Parlamentskorrespondenz Nr. 748 vom 12.11.1997
FARNLEITNER: ÖSTERREICH NÜTZT SEINE EXPORTCHANCEN IN FERNOST
Wien (PK) - Abgeordneter PARNIGONI (SP) widmet sich vor allem dem Tourismus und zeigt sich erfreut, dass die Mittel für die Österreich Werbung um 50 % erhöht werden konnten. Eine Kooperation mit den Aussenhandelsstellen der Wirtschaftskammer hält Parnigoni nur dann für sinnvoll, wenn es wirklich zu Kosteneinsparungen kommt und nicht die Wirtschaftskammer damit subventioniert werde.
Abgeordneter BLÜNEGGER (F) kann sich den Lobreden der Abgeordneten der Regierungskoalition nicht anschliessen und erinnert daran, dass es im Vergleich zum Vorjahr 5.100 Arbeitslose mehr gibt. Dasselbe sehe man bei der Lehrlingsoffensive, erklärt der Redner, denn 3.000 Jugendliche haben noch immer keinen Ausbildungsplatz. Auch die Forschungsförderung, die nur 1,5 % des BIP beträgt, sei im Vergleich zum europäischen Durchschnitt von 3 % viel zu gering dotiert.
Abgeordneter KAMPICHLER (VP) befasst sich mit der Betriebsansiedlung in Österreich, die gerade für das südliche Niederösterreich, wo durch den Niedergang der verstaatlichten Industrie viele Arbeitsplätze verloren gegangen sind, von grosser Bedeutung ist. Kampichler berichtet zudem über die Erfolge der Austrian Business Agency, die allein in den letzten 6 Monaten 24 Betriebe und damit über 700 Jobs nach Österreich gebracht hat. Erfolge verzeichne die heimische Wirtschaftspolitik bei der Absicherung von Arbeitsplätzen, zeigt sich der Redner überzeugt und verweist auf das positive Beispiel von Semperit in Traiskirchen.
Abgeordneter Dipl.-Ing. HOFMANN (F) bewertet die Entwicklungen im Energiebereich als besorgniserregend, weil ein Ausverkauf unserer Stromwirtschaft drohe. Der Wirtschaftsminister habe es verabsäumt, die entsprechenden Rahmenbedingungen für eine "österreichische Lösung" zu schaffen, die garantieren würde, dass ausländische Atomstromproduzenten in Österreich nicht Fuss fassen können. Aus diesem Grund bringt Hofmann einen Entschliessungsantrag ein, in dem der Wirtschaftsminister ersucht wird, ein Modell ausarbeiten zu lassen, das eine Privatisierung unter der Prämisse "österreichische Lösung" und die Schaffung einer Energieholding vorsieht.
Abgeordneter WALLNER (SP) konzentriert sich in seiner Wortmeldung auf die Stahlindustrie in der Steiermark, die durch eine ausgeprägte Nischenpolitik derzeit sehr gute Erfolge aufweisen kann. Donawitzer Schienen werden u.a. nach Deutschland, Australien und in die Türkei exportiert, macht Wallner geltend, und auch andere Stahlspezialitäten konnten sich auf den ausländischen Märkten durchsetzen.
Abgeordneter Mag. SCHWEITZER (F) sieht trotz der EU-Mitgliedschaft sehr wohl einen nationalen Spielraum in der Energiepolitik. Es gebe genug Möglichkeiten, die Ökologisierung in diesem Bereich voranzutreiben. Anscheinend habe der Minister kein Interesse an der Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien, vermutet Schweitzer, der in einem Entschliessungsantrag die Anpassung des Einspeisetarifes an europäische Standards einfordert.
Abgeordneter Dr. TRINKL (VP) sieht die Klein- und Mittelbetriebe als eigentlichen Motor der heimischen Wirtschaft, die z.B. für 40 % der Schulabgänger Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen. Österreich ist gut vorbereitet für den Beschäftigungsgipfel in Luxemburg, denn die Massnahmen, die vor dem Sommer gesetzt wurden, haben nach Auffassung von Trinkl bereits gegriffen: ein Plus von 3.000 Lehrlingen und mit 6 % die niedrigste Jugendarbeitslosenrate in Europa. Eine Verbesserung des guten Ausbildungssystems sei dennoch anzustreben, denn die raschen Entwicklungen in der Wirtschaft erforderten eine noch höhere Qualifikation.
