Parlamentskorrespondenz Nr. 494 vom 11.11.1999

DIE ERSTEN ANTRÄGE DER XXI. GESETZGEBUNGSPERIODE

Von Politikergehältern, Freiwilligenheer, Gentechnik

FREIHEITLICHE FÜR NEUREGELUNG DER POLITIKERGEHÄLTER

Die geltende Regelung, wonach die Höhe der Politikergehälter auf Basis eines vom Rechnungshof zu ermittelnden Anpassungsfaktor in regelmässigen Abständen revidiert werden sollen, erscheint den F vor dem Hintergrund der aktuellen Lage "nicht vertretbar". Stattdessen fordern die F, die derzeitige verfassungsgesetzliche Regelung rückwirkend mit 1. September 1999 aufzuheben, wodurch die ab 1.1.2000 in Aussicht genommene Anhebung der Bezüge verhindert würde. In Hinkunft soll für jede Anhebung dieser Bezüge eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich sein. (1/A)

GRÜNE FÜR FREIWILLIGENHEER, NICHTMILITÄRISCHE FRIEDENSPOLITIK

Sicherheit wollen die Grünen nicht nur auf den militärischen Aspekt reduziert wissen, weshalb sie die Bundesregierung auffordern, mit den anderen neutralen und bündnisfreien Mitgliedern der EU im Rahmen der GASP insbesondere nichtmilitärische friedenspolitische Initiativen anzuregen und zu fördern. So soll die EU vor allem auf zivile, friedensbildende Einrichtungen wie OSZE, VN und Europarat setzen. Weiters mögen ein Frühwarnsystem und entsprechende Instrumentarien zur präventiven politischen Lösung entwickelt werden. (2/A[E])

Die Aussetzung der Allgemeinen Wehrpflicht und die Einführung des Grundprinzips der Freiwilligkeit wollen die Grünen per 1.6.2000 durchgeführt wissen. Diese Massnahmen sollen Hand in Hand mit einem attraktiven Entgelt von 12.000 Schilling für Wehr- und Zivildiener gehen, wodurch nach Ansicht der Grünen auch die derzeitigen Personalplanungsgrundlagen in Kraft bleiben könnten. Während einer Übergangsphase sollte überdies die friedens- und sicherheitspolitische Zukunft des Landes im Rahmen eines runden Tisches auf eine neue Grundlage gestellt werden. (3/A[E])

GRÜNE FORDERN ÖKOSOZIALE STEUERREFORM

Weiters erneuern die Grünen ihre Forderung nach einer "ökosozialen Steuerreform". In einem Entschliessungsantrag wird die Bundesregierung aufgefordert, eine solche Reform zu initiieren, die neben einer spürbaren Senkung der Arbeitskosten durch Reduktion der Lohnnebenkosten auch eine Reduktion der Treibhausemissionen anvisieren soll. Dazu sollen u.a. eine Besteuerung fossiler Energieträger sowie die Einführung fahrleistungsabhängiger Strassenverkehrsabgaben dienen. (4/A[E])

GENTECHNIK, FRAUEN, FREMDENGESETZ, ASYLGESETZ

Geraume Zeit ist seit dem Gentechnik- und dem Frauen-Volksbegehren vergangen, die Grünen meinen, die Forderungen dieser beiden Initiativen seien seitdem nicht genügend umgesetzt worden, weshalb sie in Entschliessungsanträgen ein ergebnisorientierteres Agieren der Bundesregierung einmahnen. (5/A[E])und 6/A[E] )

Geht es nach dem Willen der Grünen, so wird das Fremdengesetz einer Änderung unterzogen. So sollte die Familienzusammenführung großzügiger als bisher gehandhabt werden, wobei Familienangehörige auch nicht länger von der Arbeit ausgeschlossen sein sollten, um die Integration zu befördern. Überdies soll der Paragraph 32 des FrG gestrichen werden, wonach Personen, "denen man ansieht, daß sie irgendwann einmal nach Österreich zugewandert sind", jederzeit zur Ausweisleistung aufgefordert werden können, da für ihn keine Notwendigkeit bestehe und er realiter eine "Diskriminierung per Gesetz" bedeute. Im übrigen sollten die Bestimmungen betreffend die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot von Personen an die Judikatur des Europäischen Gerichtshofes angepaßt werden. (7/A)

Weiters wollen die Grünen eine Änderung des Asylgesetzes. Ihren Vorstellungen gemäss sollen v.a. die Drittstaat-Regelung und die Wahrscheinlichkeitsprüfung überdacht werden. So sollten Flüchtlinge, die an der Grenze einen Asylantrag stellen, unverzüglich den Asylbehörden zwecks Einvernahme vorgeführt werden, da die Verweigerung der Einreise im gegenständlichen Falle nur das Schlepperunwesen begünstigen würde. Überdies sollte das Konzept "sicheres Drittland" nur noch dann zur Anwendung kommen, wenn in jedem Fall auch geprüft wird, ob der Asylwerber in dem betreffenden Staat, in den er zurückgeschickt werden soll, auch aufgenommen wird und seine Fluchtgründe in einem fairen, effizienten Asylverfahren inhaltlich und individuell geprüft werden. Überdies müßten nach Ansicht der Grünen die Berufungsfristen erweitert werden.(8/A)

