Parlamentskorrespondenz Nr. 178 vom 06.04.2000
INNENMINISTER STRASSER PRÄSENTIERT SEIN BUDGET IM AUSSCHUSS
Wien (PK) - Letztes Kapitel der heutigen Verhandlungen im Budgetausschuss war der Voranschlagsentwurf für Innenminister STRASSER. Seinem Ressort soll, wie Spezialberichterstatter FREUND (VP) ausführte, im Jahr 2000 ein Ausgabenrahmen von 23,2 Mrd. S zur Verfügung stehen, wovon 16,7 Mrd. S oder 72 % auf Personalaufwendungen, 6,5 Mrd. S oder 28 % auf Sachausgaben entfallen. Hauptsächlich infolge besoldungsrechtlicher Maßnahmen tritt bei den Personalausgaben gegenüber dem BVA 99 eine Erhöhung um 860,3 Mill. S. ein, hingegen sind bei den Sachausgaben insgesamt 828,8 Mill. S weniger budgetiert als im Vorjahr.
Vor Eingang in die von Obmann-Stellvertreter Ing. GARTLEHNER geleitete Debatte sicherte Innenminister STRASSER auf eine Anfrage des Abgeordneten LEIKAM (SP) zu, dass den Ausschussmitgliedern dieselben Unterlagen zum Budgetentwurf 2000 vorliegen wie ihm selbst. Im Innenministerium herrsche "Vorrang für Zahlensicherheit", sagte Strasser pointiert.
Die inhaltliche Debatte eröffnete Abgeordneter LEIKAM (SP), indem er daran erinnerte, dass die Budgets des Innenministeriums während der letzten Jahre stetig angehoben und damit von Seiten der Politik die Voraussetzungen dafür geschaffen wurden, dass die 33.000 Beamten des Ressorts Österreich zu einem der sichersten Länder der Welt machen konnten. Angesichts eines reduzierten Budgets für das Innenressort und der Senkung von Planstellen sprach Leikam die Befürchtung aus, dass Österreich seinen hohen Sicherheitsstandard nicht werde halten können.
Seine Detailfragen richtete der SP-Sicherheitssprecher auf den dringend notwendigen Ankauf neuer Hubschrauber, das geplante neue Funksystem, die internationale Zusammenarbeit im Kampf gegen die organisierte Kriminalität, die Bezahlung niederösterreichischer Schubhaftplätze in Wien, die Personalkürzungen bei der Verkehrsüberwachung sowie die Auflassung und Zusammenlegung von Gendarmeriedienststellen.
Abgeordnete Dr. PARTIK-PABLE (FP) zeigte sich über die Ausführungen Leikams "amüsiert", zumal er Maßnahmen verlange und Kritik übe, wo er noch vor wenigen Monaten nichts Kritikwürdiges gesehen habe. Trotz eklatanter Sparmaßnahmen, die notwendig wurden, weil die SPÖ-Finanzminister einen budgetären Scherbenhaufen hinterlassen haben, sei es der Bundesregierung gelungen, das Budget des Innenministers zu erhöhen. Schwierig sei die Aufgabe für den neuen Innenminister aber auch deshalb, weil seine Vorgänger notwendige Strukturveränderungen verabsäumt hätten. Partik-Pable nannte den Aufbau eines zentralen Melderegisters und Einsparungen bei der Überwachung von Botschaften, wo dies nicht notwendig sei. Sie klagte über ein ineffizientes Dienstsystem mit nicht ausgeschöpften Einsparungspotentialen und fragte schließlich nach effizienteren Maßnahmen gegen die illegale Einwanderung sowie für die rasche Zurückweisung von Personen ohne Fluchtgründe.
Abgeordnete HAIDLMAYR (G) warf dem Innenminister vor, bei der gestern im Ausschuss beschlossenen Zivildienstgesetznovelle das Begutachtungsrecht missachtet zu haben. Überdies bedeute diese Novelle, dass die vorgelegten Budgetzahlen zum Zivildienst nicht mehr stimmten. Die Abgeordnete kritisierte, dass Zivildiener nur noch 43 S pro Tag für Verpflegung ausgeben können und ortete eine eklatante Schlechterstellung gegenüber Grundwehrdienern. Es stelle sich die Frage, wie solcherart "auf Diät gesetzte Zivildiener" ihre wichtigen Aufgaben noch erfüllen sollen.
