Parlamentskorrespondenz Nr. 134 vom 16.03.2000
JÄHRLICH WERDEN 200.000 TONNEN GEFÄHRLICHEN MÜLLS NICHT ENTSORGT
Wien (PK) - Im Rechnungshofausschuss wurde am Nachmittag über die Bekämpfung der Umweltkriminalität und über das Landesgendarmeriekommando für Salzburg debattiert. Im Rahmen der Überprüfung der Umweltkriminalität hielt es der RH für notwendig, Verdachtschöpfungsstrategien zur Bekämpfung der Dunkelfeldes zu entwickeln, die Aufgabe der Umweltstrafverfolgung jenen Organisationseinheiten zuzuordnen, die mit Angelegenheiten der Wirtschaftskriminalität befasst sind, und den Personaleinsatz durch Bildung von Umweltsachbearbeitergruppen zu bündeln. Zudem müsste die fachspezifische Aus- und Fortbildung verbessert und ein Kommunikationssystem zwischen der Zentralstelle und den Sachbearbeitern aufgebaut werden.
Abgeordneter Mag. GASSNER (SP) wollte vom Innenminister wissen, wie er im Lichte der budgetären Einsparungen auf die Unterbesetzung im Umweltkriminalitätsbereich reagieren werde und in welche Richtung seine Vorstellungen zur Verbesserung der Ausbildung und der Ausrüstung laufen. Vom RH-Präsidenten wünschte er eine Auflistung der bereits abgeschlossenen Umweltkriminalitätsfälle.
VP-Abgeordnete LENTSCH hinterfragte die Empfehlungen des RH, insbesondere die Bildung von Umweltsachbearbeitergruppen, die Aufgabenzuordnung und das Pilotprojekt "Umweltkundige Organe".
Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG (G) sprach von der illegalen Abfallverschiebung, die ein lukratives Geschäft darstellt, erkundigte sich nach der Umsetzung der vom RH vorgeschlagenen Maßnahmen und regte einen gemeinsamen Entschließungsantrag für das Plenum betreffend Umsetzung der Empfehlungen des RH und einer Aufstockung der Mittel für die Umweltkriminalität an.
Für die internationale Vernetzung und für die Anwendung neuer Methoden, etwa der Rasterfahndung, im Umweltkriminalitätsbereich interessierte sich Abgeordneter Mag. HAUPT (F).
Innenminister Dr. STRASSER nahm zu den aufgeworfenen Fragen Stellung und verwies auf das Regierungsübereinkommen, dem gemäß in dieser Legislaturperiode u.a. eine Reform der Kriminalpolizei in Angriff zu nehmen ist. Eine bereits von Minister Schlögl eingesetzte Arbeitsgruppe wird sich mit diesem Fragenkomplex befassen.
Eine internationale Vernetzung begrüßte der Ressortleiter und wies darauf hin, dass beim informellen Ministerrat in Lissabon eine stärkere Vernetzung der polizeilichen Aktivitäten auf europäischer Ebene verlangt wurde. Eine Anwendung der Rasterfahndung ist bereits möglich.
Der Generaldirektor für öffentliche Sicherheit Dr. BUXBAUM vertrat den Standpunkt, dass die Exekutive im Vorfeld keine Umweltpolizei sein könne. Das vom RH monierte Ausbildungskonzept sei im Entstehen. In Schulungsmaßnahmen soll Fachwissen gebündelt beigebracht werden.
Keine Notwendigkeit sah er, die Umweltsachbearbeiter bei der Wirtschaftspolizei anzusiedeln; als wünschenswert erachtete er die Schaffung einer separaten Umweltgruppe.
RH-Präsident Dr. FIEDLER: Laut einer Schätzung des Umwelt- und Innenressorts fallen jährlich 670.000 Tonnen gefährlichen Abfalls an; davon werden 70 % ordnungsgemäß entsorgt. Angesichts der geringen Zahl an Anzeigen ist das Dunkelfeld enorm hoch, sagte er; eine Dunkelfeldaufhellung ist daher dringend geboten.
In weiteren Wortmeldungen wurden abermals die Schulungen und die Ausbildung der Sachbearbeiter (Abgeordnete WINDHOLZ und REINDL, beide F), die Räumung von Deponien und die Kontrolle von gefährlichen Gütern an der Grenze (Abgeordneter BRIX, SP), die Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungs- und Umweltverwaltungsbehörden (Abgeordnete Rosemarie BAUER, VP) und Schwerpunktkontrollaktionen (Abgeordnete Mag. SIMA, SP) angesprochen.
