Parlamentskorrespondenz Nr. 289 vom 23.05.2000
NATIONALE BUCHPREISBINDUNG PASSIERT KULTURAUSSCHUSS
Wien (PK) – In der heutigen Sitzung des Kulturausschusses fanden die Abgeordneten zu einer Lösung für jene Problematik, die seit der Aufhebung der bisherigen grenzüberschreitenden Buchpreisbindung durch die EU-Kommission einer neuen Regelung harrte. Die Regierungsparteien hatten hiezu einen Antrag (126/A) formuliert, um, wie es in dem Dokument heisst, die Büchervielfalt aufrechtzuerhalten und Beeinträchtigungen des lauteren Wettbewerbs auf den Buchmarkt zu verhindern.
Intention des Gesetzesentwurfes ist es, auf die Stellung von Büchern als Kulturgut Bedacht zu nehmen, gleichzeitig aber auch Konsumenteninteressen zu wahren sowie die Gegebenheiten des Buchhandels zu beachten. Die Bestimmungen sollen nicht nur für in Österreich verlegte Bücher gelten, sondern auch für importierte. Der Endverkaufspreis ist laut Antrag vom Verleger oder Importeur festzusetzen und bekannt zu machen, ein etwaiger Einkaufspreis-Vorteil muss jedoch weitergegeben werden. Die geplanten Regelungen sehen auch Ausnahmen, etwa für wissenschaftliche Bibliotheken, vor und räumen Möglichkeiten für Rabatte und Sonderpreise ein. Das Gesetz soll auf fünf Jahre befristet sein, um damit den „dynamischen Entwicklungen“ auf dem Buchmarkt Rechnung zu tragen.
Vor Beginn der Sitzung brachten V und F einen Abänderungsantrag zu diesem Antrag ein, wonach der elektronische Handel mit Büchern von der genannten Regelung ausgenommen werden soll. Ausserdem enthält dieser Antrag sprachliche Klarstellungen und Definitionspräzisierungen. In diesem Sinne wurde seitens der Regierungsparteien auch eine entsprechende Ausschussfeststellung vorgelegt. Auch S und G brachten je einen eigenen Abänderungsantrag ein.
Eingangs dankte Staatssekretär MORAK dem Parlament für den vorliegenden Entwurf und sagte, dieser sei auch bereits mit der Wettbewerbskommission in Brüssel abgestimmt. Die zeitliche Limitierung sei zu begrüßen, weil dadurch die Möglichkeit einer Evaluation gegeben sei. Hinsichtlich des Internethandels sei eine europäische Initiative geplant, weshalb er es für sinnvoll erachte, diesen vorerst aus der Regelung herauszunehmen, um hier die weitere Entwicklung abzuwarten.
Dr. DOSSI vom Verfassungsdienst des BKA erklärte sodann die Systematik des Gesetzesentwurfs und erläuterte die Kernpunkte der Vorlage. Diese enthalte die erforderlichen Klarstellungen und entspreche den Erfordernissen der Gemeinschaftskonformität.
Abgeordneter Dr. CAP (S) erklärte, er habe zwar immer noch seine Bedenken, inwieweit der vorliegende Antrag EU-konform sei, vertraue aber auf die Ausführungen des Verfassungsdienstes. Er stellte sodann den Abänderungsantrag der S vor und sagte, er finde den sechsmonatigen Lieferzeitpunkt als Voraussetzung für den Fall des Fixpreises problematisch, weil dies automatisch grosse Buchhändler bevorzugen würde, die es sich leisten könnten, Bücher sechs Monate auf Lager zu haben. Dieser Passus sollte daher fallen. Ebenso regte die SP an, sich beim Verkauf von Büchern an Bibliotheken nicht fixe 10 Prozent aufzuerlegen, sondern sich, entsprechend der französischen Regelung, lediglich darauf festzulegen, dass in diesem Fall eine Abweichung zulässig sei. Da die Regelung aber wesentliche Neuerungen vornehme – vom Zwang zum Profit nunmehr zum Zwang zum Umsatz -, was aus volksbildnerischer Sicht zu begrüßen sei, werde seine Fraktion im Prinzip zustimmen.
