Parlamentskorrespondenz Nr. 36 vom 31.01.2000
TOURISMUS ERZIELTE 1998 REKORDERGEBNIS - AUFWÄRTSTREND HÄLT AN
Wien (PK) - Der scheidende Wirtschaftsminister Dr. FARNLEITNER hat dem Parlament kürzlich seinen BERICHT ÜBER DIE LAGE DER TOURISMUS- UND FREIZEITWIRTSCHAFT 1998 (III-31 d.B.) vorgelegt. Daraus geht hervor, dass sich die Belebung, die Mitte 1997 in der österreichischen Tourismusbranche einsetzte, im Jahr 1998 fortgesetzt hat. Die Einnahmen aus dem internationalen Reiseverkehr stiegen 1998 gegenüber 1997 um 5,25 % auf 156,3 Mrd. S. Die Umsätze im Binnenreiseverkehr wuchsen mit 8,75 % noch stärker. Insgesamt übertrafen die Tourismuseinnahmen erstmals jene des Rekordjahres 1992. Das Wachstum der Tourismusumsätze wird für 1999 wird mit rund 5 % auf über 200 Mrd. S berechnet, für die kommenden Jahre wird eine ähnlich positive Entwicklung erwartet. Die Umsätze der gesamten Tourismus- und Freizeitwirtschaft stiegen 1998 um 4 % auf 447 Mrd. S, wobei der Anteil der ausländischen Gäste bei 35,6 % lag. Der Beitrag der Branche zur Wertschöpfung der österreichischen Volkswirtschaft betrug 13 %.
Die Einnahmen aus dem internationalen Reiseverkehr machten 1998 6 % des BIP aus. Damit rangierte Österreich im Vergleich der Fremdenverkehrsländer an erster Stelle, gefolgt von Spanien (5,3 %), Portugal (4,3 %), der Türkei (3,3 %), Neuseeland (3,2 %) sowie Griechenland, Irland und der Schweiz (je 3,1 %). Der europäische Durchschnitt lag bei 2,1 %, der OECD-Durchschnitt bei 1,3 %. Seine führende Position hat Österreich 1998 auch bei den Pro-Kopf-Einnahmen aus dem internationalen Reiseverkehr erfolgreich verteidigt. Während der europäische Durchschnitt 5.227 S ausmachte, lag Österreich mit 19.490 S (1997: 18.518 S) vor der Schweiz (14.155 S), Spanien (9.217 S) und Irland (8.592 S) in Front.
Detailanalysen lassen erkennen, dass die Zuwachsraten bei den Umsätzen deutlich über jenen bei den Nächtigungen liegen. Daraus schließen Tourismusexperten auf erfolgreiche Strukturverbesserungen. Als weitere Ursachen für den Aufschwung werden Nachfrageimpulse durch die EU-Präsidentschaft, die Verbesserung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit durch die Errichtung der Währungsunion und die Erholung der internationalen Tourismuskonjunktur angeführt. Außerdem nützte Österreich seine günstige Position am expandierenden Kurzurlaubsmarkt.
ÖSTERREICHER ENTDECKEN DIE URLAUBSREIZE IHRER HEIMAT WIEDER
Die Auslandsreisetätigkeit der Österreicher ging 1998 gegenüber 1997 zurück. Die Österreicher entdeckten die Attraktivität heimatlicher Urlaubsorte wieder: Das Wachstum des Binnenreiseverkehrs lag im Sommer und Winter über der Zunahme des internationalen Reiseverkehrs, gleichzeitig nahm die Auslandsreisetätigkeit real um 4,5 % ab. Infolgedessen verzeichnete die Reiseverkehrsbilanz nach anhaltenden Rückgängen seit Beginn der neunziger Jahre eine Saldozunahme um rund 10 Mrd. S gegenüber 1997. Der Überschuss betrug 28,9 Mrd. S.
DAS WINTERHALBJAHR 1997/98
Nach einer Stagnation in der Wintersaison 1996/97 stiegen die Umsätze im Winterhalbjahr 1997/98 real um 1,5 % auf 94,4 Mrd. S. Die Ausgaben der Österreicher für Auslandsreisen gingen im Winterhalbjahr 1997/98 real um 4,5 % zurück, während die Ausgaben im Binnenreiseverkehr mit 7 % relativ kräftig stiegen. Die Übernachtungen nahmen gegenüber der Vorjahressaison um 1 %, die Ausgaben pro Nächtigung um 2,75 % zu. Bei Gästen aus der GUS (+30 %), aus Tschechien und der Slowakei (+28 %), aus Polen (+23,75 %), Bulgarien (+13 %), den USA und Ungarn (je +11 %), aus Italien und Großbritannien (je +8,75 %) sowie Schweden (+3 %) konnten deutliche Zuwächse erzielt werden.
