Parlamentskorrespondenz Nr. 92 vom 24.02.2000
VOM BUDGETLOCH ZUM BUDGETCONTROLLING
Wien (PK) - Abgeordneter Ing. WESTENTHALER (F) dokumentierte nach Wiederaufnahme der Debatte anhand von Zitaten des ehemaligen Finanzministers dessen, wie er sagte, widersprüchliche Aussagen in Bezug auf die Budgetsituation. Vor dem Sommer habe es noch kein Budgetloch gegeben, nach den Nationalratswahlen fehlten 20 Mrd. S und vor wenigen Wochen sei nun das wahre Ausmaß des Budgetdesasters zu Tage getreten, zeigte Westenthaler auf.
Im Zuge der Umsetzung des Regierungsprogrammes der FPÖ-ÖVP Koalition wurde der vorgesehene Kassasturz durchgeführt, dessen Ergebnis der Bundesminister für Finanzen Grasser und Staatssekretär Finz am 17.2.2000 vorstellten. Durch diesen Kassasturz sei nunmehr offenkundig, dass der ehemalige Bundesminister für Finanzen Edlinger gegenüber dem Nationalrat und der Öffentlichkeit die tatsächliche Budgetsituation verschleiert hat. Es stehe fest, dass das Budgetdefizit 109 Mrd. Schilling ausmache, und dass sich unter Abzug des erlaubten Maastricht-Defizits in der Höhe von max. 62 Mrd. S ein budgetärer Fehlbetrag von 47 Mrd. S und nicht von 20 Mrd. S ergebe, wie dies Edlinger zuletzt noch am 26.1.2000 behauptet hat. Es sei daher legitim und notwendig, eine Sondersitzung einzuberufen,“um die Budgetwahrheit genau auf den Tisch zu legen“.
Die „Politik des Tarnens und Täuschens“ sei jedoch auch in anderen Bereichen betrieben worden, kritisierte Westenthaler, und zwar bei den Pensionen, den Krankenkassen und im Gesundheitsbereich. So werde etwa den Menschen von den „roten Gewerkschaftsfunktionären“ Angst gemacht, dass sie bei teuren Operationen bis zu 20 % Selbstbehalt zahlen müssen, was jedoch nicht richtig sei. Am 2. März werde ein Krankenkassagipfel stattfinden, wo ein Kassasturz gemacht wird, um eine moderate, sozial gerechte Lösung zu finden, die vor allem nicht die kleinen Arbeitnehmer treffen soll. Der Opposition werde es nicht gelingen, durch Falsch- und Fehlpropaganda das gute und richtungweisende Regierungsprogramm schlecht zu machen, zeigte sich der Redner überzeugt.
Abgeordneter Dr. KOSTELKA (SP) meldete sich zur Geschäftsbehandlung und stellte einen Antrag auf Anwesenheit von Bundeskanzler Schüssel sowie der Regierungsmitglieder Molterer, Ferrero-Waldner und Gehrer. Die Verantwortung für das Budget habe die gesamte vergangene, aber auch die jetzige Regierung zu tragen, argumentierte er. Abgeordneter Mag. KOGLER (G) unterstützte den Antrag des Abgeordneten Kostelka.
Bei der Abstimmung blieb der Antrag in der Minderheit.
Finanzminister Mag. GRASSER stellte eingangs fest, die Bundesverfassung sehe vor, dass die Regierung und der Finanzminister zehn Wochen vor Ablauf des Finanzjahres ein Bundesfinanzgesetz vorzulegen haben. Diese Verfassungsbestimmung habe sein Vorgänger im Finanzministerium jedoch nicht eingehalten. Es sei daher ein automatisches Budgetprovisorium in Kraft getreten, ein Provisorium, das bei restriktivem Vollzug bereits Ende April seine Grenzen erreicht und damit zu einer partiellen Illiquidität des Bundes geführt hätte. Um die Finanzierbarkeit und die Liquidität des Staatshaushaltes sicherzustellen wurde daher bereits am dritten Tage nach der Amtsübernahme ein Antrag im Ministerrat auf ein gesetzliches Budgetprovisorium eingebracht, führte der Minister weiter aus.
