Parlamentskorrespondenz Nr. 24 vom 21.01.2000
WISSENSCHAFTSAUSSCHUSS BEHANDELT HOCHSCHULBERICHT 99
Wien (PK) - Wissenschaftsminister Dr. EINEM bezeichnete heute bei der Behandlung des Hochschulberichts 1999 im Wissenschaftsausschuss die Einführung von Studiengebühren als weder sinnvoll noch notwendig. Formulierungen in dem mit der ÖVP ausgehandelten Papier seien ein Kompromiss gewesen, in dem sich, wie er sagte, seine Haltung nur sehr begrenzt widerspiegelte.
In der Debatte über den Bericht nahm der Minister auch zum Thema Dienstrecht für Hochschullehrer Stellung und meinte, dieses sollte noch vor dem Schritt in die Vollrechtsfähigkeit der Universitäten weiterentwickelt werden. Ziel müsse eine stärkere Mobilität bei Aufrechterhaltung entsprechender Sicherheiten sein. Die Zeit unterschiedlicher Dienstrechte im Bundesbereich ist nach den Worten Einems jedenfalls vorbei. Der Ressortchef sprach sich dafür aus, zu einheitlichen Regelungen für alle Bundesbediensteten zu kommen.
Die Vollrechtsfähigkeit interpretierte Einem nicht als Instrument zum Sparen oder zur Einführung von Studiengebühren, er sah darin vielmehr ein Mittel, den Universitäten zusätzliche Freiheiten und mehr Selbstverantwortung zu geben. Wichtig waren für ihn dabei die freie Dispositionsmöglichkeit über alle Mittel und die Ausschöpfung von Drittmitteln. Letzteres dürfe aber in seinen Ausmassen nicht überschätzt werden, gab er zu bedenken. Weiters unterstrich Einem die Notwendigkeit von Globalbudgets und mittelfristigen Budgets. Das Finanzministerium sei zu einem solchen Schritt jedenfalls bereit, teilte er mit.
Überdies kündigte der Minister die Einrichtung von Fachhochschulen für Sozial- und Gesundheitsberufe an. Die ersten diesbezüglichen Studiengänge sollen demnach bereits im Herbst 2001 beginnen. Die Frage der Finanzierung müsse allerdings noch geklärt werden.
Abgeordneter Dr. GROLLITSCH (FP) meinte zur Lage der Hochschulen, ein Qualitätsrückgang sei unübersehbar, der derzeitige Massenzulauf wirke sich negativ auf das Niveau aus. Deshalb sollte seiner Meinung nach über Studiengebühren für bestimmte Gruppen von Studierenden oder Studienrichtungen nachgedacht werden.
Abgeordneter DDr. NIEDERWIESER (SP) schloss aus dem Bericht, dass in der Hochschulpolitik sehr viel bewegt wurde. Lösungen, die zum Zeitpunkt ihrer Beschlussfassung von den Betroffenen noch heftig kritisiert wurden, würden mittlerweile sehr positiv aufgenommen, meinte er. Eine Herausforderung für die Zukunft sah Niederwieser aber in dem wachsenden Spannungsverhältnis zwischen Autonomie und politischen Zielsetzungen, dies insbesondere bei der Erhöhung der Frauenquote.
Abgeordneter Dr. GRÜNEWALD (G) warnte vor überzogenen Erwartungen an die Vollrechtsfähigkeit der Hochschulen. Kostensenkungen seien dadurch jedenfalls kaum zu erwarten, zumal, wie die Erfahrung zeige, die Drittmittelfinanzierung bereits an ihre Grenzen stosse. Er appellierte an den Staat, seine Basisfinanzierung nicht noch weiter zurückzunehmen.
Mit Nachdruck wandte sich Grünewald auch gegen Studiengebühren. Die Einschätzung, Studierende würden dem Steuerzahler auf der Tasche liegen, entbehre jeder Grundlage, betonte er. Er verwies in diesem Zusammenhang auf eine OECD-Studie, wonach die Ausgaben des Staates pro Studierenden seit den siebziger Jahren um 60% abgenommen haben.
Abgeordnete Dr. BRINEK (VP) bewertete die Vollrechtsfähigkeit der Hochschulen überwiegend positiv. Grösserer Spielraum und das Operieren mit einem Globalbudget würden einen Freiheitsgewinn bedeuten, meinte sie. Bestimmte politische Massgaben seien dabei aber zu verankern, dies insbesondere in Sachen Frauenförderung an den Hochschulen, der Brinek einen hohen Stellenwert einräumte.
