Parlamentskorrespondenz Nr. 305 vom 24.05.2000

RIESS-PASSER ORTET REFORMPOTENZIAL BEI SPORT-DACHVERBÄNDEN

Wien (PK) - Die Diskussion über den 15. Sportbericht 1998 (III-30 d.B.) im heutigen Ausschuss für Sportangelegenheiten, der noch vom damals zuständigen Bundeskanzler Mag. Klima vorgelegt wurde, nahm die nunmehrige Ressortchefin Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer zum Anlass, ihre Vorstellungen über die zukünftige Sportpolitik mit den Abgeordneten ausführlich zu erörtern.

Zunächst einige Eckdaten und Schwerpunkte des gegenständlichen Berichts: Insgesamt wurden 1998 rund 610,4 Mill. S für die Sportförderung aufgewendet. Die Allgemeine Sportförderung belief sich im Jahr 1998 auf 420 Mill. S, die wie folgt verteilt wurde: Rund 92 Mill. S gingen an die Bundessportorganisation, 141 Mill. S an den ÖFB, je 57,6 Mill. S an ASKÖ, ASVÖ und Union sowie 14 Mill. S an das ÖOC. Der Bericht legt detailliert Rechnung, wofür diese Mittel vergeben bzw. aufgewendet wurden, wobei aber auch auf die separate Sportförderung durch die Länder hingewiesen wird.

Der Bericht listet penibel die sportlichen Erfolge im Berichtszeitraum auf und gibt Aufschluss über Subventionen im Bereich des Spitzensports. Gefördert wurden aber auch Schulen mit sportlichem Schwerpunkt oder diverse Trainerfortbildungskurse. Schließlich wurden an insgesamt 30 StudentInnen Sportstipendien vergeben.

In seinem Vorwort hebt Bundeskanzler Mag. Viktor Klima beispielsweise die Unterstützung der Europäischen Jugend-Sporttage hervor, mit denen Österreich internationale Maßstäbe gesetzt hat. 1998 kam auch erstmals die spezifische Frauenförderung im Sport massiv zum Tragen. Staatssekretär Wittmann weist darauf hin, dass man innerhalb der Europäischen Union weiterhin einen eigenen Sport-Artikel im Rahmen des EU-Vertrages anstrebe. Auch beim Kampf gegen Doping sei Österreich federführend beteiligt gewesen, heißt es in dem Bericht.

Der Bericht wurde mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und FPÖ mehrheitlich zur Kenntnis genommen und gilt, da kein gegenteiliger Beschluss gefasst wurde, als enderledigt.

Abgeordneter Dr. KRÄUTER (S) stellte zunächst den Antrag auf Ergänzung der Tagesordnung um den Antrag 134/A zu den Forstwegen. Dieser Vorschlag fand nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit, Abgeordneter KOPF (V) wies aber auf eine Vereinbarung hin, dieses Thema im nächsten Sportausschuss im Juni zu beraten. 

Der Sportbericht wurde von den Abgeordneten allgemein wegen seiner ausführlichen Darstellung als wichtiges Nachschlagewerk gelobt. Im Zentrum des Interesses der Abgeordneten standen dann Fragen zur zukünftigen Gestaltung der Sportpolitik.

Eine längere Diskussion ergab sich über die Dachverbände, nachdem Abgeordnete PFEFFER (S) die oftmals geäußerte freiheitliche Forderung nach Auflösung der Dachverbände thematisiert hatte. Auf ihre Bemerkung, es gebe Vereine und Vereinsangehörige, die aus ideologischen Gründen einzelnen Dachverbänden angehören wollen, meinte Vizekanzlerin Dr. RIESS-PASSER, dass eben diese ideologischen Gesichtspunkte der Kern des Problems seien. Ihr Zugang zu den Dingen sei ein anderer. Ihre Erfahrung habe sie leider gelehrt, dass ideologisch-politische Barrieren noch nicht überwunden werden können, was einer besseren Kooperation im Interesse des Sports hinderlich sei.