Abgeordnete Dr. WOLFMAYR (V) hielt dem entgegen, dass eine Flexibilisierung der Abweichung von dzt. 10 Prozent für die kleinen Buchhandlungen von Nachteil sein könnte, weil die Bibliotheken sonst lizitieren und die einzelnen Händler quasi gegeneinander ausspielen könnten. Was die Lagerfrist anbelange, dürfe man auf die sogenannten Longseller nicht vergessen, weshalb deren Interessen vor die Frage der Lagerkapazitäten zu stellen wäre.
Abgeordneter Dr. MITTERLEHNER (V) äußerte Skepsis hinsichtlich des Ausnehmens des Internet-Handels. Hier bestehe die Gefahr einer unsachlichen Differenzierung zum Nachteil der kleinen Händler, womit das Gesetz lediglich einen Placebo-Effekt haben würde. Vielmehr sollte man sich zu einer klaren Regelung im Interesse der kleinen Gewerbetreibenden durchringen.
Auch Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG (G) plädierte für das Hineinnehmen des elektronischen Handels, da ihrer Meinung nach sonst eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes gegeben wäre. Sodann referierte sie den G-Abänderungsantrag ein, der primär sprachliche Klarstellungen enthält und Bücher, die im Rahmen der Schulbuchaktion abgegeben werden, generell vom zu beschließenden Gesetz ausnehmen will.
Nach einigen Anfragen bezüglich des Internet-Handels an den Vertreter des Verfassungsdienstes wurde die Sitzung zum Zweck interfraktioneller Beratungen unterbrochen.
Nach Wiederaufnahme der Beratungen begründeten die Abgeordneten Dr. BRINEK (V) und Wolfmayr, weshalb man von Regierungsseite den Ansinnen der Oppositionsparteien nicht nähertreten könne, dieweilen Abgeordneter Cap noch einmal die Intention des S-Antrages unterstrich. Wichtig sei aber, so Cap, dass man „heute eine Lösung im Interesse der Buchhändler und der Autoren findet“ und ein entsprechendes Signal aussende. Glawischnig votierte noch einmal für die Einbeziehung des Internethandels in die Regelung, weil sie dem Entwurf sonst nicht zustimmen könne.
Staatssekretär Morak lobte die konstruktive Zusammenarbeit aller in diese Frage Involvierter und meinte, man habe zwischen der Skylla des freien Wettbewerbs und der Charybdis des schützenswerten Kulturguts einen gangbaren Weg gefunden. Das Gesetz habe auch eine Zukunftsperspektive eingebaut, weil es die Frage des Internet-Handels – der derzeit übrigens lediglich 2 Prozent des gesamten Handels ausmache – bewusst offen lasse, um diese Frage genauer beobachten zu können. Der vorliegende Gesetzesentwurf trage dazu bei, die nötigen Umstellungen im Buchhandel zu bewältigen, zeigte sich Morak überzeugt.
Ausschussvorsitzende Dr. POVYSIL (F) erinnerte an die historische Dimension dieser Angelegenheit und fasste die Diskussion zusammen. Anliegen der Regierungsparteien sei es, die kleinen Buchhändler und die Autoren für eine gewisse Übergangszeit zu schützen, und dies sei mit dieser Vorlage gewährleistet. Insgesamt sei das Gesetz das derzeit haltbarste und zielführendste im Interesse der Betroffenen.
Abgeordneter Dr. WITTMANN (S) plädierte nochmals dafür, die Frage des Internet-Handels nicht ausser Acht zu lassen, weil sich dieser Themenkomplex a la longue als problematisch erweisen könnte. In dieser Hinsicht teile er die Besorgnis des Abgeordneten Mitterlehner. Prinzipiell aber sei das Gesetz für Autoren und kleine Buchhändler wichtig und im Interesse der Vielfalt der Literatur richtig, weshalb es seitens seiner Fraktion unterstützt werde.
In der Abstimmung verfielen die Abänderungsanträge von S und G der Ablehnung, der gegenständliche V/F-Antrag wurde in der Fassung des Abänderungsantrages ebenso mit den Stimmen von S, F und V angenommen wie die diesbezügliche Ausschussfeststellung. (Schluss)