Abgeordneter Dipl.Ing. SCHÖGGL (FP) erhob die Forderungen nach Globalbudgets und mehrjähriger Budgetierung. Auch sollten seiner Meinung nach Überlegungen hinsichtlich Standortkozentrationen angestellt werden, um Qualitätssteigerungen zu ermöglichen. Schöggl bedauerte überdies den sinkenden Anteil an ausländischen Studierenden und schlug Firmenpartnerschaften für Stipendien an ausländische Studierende vor.
Der Hochschulbericht wurde mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und Grünen zur Kenntnis genommen.
BERICHT DES UNIVERSITÄTSKURATORIUMS ÜBER SEINE TÄTIGKEIT 1998
Die Zustimmung von SPÖ und ÖVP fand sodann der Bericht des Universitätskuratoriums über seine Tätigkeit im Jahre 1998. Die Autoren des Berichts weisen auf eine Reihe von Mängeln hin, nämlich was die inneruniversitäre Planung - hier fehle es zumeist immer noch an einer "starken strategisch-planerischen" Gestaltung und an einer "inneruniversitären Prioritätensetzung" -, die Verwaltungsstrukturen - hier vermissen die Autoren des Berichts wichtige Grundlagen für Planungsvorgänge wie etwa "Management-Informationssysteme", die "Leistungsdarstellung und Kostentransparenz abbilden" - sowie die Institutsstrukturen anbelangt. Ungünstig seien auch die Rahmenbedingungen, gäbe es doch "kaum Sanktionsmöglichkeiten", erweise sich das Hochschullehrerdienstrecht als zu wenig flexibel und müssten die Versetzungsbestimmungen als unzureichend angesehen werden(III-21 d.B.).
Eine ernüchternde Bilanz ziehen die Autoren des Berichts auch bezüglich der bisheriges Nutzung der Universitätsautonomie. Lediglich die WU Wien, die UBW Klagenfurt und die Montanuniversität Leoben verfügten über diesbezügliche Konzepte. Daraus lasse sich schlussfolgern, dass die Implementierung beschleunigt und die Rahmenbedingungen verbessert werden müssten, habe doch die gebotene Teilautonomie "noch nicht ausreichend gegriffen". Generell halten die Autoren die Erarbeitung eines "Masterplans", der "eine sinnvolle zeitliche und inhaltliche Abstimmung der einzelnen Evaluierungsinitiativen" gewährleistet, für geboten. In diesem Zusammenhang sei auch die "Einrichtung einer österreichweiten Evaluierungsagentur dringend erforderlich".
Zur effizienten Beurteilung sei weiters eine inhaltliche Abstimmung der Verordnungen mit Roh- und Kenndaten anzustreben. Aus diesem Grund regt der Bericht einen "einzurichtenden Daten-Koordinationsausschuss" an. Das Universitätskuratorium habe seit 1996 eine Rohdatenbank zum Zwecke "für ein umfassendes Datawarehouse" aufgebaut.
In Beantwortung der Fragen einzelner Abgeordneten führte der Wissenschaftsminister aus, dass sich das Universitätskuratorium nach wie vor in einer sehr schwierigen Lage befinde. Er räumte auch ein, dass es in der Vergangenheit Differenzen zwischen Kuratorium, Universitäten und Ministerium gegeben hat. Zurückzuführen sei dies u.a. darauf, dass das Universitätskuratorium primär unternehmensorientiert agiere und unterschiedliche Kulturen aufeinander treffen, meinte Einem. Was die Kritik am Dienstrecht betreffe, so handle es dabei um eine Materie, die man nicht so schnell ändern könne. Er hoffe jedoch, dass in der laufenden Legislaturperiode eine vernünftige Neuregelung gefunden werden könne. Beträchtliche Bemühungen von Seiten der Universitäten gebe es auch hinsichtlich des Aufbaus von Informationssystemen. Er halte es vor allem für wichtig, dass nicht nur immer mehr Daten gesammelt, sondern die Daten auch transparent und leicht zugänglich gemacht werden. Grundsätzlich sei er der Auffassung, dass viele der Vorschläge des Universitätskuratoriums, das sehr engagiert arbeite, ernst genommen werden. (Schluss)