Kritisch merkte Grasser an, dass Minister Edlinger es vorgezogen habe, die Geschäfte nicht zu übergeben und auch aktenmäßig keine Vorsorge für einen Bundesvoranschlag 2000 geleistet habe. Man habe leider sehr schnell erkennen müssen, dass die Übernahmebilanz „eine zutiefst rote war“, weil seit 30 Jahren jedes Jahr mehr Geld ausgegeben als eingenommen wurde. Während sich die Einnahmen in diesem Zeitraum nur verachtfacht haben, habe sich die Finanzschuld mehr als vervierzigfacht und betrage nun mehr als 1.600 Mrd. S. Dies entspreche etwa einer Größenordnung von 650.000 Einfamilienhäusern, zeigte Grasser auf, und stehe für eine Finanzpolitik, die Österreich zum Schlusslicht in Europa gemacht hat. Die Sozialdemokraten hätten u.a. auch dazu beigetragen, dass die österreichische Bevölkerung mehr als 100 Mrd. S an Zinsen zahlen müsse. Dies sei ein Potenzial, das man zur Armutsbekämpfung, zur Absicherung der Pensionen und zu einer Wirtschaftsoffensive verwenden könnte.
Der durchgeführte Kassasturz habe gezeigt, dass sich die Einnahmen für das Jahr 2000 auf 691 Mrd. S und die Ausgaben auf etwa 800,5 Mrd. S belaufen werden, was einem Nettodefizit von 109 Mrd. S. entspreche. Die Bevölkerung habe seiner Ansicht nach ein Recht darauf, ehrlich und transparent darüber informiert zu werden, wie es um die Finanzsituation des Landes bestellt sei, und das heiße 109 Mrd. S.
Damit sei ein Erbe übernommen worden, das einen längeren Sparkurs notwendig mache als man sich wünschen würde. Die neue Regierung habe sich vorgenommen, den Haushalt vor allem ausgabenseitig zu sanieren. Nur einen sehr geringen Anteil werden neue Steuern und Abgaben ausmachen, und zwar in der Größenordnung von 6 Mrd. S. Im Vergleich dazu wurde die Bevölkerung im Jahre 1996 und 1997 durch die Sparpakete mit 27 bzw. 47 Mrd. S mehrbelastet, zeigte Grasser auf. Dieser Bundesregierung gehe es um soziale Gerechtigkeit, unterstrich der Finanzminister. Dies bedeute, dass heute das Budget saniert werde, damit morgen wichtige Aufgaben erfüllt werden können. Soziale Gerechtigkeit bedeute auch, dass sich die jungen Menschen darauf verlassen können, dass sie im Alter noch eine Pension bekommen und dass die öffentliche Verwaltung schlanker werde, damit Innovation für neue Arbeitsplätze möglich sei. Zudem sollen jene, die es brauchen, Hilfe erhalten und nicht alle, die es wollen. Die Chancen der Jugend müssen bewahrt und gleichzeitig die Sicherheit der älteren Generation gewährleistet werden, erklärte Grasser abschliessend.
Die Wahlen vom 3. Oktober hätten ein Signal in Richtung Erneuerung gebracht, und zwar nicht nur in gesellschaftspolitischer sondern auch in finanzpolitischer Hinsicht, meinte Abgeordneter Dr. STUMMVOLL (VP). Der bisherige Finanzminister Edlinger habe nur halbe Wahrheiten gesagt, Reformen blockiert und unpassende Vergleiche angestellt, kritisierte er. Nun gelte es, so der Redner, die Dinge beim Namen zu nennen und die notwendigen Reformen rasch voranzutreiben. Er freue sich, dass die ÖVP nun einen Regierungspartner habe, mit dem diese Reformen durchgeführt werden können. „Neu regiert“ werden müsse dabei v.a. in den folgenden vier Bereichen: Staatshaushalt, ÖIAG, Krankenkassen und Pensionen.