DAS SOMMERHALBJAHR 1998
Der Tourismus-Aufschwung hielt auch im Sommer an: Die Umsätze stiegen nach einem Plus von 1,5 % im Sommer 1997 kräftig um 6,75 % auf 97,3 Mrd. S und übertrafen erstmals seit 1993 die Winter-Umsätze. Die Österreicher gaben für Auslandsreisen etwas weniger aus als im Vorjahr, dafür aber um 10,5 % mehr für Österreich-Urlaube. Bevorzugte Bundesländer waren Burgenland, Kärnten, Salzburg, Tirol und Vorarlberg. Wien registrierte ein Plus an Dienstreisen im Zuge der EU-Präsidentschaft. Mit 7,5 % wuchsen auch die Einnahmen aus dem internationalen Reiseverkehr kräftig, sie konnten aber die hohe Steigerungsrate des Binnenreiseverkehrs nicht erreichen. Der Aufwand je Nächtigung stieg sowohl bei ausländischen als auch bei den heimischen Gästen deutlich an. Die Nächtigungsbilanz nach Herkunftsmärkten ergab starke Zuwächse bei Gästen aus der GUS (+ 50 %), aus Rumänien (+ 44,5 %), Bulgarien (+19,5 %), den USA (+13,75 %), aus Italien (+10 %), den Niederlanden (+7,5 %), Polen (+7,75 %), Großbritannien (+7 %), Tschechien und der Slowakei (+6,5 %) sowie aus Ungarn (+5,75 %). Der Städtetourismus erzielte eine Nächtigungssteigerung von 5,25 % (Wien: + 6,25 %, Bregenz: + 6 %, Salzburg: + 4,25 %, Innsbruck: + 3 %), wogegen im übrigen Österreich die Nächtigungen gegenüber 1997 nur leicht zunahmen.
DAS WINTERHALBJAHR 1998/99
Von November 1998 bis April 1999 wuchsen die Tourismusumsätze gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres um knapp 6 % auf rund 100 Mrd. S weiter. Die Nächtigungen nahmen um rund 5 % auf 52 Mill. zu (Inländer +3,6 % auf 12,1 Mill.; Ausländer +5,5 % auf 39,9 Mill.). Deutlich mehr Gäste kamen aus Belgien (+15,3 %), Niederlanden (+11,6 %), USA (+10,2 %) und Großbritannien (+9,8 %). Die Zahl der deutschen Gäste nahm um 4,3 % zu.
Überdurchschnittliche Nächtigungszuwächse wiesen das Burgenland (+9 %), Salzburg (+8,5 %) und Oberösterreich (+5,7 %) auf. Die kräftigsten Umsatzsteigerungen verbuchten das Burgenland mit 12 %, Salzburg (+8,6 %) und Niederösterreich (+7,3 %).
REGIONALE VERTEILUNG
Fast 70 % der Reiseaufwendungen entfielen 1998 auf Tirol (38,1 %), Salzburg (18,1 %) und Wien (12,6 %). Kärnten lag mit einem Anteil von 11,2 % an vierter Stelle, gefolgt von Vorarlberg (6,6 %), der Steiermark (5,4 %), Oberösterreich (3,7 %), Niederösterreich (3 %) und dem Burgenland (1,4 %).
Die westlichen Bundesländer Vorarlberg, Tirol und Salzburg wiesen 1998 mit 59,5 % aller Nächtigungen und mit 43,4 Übernachtungen je Einwohner weit überdurchschnittliche Werte auf. Wien, Niederösterreich und Burgenland verzeichneten 4,5 Nächtigungen pro Einwohner; der Süden Österreichs (Steiermark, Kärnten) vermerkten 20,3 % der Jahresübernachtungen und 12,5 Übernachtungen/Einwohner.
ANHALTENDE AUFWÄRTSTENDENZ IM TOURISMUSJAHR 1999
Die Tourismusbranche belebte sich 1999 weiter. Der Wirtschaftsminister beziffert aufgrund vorläufiger Berechnungen für 1999 die Zunahme der Reiseverkehrsumsätze (Ausländer plus Inländer, ohne Tagesreisen) im Jahr 1999 auf voraussichtlich 4,5 % bis 5 %, was eine Gesamtumsatzsumme von mehr als 200 Mrd. S erwarten lässt. Auch in den kommenden Jahren sei mit ähnlichen Wachstumsraten zu rechnen, lautet die gute Nachricht. Das Plus der Reiseverkehrsbilanz wird bis zum Jahr 2001 auf etwa 52 Mrd. S ansteigen. Die günstigen Aussichten basieren auf der guten Konjunktursituation im In- und Ausland, dem hohen Verbrauchervertrauen und den Vorteilen der Europäischen Währungsunion. Die WWU brachte das Ende wechselkursbedingter Verlagerungen der Reiseströme im Euro-Raum. Südeuropäische Konkurrenzländer können durch Abwertungen keine Preisvorteile mehr erzielen.
