Parlamentskorrespondenz Nr. 172 vom 06.04.2000
BUDGETAUSSCHUSS: BUNDESKANZLERAMT UND KUNSTAGENDEN
Wien (PK) - Im Budgetausschuss stand heute Bundeskanzler Dr. SCHÜSSEL den Abgeordneten Rede und Antwort. Themenschwerpunkte waren in erster Linie die Entschädigung der NS-Zwangsarbeiter sowie Fragen im Bereich der Volksgruppenförderung.
Abgeordneter Dr. KOSTELKA (SP) befürwortete grundsätzlich die Einsetzung der beiden Regierungsbeauftragten SCHAUMAYR und BUSEK, forderte aber die Offenlegung der Mandatsverhältnisse und sprach sich für eine politische Kontrolle und Einbindung des Parlamentes aus. Es könne nicht die Lösung sein, für jedes heikle politische Problem einen Regierungsbeauftragten zu bestellen, warnte er vor einer Verallgemeinerung dieser Vorgangsweise.
Zur Entschädigungsfrage stellte Kostelka fest, die Leistungen des Nationalfonds für NS-Opfer sollten mit jenen für Zwangsarbeiter im Einklang gebracht werden.
Abgeordneter Dr. BÖSCH (F) drängte auf eine rasche Umsetzung der Bundesstaatsreform. Beim Tierschutz plädierte er für eine Regelung im Rahmen von 15 a-Verträgen des Bundes mit den Ländern.
Abgeordnete Mag. STOISITS (G) betonte, bei den Zwangsarbeitern sollte nicht nach den wirtschaftlichen Verhältnissen unterschieden werden. Es gehe einzig und allein um das Unrecht von damals und nicht um den Lebensstandard von heute. Was die Volksgruppenförderung betrifft, begrüßte Stoisits, dass es zu keiner linearen Kürzung gekommen ist. Sie vermisste aber die Mittel für Volksgruppenradios und kritisierte weiters die Rücknahme der begünstigten Postversandtarife. Diese Maßnahme würde vor allem Volksgruppenzeitungen treffen, fürchtete sie. Das Thema Volksgruppen wurde auch von den Abgeordneten Dr. ZERNATTO (VP), Mag. POSCH (SP) und Mag. HAUPT (F) angesprochen.
Abgeordneter Dr. KURZMANN (F) äußerte sich positiv zur Entschädigung der NS-Zwangsarbeiter, regte aber auch eine Lösung für österreichische Kriegsgefangene in der Sowjetunion an.
Abgeordnete Mag. FRIESER (VP) interessierte sich für die geplanten Internet-Aktivitäten des Bundeskanzleramtes.
Kritik an den Kürzungen der Förderung des unabhängigen Bundesasylsenats kam von Abgeordnetem Dr. JAROLIM (SP).
Bundeskanzler Dr. SCHÜSSEL kündigte die Schaffung eines modernen Managements in seinem Ressort unter Einbeziehung von externen Experten an. In diesem Sinne sah er auch die Tätigkeit der Regierungsbeauftragten, die, wie er sagte, helfen sollen, Entscheidungen vorzubereiten und zu beschleunigen. Selbstverständlich werde es auch in diesem Bereich parlamentarische Kontrolle geben, versicherte er.
Der Bundeskanzler sprach der Regierungsbeauftragten Schaumayr seinen höchsten Respekt aus. Ihr sei es gelungen, innerhalb kürzester Zeit eine unglaublich hohe österreichweite Akzeptanz für die Entschädigung der Zwangsarbeiter zu finden. Zur Höhe der auszuzahlenden Gelder meinte Schüssel, er wolle den Anteil der Wirtschaft dabei möglichst hoch halten. Eine Festlegung auf konkrete Summen sei noch nicht möglich, den Vergleich mit dem Nationalfonds hielt er nicht für angebracht. Klar war für Schüssel, dass die Zahlungen eine humanitäre Geste Österreichs und der Wirtschaft sind. Es werde deshalb keinen Rechtsanspruch, sondern einen globalen Anspruch geben. Die Frage der österreichischen Kriegsgefangenen sei nicht ident zu setzen mit jener der NS-Zwangsarbeiter, fügte Schüssel hinzu.
