Parlamentskorrespondenz Nr. 569 vom 22.12.1999
SÜDTIROLER SCHÜTZEN DÜRFEN HISTORISCHE WAFFEN TRAGEN
Wien (PK) - Die wirtschaftlichen und sozialen Eckdaten Südtirols sind ausgezeichnet, die Südtirol-Autonomie hat sich positiv weiterentwickelt. So fasst der Bericht des Außenministers über die Autonomieentwicklung in Südtirol seit 1996 die Situation zusammen. Angesichts der autonomiefreundlichen Haltung der Regierungen Prodi und D'Alema haben die SVP-Abgeordneten im römischen Parlament beiden Regierungen das Vertrauen ausgesprochen. 1998 wurde eine alte Forderung der Südtiroler vom italienischen Staat erfüllt: Die Schützen dürfen bei Veranstaltungen ihre historischen Waffen tragen. In einer Stellungnahme des Innenministeriums in Rom wurden die Schützen erstmals nicht mehr als "paramilitärische Organisation", sondern als "friedliche Vereinigung" bezeichnet.(III-20 d.B. )
Im einzelnen zählt der Bericht u.a. einen Übergang von Kompetenzen auf. So konnten in Schulangelegenheiten Südtirols Lehrer optieren, ob sie Staatsbedienstete bleiben oder in den Landesdienst wechseln wollten; mehr als 90 % votierten für das Land. Auch die Zuständigkeit für die Verwaltung und Instandhaltung der Staatsstraßen ging in Südtiroler Zuständigkeit über. In der Energieversorgung kann Südtirol ab 2000 große Wasserableitungen selbständig vergeben - eine der wirtschaftlich wichtigsten Kompetenzen Südtirols überhaupt, wie der Bericht feststellt. Auch zahlreiche Staatsimmobilien (Schutzhütten, militärische Anlagen, Bahnareale) sind nun in der Zuständigkeit Südtirols. Zweisprachigkeit ist auch für private Dienststellen bindend, sofern sie öffentliche Dienste versehen.
Die Inkraftsetzung des Schengener Abkommens zwischen Österreich und Italien hatte zur Folge, dass an der österreichisch-italienischen Grenze Personenkontrollen wegfallen. "Für Südtirol und das Bundesland Tirol, aber auch für die österreichische Südtirolpolitik stellt dies einen Schritt von historischer Bedeutung dar", konstatiert dazu der Bericht.
In der Ortsnamengebung ist die im Pariser Vertrag und im Autonomiestatut vorgesehene Zweisprachigkeit noch nicht verwirklicht. Ein Entwurf für ein entsprechendes Landesgesetz sieht die Festlegung von zweisprachigen Namen für 437 Orts-, Gewässer- und Flurbezeichnungen vor.
Im Sommer 1996 hat der italienische Staatspräsident Scalfaro 24 Südtiroler Aktivisten in ihre bürgerlichen Rechte wieder eingesetzt. 1998 wurden vier ehemalige Aktivisten begnadigt.
Ein Gesetz ermöglichte die Errichtung einer dreisprachigen nichtstaatlichen Universität (1997 in Bozen gegründet). Österreich hatte ursprünglich Bedenken, die schließlich dadurch ausgeräumt wurden, dass die Universität Innsbruck weiterhin Landesuniversität bleiben soll und es nicht zu Konkurrenzierungen und Doppelgleisigkeiten kommen soll. Seit September 1999 hat die Universität Bozen die Befugnis, österreichische Studientitel anzuerkennen. An der Universität Innsbruck hat im Jahr 1999 die Zahl der Studierenden aus Südtirol zugenommen.
Im November 1999 wurde in der Abgeordnetenkammer eine partielle Verfassungsreform beschlossen, die von Südtirol mitbetrieben wurde und die - im Sinne der Autonomie-Entwicklung - Veränderungen im Gefüge zwischen Regionen und Provinzen vorsieht. Außerdem soll die Ansässigkeitsklausel - die eine mindestens vierjährige Ansässigkeit in der Provinz Bozen zur Voraussetzung einer Ausübung des aktiven Wahlrechts bei Landes- und Gemeindewahlen vorsieht - stufenweise abgeschafft werden. "Österreich steht in Wahrnehmung seiner Schutzfunktion ständig in Kontakt mit der deutschsprachigen Volksgruppe in Südtirol", schließt der Bericht des Außenministers.
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