BLICK ÜBER DIE GRENZEN - WIE GEHT'S DER KONKURRENZ?
Ein Vergleich Österreichs mit anderen Fremdenverkehrsländern macht die positive Entwicklung in Österreich noch deutlicher:
FRANKREICH - seit 1990 das bedeutendste Tourismusland der Welt - erzielte 1998 bei den internationalen Ankünften ein Plus von 4,7 %; die Einnahmen aus dem internationalen Tourismus konnten nach einem Minus von 1,5 % im Jahr 1997 um 6 % gesteigert werden. Die SCHWEIZ erzielte 1998 um 4 % mehr Ankünfte und eine Einnahmensteigerung um 3,9 %. Nach einem guten Jahr 1997 erreichte GRIECHENLAND 1998 einen kräftigen Zuwachs von 10 % bei den Ankünften und von 4,1 % bei den Einnahmen.
Im Gegensatz dazu registrierte der Hauptgewinner des Jahres 1997, die TÜRKEI, 1998 nur um 1,8 % mehr Gäste und nahm aus dem internationalen Tourismus nur um 2,6 % mehr ein.
In SPANIEN ging der Tourismusboom 1998 mit einem 10 %-Plus bei den Ankünften und einem Einnahmenwachstum um 11 % weiter.
ITALIEN verbuchte 1998 wiederum Zuwächse: 2,2 % bei den Ankünften und 2,4 % bei den Einnahmen.
Insgesamt wuchs die europäische Tourismuswirtschaft 1998 mit 3 % bei den internationalen Ankünften und um 3,6 % bei den internationalen Tourismuseinnahmen. Ohne Anteil an diesem Aufwärtstrend blieben UNGARN, das nach 1997 (- 16,6 %) auch 1998 ein beträchtliches Minus (- 15 %) erzielte und die NIEDERLANDE mit einem Rückgang von 7,6 %.
DIE SITUATION DER BETRIEBE
Die rund 40.000 Beherbergungs- und Gaststättenbetriebe in Österreich erwirtschafteten 1998 mit ihren 144.500 unselbstständig Beschäftigten einen Nettoproduktionswert von 103 Mrd. S. Trotz deutlicher Verschiebung zu Gunsten größerer Betriebe ist diese Branche nach wie vor kleinbetrieblich strukturiert. Die Arbeitslosenquote war im Vergleich zur Gesamtwirtschaft mit 19,3 % relativ hoch.
Das Angebot an Unterkünften entwickelte sich in Richtung höhere Qualität. Während 5- und 4-Stern-Betriebe ihre Bettenzahl seit 1980 um 83,2 % im Sommer und um 90,2 % im Winter erhöhten und auch die 3-Stern-Betriebe ihre Bettenzahl aufstockten (33,9 % im Sommer- bzw. um 43,7 % im Winter), bauten Hotels der 2- und 1-Stern-Kategorie 50,2 % (Sommer) bzw. 56,6 % (Winter) ihrer Betten ab. Die Übernachtungsmöglichkeiten in Privatquartieren nahmen seit 1980 in der Sommersaison um rund 51,4 % und in der Wintersaison um 46,8 % ab. Ferienhäuser und -wohnungen erhöhten ihr Bettenangebot seit 1980 im Sommerhalbjahr von rund 59.000 auf 216.878 und im Winterhalbjahr von rund 38.000 auf 187.270. Ein beträchtlicher Teil dieses Zuwachses resultiert aus der Umwandlung vorhandener Unterkünfte, etwa in Privatquartieren.
Bei der Bettenauslastung war 1998 nach einer rückläufigen Entwicklung seit 1991 ein spürbarer Aufwärtstrend feststellbar. Privatquartiere schnitten mit 17,3 % am schlechtesten, 5- und 4-Sternbetriebe mit 42,4 % (Winter) bzw. 50,6 % (Sommer) am besten ab. Generell ist die Kapazitätsauslastung im Sommer höher als im Winter, nur bei den 2- und 1-Stern-Betrieben verhält es sich seit 1994 umgekehrt.
BETRIEBE TROTZ BESSERER AUSLASTUNG HÖHER VERSCHULDET
In ihrer Analyse der betriebswirtschaftlichen Situation der Hotellerie gehen die Autoren des Berichts von der Beobachtung aus, dass die Betriebe ihre Verschuldung durch starke Zurückhaltung bei den Investitionen 1996 und 1997 kurzfristig stabilisieren konnten. Trotz Zunahme der Nächtigungen und einer besseren Auslastung der Betriebe haben Preissenkungen und rückläufige Einnahmen bei Getränken und Zusatzkonsumationen zu sinkenden Umsätzen geführt. Dieser negative Trend ist 1998 zum Stillstand gekommen. Steigende Nachfrage und niedrige Zinsen konnten steigende Ausgaben aber nicht ausgleichen, sodass die Verschuldung der Betriebe, ablesbar an der negativen Entwicklung von Eigenkapitalquote und Entschuldungsdauer, weiter zugenommen hat.