Abgeordneter Dr. GUSENBAUER (SP)bezeichnete die Rede von Stummvoll als eine „ intellektuelle Beleidigung des Expertenwissens“, das in der Bundeswirtschaftskammer vorhanden ist. Was die Ausführungen des neuen Finanzminister betrifft, so wisse er nicht, warum er mehr als 60.000 S verdienen wolle, da die Rede das Papier nicht wert sei, auf der sie geschrieben war. Seiner Auffassung nach soll mit dem so genannten Kassasturz ein groß angelegtes Programm der Ungerechtigkeiten, die gebrochenen Versprechen der FPÖ und die Belastungen vieler kleiner Leute verschleiert werden: „Sie reden von Reformen und meinen Kürzungen bei den Schwachen; sie reden von Anpassungen und meinen Steuererhöhungen für die kleinen Leute; sie reden vom Sanierungsbedarf im Gesundheitswesen und meinen Strafabgaben für Kranke.“ Nicht das Budgetloch sei das Problem der neuen Regierung, sondern das Gerechtigkeitsloch, das mit der Politik der radikalen Umverteilung in Österreich entstehen werde, bemängelte Gusenbauer.
Gusenbauer resümierte, Gewinner der von der Regierung geplanten Maßnahmen seien große Unternehmer und Besitzende, auf deren Seite stünde die Koalition, die Verlierer seien Arbeitnehmer und sozial Schwächere, auf deren Seite stünde die SPÖ. "Wir werden ein Anwalt der kleinen Leute sein." Die SPÖ habe, so der Parteivorsitzende, "ein geordnetes Haus Österreich übergeben, und wir wollen nicht, dass das zerstört wird."
Auf die Wortmeldung Gusenbauers folgen zwei tatsächliche Berichtigungen. Abgeordneter Dr. PUMBERGER (F) stellte klar, dass, sollte es überhaupt zu einem Selbstbehalt bei Arztbesuchen kommen, dieser an Stelle der Krankenscheingebühr stehen und nicht zusätzlich eingeführt würde. Abgeordneter Mag. TANCSITS (VP) widersprach den Ausführungen Gusenbauers bezüglich der Pensionsreform.
In einer Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung klagte daraufhin SP-Klubobmann Dr. KOSTELKA, man könne nicht einfach Behauptungen erfinden und sie danach richtig stellen, nur um zusätzliche Redezeit zu gewinnen.
Abgeordneter Mag. TRATTNER (F) machte darauf aufmerksam, es sei die SPÖ gewesen, die mit den beiden Sparpaketen den Steuerzahlern "50 Mrd. S aus der Tasche gezogen hat". Darüber hinaus habe die Budgetpolitik der Sozialdemokraten dazu geführt, dass es nunmehr ein Defizit von 108 Mrd. S gebe. Anstatt gegen die geplanten Maßnahmen der Regierung zu protestieren, solle die SPÖ lieber brauchbare Vorschläge zur Verringerung des Defizits liefern.
Dem FPÖ-Finanzsprecher zufolge ist Österreich beim Budgetdefizit Schlusslicht in Europa. Während Finnland, Irland, Dänemark, Schweden und Großbritannien Überschüsse hätten, finde sich Österreich mit prognostizierten 2,5 % Budgetdefizit am BIP am Tabellenende. Finanzminister Edlinger habe dem gegenüber behauptet, es gebe kein Budgetloch. Trattner unterstrich, die Koalition wolle zunächst den Wirtschaftsstandort Österreich sichern und dann in zwei Jahren ein Steuerreformprogramm in Angriff nehmen.
G-Klubobmann Dr. VAN DER BELLEN führte aus, er könne verstehen, dass Finanzminister Grasser von der österreichischen Budgetsituation überrascht sei, weil er bis jetzt mit dem Thema nichts zu tun gehabt habe, der freiheitliche Finanzsprecher Trattner oder Bundeskanzler Schüssel müssten aber schon lange wissen, wie es um das Budget stehe. So erinnerte er daran, dass das Wirtschaftsforschungsinstitut bereits im März 1999 einen Bericht vorgelegt habe, in dem das Budgetdefizit für das Jahr 2000 mit 2,5 % prognostiziert wurde.
