Parlamentskorrespondenz Nr. 25 vom 24.01.2000

DIE KUNST DES SPARENS

Wien (PK) - In Zeiten des allgemeinen Sparens muss wohl auch die Kunst Federn lassen. Dementsprechend sanken die Ausgaben des Staates in Fragen der Kunst von 1,15 Mrd. S auf 1,1367 Mrd. S. Wendete der Bund zu Zeiten von Bundesminister Scholten noch exakt 1 Prozent all seiner Ausgaben für die Kunst auf, so betrug der künstlerische Anteil im Jahre 1998 nur noch 0,76 Prozent. Noch düsterere Farben hält die Entwicklung für einzelne Sparten der Kunst bereit. Die Literatur etwa musste von knapp 200 Mill. S im Jahre 1995 auf 133 Mill. S im Jahr 1998 abspecken. Auch für die meisten anderen Disziplinen sah es im Jahr 1998 nicht rosig auf, denn freuen konnten sich eigentlich nur die Festspiele, die großen Theaterhäuser, der Film und die Architektur. Dies sind die markanten Daten, die aus dem Kunstbericht 1998 hervorgehen, der dieser Tage dem Hohen Haus zuging (III-7 d.B.).

In ihrem Vorwort heben Bundeskanzler Klima und Staatssekretär Wittmann aber auch die positiven Aspekte des Jahres hervor. Österreich, so heißt es darin, habe gerade angesichts seiner EU-Präsidentschaft der Kultur eine besondere Rolle zugemessen: "Mehrere Konferenzen und Tagungen evaluierten den organisatorischen und administrativen Status quo der Kulturpolitik in Zentral- und Osteuropa und entwickelten Vorschläge für strukturverbessernde Maßnahmen und neue Kooperationsformen." Abgesehen von dieser Konferenzkultur war es der Bundesregierung aber auch darum zu tun, "sich in verschiedenen Veranstaltungen den kulturellen und kulturpolitischen Herausforderungen der digitalen Kommunikationsrevolution" zu stellen. Und weiter heißt es in dem Vorwort: "Die Kulturagenda der österreichischen Präsidentschaft bestand in erster Linie darin, zu verdeutlichen, dass die EU nicht nur ein ökonomisches Zweckbündnis sein darf, sondern dass sie vielmehr ein offener kultureller Raum in all seiner Vielfältigkeit ist, dessen Reiz und dessen Chancen gerade in dieser Unterschiedlichkeit liegen. Ein Europa der Kulturen darf nicht an geistigen und physischen Grenzen enden."

Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt im Jahr 1998 sei der Kampf um die Buchpreisbindung gewesen, so die beiden Politiker. Das Buch müsse als Kulturgut und nicht nur als bloße Ware verstanden werden: "Der Kampf um die Beibehaltung der Buchpreisbindung wird jedenfalls auch das Jahr 1999 prägen." Und auch das Jahr 2000, kann man hinzufügen, ist doch in dieser Causa ein konkretes Ergebnis noch nicht absehbar.

Besonderes Augenmerk widmete die Kunstpolitik der Privatisierung der Bundestheater: "Dieses Flaggschiff der österreichischen Kultur wurde auf einen neuen, eigenständigeren und eigenverantwortlicheren Kurs gesetzt, ohne dass deshalb die öffentliche Hand ihre Verantwortung und Zuständigkeit aufgegeben hätte. Primär geht es bei dieser Ausgliederung, ... um die Möglichkeit, für die Theaterbetriebe außerhalb der Kameralistik und der Dienstpragmatik des öffentlichen Dienstes mehr Flexibilität zu erreichen."

Weiters wird im Vorwort festgehalten, dass die Kunstförderung "im engeren Sinn" trotz der gegebenen Sparmaßnahmen "sogar noch ausgeweitet" wurde. Beim Film etwa seien Bedingungen geschaffen worden, welche die Realisierung von 20 zusätzlichen Projekten garantierten.