Abgeordneter KISS (VP) forderte die SPÖ dazu auf, sich zu entscheiden, ob sie in der Sicherheitspolitik Fundamentalopposition betreiben oder konstruktiv an einer gemeinsamen verantwortungsvollen Arbeit im Interesse des Landes mitwirken wolle. Dies bedeute aber - wie auch unter den Ministern Löschnak, Einem und Schlögl - nach sinnvollen Möglichkeiten des Sparens zu suchen. Die Fragen des VP-Sicherheitssprechers galten Effizienzsteigerungen in der Bürokratie, strafferen Abläufen in der Bundespolizei und dem neuen Funksystem "Adonis".
Abgeordneter GAAL (SP) konzentrierte sich zunächst auf die Krise des Zivildienstes infolge der vorgeschlagenen Budgetkürzungen und machte als Wehrsprecher seiner Fraktion darauf aufmerksam, dass der wachsende Rückstau bei den Zivildienstzuweisungen auch den Wehrdienst gefährde, da manche Wehrpflichtige in der Hoffnung zum Zivildienst drängen, gar nicht einberufen zu werden. Andererseits seien idealistische junge Menschen in ihrer Lebensplanung beeinträchtigt, da Arbeitgeber einen abgeleisteten Zivildienst verlangen. Diese Probleme werden ohne zusätzliche Budgetmittel nicht gelöst werden können. Besorgt zeigte sich der Wiener Abgeordnete auch hinsichtlich der Ausstattung der Wiener Polizei mit EDV-Einrichtungen, Kraftfahrzeugen und Räumlichkeiten.
Abgeordneter JUNG (FP) unterstrich die Verantwortung der ehemaligen SP-Finanzminister an der gegenwärtigen Situation und zeigte sich verwundert darüber, dass die SPÖ heute all das verlangt, was zu erfüllen sie in der Zeit ihrer eigenen Ministerverantwortung verabsäumt habe. Auf den Budgetentwurf für das Innenressort eingehend, befasste sich der Abgeordnete mit Maßnahmen gegen das Schlepperunwesen, wobei er Strafen unabhängig von der Zahl der Geschleppten und unabhängig vom dafür erhaltenen Betrag anregte. Einzelne Fragen betrafen die Entwicklung der Zahlen bei Flüchtlingen und Asylanten, die neue Zuständigkeitsverteiligung im Katastrophenschutz und die im Ressort entstandenen Kosten beim Einsatz im Zusammenhang mit Demonstrationen.
Abgeordnete Mag. STOISITS (G) anerkannte ausdrücklich die hervorragende Arbeit der Exekutivbeamten für die Sicherheit der Österreicher und hob insbesondere die Jahr für Jahr steigende Aufklärungsquote bei Verbrechen hervor. Auskunft erbat sie über die Budgetierung des Menschenrechtsbeirats sowie über die Auswirkungen der gravierenden Kürzung der Integrationsförderung bei Flüchtlingen und Fremden. Gegenüber den Freiheitlichen unterstrich Stoisits die große Bedeutung der Auslandseinsätze österreichischer Zivildiener beim Gedenkdienst, sei es in Jerusalem, Auschwitz oder New York, für das internationale Ansehen Österreichs.
Abgeordneter KIERMAYR (SP) zeigte sich besorgt wegen der personellen Situation in der Sicherheitsexekutive und setzte sich nachdrücklich dafür ein, das Funksystem "Adonis" anzuschaffen, das unverzichtbar sei, weil es allen Blaulichteinheiten ermögliche, über 800 Kanäle ungehindert miteinander zu kommunizieren. Sofern ein Ankauf wegen der hohen Kosten nicht möglich sei, sollte man über andere Finanzierungsmodelle wie Miete oder Leasing nachdenken.
Abgeordneter Dr. BÖSCH (FP) widmete sich dem Kampf gegen die organisierte Kriminalität und der Zusammenarbeit verschiedener Behörden bei der Aufdeckung von Geldwäsche. Darüber hinaus erkundigte er sich nach den Auswirkungen der notwendigen Sparmaßnahmen auf die Verkehrsüberwachung.
