Parlamentskorrespondenz Nr. 262 vom 16.05.2000
REGIERUNGSVORLAGEN ZU WIRTSCHAFTSTHEMEN
NEUE SCHWELLENWERTE FÜR BILANZEN UND KONZERNABSCHLÜSSE
Die Bundesregierung hat dem Nationalrat eine Änderung des Handelsgesetzbuches vorgelegt, um - nach Auslaufen der zehnjährigen Frist für größenabhängige Befreiungen von der Konzernrechnungslegung - die Schwellenwerte gemäß der Europäischen Konzernrichtlinie herabzusetzen. Gleichzeitig werden Erleichterungen bei der Rechnungslegung von Kapitalgesellschaften, wie sie die Bilanz-Richtlinie vorsieht, im Handelsgesetzbuch verankert.
Als "klein" bzw. "mittelgroß" gelten Kapitalgesellschaften (Angaben für letztere in Klammern) ab 2000, wenn sie zwei der folgenden drei Merkmale nicht überschreiten: 3,125 Mill. Euro (12,5 Mill. Euro) Bilanzsumme, 6,250 Mill. Euro (25 Mill. Euro) Umsatzerlöse in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag und 50 Arbeitnehmer (250 Arbeitnehmer) im Jahresdurchschnitt.
Mutterunternehmen brauchen weder Konzernabschluss noch Konzernlagebericht aufzustellen, wenn sie am Abschlussstichtag ihres Jahresabschlusses und am vorhergehenden Abschlussstichtag gemeinsam mit ihren Töchtern zwei der drei nachstehenden Größen nicht übertreffen: Bilanzsummen von 15 Mill. Euro, Jahres-Umsatzerlöse von 30 Mill. Euro und 250 Arbeitnehmer.
Dasselbe gilt für Konzernmütter, die gemeinsam mit den Töchtern zwei der drei folgenden Kriterien erfüllen: Bilanzsumme unter 12,5 Mill. Euro, Umsatzerlöse unter 25 Mill. Euro und eine Arbeitnehmeranzahl unter 250. - Die neuen Schwellenwerte gelten ab dem Jahr 2000. Der erste Konzernabschluss wäre für das Geschäftsjahr 2002 aufzustellen (83 d.B.).
VORSORGE GEGEN ÜBERKAPAZITÄTEN IN DER BINNENSCHIFFFAHRT
Im April 1999 wurde eine gemeinschaftliche zehnjährige Aktion zum Abbau von Überkapazitäten an Schiffsraum und -antriebsleistung in der Binnenschifffahrt beendet. Österreich hat sich an den erfolgreichen Maßnahmen seit seinem EU-Beitritt beteiligt. Um das Entstehen neuer Überkapazitäten zu verhindern, hat der EU-Rat im März 1999 eine neue Verordnung zur Begrenzung der Binnenschifffahrtsflotten in der Gemeinschaft erlassen. In den nächsten vier Jahren sollen neue oder aus Drittstaaten importierte Schiffe nur bei gleichzeitiger Liquidierung funktionsfähiger alter Schiffe oder gegen Entrichtung prohibitiv hoher Beiträge für einen nationalen Reservefonds in Betrieb genommen werden dürfen. Die Rechtsgrundlagen für die Einrichtung dieses Fonds sowie für Sanktionen im Fall von Verstößen enthält ein neues Binnenschifffahrtsfondsgesetz, das an die Stelle des bisherigen Bundesgesetzes über die Strukturbereinigung in der Binnenschifffahrt treten soll (84 d.B.).
DER EURO KOMMT - AUCH IM BUNDESHEER
Die Einrichtung der Wirtschafts- und Währungsunion mit 1. Jänner 2002 macht es notwendig, die Schillingangaben im gesamten Bundesrecht auf Euro umzustellen. Für den Bereich der Landesverteidigung hat die Bundesregierung nun ein spezielles Euro-Umstellungsgesetz- Wehrrecht vorgelegt. Es bietet zudem Raum für die Einführung der "kaufmännischen Rundung" sowie für redaktionelle Korrekturen im Wehrrecht (90 d.B.).
INVESTITIONSSCHUTZABKOMMEN MIT INDIEN UND MEXIKO
Abkommen mit Indien und Mexiko dienen dem Ziel, Investitionen gegenseitig zu fördern und zu schützen. Geregelt werden unter anderem die Entschädigungspflicht bei Enteignungen, die Frage von Überweisungen und die Formen der Streitbeilegung. Beide Staatsverträge beruhen jeweils auf dem Prinzip der Meistbegünstigung und der Inländergleichbehandlung, mit Ausnahme der Vorteile, die sich aus Integrationsmaßnahmen ergeben (96 und 100 d.B.).
EU-ANPASSUNGEN BEI DER PREISAUSZEICHNUNG
Die Preisangabenrichtlinie der Europäischen Union aus dem Jahr 1998 vereinheitlicht die Rechtsvorschriften im Bereich der Preisauszeichnung und schreibt bei Sachgütern die Angabe des Grundpreises unabhängig von der jeweiligen Verpackungsmethode vor. Bislang bestehende Ausnahmen für landwirtschaftliche Betriebe fallen künftig grundsätzlich weg. In ihrem Entwurf zur Anpassung des Preisauszeichnungsgesetzes an die neue gemeinschaftliche Rechtslage hat die Regierung aber EU-konforme Ausnahmemöglichkeiten, für Kleinunternehmen etwa bzw. für konkrete Güter wie Fertiggerichte oder Geschenkpackungen berücksichtigt (97 d.B.).