Abschließend verweisen die beiden Autoren des Vorworts noch auf die kulturpolitischen Auseinandersetzungen um die Aufführung eines Mühlstücks im Burgtheater und einem Orgien-Mysterientheater von Hermann Nitsch, wo es Interventionen gegeben habe, "was wohl nur als Aufruf zur Zensur verstanden werden kann." Dem halten Klima und Wittmann entgegen: "Wir haben bei diesen und anderen Fällen mehrfach darauf hingewiesen, dass die Aufgabe der Kunstpolitik nur darin bestehen kann, Kunst zu ermöglichen und nicht zu verhindern. Dazu bedarf es der notwendigen Sensibilität, des Einfühlungsvermögens, aber auch der Sachkenntnis, um Kunst verantwortungsvoll zu fördern und ihr die notwendigen Entwicklungsmöglichkeiten zu geben. Danach wird sich auch die Politik der zu Ende gehenden Legislaturperiode orientieren."

Sektionschef Andreas Mailath-Pokorny weist in seinem Vorwort auf die "Reihe innerer Reformen" hin, die im Jahre 1998 durchgeführt oder initiiert wurden. Konkret wurde die Übersiedlung in das Haus Schottengasse 1 abgeschlossen, als "nächster Schritt ist ein neues EDV-System geplant". Freilich stünden alle Maßnahmen unter "den restriktiven Bedingungen limitierter Budgets". Angesichts neuer Anforderungen und Herausforderungen wiederholt Mailath-Pokorny jedoch seine Ausführungen aus dem letztjährigen Bericht: "Sowohl das Einfrieren der Förderungen in ihrer Höhe als auch eine restriktive Vorgangsweise bei der Förderungsvergabe bezüglich der Entstehung neuer Initiativen werden vor allem angesichts des enormen künstlerisch-kreativen Potentials in Österreich nicht länger aufrecht zu erhalten sein."

DIE AUSGABEN DES BUNDES FÜR DIE KUNST

Wie schon im letzten Jahr werden die konkreten Ausgaben des Staates für die Kunst sowohl in absoluten als auch in bereinigten Zahlen nach dem sogenannten Likus-System dargeboten, welches eine bessere Vergleichbarkeit garantiert, weil die Ausgaben in den einzelnen Kunstsparten veranschaulicht werden. In absoluten Zahlen wendete der Staat 1998 insgesamt 1.136,7 Mill. S. für Fragen der Kunst auf. Davon ging knapp die Hälfte an die Musik und die Darstellende Kunst, entfielen auf diese Bereiche doch 529 Mill. S (gegenüber 531 Mill. S im Jahr 1997). Die Fotografie büßte rund 12 Mill. S ein (von 136,9 auf 125,0 Mill. S), die Literatur knapp 20 Mill. S (von 151,8 auf 132,6 Mill. S), und regionale Kultur- und Kunstinitiativen mussten sich diesmal mit 58,5 statt mit 76,9 Mill. S bescheiden. Halbiert wurden weiters die Mittel für den bi- und multilateralen Kulturaustausch (von 7,9 auf 3,9 Mill. S), während sich die Bereiche "Architektur, Design und Mode" über ein sattes Plus freuen durften (von 63,5 auf 76,7 Mill. S). Nicht weniger als 36,2 Mill. S wurden für einen neu geschaffenen Bereich "Kunstlegistik" zur Verfügung gestellt.

Noch deutlicher wird diese Tendenz in den bereinigten Zahlen nach der Likus-Systematik. Daraus wird ersichtlich, dass etwa der Bereich Wissenschaft mit einem Plus von 79,6 % der "Gewinner" des Berichtsjahres war, unmittelbar gefolgt von den "Festspielen und Großveranstaltungen", denen ein Plus von 31,9 % (in absoluten Zahlen immerhin knapp 47 Mill. S) zu Buche steht. Gespart wurde beim Kulturaustausch (minus 68,5 Prozent) und bei den Sozialleistungen (-10,7 %).

LIEBKIND GROSSBÜHNE

Größte Subventionsempfänger waren einmal mehr die großen Theater, deren Förderungen neuerlich massiv erhöht wurden. So bekam das Theater in der Josefstadt 1998 insgesamt 84,9 Mill. S (1997: 77 Mill. S), das Volkstheater 71,7 Mill. S (1997: 68 Mill. S) und die Salzburger Festspiele 77,1 Mill. S (1997: 69 Mill. S). Auf die Bregenzer Festspiele entfielen diesmal 35,1 Mill. S (1997: 37 Mill. S), das Theater der Jugend erhielt 27 und die Konzerthausgesellschaft immerhin noch 21,5 Mill. S.

