgeordnete Mag. FRIESER (VP) sagt, wenn die Architekten dieser Pyramide auch keinen Architektenwettbewerb gewinnen werden, so sei ihnen für die vorliegende Regelung dennoch tiefer Dank geschuldet.
Abgeordneter Dr. FEURSTEIN (VP) befasst sich mit der Stellungnahme der F und erklärt, im Detail zeige sich das wahre Gesicht der F. So weist er darauf hin, dass die Abgeordneten aus den westlichen Bundesländern, entgegen den Behauptungen der F, keine Entfernungszulage mehr erhalten.
Sodann erfolgt eine Reihe von tatsächlichen Berichtigungen. So stellt Abgeordneter Dr. PUMBERGER (F) richtig, er beziehe keinen ungerechtfertigten Bezug aus seiner Funktion als Gemeindearzt.
Abgeordneter SCHWEMLEIN (SP) erwidert, er habe nicht von ungerechtfertigtem Bezug, sondern vom Bezug an sich gesprochen. -
Abgeordneter Dr. SALZL (F) streicht heraus, er habe aus dem Sozialfonds der F kein Geld erhalten. - Abgeordnete Dr. MERTEL (SP) stellt fest, sie beziehe nicht 75 %, sondern 50 % ihres Gehaltes als Beamtin des Landes Kärnten.
Abgeordneter Ing. NUSSBAUMER (F) schliesslich berichtigt tatsächlich, das von ihm geführte Unternehmen habe während seiner Zeit als Vorstandsvorsitzender nicht 900 Mitarbeiter verloren, der Mitarbeiterstand sei im Gegenteil von 173 auf 310 angewachsen. Zur Entfernungszulage hält der Redner fest, er habe sich nicht zu einer solchen Zulage für Nationalratsabgeordnete geäussert, sondern über diejenige für Mitglieder des EP.
Das Bezügebegrenzungsgesetz wird in einem zweieinhalbstündigen Abstimmungsverfahren in einer Vielzahl von Abstimmungsvorgängen - darunter 13 namentlichen Abstimmungen - mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit des Nationalrates angenommen. Berücksichtigung finden SP-VP-Abänderungs- bzw. Zusatzanträge sowie ein L-G-Abänderungsantrag betreffend den Einkommensbericht von Rechtsträgern, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen. Die zahlreichen anderen oppositionellen Abänderungsanträge bleiben in der Minderheit.
Mehrheitlich verabschiedet werden darüber hinaus zwei Entschliessungsanträge der Koalitionsparteien, und zwar hinsichtlich einer leistungsorientierten Entlohnung in staatsnahen Betrieben bzw. einer Harmonisierung des Pensionssystems der Oesterreichischen Nationalbank.
Die (negativen) Berichte des Verfassungsausschusses über Anträge der Opposition zur Begrenzung der Politikerbezüge werden mehrheitlich zur Kenntnis genommen.
BEAMTEN-DIENSTRECHTSGESETZ-NOVELLE 1997 UND DAMIT IM ZUSAMMENHANG STEHENDE GESETZESÄNDERUNGEN
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Abgeordneter Dr. KIER (L) wendet sich gegen die im Gesetz vorgenommene Einführung des neuen Titels eines Militärbischofs und zeigt kein Verständnis dafür, dass ein geistlicher Würdenträger eines staatlichen Titels bedarf. Für vergleichbare religiöse Würdenträger anderer Religionsgemeinschaften gebe es auch keine solchen Titel, argumentiert er.
Abgeordneter Dr. KRÄUTER (SP) nimmt zu den Spannungen in der Beamtenschaft Stellung und erinnert daran, dass 1996 trotz einer Null-Lohnrunde im öffentlichen Dienst durch die Biennalsprünge der Aufwand des Bundes für die Beamten um 2,1 % gestiegen ist. Um das Budgetziel zu erreichen, könnten nun nur noch 0,5 % aller freigewordenen Stellen nachbesetzt werden.
Abgeordneter ÖLLINGER (G) kritisiert die Anhebung des Kilometergeldes und sieht darin den Versuch, kleine Gratifikationen bestimmter Gruppen auf unökologische Art zu verteilen. Im übrigen vermisst Öllinger auch kundenfreundlichere Öffnungszeiten der Behörden.
Abgeordneter Dr. HÖCHTL (VP) hebt die Einführung von Höchstgrenzen für die Arbeitszeit von Beamten, die Regelung der Teilzeitbeschäftigung, die Karenzierungsmöglichkeit bis zehn Jahre sowie die Anhebung des Kilometergeldes als positive Neuerungen hervor.
Abgeordneter Dr. KIER (L) fordert nachträglich in einem Abänderungsantrag die Streichung der Bestimmungen über die Einführung des Titels eines Militärbischofs.
Abgeordnete HALLER (F) sieht in der Novelle eine Vielzahl von Verbesserungen und begrüsst vor allem die Teilzeitregelung für Beamte, die sie auf freiheitliche Initiativen zurückführt. Freiheitliche Vorschläge seien konkret umsetzbar, wenn der politische Wille und der entsprechende Druck dafür vorhanden sind, sagt sie.
Abgeordneter DDr. NIEDERWIESER (SP) befasst sich mit Aspekten des Schulbereiches und meint, mit der Bestellung und Ausschreibung von Leiterpositionen auf Zeit, die sonst im öffentlichen Dienst noch nicht üblich sind, gehe der Schuldienst mit gutem Beispiel voran.
Ein SP-VP-Abänderungsantrag beinhaltet schliesslich die Einbeziehung der Vizepräsidenten der Landesschulräte in die zuvor beschlossene Bezügeregelung.
Abgeordneter Dr. GRAF (F) fordert in Abänderungsanträgen u.a. eine Beibehaltung der Sonderzahlungen für die Rechtspraktikanten.
Bei der Abstimmung wird die Novelle in dritter Lesung in der Fassung des SP-VP-Abänderungsantrages mehrheitlich angenommen. Die Abänderungsanträge der Freiheitlichen und des Liberalen Forums finden keine Mehrheit.
ERSUCHEN DES LG FÜR STRAFSACHEN WIEN UM ZUSTIMMUNG ZUR BEHÖRDLICHEN VERFOLGUNG DER ABGEORDNETEN RAUCH-KALLAT
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Die Anträge des Immunitätsausschusses auf Feststellung des Zusammenhangs der behaupteten strafbaren Handlung mit der politischen Tätigkeit und Zustimmung zur behördlichen Verfolgung der Abgeordneten Rauch-Kallat werden mehrheitlich angenommen.
Schliesslich werden Anträge der Grünen und des Liberalen Forums auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses im Zusammenhang mit den Kurdenmorden abgelehnt. (Schluss)