Nach Ansicht von Van der Bellen diente die heutige Sondersitzung nur dazu, Finanzminister Edlinger die Schuld für das geplante "Belastungsprogramm" der Regierung zu geben. "Sie machen einfach eine Sondersitzung als verlängerte Pressekonferenz", sagte er in Richtung ÖVP und FPÖ. Da es aber doch "denkmöglich wäre", dass der Regierungspartner ÖVP nicht über die Budgetprobleme informiert gewesen sei, regte er die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses an. Dieser solle klären, wieso das Finanzministerium Möglichkeiten habe, alle anderen Minister von Informationen abzuschneiden.
Nationalratspräsident Dr. FISCHER bestätigte das Einlangen eines Antrages der Grünen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Demnach sollen die politischen Verantwortlichkeiten für die Tatsache geklärt werden, dass den ÖVP-Ministern der vorigen Regierung ihren Angaben zufolge die Höhe des zu erwartenden Budgetdefizits nicht bekannt war.
Abgeordneter Dkfm. MÜHLBACHLER (VP) warf dem grünen Klubchef vor, "gefährlich vergesslich" zu sein. Van der Bellen habe beim Budget stets mehr Transparenz und besseres Controlling verlangt. Auf einmal behaupte er, die Transparenz hätte gegeben sein müssen.
Laut Mühlbachler hat die ÖVP deshalb eine Sondersitzung zum Thema Kassasturz gefordert, weil man der österreichischen Bevölkerung einen Rechenschaftsbericht schuldig sei. Die SPÖ habe auch in der Opposition "Österreichverantwortung", auch wenn sie eine solche in den letzten Wochen nicht wahrgenommen habe. Der Abgeordnete urgierte in diesem Zusammenhang auch einen "Kassasturz der politischen Moral", es sei das Problem der Sozialdemokraten, dass sie so vieles im Bereich der Halbwahrheiten angesiedelt habe.
Abgeordneter EDLINGER (SP) meinte in Anspielung auf eine Aussage von Finanzminister Grasser, es sei tatsächlich ein Theater, was FPÖ und ÖVP heute im Parlament aufführten. Der FPÖ billige er zu, sich auf mangelnden Wissenstand auszureden, betonte er, der ÖVP glaube aber niemand, "dass sie das nicht gewusst hat". Edlinger zufolge war die ÖVP in alle politischen und fiskalischen Entscheidungen eingebunden, zuerst durch Wirtschaftsminister Farnleitner, später durch Landwirtschaftsminister Molterer. Die Zahlen, die der Kassasturz angeblich erst jetzt ans Licht gebracht habe, habe er bereits im Oktober Minister Molterer übergeben.
Edlinger verglich die Vorgangsweise der Regierung mit einem Drama in drei Akten. Im ersten Akt sei zunächst ein Chaos ausgerufen worden, da es aber keine Toten gebe, hätten auch keine Leichen gefunden werden können. Im zweiten Akt heiße es, keiner habe etwas gewusst. Im dritten Akt komme schließlich das Sparpaket, das nur erforderlich sei, "um Geschenke für Ihre Klientel zu bezahlen". Die Regierung plane eine Umverteilung von unten nach oben, kritisierte der Ex-Finanzminister, die SPÖ werde aufpassen, "dass Ihnen das nicht so leicht gemacht wird". Zu den von ihm verantworteten Budgets merkte er an, es habe immer eine punktgenaue Vollzugspolitik gegeben.
In einer Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung urgierte Abgeordneter ÖLLINGER (G) die Beiziehung von Minister Molterer zu den Verhandlungen. Ein entsprechender Antrag wurde jedoch nur von den Grünen und der SPÖ unterstützt und blieb damit in der Minderheit. Abgeordneter Dr. GRAF (F) stellte in einer tatsächlichen Berichtigung fest, das Verlangen auf Abhaltung einer Sondersitzung sei nicht, wie Edlinger behauptet habe, ein Instrument der Opposition, sondern das Recht von 20 Abgeordneten.