Sie habe nicht die Absicht, die Dachverbände aufzulösen, da dies auch rechtlich nicht möglich sei, andererseits dürfe es aber keine Tabuthemen geben, wenn man Verbesserungen im Interesse des Sports erreichen wolle. Riess-Passer hält es auch für zweckmäßig, über die Möglichkeit nachzudenken, dass Verbände ihre Verwaltung selbst finanzieren. Sie kritisierte auch, dass die Verbände die neuen Medien zu wenig nützen und meinte, deren Aufgabe sei es auch, Marketing zu betreiben. Auch den Äußerungen der Abgeordneten, so die Vizekanzlerin, sei zu entnehmen, dass es bei den Dachverbänden ein Reformpotenzial gebe. Sie bezog sich damit insbesondere auf die Aussage des Abgeordneten GRABNER (S), dass man für Änderungen offen sei, dass es aber nicht so sein könne, dass der gesamte Sport "umgekrempelt" werde. Jedenfalls müsse es, so Riess-Passer, möglich sein, kritisch zu hinterfragen, was mit den Geldern passiert. In diesem Zusammenhang kündigte sie an, die Ergebnisse des Kontrollberichts auch im nächsten Sportbericht zu veröffentlichen und stimmte darin mit Abgeordnetem BROSZ (G) überein, auch bei den Dachverbänden mehr Transparenz herzustellen. Dieser Kritik widersprachen SPÖ-Abgeordnete, indem sie die sparsame Verwaltung und die Förderung des Breitensports durch die Dachverbände hervorhoben.

Auf Grund einer Frage des Abgeordneten Mag. MAIER (S) bestätigte die Vizekanzlerin ihre ablehnende Haltung zur der von Staatssekretär Morak vorgelegten Liste im Rahmen der Fernsehrichtlinie. Darin werden alle Ereignisse aufgelistet, die wegen ihrer besonderen gesellschaftlichen Bedeutung der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden sollen. Wesentliche Sportveranstaltungen wie die Formel 1 oder Ski-Veranstaltungen in Schladming sind darin nicht enthalten, was bedeutet, dass Fernsehzuseher in Zukunft dafür zahlen müssten.

Einen breiteren Raum widmeten die Ausschussmitglieder auch dem Frauenthema. Abgeordnete SCHASCHING (S) zeigte sich erfreut, dass sich der Bericht damit auseinandersetzt. In diesem Zusammenhang sprach sie eine Untersuchung des Ludwig Boltzmann-Institutes über Lebenszusammenhänge von Spitzensportlerinnen an, der jedoch noch nicht veröffentlicht ist. Weitere Fragen betrafen die Weltfrauenkonferenz 1998 in Namibia sowie die geplante Fortsetzung dieser Konferenz im Jahr 2002 in Kanada. Die Mandatarin regte auch an, Frauenförderpläne im Sportbereich zu überlegen.

Die Vizekanzlerin zeigte sich offen für neue Ideen und unterstrich, dass die Mittel für Frauenförderungen nicht gekürzt worden seien. Laut Auskunft der zuständigen Ressortbeamtin sei eine österreichische Plattform für Frauenförderung gebildet worden. Innerhalb der Bundessportorganisation existiere eine Arbeitsgruppe für Frauenfragen und auch die Dachverbände hätten in der Zwischenzeit Referate für Frauen eingerichtet. In der European Women Sports Group des Europarates werde Österreich in kurzer Zeit nach Finnland den Vorsitz übernehmen.

Abgeordneter KOPF (V) kam auf die Erarbeitung eines Sportgesetzes für Österreich zu sprechen, wonach seiner Auffassung nach ein dringender Bedarf bestehe. Er nannte beispielsweise Fragen arbeitsrechtlicher Natur sowie Fragen, die das Vereinsrecht betreffen, Haftungsfragen oder Offenlegungspflichten. Riess-Passer stimmte dem zu und ergänzte, dass in diesem Rahmen auch soziale und steuerrechtliche Fragen geklärt werden müssten. Ebenso stelle sich das Problem der Gemeinnützigkeit. Sie informierte den Ausschuss, dass es darüber einen umfassenden Dialog geben werde. Man wolle auch internationale Erfahrungen mit einbeziehen. Auch eine parlamentarische Enquete wäre ihrer Meinung nach sinnvoll. Abgeordneter Mag. MAIER (S) warf daraufhin ein, dass es seitens des Justizressorts hervorragende Vorarbeiten zu einem Vereinsgesetz gebe, Klubobmann Khol habe jedoch in der vorangegangenen Gesetzgebungsperiode eine Beschlussfassung verhindert.

