Parlamentskorrespondenz Nr. 810 vom 27.11.1997

INNENAUSSCHUSS DISKUTIERT VERSCHÄRFUNG DES WAFFENGESETZES

Wien (PK) - Angesichts der dramatischen Ereignisse in letzter Zeit - acht Tote, drei Schwerverletzte und ein Selbstmord waren bei den drei Amokläufen zu beklagen - kam es im Innenausschuss zu einer aktuellen Aussprache über das Waffengesetz.

Vorerst informierte Bundesminister Mag. SCHLÖGL die Ausschussmitglieder darüber, dass es momentan zwischen 225.000 und 230.000 Waffenbesitzkarten (1.1.1996: 218.559) und etwa 110.000 Waffenpässe (1.1.1996: 108.599) gibt. Die Änderung des Waffengesetzes, die mit 1. Juli dieses Jahres in Kraft getreten ist, brachte vor allem eine Art "Beruhigungsfrist" von drei Tagen beim Ankauf von bestimmten Waffen und den psychologischen Test für den Neuerwerb von Waffen. Zwischen 20 und 25 % der Personen, die sich diesem Psychotest unterzogen, waren nicht geeignet, ein Waffenbesitzdokument zu erhalten. Diesem Test konnte man sich jedoch ein zweites Mal unterziehen, sodass schlussendlich zwischen 10 und 12 % kein Waffenbesitzdokument ausgefolgt bekamen.

Geht es nach Innenminister Schlögl, soll in Hinkunft die Anzahl der genehmigungspflichtigen Schusswaffen genauer überprüft und ein Waffenbesitzdokument nur mehr an Jäger, Sportschützen und Sammler vergeben werden. Alle anderen werden ihre besondere Gefährdung darlegen müssen. Ferner werden Besitzer von Altbeständen auf ihre Zuverlässigkeit überprüft werden. Ist jemand Inhaber einer Waffenbesitzkarte und verfügt über keine Waffe, dann kann ihm dieses Dokument während eines bestimmten Zeitraumes entzogen werden. Der Innenminister sprach sich auch für klare Normen über die sichere Verwahrung aus und will erreichen, dass die Behörde jederzeit und ohne Anlass zwischen 7 und 20 Uhr die Verwahrung von Waffen überprüfen kann. Der Waffenhandel soll darüber hinaus verpflichtet werden, gegen Entschädigung durch den Käufer ein Informationsgespräch über die sichere Verwahrung der Waffe zu führen bzw. eine kleine Schulung über den Gebrauch der Waffe abzuhalten. Als wichtig erachtete es der Minister, die "Abkühlphase" zu streichen und die Meldepflicht einzuführen.

Abgeordnete Dr. PARTIK-PABLE (F) vertrat die Auffassung, mit einer Reform des Waffengesetzes allein könne das herrschende Aggressionspotential nicht zurückgedrängt werden. Ihrer Ansicht nach müsste auf die Medien und vor allem auf das Fernsehen Einfluss genommen werden, nicht so viele Aktions- und Psychothriller zu bringen. Kritik übte sie daran, dass in der Vergangenheit viel zu wenig die Verlässlichkeit von Waffenbesitzern überprüft wurde, und forderte deshalb verstärkte Kontrollen ein. Ausserdem verlangte sie Richtlinien zur sicheren Verwahrung von Waffen, denn für die Überprüfung der Verwahrung bestimmte Zeiten vorzuschreiben, wäre geradezu lächerlich. Wichtig erscheint es Partik-Pable, die Strafdrohung für illegalen Waffenbesitz zu erhöhen und eine gesetzliche Untergrenze einzuführen, damit die Strafen nicht zu milde ausfallen.

Abgeordneter KISS (VP) wies darauf hin, dass die Volkspartei bereits ein Zehn-Punkte-Programm für Friedfertigkeit und gegen Gewalt erarbeitet hat. Durch ein strengeres Waffengesetz als einzige und isolierte Massnahme kann nicht wieder alles "paletti" werden, sagte er. Auch vordergründige Argumente, in populistischer Art und Weise vorgetragen, helfen nichts. Gegen Gewalt muss vielfältiger, sensibler und offensiver vorgegangen werden.