Wirtschaftsminister Dr. BARTENSTEIN warf Ex-Finanzminister Edlinger vor, keine Verantwortung für "die prekäre und problematische Budgetsituation" übernehmen zu wollen. Auch von punktgenauem Budgetvollzug kann seiner Auffassung nach keine Rede sein, immerhin hätten sich 1999 sowohl die Einnahmen als auch die Ausgaben um jeweils 20 Mrd. S vom Voranschlag entfernt. Selbstverständlich sei die ÖVP in Entscheidungen eingebunden gewesen, unterstrich Bartenstein, in Österreich sei es aber immer noch so, dass primär der Finanzminister für das Budget, die Familiensteuerreform und die Steuerreform verantwortlich sei.
Kritik übte Bartenstein auch an der Aussage Edlingers, er selbst habe jene Zahlen vorgelegt, die nun von Finanzminister Grasser nachvollzogen würden. "Das stimmt nicht." Der Minister hielt auch den Vorwurf aufrecht, wonach Edlinger den Koalitionspartner nicht über alle budgetären Probleme informiert habe.
Abgeordneter GAUGG (FP) untermauerte den Vorwurf seiner Fraktion, wonach Edlinger die Bevölkerung mit falschen Zahlen getäuscht habe. Im übrigen bezichtigte der Redner die SPÖ des Versagens in der Sozialpolitik. Strafgefangene würden nach 30 Jahren SP-Regierungsverantwortung heute oft schon höhere Stundenlöhne beziehen als Arbeiter, sagte er.
Abgeordnete Dr. PETROVIC (G) forderte in einem Entschliessungsantrag u.a. die Vorlage eines Berichtes an den Nationalrat hinsichtlich der Umsetzung der Gagenbeschränkung von FPÖ-Politikern auf 60 000 S monatlich. In einer weiteren Initiative sprach Petrovic das Problem der Dienstwagen an und wandte sich gegen Steigerungen gegenüber dem geltenden Fahrzeugplan.
Finanzminister Mag. GRASSER teilte mit, dass er monatlich 10 000 S für karitative Zwecke zur Verfügung stellt, und lud die Abgeordneten ein, dies ebenfalls zu tun.
Justizminister Dr. KRÜGER bemerkte, die Frage der Marke seines Dienstwagens sei für ihn kein Evangelium. Hinsichtlich des Jaguars habe man ihn jedenfalls falsch interpretiert, betonte er. Krüger kündigte in diesem Zusammenhang an, dafür Sorge zu tragen, dass der Preis seines Dienstwagens die 500 000-S-Grenze nicht übersteigt.
Abgeordneter Mag. STEINDL (VP) konfrontierte Ex-Finanzminister Edlinger in seiner Wortmeldung mit dem Vorwurf der falschen Information des Parlaments.
Abgeordneter Dr. CAP (SP) forderte in einem Entschliessungsantrag eine umfassende Kostenrechnung für alle Ressorts, Kostenschätzungen bei sämtlichen Gesetzesvorhaben sowie einen monatlichen Bericht an den Budgetausschuss über den Stand des Budgetvollzugs.
An die Adresse der ÖVP gerichtet meinte Cap, niemand könne es der Volkspartei glauben, dass sie keinerlei Ahnung über die Budgetlage gehabt hatte. Gerade Minister Bartenstein habe sich ständig mit familienpolitischen Forderungen in Milliardenhöhe in die Budgetdiskussion eingeschaltet und sei jetzt für die Situation mitverantwortlich, meinte Cap.
Abgeordneter Dipl.Ing. PRINZHORN (FP) bezeichnete die Budgetlage als Ergebnis von 30 Jahren Verschuldenspolitik der SPÖ. Das Management dieser Finanzpolitik sei am 3. Oktober abgewählt worden.
Staatssekretär Dr. FINZ verwies auf die Bedeutung des im Dringlichen Antrag geforderten Controllings und erinnerte zudem daran, dass es keinerlei Vorarbeiten für ein Budget 2000 gegeben hatte und somit die Zahlen des Budgets 1999 fortgeschrieben werden müssten.
