Parlamentskorrespondenz Nr. 257 vom 15.05.2000
ENTKRIMINALISIERUNG DER EINFACHEN FAHRLÄSSIGEN KRIDA
Wien (PK) - Rechtspolitisches Ziel der Regierungsvorlage zur Novellierung des Strafgesetzbuches und der Strafprozessordnung ist es, den Tatbestand der fahrlässigen Krida durch eine eng gefasste Bestimmung gegen grob fahrlässiges kridaträchtiges Verhalten zu ersetzen - der Entwurf spricht von "grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen". Begründet wird der Vorschlag damit, dass es stets Anliegen wirtschaftsrechtlicher Bestimmungen sein muss, "die Bereitschaft zu wirtschaftlichem Risiko und Gewinnstreben als notwendiges movens einer Marktwirtschaft zu respektieren, echte Misswirtschaft und (insbesondere gläubiger-) schädigendes Verhalten aber zu pönalisieren". Risikobereitschaft soll nicht von vornherein durch zu undifferenzierte, kriminalpräventiv gemeinte Sanktionsdrohungen abgetötet werden, so die in den Erläuternden Bemerkungen zitierte Meinung von Experten des Wirtschaftsrechts.
Jene wirtschaftlich verfehlten Handlungen, die im Wirtschaftsleben auch normalerweise sorgfältig agierenden Unternehmen unterlaufen können, sind in Zukunft als bloß leicht fahrlässig einzustufen und sollen daher straffrei gestellt werden. Ob nun ein Verhalten, das die Zahlungsunfähigkeit herbeigeführt hat, objektiv sorgfaltswidrig war, muss entsprechend der konkreten Handlungssituation ex ante geprüft werden. Denn aus einer - bloß rückwirkend betrachtet - objektiven Unzweckmäßigkeit könne nicht abgeleitet werden, dass die betreffenden Gestionen tatsächlich objektiv sorgfaltswidrig gewesen sind. In den Erläuterungen wird jedoch klargestellt, dass der Schutz der Gläubigerinteressen wesentlicher Zweck der Bestimmungen bleibe, es werde aber der Grundgedanke verfolgt, qualifiziert unwirtschaftliches Handeln von schlichten ökonomischen Fehlentscheidungen zu unterscheiden.
Der Entwurf verzichtet deshalb auf eine Generalklausel und versucht, die grobe Fahrlässigkeit durch eine taxative Aufzählung der verpönten Handlungen einzugrenzen. Generell wird bei allen kridaträchtigen Handlungen vorausgesetzt, dass sie "entgegen Grundsätzen ordentlichen Wirtschaftens" vorgenommen werden. Konkret werden dann genannt: Zerstören, Beschädigen, Unbrauchbarmachen, Verschleudern und Verschenken eines bedeutenden Bestandteils des Vermögens; außergewöhnlich gewagte Geschäfte sowie Spiel und Wette; ein übermäßiger Aufwand und schließlich die Unterlassung bzw. Vernachlässigung der Führung von Büchern, bzw. geschäftlichen Aufzeichnungen. Normiert wird auch die Verpflichtung, Jahresabschlüsse, einschließlich Bilanzen, zu erstellen. (92 d.B.)
ABLIEFERUNGSPFLICHT FÜR OFFLINE-PRODUKTE
Mit einer Änderung des Mediengesetzes will man nun auch in Bezug auf die Ablieferungs- und Anbietungspflicht an Bibliotheken der Entwicklung im Bereich der elektronischen Medienwerke Rechnung tragen. Auch von diesen soll nun der Medieninhaber eine bestimmte Anzahl an die Nationalbibliothek und an andere, durch Verordnung zu bestimmende Universitäts-, Studien- oder Landesbibliotheken abliefern. Der Parlamentsbibliothek und der administrativen Bibliothek des Bundeskanzleramtes müssen sie angeboten werden.