ÖSTERREICHS BEITRAG ZUR ENTSCHULDUNG DER ÄRMSTEN LÄNDER
Der weltweit zu verzeichnende Wohlstandszuwachs während der letzten 50 Jahre beweise die grundsätzlich richtige Linie, die die Institutionen der weltwirtschaftlichen Zusammenarbeit, der Internationale Währungsfonds (IWF), die Weltbank und die Welthandelsorganisation (WTO) eingeschlagen haben. Dennoch seien Kurskorrekturen, vor allem zu Gunsten der ärmsten Entwicklungsländer, notwendig, erläutert die Regierung ihre Absicht, einen Beitrag zur HIPC-Initiative (Heavily Indebted Poor Countries Initiative - Initiative zur Schuldenreduktion für die ärmsten Entwicklungsländer) zu leisten. Unter diesem Titel haben nämlich IWF und Weltbank einen Ansatz zur Reduktion aller bilateralen, multilateralen und kommerziellen Schulden armer, hauptsächlich afrikanischer Länder südlich der Sahara, erarbeitet. Gemeinsam mit den multilateralen Institutionen und den bilateralen Gläubigern sowie unter der Voraussetzung eines nachhaltig wohlstandsfördernden wirtschaftspolitischen Kurses sollen bestimmten Ländern bis zu 90 % ihrer Schulden erlassen werden. Österreichs will seinen 168,4 Mill. S umfassenden Anteil am SCA-2, einem Wertberichtigungskonto, großteils für diese Entschuldungsinitiative zur Verfügung zu stellen. Die rechtlichen Grundlagen dafür schafft ein dem Nationalrat kürzlich übermitteltes Bundesgesetz (104 d.B.).
MEHR FÖRDERUNG FÜR LATEINAMERIKANISCHE KLEINBETRIEBE
Österreich ist Gründungsmitglied der Inter-Amerikanischen Entwicklungsgesellschaft (IIC), die als Schwesterinstitution der Inter-Amerikanischen Entwicklungsbank (IDB) seit 1986 mit Darlehen und Beteiligungen kleine und mittlere Privatunternehmen in Lateinamerika und in der Karibik fördert. Österreichs Anteil am Anfangskapital der Gesellschaft betrug mit 1 Mill. US-Dollar 0,5 % des Anfangskapitals von 200 Mill. US-Dollar. Über 80 % der IIC-Finanzierungen kamen bislang den rund 6 Millionen KMU in Lateinamerika zugute, die rund 50 % des regionalen BIP erzeugen. Durch diese Förderungen konnten mehr als 100.000 Arbeitsplätze geschaffen werden. Im Juli 1999 hat der Gouverneursrat der mittlerweile 36 Länder umfassenden IIC eine Kapitalerhöhung um 500 Mill. US-Dollar beschlossen. Der Beitrag Österreichs zur Mittelerhöhung macht 2,45 Mill. US-Dollar, zahlbar in acht jährlichen Raten bis 2007, aus. Die Rechtsgrundlage soll ein Bundesgesetz schaffen, der diesbezügliche Entwurf liegt dem Nationalrat vor (105 d.B.).
Die vollen Titel der Regierungsvorlagen:
83 d.B.: Bundesgesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch geändert wird
84 d.B.: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zu Bestimmungen der Europäischen Union über kapazitätsbezogene Maßnahmen für die Binnenschifffahrtsflotten der Gemeinschaft zur Förderung des Binnenschiffsverkehrs erlassen, das Bundesfinanzierungsgesetz geändert und das Bundesgesetz über die Strukturbereinigung in der Binnenschifffahrt außer Kraft gesetzt wird (Binnenschifffahrtsfondsgesetz)
90 d.B.: Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 1990, das Heeresdisziplinargesetz 1994, das Heeresgebührengesetz 1992, das Auslandseinsatzgesetz, das Militärleistungsgesetz, das Sperrgebietsgesetz 1995, das Munitionslagergesetz, das Militär-Auszeichnungsgesetz, das Verwundetenmedaillengesetz, das Tapferkeits-Medaillen-Zulagengesetz 1962 und das Kärntner Kreuz-Zulagengesetz 1970 geändert werden (Euro-Umstellungsgesetz-Wehrrecht - EUGW)
96 d.B.: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Indien über die Förderung und den Schutz von Investitionen
97 d.B.: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Auszeichnung von Preisen (Preisauszeichnungsgesetz - PrAG) und das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 geändert werden
100 d.B.: Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Mexikanischen Staaten über die Förderung und den Schutz von Investitionen
104 d.B.: Bundesgesetz über die Beteiligung Österreichs an der HIPC-Initiative (Heavily Indebted Poor Countries Initiative - Initiative zur Schuldenreduktion für die ärmsten Entwicklungsländer) im Rahmen des Internationalen Währungsfonds (IWF)
105 d.B.: Bundesgesetz über die Zeichnung von zusätzlichen Anteilen im Rahmen der allgemeinen Kapitalerhöhung der Inter-Amerikanischen Investitionsgesellschaft (IIC) (Schluss)
Themen
Stichworte
Format
Links
- 90 d.B. - Euro-Umstellungsgesetz-Wehrrecht - EUGW)
- 97 d.B. - (Preisauszeichnungsgesetz - PrAG) und das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
- 104 d.B. - Schuldenreduktion für die ärmsten Entwicklungsländer) Internationalen Währungsfonds (IWF)
- 83 d.B. - Handelsgesetzbuch
- 84 d.B. - Binnenschifffahrtsfondsgesetz)
- 100 d.B. - Österreich Vereinigten Mexikanischen Staaten Förderung und den Schutz von Investitionen
- 105 d.B. - Kapitalerhöhung der Inter-Amerikanischen Investitionsgesellschaft (IIC)