Parlamentskorrespondenz Nr. 28 vom 25.01.2000

ZWEI DRITTEL DER WÄLDER WEISEN SCHWERE VERBISS-SCHÄDEN AUF

Wien (PK) - Die Beeinträchtigungen des Waldes durch Wild und Weidevieh konnten in den letzten Jahren reduziert werden, insgesamt verbessert sich der Zustand des österreichischen Waldes. Nach dem nun dem Parlament vorliegenden Wildschadensbericht 1998 belegen die Gesamtergebnisse der Wildschadensmeldungen der Bezirksforstinspektionen für das Berichtsjahr im Vergleich zu 1997 zwar nur ein um Nuancen besseres Bild der Wildschadenssituation, die Daten setzen aber den in den letzten Jahren verzeichneten Trend eines langsamen und steten Rückganges der Verbiss- und Schälschäden fort. Diese positive Entwicklung dürfe jedoch nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass noch immer in rund zwei Dritteln der Wälder der Verbiss so stark ist, dass die Verjüngung mit den waldbaulich erforderlichen Baumarten nicht oder nur mit Hilfe von Schutzmassnahmen möglich ist, gibt der Bericht zu bedenken.(III-27 d.B .)

Die Verfasser des Berichtes führen die Wildschäden auf überhöhte Bestände an Schalenwild, aber auch auf Fehler in der Fütterung und in der Waldbewirtschaftung, wie z.B. Monokulturen ohne entsprechendes Äsungsangebot, zurück. Dazu kommen noch Beunruhigungen durch Tourismus, Siedlungstätigkeit und Verkehr. Der Bericht weist in diesem Zusammenhang auf die steigende Inanspruchnahme der Natur durch den Menschen hin, wodurch der Lebensraum des Wildes eingeschränkt wird. Dies führe mangels Ausweichmöglichkeiten zu regional überhöhten Wildbeständen - eine Situation, die durch die einseitig orientierte Jagdwirtschaft noch zusätzlich verschärft werde, heisst es im Bericht.

TANNE UND EBERESCHE AM STÄRKSTEN VERBISSGESCHÄDIGT

Im Berichtsjahr 1998 haben 65 % der österreichischen Waldgebiete Verbissschäden aufgewiesen. Ein Vergleich der Jahre 1989 bis 1998 zeigt dabei, dass sich die Situation in diesem Zeitraum geringfügig, aber konstant verbessert hat, lag doch die Schädigungsquote 1989 noch bei 75 %. Tannen und Ebereschen sind nach dem Bericht am stärksten vom Verbiss betroffen. Auf fast der Hälfte der Flächen, wo diese beiden Baumarten vorkommen, sind mehr als 90 % der Individuen verbissen. Überdurchschnittlich durch Verbiss beeinträchtigt sind aber auch Esche, Ahorn und Buche.

Aus dem Bericht geht weiters hervor, dass 1998 auf 35 % der heimischen Waldgebiete ein Gleichgewicht zwischen Wald und Wild gegeben war. Auf 45 % hingegen war das Aufwachsen von Mischbeständen nicht möglich, weil hier bestimmte ökologisch wertvolle Baumarten selektiv herausgebissen wurden. Auf 20 % der Waldgebiete ist nach den Angaben des Berichtes eine Waldverjüngung ohne Schutzmassnahmen überhaupt praktisch unmöglich. Dort sind ohne Schutzvorkehrungen nicht einmal die Mindestforderungen des Forstgesetzes nach fristgerechter Verjüngung mit standorttauglichen Baumarten erfüllbar. Beim Schutzwald liegt dieser Anteil sogar bei 26 %. Wild und Weidevieh sind für den sensiblen Schutzwaldbereich nach wie vor eine ernste Bedrohung, warnt der Bericht.

GERINGFÜGIGE VERBESSERUNGEN BEI SCHÄLSCHÄDEN

Einen kleinen Erfolg zeigt die Waldinventur bei den Schälschäden. Der Anteil der geschälten Stämme ist 1992/1996 gegenüber der Inventurperiode 1986/1990 von 7,9 % auf 7,6 % gesunken. Die Neuschälung ist mit rund 5 Mill. Stämmen pro Jahr deutlich zurückgegangen. Erste Massnahmen einer geänderten Rotwildbewirtschaftung dürften zu greifen beginnen, vermutet der Bericht. Diesem positiven Trend steht allerdings die Einschätzung der Bezirksforstinspektionen gegenüber, wonach der Anteil geschälter Bestände praktisch unverändert hoch ist. Der Anteil von Wäldern mit massiven Schälschäden betrug 1998 im Wirtschaftswald 6 % und im Schutzwald 5 %. 79 % der Wälder waren frei von Schälschäden.

AUSGEWOGENES VERHÄLTNIS ZWISCHEN WILD UND WALD

Wildschäden können durch die Herstellung eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen Wild und Wald reduziert werden. Dies ist aber, wie der Bericht zu bedenken gibt, nicht durch einen blossen Federstrich möglich. Permanente Anstrengungen aller Interessengruppen sowie eine entsprechende Information der Öffentlichkeit sind gefordert. Als erster Teilerfolg wird angeführt, dass nach den Landesjagdgesetzen nunmehr die Wilddichte auf den Zustand des Waldes abzustimmen ist. Nicht mehr die Begrenzung des Abschusses nach oben steht somit im Mittelpunkt, sondern ein Mindestabschuss, der je nach regionaler Schadenssituation flexibel gestaltet wird. Der Bericht nimmt aber nicht nur die Jäger, sondern auch die Forstleute in die Pflicht. Durch Biotopverbesserungen könne die Forstwirtschaft dazu beitragen, dass der Wald wieder einer grösseren Anzahl von Wildtieren Lebensraum bietet, heisst es. Positiv wird in diesem Zusammenhang auf die durch die Waldinventur belegte Tendenz zur Naturverjüngung und die Zunahme der Laub- und Mischwälder verwiesen. (Schluss)