Bundesminister Dr. FARNLEITNER meint in Richtung des Abgeordneten Hofmann, Gespräche mit den Landeshauptleuten über zukünftige Entwicklungen im Energiebereich wurden bereits geführt, wobei die Verantwortlichen ersucht wurden, nicht in einer Art Versteigerungsverfahren Anteile ans Ausland zu verkaufen. Was die Einspeisetarife betrifft, so sei es momentan klüger, die Ermächtigungskompetenz bei den Landeshauptleuten zu belassen.
Bezüglich der Forschungsförderung unterstreicht Farnleitner, dass die Finanzierung der Projekte gesichert sei. Zudem war es möglich, Grossunternehmen wie General Motors erstmals wieder zur Forschung nach Österreich zu bringen. Erfreulich seien weiters die Verbesserungen bei der Abwicklung der Anlageverfahren, wo es durch einen Wettbewerb zwischen den Bezirkshauptmannschaften und den Bundesländern zu einer Verkürzung der Bewilligungsdauer gekommen ist. Durch gemeinsame Bemühungen von Bundesregierung und Betrieben, Ländern und Gemeinden sei eine Zunahme von Lehrlingen im Ausmass von 5 % zu registrieren, wodurch ein sehr gefährlicher Trend gebrochen werden konnte. Äusserst positive Ergebnisse könne man der Exportstatistik entnehmen, führt der Minister weiter aus, so wurden die Chancen in Asien genützt und zweistellige Zuwachsraten auf den Hoffnungsmärkten erzielt.
Abgeordneter Dr. VAN DER BELLEN (G) bezweifelt, dass die Regierung mit ihrer Budgetpolitik der Technologieoffensive einen guten Dienst erweist. Es sei nicht richtig, wenn der FFF Hals über Kopf budgetär auf Null gestellt werde, beklagt Van der Bellen, der in diesem Zusammenhang einen Abänderungsantrag stellt.
Abgeordneter KIERMAIER (SP) unterstützt mit Nachdruck den Bau des Semmering-Basistunnels und wirft dem niederösterreichischen Landeshauptmann Pröll vor, eine Kampagne gegen das Projekt anzuführen. Angesichts der grossen Bedeutung des Tunnels für den Wirtschaftsstandort Niederösterreich sei diese Haltung unverständlich, sagt Kiermaier.
Abgeordneter MARIZZI (SP) fordert unter Hinweis auf das tägliche Stau-Chaos den vierspurigen Ausbau der Südautobahn bis Baden und die dreispurige Erweiterung der Westautobahn bis St. Pölten.
Abgeordneter RIEPL (SP) beklagt Konkurrenzverzerrung durch organisierte Schwarzarbeit und drängt auf Massnahmen seitens des Ministeriums zum Kampf gegen die illegale Beschäftigung.
Abgeordnete BURES (SP) befasst sich mit dem Wohnbau und verlangt einen Ausbau der Wohnbauförderung und grössere soziale Treffsicherheit. Sie tritt weiters für eine Änderung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes in dem Sinn ein, dass nach Rückzahlung sämtlicher Darlehen die Mieter nur noch jährliche Beiträge für die Erhaltung des Hauses zahlen müssen.
Abgeordneter MÜLLER (SP) verlangt einen gerechten Ausgleich zwischen Lkw und Pkw und erinnert daran, dass der Lkw-Verkehr die Strassen mehr belastet als Pkw-Verkehr.
Abgeordneter Ing. KAIPEL (SP) bekennt sich zu mehr Kostenwahrheit im Verkehr und kritisiert die Verschiebung des Road-pricing für Lkw durch den Minister.
Abgeordneter Mag. KAUFMANN (SP) appelliert an Farnleitner, Anträge auf Schaffung von Ausbildungseinrichtungen in Wiener Neustadt und Sigmundsherberg nicht weiter zu verzögern.
Wirtschaftsminister Dr. FARNLEITNER stellt dazu klar, dass in den von Kaufmann angesprochenen Fällen die Anträge noch nicht im Haus eingelangt sind und entsprechende Zusagen seitens des Landes noch ausstehen.
Bei der Abstimmung wird die Beratungsgruppe IX mit den Stimmen der Regierungsparteien angenommen. Der Abänderungsantrag der Grünen verfällt der Ablehnung.
Die drei F-Entschliessungsanträge - Mautfreistellung für die Benützung grenznaher Strassenabschnitte, Fehlentwicklungen bei der Neuorganisation der E-Wirtschaft und Förderungen im Bereich Energie - finden keine Mehrheit. (Fortsetzung)