MEHR RECHTE FÜR HOMOSEXUELLE, MINDERHEITEN UND AUSLÄNDERiNNEN

Die Grünen starten erneut einen Anlauf, um Diskriminierungen homosexueller Personen und Lebensgemeinschaften zu beseitigen. Konkret urgieren sie eine Änderung der Zivilprozessordnung, des Mietrechtsgesetzes, des Wohnungseigentumsgesetzes, des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, des gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes und des Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes. Inhaltlich geht es dabei u.a. um das Eintrittsrecht in Mietverträge, die Gleichbehandlung gleichgeschlechtlicher LebensgefährtInnen bei der Mitversicherung sowie ein Zeugnisverweigerungsrecht von - anders- oder gleichgeschlechtlichen - LebensgefährtInnen bei Zivilprozessen (9/A).

Weiters treten die Grünen für eine Streichung des § 209 StGB ein. Diese Bestimmung stellt homosexuelle Beziehungen unter Strafe, wenn ein Partner älter als 19 Jahre ist und der andere unter 18. Demgegenüber urgieren Ulrike Lunacek und ihre FraktionskollegInnen ein einheitliches Schutzalter für homo- und heterosexuelle Handlungen. Heterosexuelle Handlungen sind in Österreich mit Jugendlichen ab 14 Jahren straffrei (10/A).

Ein Entschließungsantrag der Grünen zielt auf die rechtliche Umsetzung des Memorandums der österreichischen Volksgruppen 1997 ab. Gefordert wird die Ratifikation der "Europäischen Charta über den Schutz der Regional- und Minderheitensprachen", die Transformation dieser Charta und des "Rahmenübereinkommens über den Schutz nationaler Minderheiten" ins Bundesrecht sowie die Neukodifizierung des Volksgruppenrechtes einschließlich der von den Volksgruppen geforderten Staatszielbestimmung zum Minderheitenschutz (11/A[E]).

Im März 1999 reiste ein in Österreich niedergelassenes indisches Ehepaar auf Urlaub nach Indien, wo ihr Kind unerwartet im 7. Schwangerschaftsmonat auf die Welt kam. Die Eltern mussten den Säugling in Indien zurücklassen, da er als im Ausland geborenes Kind ohne Sichtvermerk nicht nach Österreich einreisen durfte. Um ähnliche Fälle in Zukunft zu vermeiden, beantragen die Grünen eine entsprechende Novellierung des Fremdengesetzes (12/A).

Grün-Abgeordnete Terezija Stoisits und ihre KollegInnen vom Grünen Klub wollen eine Staatszielbestimmung zur Achtung, Bewahrung, Förderung und zum Schutz der sprachlichen und kulturellen Vielfalt der Republik Österreich in der Verfassung verankert haben. Ihren Antrag begründen sie damit, dass es bis jetzt kein eigenständiges Bekenntnis der Republik zu ihren Minderheiten in der Bundesverfassung gibt, obwohl die Volksgruppen in Österrreich einen bedeutenden Beitrag für die Mehrsprachigkeit und kulturelle Vielfalt in Österreich leisten (13/A).

Ein weiteres Anliegen der Grünen ist die Zuerkennung des passiven Wahlrechtes für AusländerInnen bei Betriebsrats- und Arbeiterkammerwahlen sowie bei den ÖH-Wahlen. Abgeordneter Karl Öllinger argumentiert, dass Ausländer zwar selbstverständlich österreichischen Gesetzen - z.B. Steuergesetzen oder arbeitsrechtlichen Bestimmungen - unterliegen, man ihnen derzeit aber eine volle Beteiligung an der Vertretung ihrer Interessen verwehrt  (14/A und 16/A).

PETROVIC LEGT ENTWURF EINES BUNDES-TIERSCHUTZGESETZES VOR

Abgeordnete Madeleine Petrovic legt gemeinsam mit anderen Grün-MandatarInnen ein umfassendes Bundes-Tierschutzgesetz vor. Es enthält u.a. Bestimmungen über den Anwendungsbereich des Gesetzes, die Mitfinanzierung des Tierschutzes aus öffentlichen Mitteln, die Pflichten von Tierhaltern, die Haltung von Tieren im Allgemeinen, Tierquälerei und die Einrichtung einer Tieranwaltschaft. Darüber hinaus umfasst das Gesetz Überwachungsmassnahmen und Strafbestimmungen. In den Erläuterungen wird darauf verwiesen, dass es derzeit beim Tierschutzrecht eine Rechtszersplitterung gibt und die österreichischen StaatsbürgerInnen mehrfach der Forderung nach einem bundeseinheitlichen, zeitgemäßen Tierschutzgesetz Ausdruck verliehen haben (15/A). (Schluss)