Parlamentskorrespondenz Nr. 229 vom 03.05.2000
ERWEITERTE GEFAHRENFORSCHUNG GEGEN KRIMINELLE VERBINDUNGEN
Wien (PK) - Die von der Regierung dem Parlament übermittelte Regierungsvorlage zur Änderung des Sicherheitspolizeigesetzes hat ein brisantes Thema zum Inhalt, das bereits in der vorangegangenen Gesetzgebungsperiode heftig diskutiert wurde: die erweiterte Gefahrenforschung.
Die Einführung dieses Ermittlungs-Instruments wird damit begründet, dass die Sicherheitsbehörden derzeit erst dann zur Beobachtung von extremistischen Gruppen ermächtigt sind, wenn diese bereits kriminell agieren. Die Erfahrung zeige jedoch, so die Begründung der Regierungsvorlage, dass sich Radikalisierungstendenzen über einen längeren Zeitraum abzeichnen und ein ernst zu nehmendes Gefahrenpotenzial bereits dann bestehe, wenn mit Gewalttaten derartiger "krimineller Verbindungen" - dieser neue legistische Ausdruck ersetzt die Begriffe "bandenmäßige oder organisierte Kriminalität" sowie "organisierte Kriminalität" - zu rechnen ist. Der ergänzte § 21 des Sicherheitspolizeigesetzes sieht daher die Möglichkeit vor, die Gefahrenforschung schon zu einem Zeitpunkt zu beginnen, in dem sich zwar noch keine Straftaten ereignen, jedoch aufgrund konkreter Hinweise zu befürchten ist, dass es in absehbarer Zukunft zu strafbaren Handlungen seitens einzelner Gruppierungen kommt.
Voraussetzung für das Vorgehen der Sicherheitsbehörden ist die begründete Annahme, dass die öffentliche Sicherheit schwer gefährdet wird und es insbesondere zu einer weltanschaulich oder religiös motivierten Gewalt kommen könnte. Der Einsatz der "schwersten Ermittlungsinstrumente", nämlich die verdeckte Ermittlung einerseits und Bild- und Tonbandaufzeichnungen andererseits, sollen strikt an das Verhältnismäßigkeitsprinzip gebunden sein. Daher ist geplant, deren Ausübung auf das zu erwartende Begehen von Verbrechen durch kriminelle Verbindungen - das sind laut Strafgesetzbuch vorsätzliche Handlungen, die mit lebenslanger oder mit mehr als dreijähriger Freiheitsstrafe bedroht sind - zu beschränken. Weiters sind sie nur dann zulässig, wenn sonst die Abwehr gefährlicher Angriffe oder krimineller Verbindungen gefährdet oder erheblich erschwert wäre. Der "große Spähangriff" soll genauso wie der "große Lauschangriff" nur nach einer richterlichen Genehmigung durchgeführt werden können.
Mit der Einführung einer verpflichtenden Information des oder der Betroffenen über erfolgte verdeckte Ermittlungsmaßnahmen wird eine Rechtsschutzlücke geschlossen. Zugleich stellt das Gesetz klar, dass eine laufende Observation durch ein Auskunftsbegehren nicht zunichte gemacht werden darf.
Da die erweiterte Gefahrenforschung in grundrechtlicher Hinsicht außerordentlich sensibel ist, soll ein besonderer Rechtsschutzbeauftragter installiert werden. Ihm kommen im Wesentlichen drei Funktionen zu: die begleitende Kontrolle durch Einblick in die Tätigkeit der Sicherheitsbehörden, ein Äußerungsrecht im Vorfeld einer geplanten Ermittlungstätigkeit und ein Beschwerderecht an die Datenschutzkommission wegen Missachtung datenrechtlicher Bestimmungen. (81 d.B.)
KULTURABKOMMEN MIT DER SLOWAKEI, VERTRAG MIT KUBA ÜBER STRAFVOLLZUG
Mit dem Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Slowakischen Republik über die Zusammenarbeit in den Bereichen der Kultur, der Bildung und der Wissenschaft werden einerseits geeignete Zusammenarbeitsbereiche in den bilateralen Kulturbeziehungen umrissen und andererseits eine Gemischte Kommission eingesetzt, die in periodischen Abständen zusammentritt und mehrjährige Arbeitsprogramme festlegt.
Die Zusammenarbeitsbereiche umfassen das Gebiet der Kultur im Sinne von Kunst (Theater, Musik, bildende Kunst, Volkskunst), von Bibliotheken, Literatur und Verlagswesen, Film, Volkskultur, Medien, Denkmal- und Kulturgüterschutz, ferner das Universitätswesen einschließlich der Stipendien und der Entsendung von Lektoren, das Bildungswesen (namentlich das allgemeinbildende und das berufsbildende Unterrichtswesen), das Archivwesen, Jugendkontakte und Sport. (63 d.B.)