Bundesminister Dr. STRASSER teilte mit, dass in Wien und Niederösterreich 130 Beamte im Rahmen des Pilotprojektes "Umweltkundige Organe" ausgebildet werden. An eine Fortsetzung dieses Projektes ist gedacht, sind doch die Beamten äußerst engagiert und motiviert.
Mag. DICK, Leiter der Gruppe Kriminalpolizei - INTERPOL, machte darauf aufmerksam, dass bereits Verbindungen zu NGOs bestehen und man in Hinkunft das Wissen der NGOs besser nutzen möchte.
An dem Schulungskonzept wird gearbeitet; es soll ein neues Anforderungsprofil für den Umweltbereich geben. Das Konzept soll bis 2001 stehen.
RH-Präsident Dr. FIEDLER stellte eine Grobberechnung an: Bei einem Preis von 7.000 S pro Tonne Entsorgung beläuft sich die Ersparnis für rund 200.000 Tonnen nicht entsorgten Sondermülls auf etwa 1,6 Mrd. S. Da etwa die Hälfte aller Deponiebetreiber der öffentlichen Hand zuzuzählen ist, bedeutet dies, dass der öffentlichen Hand etwa 800 Mill. S jährlich an Einnahmen entgehen.
Organisationsreform des Landesgendarmeriekommandos für Salzburg insgesamt positv beurteilt
Der Rechnungshof überprüfte im September und Oktober 1998 die Gebarung des Landesgendarmeriekommandos Salzburg. (Dem LGK Salzburg unterstehen fünf Bezirksgendarmeriekommanden und diesen insgesamt 61 nachgeordnete Gendarmerieposten.) Näher untersucht wurde vor allem die Evaluierung der im Jahre 1995 neugestalteten Aufbau- und Ablauforganisation. Der RH beurteilte das Vorhaben der Reorganisation der Landesgendarmeriekommanden und dessen projektmäßige Abwicklung grundsätzlich als positiv. Auch die Differenzierung in zwei Modelle für "größere" und "kleinere" LGK erschien ihm zweckmäßig.
Im konkreten empfahlen die Prüfer, die "Organisation und Geschäftsordnung" für alle "kleineren" Landesgendarmerie-Kommanden zu straffen - der RH ermittelte diesbezüglich ein Einsparungspotential von 22 Mill. S an Personalkosten pro Jahr - sowie die Aufbauorganisation der "größeren" Landesgendarmeriekommanden gegebenenfalls anzupassen; die Führungsebene in einem Führungsstab zu konzentrieren; die Sachbereiche zu stärken; die Aufgabenzuordnung innerhalb der Bezirksgendarmeriekommanden gegebenenfalls zu flexibilisieren; die interne Gliederung der Gendarmerieposten zu vereinfachen; die Tätigkeitsnachweise zu einem zeitnahen kennzahlengestützten Steuerungselement umzugestalten; ein Mindestanforderungsprofil für die kriminaldienstlichen Tätigkeiten zu erarbeiten; das Informationsmanagement effizienter zu gestalten; die Landesleitzentrale und die Verkehrsleitzentrale zusammenzulegen; auf eine gesetzliche Präzisierung des Weisungsverhältnisses zwischen Sicherheitsdirektion und Landesgendarmeriekommando für Salzburg zu dringen; den Informationsfluss zwischen Sicherheitsdirektion und Gendarmeriestellen zu verbessern; die Notwendigkeit der Koordinierungsfunktion der Sicherheitsdirektion im kriminaldienstlichen Bereich zu überdenken; den finanziellen Wirkungsbereich der Landesgendarmeriekommanden auszuweiten.
Abgeordneten LEIKAM (SP) sprach von einem sehr positiven Ergebnis, da der Rechnungshofbericht im Grunde keine Kritik an der Organisationsreform, sondern lediglich Anregungen und Verbesserungsvorschläge enthalte. Hinsichtlich der Kriminalabteilung stellte er die Frage, ob es nicht sinnvoll wäre, die einzelnen Sachbereiche in größere Aufgabengebiete zusammenzufassen. Verbesserungsmöglichkeiten sah Leikam im Verhältnis zwischen Sicherheitsdirektion und Landesgendarmeriekommenden. Ein wichtiges Anliegen war ihm auch die Reduzierung des "Papierkrams".