Abgeordneter ÖLLINGER (G) setzte sich kritisch mit den Aussagen Prinzhorns über Hormonmedikamente an Ausländerinnen auseinander und meinte unter Hinweis auf die einschlägige Gesetzeslage, sämtliche Behauptungen über angebliche Bevorzugung von Ausländerinnen beim Sozialamt seien absolut falsch.
Abgeordneter HAIGERMOSER (FP) kam auf den Transitvertrag mit der EU zu sprechen und meinte, auch dieser sei eine Hinterlassenschaft der alten Regierung, mit der die FP-VP-Koalition nun fertigwerden müsse.
Abg. SCHWARZBÖCK (V) appellierte an die Anwesenden, den Klassenkampf nicht als Mittel der politischen Auseinandersetzung anzuwenden. Als die drei wesentlichen Punkte der Budgetsanierung nannte er die Defizitsenkung, die Pensionsreform und die Krankenkassenfinanzierung. Er verwahrte sich dagegen, dass nun die Großbauern gefördert würden und erläuterte, dass ein Drittel der bäuerlichen Pensionsbezieher die Ausgleichszulage bekämen. Es gehe nun um die tatsächliche Verteilungsgerechtigkeit, so der Abgeordnete, und man sollte sich jenen Bereichen widmen, wo sozialer Aufholbedarf besteht.
Bei der Abstimmung wurde der Dringliche Antrag der Abgeordneten Ing. Westenthaler und Dr. Stummvoll betreffend Kassasturz mit Mehrheit angenommen. Zwei Entschließungsanträge der Abgeordneten Dr. Petrovic betreffend die Einhaltung des Beschlusses der FPÖ auf Begrenzung der Politikerbezüge auf 60.000 S sowie betreffend Anschaffung eines Jaguars als erste Amtshandlung des Justizministers blieben in der Minderheit. Der Entschließungsantrag des Abgeordneten Dr. Kostelka betreffend Controlling fand ebenfalls keine Mehrheit.
ANFRAGEBEANTWORTUNG FÖRDERUNGSBERICHT 98
Den Antrag, die Anfragebeantwortung betreffend Förderungsbericht 98 durch den Wirtschaftsminister zu diskutieren, begründete Abgeordneter RIEPL (SP) damit, dass es über die Förderung der Wirtschaftskammer zur Umleitung von Steuergeldern gekommen sei und sich die Frage stelle, ob nicht aktive Politiker Subventionen erhalten hätten. Er nannte dabei insbesondere die derzeitige Ministerin Sickl. Der Abgeordnete sprach wiederholt die Gefahr an, dass es durch die Bundesregierung zu einer Schlechterstellung der Arbeitnehmer kommen werde, und wies auf ein Zehn-Punkte-Programm der Wirtschaftskammer Kärnten hin. Er kritisierte insbesondere, dass die Abschaffung der Arbeitsinspektorate geplant sei und eine leichtere Auflösbarkeit von Lehrverträgen gefordert werde. Was die Unternehmen künftig bekämen, werde den Arbeitnehmern genommen, schloss Riepl.
Bundesminister Dr. BARTENSTEIN betonte in seiner Antwort, dass keinesfalls an eine Abschaffung der Arbeitsinspektorate gedacht sei. Weiters führte er aus, dass Bundesministerin Sickl keine Förderungen erhalten habe.
Abgeordnete SILHAVY (SP) warf der Regierung vor, dass diese den Arbeitnehmern massive Kürzungen aufbürde, während zugleich der Wirtschaftsbund 20.000 S Mindestpension für Unternehmer wolle. Sie sprach sich gegen die Forderung des Wirtschaftsbundes aus, keine Abfertigung bei Selbstkündigung mehr zu zahlen.
Abgeordneter Dr. TRINKL (VP) sah den Grund dieser Diskussion in den kommenden Wirtschaftskammerwahlen. Er verteidigte die Subventionspraxis, indem er die Frage stellte, wer denn sonst Klein- und Mittelbetriebe bei den Aktionen unterstützen solle.