Die Position seiner Partei fasste der Sicherheitssprecher wie folgt zusammen: Ein Ja zur Kontrolle, zur Überprüfung der Verlässlichkeit, zum Gedanken eines Waffenführerscheins, zu mehr Information und Aufklärung und ein Ja zu einer konkreten offensiven Vorgangsweise. Die Gewalt in unserer Gesellschaft wird nicht nur durch ein schärferes Waffengesetz in den Griff zu bekommen sein, meinte Kiss.

Abgeordneter Hans Helmut MOSER (L) will, wie er ausführte, keine Anlassgesetzgebung, objektive Gründe sollten aber seiner Ansicht nach durchaus zu einer Verschärfung des Gesetzes führen. Die Zunahme der Waffenbesitzer zeigt, so Moser, dass von den Behörden die Intentionen des Gesetzes nicht ernst genug genommen wurden. Auch hielt er es nicht für richtig, Exekutivorgane indirekt zu bezichtigen, Mitschuld am Tod von Unschuldigen zu tragen.

Jeder Medienkonsument hat die Möglichkeit, die Zeitung nicht zu kaufen, das Radio auszuschalten bzw. ein anderes Fernsehprogramm zu sehen, stellte Abgeordneter SCHWEMLEIN (SP) zur Brutalität in den Medien fest und forderte gleichzeitig die Abgeordnetenkollegen auf, nicht nur als Politiker, sondern sich auch als Elternteil dazu beizutragen, dass die Aggressionsbereitschaft abnimmt.

Abgeordnete Mag. STOISITS (G) bemängelte den zu einfachen Zugang zu Waffen und trat für strengere Sanktionen bei illegalem Waffenbesitz ein. Im übrigen gibt es für sie keine Rechtfertigung, dass Privatpersonen eine Waffe besitzen.

In der weiteren Diskussion hielt F-Abgeordneter Dipl.-Ing. HOFMANN eine Nachjustierung des Gesetzes nicht unbedingt für notwendig, wenn man die vorhandenen Möglichkeiten ausschöpft. Eine kriminelle Handlung, die geplant ist, kann man laut Abgeordnetem PLATTER (VP) auch mit einer Verschärfung des Waffengesetzes nicht verhindern. Seiner Meinung nach gehört vor allem den illegalen Waffen der Kampf angesagt.

Ausschussobmann LEIKAM äusserte den Standpunkt, dass eine Verschärfung des Gesetzes alleine nicht ausreichen wird, die Kriminalität zu reduzieren. Vor allem das Strafausmass für illegalen Waffenbesitz müsste beträchtlich erhöht werden. Abgeordneter DIETACHMAYR (SP) will die steigende Aggression, den zunehmenden Egoismus und die abnehmende Solidarität im Zusammenwirken mit den Medien thematisiert haben; sein Vorschlag lautete, diesbezüglich eine parlamentarische Enquete abzuhalten. Abgeordneter MURAUER (VP) drängte darauf, legale Waffen zu registrieren und zu kontrollieren, um der Illegalität keinen Vorschub zu leisten. F-Abgeordneter LAFER sprach die Überprüfung des Waffenbesitzes und die Aufbewahrung der Schusswaffen an. Ein gesellschaftliches Signal möchte SP-Abgeordnete PARFUSS setzen, um erkennen zu lassen, dass Waffenbesitz gesellschaftspolitisch unerwünscht ist.

Innenminister Mag. SCHLÖGL strich in seinen Schlussbemerkungen heraus, dass die Reform des Waffengesetzes nur Teil einer Gesamtstrategie sein kann. Jedenfalls beabsichtige er, bisher nicht bestehende Kriterien hinsichtlich einer sicheren Verwahrung von Waffen klar zu definieren. Die Idee der Abhaltung einer parlamentarischen Enquete hielt der Minister für überlegenswert und gab in diesem Zusammenhang bekannt, dass er eine Studie über die Verwendung von Schusswaffen bei Gewalttaten im Familienkreis in Auftrag gegeben habe. Auch kündigte Schlögl an, die psychologischen Tests schrittweise auf Besitzer des "Altbestandes" auszuweiten.

Noch heuer will der Innenminister allen fünf im Parlament vertretenen Parteien seine Vorschläge übermitteln, um damit eine breite Diskussion über eine mögliche Verschärfung des Waffengesetzes zu ermöglichen. (Fortsetzung)