Humanitäre Erwägungen bewogen Österreich, an Kuba den Wunsch heranzutragen, einen Vertrag über die wechselseitige Vollziehung gerichtlicher Entscheidungen in Strafsachen abzuschließen. Konkreter Anlassfall sind zwei in Kuba zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilte Österreicher.
Der vorliegende Vertrag sieht nun vor, dass Freiheitsstrafen und mit Freiheitsentzug verbundene Maßnahmen, die von einem Gericht einer Vertragspartei über einen Staatsbürger der anderen rechtskräftig verhängt bzw. angeordnet worden sind, im Heimatstaat vollstreckt werden können. Da die Verhältnisse in österreichischen Gefängnissen stark von jenen in Kuba abweichen, würde die Überstellung von Österreichern in ihre Heimat nicht nur eine Erleichterung bedeuten, sondern auch deren Wiedereingliederung in die Gesellschaft fördern.
Das Ersuchen um Überstellung kann sowohl vom Urteilsstaat als auch vom Vollstreckungsstaat gestellt werden. Auch der Verurteilte selbst sowie sein gesetzlicher Vertreter, sein Ehegatte, seine Verwandten in gerader Linie und seine Geschwister können bei jeder der Vertragsparteien ein Ersuchen um Überstellung anregen. Im Vollstreckungsstaat ist grundsätzlich die im Urteilsstaat verhängte Freiheitsstrafe zu vollziehen, soweit diese nicht die dort vorgesehene Höchststrafe übersteigt. Die Vollziehung einschließlich der bedingten Entlassung richtet sich jedoch grundsätzlich nach dem Recht des Vollstreckungsstaates. (64 d.B. )
BILATERALE ABKOMMEN ÜBER SOZIALE SICHERHEIT
Um den Entfall der Zahlung von österreichischen Kinderbeihilfen für Kinder in der Türkei sicherzustellen, wurde das gesamte Abkommen über soziale Sicherheit mit der Türkei mit 30. September 1996 gekündigt, da eine Teilkündigung nicht möglich war. Damit traten auch die übrigen Regelungen außer Kraft. Sie wurden in der Zwischenzeit durch das Europäische Abkommen über soziale Sicherheit abgesichert.
Durch das nun dem Parlament vorliegende neue Abkommen werden die Bestimmungen des alten im Bereich der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung adaptiert und umfassend geregelt. Die Pensionsberechnung soll einfacher und allein auf der Grundlage der österreichischen Versicherungszeiten erfolgen. Darüber hinaus soll die gezielte Inanspruchnahme einer ärztlichen Betreuung im anderen Vertragsstaat ohne Genehmigung des zuständigen Trägers ausgeschlossen werden. Zur Wahrung der Rechte der Betroffenen ist eine rückwirkende Anwendung des neuen Abkommens, und zwar bis zum Tag nach dem Außerkrafttreten des alten, vorgesehen. (65 d.B.)
Die selben Gründe lagen für die Kündigung des Sozialabkommens mit Tunesien am 4. Dezember 1989 und die Ausverhandlung eines neuen Abkommens vor. Die Neuregelung für die Kranken- Unfall- und Pensionsversicherung entspricht jener des Abkommens mit der Türkei. (89 d.B.)
Den rechtlichen Änderungen im innerstaatlichen und zwischenstaatlichen Bereich will das Zusatzabkommen zum bestehenden Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Staat Israel über soziale Sicherheit aus dem Jahr 1973 Rechnung tragen.
Die neuen Bestimmungen betreffen in erster Linie die Pensionsversicherung und die Familienbeihilfen. Die Berechnung der österreichischen Leistungen soll ausschließlich auf der Grundlage der österreichischen Versicherungszeiten beruhen und damit wesentlich vereinfacht werden. Im Bereich der Familienbeihilfe wird das Wohnlandprinzip eingeführt, wonach sich der Anspruch auf Familienbeihilfe nicht mehr am Elternteil orientiert und somit auch für im anderen Vertragsstaat wohnhafte Kinder zustehen kann, sondern für die Zahlung der Familienbeihilfe stets das Land zuständig ist, in dem das Kind wohnt. (74 d.B.)
Ebenfalls aus Gründen geänderter rechtlicher Bedingungen wird das bestehende Abkommen aus dem Jahr 1973 zwischen der Republik Österreich und der internationalen Atomenergie-Organisation durch ein neues ersetzt.