Die geltende Rechtslage betrifft lediglich Druckwerke, wodurch so genannte Offline-Produkte, wie CD-ROM, nicht erfasst sind. Diese werden daher in keiner Einrichtung systematisch gesammelt und archiviert. Durch die nun geplante Novelle soll diese Lücke geschlossen werden, um, wie es in den Erläuternden Bemerkungen heißt, sicherzustellen, dass dieser wesentliche Teil des Kulturgutes nicht verloren geht und für die Öffentlichkeit bereitgestellt werden kann.
Die Bestimmungen des Urheberrechts bleiben unberührt, womit auch im Hinblick auf die neu abzuliefernden elektronischen Medienwerke die Grenzen freier Werknutzung oder der zulässige Umfang der Benutzung allein nach dem Urheberrechtsgesetz zu beurteilen ist. Das bedeutet, dass eine Entlehnung außer Haus oder eine Fernleihe dieser Produkte untersagt ist. Technische Maßnahmen sollen sicherstellen, dass nur registrierte Bibliotheksbenutzer Einsicht nehmen dürfen, und keine Möglichkeit besteht, bei diesem Zugriff Kopien anzulegen.
Eine weitere Ausdehnung der Ablieferungspflicht für sämtliche Online-Produkte ist aus einer Reihe von Gründen, wie quantitative Grenzen oder auch die große Dynamik der Neuen Medien, noch nicht vorgesehen. Ein Pilotprojekt, das die theoretischen und technischen Voraussetzungen für eine spätere Regelung in diesem Bereich schaffen soll, wurde jedoch in Aussicht genommen. (98 d.B.)
ANGLEICHUNG DER RECHTSSTELLUNG DER ARBEITER AN DIE ANGESTELLTEN
Eine weitgehende arbeitsrechtliche Gleichstellung der Arbeiter mit den Angestellten insbesondere im Bereich der Entgeltfortzahlung infolge Krankheit (Unglücksfall) und bei Dienstverhinderungen aus sonstigen wichtigen Gründen, sofern der Kollektivvertrag keine andere Regelung vorsieht, bringt das ARÄG 2000. Somit entfällt die 14-tägige Wartefrist und die Fortzahlungsdauer wird verlängert. Bei einer neuerlichen Arbeitsverhinderung durch Krankheit innerhalb eines Arbeitsjahres besteht insofern ein Fortzahlungsanspruch, als durch vorangegangene Erkrankungen im Arbeitsjahr der Fortzahlungszeitraum noch nicht ausgeschöpft ist. (91 d.B. )
MASSNAHMEN ZUR SCHAFFUNG UND SICHERUNG DER ARBEITSPLÄTZE IN DER LAND- UND FORSTWIRTSCHAFT
Die Änderung des Landarbeitsgesetzes beinhaltet vor allem die Inanspruchnahme von Präventionszentren der Unfallversicherungsträger zur arbeitsmedizinischen und sicherheitstechnischen Betreuung für land- und forstwirtschaftliche Arbeitsstätten mit bis zu 50 Dienstnehmern, die Umsetzung des Familienpaketes 1999 auch in der Land- und Forstwirtschaft und eine flexiblere Gestaltung des Arbeitslebens (Bildungskarenz, Freistellung gegen Entfall des Arbeitsentgeltes, Solidaritätsprämienmodell und Herabsetzung der Arbeitszeit bei Gleitpension für über 50-jährige und bei Betreuungspflichten). (94 d.B. )
Voller Titel der Regierungsvorlagen:
92 d.B.: Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung geändert werden
98 d.B.: Bundesgesetz, mit dem das Mediengesetz geändert wird
91 d.B.: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Entgeltfortzahlungsgesetz, das Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz, das Hausbesorgergesetz, das Heimarbeitsgesetz, das Urlaubsgesetz, das Angestelltengesetz, das Gutsangestelltengesetz, das Schauspielergesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Sonderunterstützungsgesetz und das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz geändert werden (Arbeitsrechtsänderungsgesetz 2000 - ARÄG 2000)
94 d.B.: Bundesgesetz, mit dem das Landarbeitsgesetz 1984 geändert wird
(Schluss)