Abgeordneter Dipl.-Ing. HOFMANN (F) hob hervor, dass die Wirtschaftskammer die Interessenvertretung ihrer Mitglieder zu sein habe, diese aber durchaus reformbedürftig sei. Auch er hielt die Subventionierung von Klein- und Mittelbetrieben für unverzichtbar, da diese 85 % der Arbeitsplätze zur Verfügung stellten. Schließlich fragte er, ob es nicht zielführender sei, im Bereich der Lehrlingsausbildung überzogene Schutzbestimmungen zurückzunehmen.
Abgeordneter ÖLLINGER (G) hielt die Beantwortung der schriftlichen Anfrage für unzureichend, da der Minister über die Verwendung mancher Beträge keine Auskunft gegeben habe. Im Hinblick auf die bereits genannten zehn Ziele der Wirtschaftskammer bezweifelte er, dass überhaupt etwas sinnvoll subventioniert werde. Dieser Forderungskatalog zeige auch, dass die Interessen von Arbeitnehmern und Unternehmen zu unterschiedlich seien, um in einem Ministerium sinnvoll zusammengelegt zu werden.
UNTERSUCHUNGSAUSSCHUSS
In der daran anschließenden Debatte über den Antrag der Grünen, einen Untersuchungsausschuss betreffend Klärung des tatsächlichen Wissensstandes der VP-Minister der früheren Bundesregierung über das Budgetdefizit einzusetzen, begründete Abgeordneter Mag. KOGLER (G) die Initiative damit, dass es aufklärungsbedürftig sei, wie Minister jahrelang hinters Licht geführt werden konnten. Anders sei es nicht möglich, dass Regierungsmitglieder behaupten könnten, den Inhalt von Wirtschaftsprognosen nicht zu kennen oder von Gesetzesinhalten nichts zu wissen. Der einzige, der aus der Reihe getanzt sei, sei Bundesminister Farnleitner gewesen, der zugegeben habe, dass 40 bis 60 Mrd. S fehlen.
Abgeordneter Dr. EINEM (SP) hielt den Regierungsfraktionen entgegen, dass es gerade die VP-Ministerien gewesen seien, die ihr Budget am meisten überzogen hätten. Dass das Budget nicht gänzlich entgleist sei, sei einzig Minister Edlinger und seinen Beamten zu danken. Abschließend stellte er die Frage, wie die Minister Schüssel, Molterer, Fasslabend und Bartenstein so tun könnten, als ob sie keine Ahnung gehabt hätten, obwohl sie bei der Ministerratssitzung am 19. Oktober 1999 mitdiskutiert hätten, als Bundesminister Edlinger über Budgetprognosen referierte. Der Antrag der Grünen werde daher von der SPÖ unterstützt, so Einem.
Abgeordneter Dr. MITTERLEHNER (VP) verwies auf die schlechte budgetäre Situation, in der sich das Land befinde. Österreich habe es verabsäumt, eine entsprechende Strukturreform zu verwirklichen und den Wirtschaftsstandort nachhaltig zu sichern. Die Sozialdemokraten hätten das Problem verniedlicht und bei der Bevölkerung einen falschen Eindruck erweckt.
Abgeordneter BÖHACKER (F) bemängelte, daß der Erstunterzeichner des Antrags nicht anwesend sei und bezeichnete den Antrag selbst als „langweilig“. An die Adresse der Sozialdemokraten meinte er, deren Wirtschaftspolitik habe in zahlreichen Fällen versagt.
Der Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt.
Im Anschluß daran erklärte Präsident Dr. FISCHER, eine Überprüfung des stenographischen Protokolls habe ergeben, der vom Abgeordneten Tancsits tatsächlich berichtigte Satz des Abgeordneten Gusenbauer in dessen Rede nicht gefallen sei. In einem weiteren Fall lägen die Dinge etwas komplexer, weshalb man gegebenenfalls in einer Sitzung der Präsidiale darüber reden könne. (Schluss)