Abgeordneter MURAUER (VP) lobte die Exekutive für ihre erfolgreiche Arbeit bei der Kontrolle von Demonstrationen und beschäftigte sich im einzelnen mit der zahlenmäßigen Entwicklung bei den Einbürgerungen, mit den Budgetansätzen für die Integration von Flüchtlingen und mit der Förderung von Asylwerbern. Ein spezielles Anliegen war ihm die Fertigstellung der Sicherheitsakademie, nicht nur in baulicher, sondern auch in organisatorischer Hinsicht.
Abgeordnete PARFUSS (SP) sah einen Widerspruch zwischen dem Bekenntnis der Bundesregierung zur Asylpolitik und der Kürzung der diesbezüglichen Förderungen. Zudem interessierte sie sich für die Verteilung der erhöhten Mittel für den Opferschutz und für Präventionsmaßnahmen gegen die Gewalt in der Familie.
Abgeordneter WINDHOLZ (FP) brachte steigende Zahlen bei den illegalen Grenzübertritten zur Sprache, die regional sehr unterschiedlich verteilt seien. Angesichts der Tatsache, dass sich rumänische Staatsbürger im Spitzenfeld der Illegalen befinden, bezweifelte Windholz, dass es zweckmäßig wäre, die Sichtvermerkspflicht für Rumänien aufzuheben.
Innenminister STRASSER führte grundsätzlich aus, er halte es für das Ergebnis verantwortungsvoller Politik in der Vergangenheit, dass Österreich heute ein sehr sicheres Land sei. Es seien die entsprechenden Mittel bereitgestellt und Möglichkeiten geschaffen, um Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung effizient umzusetzen. Minister Strasser plädierte daher dafür, die Sicherheitspolitik aus dem tagespolitischen Streit herauszuhalten. Jeder Österreicher, der es gut meint, soll ruhig schlafen können, laute sein Ziel. Ein knappes Budget schaffe dafür eine schwierige Ausgangssituation, räumte er ein. Es sei aber klar, dass auch sein Ressort die gesamtbudgetäre Situation zu berücksichtigen habe. Beim Personal habe er gegenüber ursprünglichen Vorschlägen eine leichte Verbesserung erreichen können, sagte der Ressortleiter und gab bekannt, dass die Einsparungen 142 Planstellen in der Verwaltung, 118 in der Sicherheitswache, 138 bei der Gendarmerie und 22 im Grenzdienst betreffen.
Die Anschaffung neuer Hubschrauber sei derzeit nicht finanzierbar, stellte der Ressortchef mit Bedauern fest. Hinsichtlich des Funksystems "Adonis" zeigte sich der Innenminister einig mit Abgeordnetem Kiermayr und war optimistisch, mit Hilfe eines schonenden Finanzierungssystems noch in diesem Jahr den Probebetrieb im Burgenland aufnehmen und dann rasch weitere Schritte setzen zu können.
Beim Kampf gegen die organisierte Kriminalität wie auch im Bereich des Flüchtlingswesens hielt es Minister Strasser für notwendig, die internationale Zusammenarbeit zu forcieren und berichtete dem Ausschuss im Detail über den Stand der Verhandlungen auf europäischer Ebene zu diesem Thema.
Gegen Alkohol und Raserei auf den Straßen kündigte der Minister räumliche und zeitliche Schwerpunktaktionen an.
Im Burgenland könne er sich aufgrund von vertraglichen Vereinbarungen seines Vorgängers noch Zusammenlegungen von Gendarmerieposten vorstellen. Im wesentlichen betrachte er das Programm zur Auflösung und Zusammenlegung von Gendarmerieposten aber als abgeschlossen.
Zumal das zentrale Melderegister die Möglichkeit von Synergien beinhalte, trete er dafür ein, dieses Projekt genau zu überprüfen.
Die Frage nach dem Objekt- und Personenschutz beantwortete der Innenminister mit dem Hinweis auf internationale Verpflichtungen Österreichs, wobei die konkreten Maßnahmen jeweils auf die tatsächliche Gefährdung hin ausgerichtet werden.