Zur Bundesstaatsreform meinte er, sie werde sehr ernst genommen. Er kündigte eine rasche Umsetzung an. Als erste Sofortmaßnahme stehe ein modernes Anlagenrecht zur Diskussion, das noch vor dem Sommer kommen solle.
Bei der Volksgruppenförderung arbeitet die Regierung an einem Gesamtprojekt. Die Förderungen wurden nicht gekürzt. Was die Volksgruppenradios betrifft, so habe es bloß eine Startförderung gegeben, die nie budgetiert wurde. Schüssel regte in diesem Zusammenhang eine Kooperation der Volksgruppenradios mit dem ORF in gewissen Bereichen an. In Sachen Internetaktivitäten plane die Regierung, ihre Homepage zu einer virtuellen Pressestelle der Republik Österreich zu machen. Der elektronische Akt soll möglichst rasch im Bundeskanzleramt eingeführt werden. Auch wolle man ein System entwickeln, um sämtliche Normtexte elektronisch zu übermitteln und dadurch Druckkosten zu sparen. Weiters sei daran gedacht, "Radio Österreich International" im Internet anzubieten.
KUNST: MORAK SIEHT KUNSTBUDGET ALS REFORMAUFTRAG
Abgeordneter Dr. CAP (SP) leitete die Diskussion zum Thema Kunst mit einer Kritik an den Budgetkürzungen ein. Er schlug vor, Teile der Lottoeinnahmen für die Kunst zur Verfügung zu stellen.
Abgeordneter Dr. WITTMANN (SP) beklagte ebenfalls drastische Budgetkürzungen und rechnete vor, dass die Kunst um 11,7 Prozent geringer dotiert wurde. Die Mittel aus dem Kunstförderungsbeitrag sollten nun seiner Meinung nach zur Abfederung der Budgetkürzungen verwendet werden.
Abgeordnete Dr. POVYSIL (F) trat für neue Finanzierungswege im Kulturbereich ein. Insbesondere sollte das Sponsoring attraktiver gemacht werden.
Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG (G) kritisierte die Kürzungen im Kunstbereich, insbesondere beim Film und bei den freien Radios. Skeptisch äußerte sie sich zur Tendenz, Kunstförderung verstärkt in den Markt zu drängen.
Die Abgeordneten BRINEK (VP) und Dr. PAPHÀZY (F) sorgten sich um den Baukostenzuschuss für die Josefstadt, während Abgeordneter KURZMANN (F) nach dem Projekt der Kulturhauptstadt Graz 2003 fragte.
Abgeordnete Mag. FRIESER (VP) sprach sich für Anpassungen der Steuergesetze an die Erfordernisse von Kunst und Kultur und eine steuerliche Förderung des privaten Mäzenatentums aus.
Staatssekretär MORAK bedauerte eingangs, in den Medien werde der Fehler gemacht, mit seiner Person immer nur das Trachtenpärchen zu verbinden und zu meinen, er wolle bloß die Blasmusik, nicht aber zeitgenössische Kunst fördern. Tatsache sei vielmehr, dass diese Regierung die moderne Kunst und die lebenden Künstler fördere, betonte er mit Nachdruck.
Beim Budget sei es gelungen, die von Edlinger verordnete 20%ige Kürzung der Ermessensausgaben auf 15% herabzusetzen. Er kritisierte, dass die letzte Regierung Versprechungen abgegeben habe, für die keinerlei budgetäre Deckung vorhanden war. So müsse die Regierung nun Zusagen übernehmen, die der frühere Finanzminister Edlinger noch im letzten Quartal 1999 gemacht habe.
Das Budget definierte Morak als einen Reformauftrag. Die Kürzungen um 4,5% seien bedauerlich, die Kunst habe aber wie alle Bereiche ihren Beitrag zur Konsolidierung zu leisten.
Als wichtig bezeichnete es Morak, zusätzliche Förderungsmethoden für die Kunst zu finden, wobei er auch an eine Öffnung der steuerlichen Methoden dachte. Ziel müsse es aber sein, möglichst viele Künstler in die Lage zu versetzen, von der Nachfrage am Kunstmarkt leben zu können. Morak sah dabei auch den Bereich der Ausbildung der Künstler angesprochen. Einer Beteiligung der Lottoeinnahmen an der Kunstförderung konnte der Staatssekretär nichts Positives abgewinnen. (Schluss)