Abgeordnete LENTSCH (VP) erkundigte sich danach, in welchen Bereichen die Eigenständigkeit der Postenkommandanten gefördert werden soll. Weiters wollte sie wissen, ob gewisse Bereiche der Haushaltstechnik und Wirtschaftsabteilung ausgegliedert werden können.
Abgeordneter WINDHOLZ (F) regte an, dass die Überstunden hauptsächlich von jüngeren Beamten geleistet werden, um Einsparungseffekte zu erzielen.
Seit dem 1.1. 1995 wurde eine große Organisationsänderung durchgeführt, die der Straffung und Weiterentwicklung des gesamten Sicherheitswesens im Gendarmeriebereich dienen soll, erklärte Innenminister Dr. STRASSER. Es müsse offen gesagt werden, dass auch sehr schmerzliche Schritte erforderlich waren, wie etwa die Schließung von knapp 200 Gendarmerie-Posten. Deshalb sei er sehr froh, dass diese Phase nun abgeschlossen werden konnte.
Was den "Papierkram" anbelangt, so habe man bereits geplant, sich die Abläufe genauer anzusehen und Möglichkeiten zu suchen, um den einzelnen Exekutivbeamten zu entlasten. Dieses Projekt habe eine hohe Priorität, betonte Strasser, Verbesserungen seien beispielsweise bei den notwendigen Unterschriften für Dienstreisen und bei den Durchlaufzeiten möglich. Auch die Neuorganisation des Kriminaldienstes sei ihm ein großes Anliegen; ein Pilotauftrag wurde bereits formuliert. Das Verhältnis mit der Sicherheitsdirektion gebe ohne Zweifel Anlass zu Reibungsverlusten, räumte Strasser ein. Aus diesem Grund habe er eine Arbeitsgruppe eingesetzt, in die Vertreter der betroffenen Organisationen entsandt werden. Um die Eigenständigkeit der Postenkommandanturen zu stärken, sollte die Eigenverantwortung forciert und eine klare Kompetenzzuordnung getroffen werden, erläuterte Strasser.
Der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit Dr. BUXBAUM ergänzte die Ausführungen des Ministers und meinte im Zusammenhang mit dem angesprochenen "Papierkram", dass der Berichterstattungserlass überarbeitet und die EDV-unterstützte Datenverarbeitung ausgebaut werden soll. Zur Frage der Ausgliederung von Aufgaben gab Buxbaum zu bedenken, dass es hier Grenzen gebe, denn man müsse in Krisensituationen gewappnet sein. Ablehnend stand er dem Vorschlag des Abgeordneten Windholz gegenüber, da es seiner Auffassung nicht richtig und nicht zielführend sei, nur die jüngeren Beamten für Überstunden einzuteilen.
Auch der Salzburger Landgendarmeriekommandant Bgdr. KRÖLL nahm zum Thema Ausgliederungen Stellung und wies darauf hin, dass in diesem Bereich in den letzten Jahren sehr viel passiert sei und überall dort, wo es möglich ist, Fremdfirmen eingesetzt werden. Als Beispiele nannte er die Bereiche Beschaffung und Reparatur von Kfz, Reinigung und Ankauf von erkennungsdienstlichem Material. Mehr Spielraum gebe es auch in finanzieller Hinsicht, da die Betragsgrenzen für genehmigungspflichtige Gebarungsvorgänge von 20.000 S auf knapp 100.000 S erhöht wurden.
Rechnungshofpräsident Dr. FIEDLER schloss sich in Bezug auf die Überstundenregelung der Meinung von Buxbaum an, weil die Überstunden im vorhinein oft nicht absehbar seien. Sollte der Rechnungshof jedoch feststellen, dass ganz gezielt nur ältere Beamte die Überstunden leisten, dann werde er dies, wie er es bereits in anderen Ressorts getan hat, selbstverständlich beanstanden. Der Rechnungshof werde zudem auch von seiner "alten" Forderung nicht abgehen, vom kostenintensiven Massasystem auf das Etatsystem umzustellen, unterstrich Fiedler abschließend.
Bei der Abstimmung wurde der Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 1998 (III-11.d.B.) mit SP-F-VP-Mehrheit zur Kenntnis genommen.(Schluss)