Die Zahl der Insolvenzen (inkl. der mangels Masse abgewiesenen Konkurse), die im Gast- und Beherbergungsgewerbe von etwa 3.200 (1992) auf eine Rekordmarke von 5.700 im Jahr 1996 gestiegen war, ist 1998 um 21 % zurückgegangen, während die Insolvenzen in der Gesamtwirtschaft lediglich um 5 % abnahmen.
Bei den Unternehmensneugründungen registriert der Bericht mit einem Zuwachs um 50 % gegenüber 1993 eine überdurchschnittliche Dynamik. Folge sei ein erheblicher Verdrängungswettbewerb, in dem besser und billiger finanzierte Neuunternehmen ältere, schlechter finanzierte Betriebe aus dem Markt drängen.
DIE TOURISMUSBRANCHE BRAUCHT DIE HILFE DER POLITIK
Die Voraussetzungen für den Tourismus haben sich vielfach zu seinem Nachteil geändert. Traditionelle Erfolgsfaktoren (günstige Arbeitskräfte, Nähe zu den Quellmärkten, bescheidene Konsumenten) sind im alpinen Tourismus verloren gegangen. Gemeinden stellen sich als Plattform für touristische Aktivitäten als zu klein heraus; gefragt sind Regionen und Destinationen. Der gesunkene Verkehrswert touristischer Immobilien ließ die Banken zu einer restriktiveren Kreditpolitik übergehen, was notwendige Anpassungsinvestitionen erschwert. Vor diesem Hintergrund stellt der Bericht fest, dass die Tourismusbranche der Hilfe der Wirtschaftspolitik bedarf.
NEUE SCHWERPUNKTE IN DER FÖRDERUNGSPOLITIK
In einem eigenen Kapitel werden die neuen Schwerpunkte der Tourismusförderung aufgelistet. Man liest von stark steigendem Bedarf an Krediten der Österreichischen Hotel-Treuhand, der Hausbank der Tourismuswirtschaft. Gefragt waren insbesondere zusätzliche ERP-Mittel für die Modernisierung von Seilbahnen und die Schaffung von Schneebereitungsanlagen.
Die TOP-Tourismusförderung konzentrierte sich auf Restrukturierung, Finanzierung innovativer Tourismusprojekte und saisonverlängernder infrastruktureller Einrichtungen, auf Garantien für private und institutionelle Beteiligungen zur Stärkung der Eigenkapitalbasis bestehender Unternehmen, auf Neugründung, Übernahme und Fortführung von Betrieben sowie auf Qualitätsverbesserungen.
Die GEWERBESTRUKTURVERBESSERUNGSAKTION dient sektorübergreifenden Maßnahmen. GARANTIEN FÜR BETEILIGUNGEN wirken der Eigenkapitalschwäche der Klein- und Mittelbetriebe des Tourismus- und Freizeitsektors entgegen. Im Rahmen der KLEINGEWERBEKREDITAKTION können Darlehen bis 2 Mill. S unterstützt und gegen Zinssatzsteigerungen abgesichert werden. Die JUNGUNTERNEHMER-AKTION leistet mit Übernahme von Haftungen Hilfestellung bei Betriebsübernahmen bzw. Neugründungen und fördert Investitionen mit einem Zuschuss von 10 %.
Weiters informiert der Bericht über das GRÜNDUNGSSPAREN zur Verbesserung der Eigenmittelausstattung bei Unternehmensgründungen, die Förderung von BERATUNG UND AUSBILDUNG, die Aktion MARKTOFFENSIVE und die Gemeinschaftsinitiativen LEADER II für den ländlichen Raum sowie INTERREG II zur beschleunigten Integration der Binnengrenzgebiete in den gemeinsamen Markt.
Abgerundet wird der Bericht mit Untersuchungen zu speziellen Themen. So werden aktuelle Erkenntnisse über "Trends im Tourismus", über die neue, selbständige und reiseerfahrene Touristengeneration sowie über neue Marktchancen Österreichs im Bereich des Senioren- und Wellness-Tourismus geboten. Weitere Spezialkapitel gelten den Themen "Beschäftigung im Tourismus", "Integriertes Qualitätsmanagement", "Euro und Tourismus", "Tourismus und Nachhaltigkeit", "Destinationsmanagement" und "Schutzhüttenförderung". (Schluss)