STIEFKIND LITERATUR

Weiter stark nach unten zeigt die Förderungskurve für die Literatur. Die Verlagsförderung betrug 1998 nur noch 32,5 Mill. S, ein Minus von rund zehn Prozent. Einen massiven Rückgang mussten auch die Vereine und die Organisatoren von Veranstaltungen hinnehmen, die nur noch 75,9 statt wie 1997 noch 91,4 Mill. S bekamen. Auch alle anderen literarischen Bereiche, etwa die Personenförderung, verzeichneten ein schmerzliches Minus. Selbst bei der Kinder- und Jugendliteratur wurde im Berichtsjahr gespart, nachdem es 1997 in dieser Sparte noch einen kleinen Zuwachs gegeben hatte.

Auch 1998 wurden jedoch Preise und Stipendien vergeben. Die hochdotierten Musil-Stipendien (180.000 S) gingen im Berichtszeitraum Monika Helfer, Raoul Schrott und Robert Schindel. Der "Große Österreichische Staatspreis" wurde an Andreas Okopenko, der "Österreichische Staatspreis für Europäische Literatur" an Dubravka Ugresic vergeben. Aber auch neue Autoren konnten mit ein bisschen Glück zu nennenswerter Unterstützung gelangen. Bettina Balaka beispielsweise erhielt im Jahre 1998 ein Staatsstipendium in der Höhe von 72.000 S, ein Reisestipendium für eine Irlandreise in der Höhe von 12.000 S und einen Förderungspreis in der Höhe von 75.000 S, sodass sich eine Gesamtsumme von 159.000 S ergibt, die nur knapp unter der Höhe der genannten Musil-Stipendien liegt.

ÖSTERREICHISCHES FILMINSTITUT

Den größten Budgetposten beim ÖFI nahm die Förderung der Filmherstellung ein. Von der Drehbuchentwicklung bis zur Verwertungsförderung gelangten insgesamt rund 165 Mill. S zur Vergabe. Andreas Prochaskas Kinderfilm "Die drei Posträuber" (bereits im Bericht 1997 mit rund 8,1 Mill. S ausgewiesen) erhielt beispielsweise folgende Förderungen: 4,7 Mill. S Filmherstellungsförderung, 0,8 Mill. S Verwertungsförderung und 9,8 Mill. S Referenzfilmförderung (dies ein Rückfluss aus Verwertungserlösen, die in Referenzmittel umgewandelt wurden), insgesamt also (incl. 1997) 23,4 Mill. S. "Untersuchung an Mädeln" mit Elke Winkens (nach einem Roman von Albert Drach) erhielt 7,8 Mill. S Herstellungs-, 5 Mill. S Referenzfilmförderung und 5,2 Mill. S an Mitteln aus dem Film/Fernseh-Abkommen, insgesamt also 18 Mill. S. "Wanted" mit Alfred Dorfer kam auf 16,4 Mill. S, "Geboren in Absurdistan" mit Julia Stemberger auf 16 Mill. S. Bescheiden dagegen der international preisgekrönte Film "Nordrand" mit Edita Malovcic und Nina Proll, der rund 850.000 S erhielt, und der Kinobuster "Hinterholz 8" mit Roland Düringer, der 650.000 Kinostartförderung bekam. Knapp mehr als 1,2 Mill. S wurden 1998 an Preisgeldern vergeben. So erhielten etwa die Regisseure Barbara Albert ("Nordrand") und Goran Rebic ("Jugofilm") den mit 50.000 S dotierten Thomas-Pluch-Förderungspreis, die Kurztrickfilmerin Nana Swiczinsky wurde mit den Förderungspreis für Filmkunst (100.000 S Preisgeld) ausgezeichnet.

Ein umfangreicher Glossar erläutert die im Bericht verwendeten Termini, und durch ein detailliertes Register ist es dem Benutzer des Berichts möglich, die einzelnen Geförderten sofort zu finden und, so gewünscht, Querverbindungen herzustellen. Ein Serviceteil rundet den umfassenden Bericht ab. (Schluss)