Abgeordnete SCHASCHING (S), Abgeordneter MIEDL (V) sowie Abgeordneter Dr. GROLLITSCH (F) sprachen den Schulsport an und verliehen ihrer Sorge auf Grund trauriger Statistiken bezüglich der Gesundheitsschäden bei Schülern Ausdruck. Die Ressortchefin teilte die Bedenken und berichtete von Gesprächen mit der Unterrichtsministerin, die eine bessere Kooperation und eine Verbesserung des Schulsports zum Ziel hätten. Sobald sich daraus konkrete Punkte ergäben, werde man ein Konzept vorlegen.

Auf die Frage des Abgeordneten Dr. WITTMANN (S) nach Einführung eines eigenen Artikels in den EU-Verträgen zum Sport teilte Riess-Passer mit, dass sie aus Lissabon nur wenig Zuversicht mitgenommen habe. Es sei derzeit schwer abzusehen, ob die Widerstände, vor allem seitens des Vereinigten Königreiches, überwunden werden können.

Kontroversiell verlief auch die Diskussion um das Stadion in Salzburg. Während von der SPÖ der Vorwurf kam, dass eine Lösung bislang nur von der Salzburger FPÖ verhindert worden sei, hielt die Vizekanzlerin fest, dass die uneinheitliche Beurteilung der vorliegenden Lösungsansätze quer durch alle politischen Lager gehe und die Stadt Salzburg selbst plötzlich ihre Finanzierungszusage zurückziehen wolle. Das Thema müsse daher zunächst einmal in Salzburg selbst geklärt werden.

Der Motorsport wurde von Abgeordnetem Dr. KRÄUTER (S) angesprochen, da der Vertrag mit der Steiermark im Jahr 2002 ausläuft. Der Abgeordnete wollte wissen, inwieweit sich der Bund finanziell engagiere und ob man bereits in Verhandlungen über eine Verlängerung sei. Riess-Passer bekundete das Interesse, die Veranstaltung in Österreich zu erhalten. In den nächsten ein bis zwei Wochen werde sie auf Grund der geführten Gespräche über konkrete Punkte Auskunft geben können.

Auf weitere Fragen eingehend, betonte Riess-Passer, dass man bei den Bundessporteinrichtungen den Förderungsumfang aufrecht erhalten werde. Die bisher erfolgte Ausgliederung werde evaluiert werden und dann erst könnten Schritte in Richtung Privatisierung gesetzt werden. Die besondere Sportförderung gehe bis 2003, dann habe man vor, den Behindertensport mit einzubeziehen und Wetterlöse dafür zu lukrieren.

Grundsätzliche Gedanken mache man sich über die Konstruktion des Spitzensport-Ausschusses. Eine Konkretisierung und Vereinheitlichung der Richtlinien soll sicherstellen, dass die Gelder für Vereine und Athleten rechtzeitig kommen. Man werde darüber auch in der Landessportreferenten-Konferenz sprechen. Ein weiteres Thema mit den Landessportreferenten sei die transparentere Gestaltung der Förderungsrichtlinien der allgemeinen Sportförderung. Das Ministerium habe dazu einige Unterlagen erarbeitet.

Die Neubestellung des Generalsekretärs für die Sporthilfe sei, so die Sportministerin, nach einem objektivierten Verfahren erfolgt und man habe sichergestellt, dass der neue Generalsekretär keine Interessenkonflikte auf Grund anderer Tätigkeiten habe. (Schluss)