Konkret wird der Umfang der Versicherung geregelt, wobei den Angestellten ein Wahlrecht hinsichtlich der einzelnen Versicherungswege eingeräumt wird. Ferner enthält das Abkommen Bestimmungen über Aufnahme in den und Ausscheiden aus dem UN-Pensionsfonds. Dabei ist grundsätzlich eine mögliche Erstattung der Beiträge aus der österreichischen Pensionsversicherung bzw. die Leistung eines Überweisungsbetrages zum Nachkauf entsprechender österreichischer Versicherungszeiten vorgesehen. (82 d.B.)
Das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn über soziale Sicherheit entspricht in materiellrechtlicher Sicht anderen Sozialabkommen, insbesondere jenen mit Kroatien und Slowenien.
Darin wird der Grundsatz der Gleichbehandlung der beiderseitigen Staatsangehörigen festgeschrieben. In der Arbeitslosenversicherung werden für die Erfüllung der Anwartschaft die arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigungen in beiden Vertragsstaaten zusammengerechnet. Für die Anrechnung von Pensionsversicherungszeiten sind die in jedem der beiden Vertragsstaaten zurückgelegten Versicherungszeiten in entsprechendem Ausmaß ausschlaggebend. In der Krankenversicherung ist neben der Zusammenrechnung der beiderseitigen Versicherungszeiten für den Erwerb eines Leistungsanspruchs insbesondere die aushilfsweise Sachleistung im jeweils anderen Vertragsstaat zu Lasten des zuständigen Versicherungsträgers vorgesehen. Ähnliches soll auch für die Unfallversicherung gelten. (88 d.B.)
Der volle Titel der Regierungsvorlagen:
63 d.B.: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Slowakischen Republik über die Zusammenarbeit in den Bereichen der Kultur, der Bildung und der Wissenschaft samt Anhang
64 d.B.: Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Republik Kuba über die wechselseitige Vollziehung gerichtlicher Entscheidungen in Strafsachen
65 d.B.: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Türkei über soziale Sicherheit
74 d.B.: Zusatzabkommen zum Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Staat Israel über soziale Sicherheit
81 d.B.: Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird
82 d.B.: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Atomenergie-Organisation über soziale Sicherheit
88 d.B.: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn über soziale Sicherheit
89 d.B.: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Tunesischen Republik über soziale Sicherheit
BÜRGERINITIATIVE UND PETITION
Die Unterzeichner der Bürgerinitiative "Die Stimme der Ungeborenen" ersuchen den Nationalrat, sich mit dem Thema Fristenlösung gründlicher auseinander zu setzen. Ihrer Ansicht nach ermöglicht die bestehende gesetzliche Regelung "das straffreie Ermorden der Kinder im Mutterschoß". Das Leben jedes ungeborenen Kindes stehe aber, so Initiator Johann Grüner, über dem Selbstbestimmungsrecht der Frau. Zudem könnten auch die Pensionssysteme in Zukunft nicht mehr funktionieren, "wenn ein Großteil unserer Kinder ermordet wird".
(BI-3)
Eine Petition des Bürgerforums "Unsere Josefstadt", die von FPÖ-Abgeordneter Ilse Burket dem Nationalrat überreicht wurde, zielt auf eine Änderung der Straßenverkehrsordnung (StVO) im Zusammenhang mit der Geltungsdauer der Kurzparkzonen in Wien ab. Konkret wollen die Unterzeichner erreichen, dass die Geltungsdauer der Ausnahmebewilligungen für Geschäftsleute und Freiberufler künftig über die Geschäftszeit hinaus bis zum Ende der Parkbeschränkung verlängert wird. (PET-6) (Schluss)
Format
Links
- 64/A - vorläufige Vorsorge für das Finanzjahr 2000 getroffen wird (Gesetzliches Budgetprovisorium 2000
- 65 d.B. - Österreich Türkei über soziale Sicherheit
- 74 d.B. - Zusatzabkommen zum Abkommen Österreich Israel über Soziale Sicherheit
- 88 d.B. - Abkommen Österreich Ungarn über soziale Sicherheit
- 6/PET - "Verlängerung der Geltungsdauer von Kurzparkzonen in Wien,
- 89 d.B. - Abkommen Österreich und der Tunesischen Republik über soziale Sicherheit
- 81 d.B. - Sicherheitspolizeigesetz
- 82 d.B. - Österreich und der Internationalen Atomenergie-Organisation über soziale Sicherheit
- 3/BI - "§ 97 StGB - Änderungen und Verbesserung dieses Paragraphen"
- 63 d.B. - Österreich und Slowakischen Republik über die Zusammenarbeit der Kultur, der Bildung und der Wissenschaft