Mit der Überprüfung des Dienstsystems sei eine Arbeitsgruppe beauftragt. Sie soll die Frage der Effizienz ohne jedes Tabu untersuchen.
Eine weitere Arbeitsgruppe unter Teilnahme der Bundesländer Niederösterreich und Burgenland befasse sich derzeit mit Fragen der Effizienz bei der Überwachung der östlichen EU-Außengrenze.
Die gestern im Ausschuss beschlossene Zivildienstgesetz-Novelle, zu der die Initiative vom Parlament ausgegangen sei, verteidigte der Innenminister gegen die Kritik der Opposition und führte aus, dass er eine Priorität für Rettungs-, Hilfs- und Katastrophenorganisationen gesetzt habe, um zu verhindern, dass die Zivildienstzuweisungen für den 1. Juni und den 1. Oktober hätten entfallen müssen. Auch zur Lösung aktueller und künftiger Probleme des Zivildienstes wurde eine Arbeitsgruppe gemeinsam mit den Trägerorganisationen eingesetzt. In finanzieller Hinsicht wurde eine Anpassung an die Grundwehrdiener erreicht. Strasser sagte zu, nach Möglichkeiten für verbilligtes Essen zu suchen, wo Zivildiener keine Verpflegungsmöglichkeiten haben.
Die Kosten der Exekutive im Zusammenhang mit den jüngsten Demonstrationen bezifferte Innenminister Strasser mit 32,357 Mill. S, 75% davon entfallen auf Personalkosten, 25% auf Sachaufwendungen.
Für den Menschenrechtsbeirat sind im Jahr 2000 11,5 Mill. S budgetiert. Diese neue Einrichtung soll sukzessive als Schnittstelle des Hauses mit den NGO's aufgebaut werden. Als ein besonderes Tätigkeitsfeld nannte Strasser die so genannten Problemabschiebungen.
Das vorliegende Budget ermögliche die Weiterführung bisheriger Integrationsmaßnahmen für Flüchtlinge, zeigte sich der Innenminister überzeugt, wobei er eine verstärkte Förderung besonderer Gruppen, wie unbegleiteter Minderjähriger, in Aussicht stellte.
Als ein mehrjähriges Projekt betrachtete der Ressortleiter die Arbeit an einer neuen Organisationsform für die Kriminalpolizei; an der Evaluierung des bestehenden Systems arbeite eine bereits eingerichtete Arbeitsgruppe. Fragen nach der technischen Ausstattung der Sicherheitsexekutive beantwortete Minister Strasser mit dem Hinweis darauf, dass Polizei und Gendarmerie im internationalen Vergleich sehr gut mit Radargeräten, Alkomaten und Fahrzeugen ausgerüstet seien.
Dem Kampf gegen die organisierte Kriminalität widmen sich insgesamt 120 Beamte, davon 50 Mitarbeiter in den Bundespolizeidirektionen, teilte der Ressortleiter mit.
Als Zahl der Einbürgerungen gab der Innenminister für 1998 18.300 und für 1999 25.000 an.
Die Sicherheitsakademie hoffte der Innenminister mit Ende des Jahres fertig stellen zu können; erste Kurse könnten damit im Frühjahr 2001 abgehalten werden.
Gegen eine Aufhebung der Sichtvermerkspflicht gegenüber Rumänien habe Österreich aufgrund von negativen Erfahrungen Vorbehalte, sagte Strasser. Bei Bulgarien, dem zweiten Land, für das die EU-Kommission einen Vorschlag zur Herstellung der Visa-Freiheit unterbreitet habe, stelle sich die Situation anders dar.
Im Mittelpunkt einer zweiten Verhandlungsrunde, in der die Ausschussmitglieder weitere Auskünfte über Details des Budgetkapitels Inneres einholten, stand ein von Abgeordnetem LEIKAM (SP) vorgelegter Abänderungsantrag, der darauf abzielte, Voranschlagsansätze für den Zivildienst um insgesamt 200 Mill. S zu erhöhen. Als Bedeckungsvorschlag enthielt der Antrag den Hinweis darauf, dass die zu erwartenden Einnahmen aus dem Verkauf der vierten Handy-Linzenz mit 4,1 Mrd. S "mit Sicherheit zu niedrig angesetzt" seien. (Schluss)