Parlamentskorrespondenz Nr. 319 vom 26.05.2000

"RAT FÜR FORSCHUNG UND TECHNOLOGIEENTWICKLUNG" WIRD EINGERICHTET

Wien (PK) - Der Wissenschaftsausschuss begann heute seine Beratungen mit einer aktuellen Aussprache.

Auf eine Frage des Abgeordneten Dr. GRÜNEWALD (G) meinte Ministerin GEHRER, dass es eine breite Diskussion darüber gebe, inwieweit man das Dienstrecht der UniversitätslehrerInnen erneuern solle, bevor die zukünftigen Strukturen der Universitäten feststehen. Sie persönlich vertrete die Auffassung, dass man das Dienstrecht bereits jetzt flexibilisieren und an das Angestelltenrecht angleichen sollte. 

Gehrer nahm auch ausführlich zu der geplanten Umwandlung der Pädagogischen Akademien in Pädagogische Hochschulen Stellung, nachdem Abgeordneter Dr. ANTONI (S) eine dem Rechnungshof in Auftrag gegebene Untersuchung der Pädagogischen Akademien und Pädagogischen Institute in Wien erwähnt hatte. Die Ministerin erklärte, dass es sich hier um eine Prüfung im positiven Sinn handle, weil man im Zuge der Organisationsänderungen Hilfestellung brauche. Insbesondere sei zu prüfen, wo man bei der Zusammenlegung zu größeren Einheiten Synergieeffekte erzielen könne. Diese Untersuchung des Rechnungshofes könne auch als Pilotprojekt für andere Bereiche dienen.

Hinsichtlich der Technologieoffensive nannte Gehrer das Ziel der Regierungspolitik, Österreich von einem e-Anwender zu einem e-Produzenten zu machen, damit sich in Österreich zukunftsorientierte Betriebe ansiedeln, die wiederum qualitativ hochwertige Arbeitsplätze sichern.

Gehrer stimmte mit Abgeordneter Dr. PAPHAZY (F) überein, das Sponsoring auch im universitären und wissenschaftlichen Bereich stärker zu fördern. Man brauche aber dafür diesbezügliche Änderungen in den Steuergesetzen. Im Hinblick auf die Anerkennung privater Universitäten berichtete sie, dass dem Akkreditierungsrat derzeit sechs Anträge vorlägen. Die Positionierung der Donau-Universität Krems müsse neu erarbeitet werden, stellte die Ministerin dezidiert fest.

Der Kritik, warum man im Bereich der Studienförderung keine Pauschalierung eingeführt habe, begegnete die Ressortchefin damit, dass eine Pauschalierung ursprünglich auch ihre Intention gewesen sei. Bei den Verhandlungen habe sich jedoch herausgestellt, dass durch die Möglichkeit, auch sechs Monate zu arbeiten, die StudentInnen Anspruch auf Arbeitslosengeld hätten, was zu Schwierigkeiten geführt hätte. Es gebe aber Gespräche mit Minister Bartenstein, um eine zufriedenstellende Lösung zu erarbeiten.

Weiters informierte die Ministerin, dass das Bakkalaureat derzeit in vier Studienrichtungen vorgesehen sei: Informatik und Mathematik in Salzburg, Soziologie an der Uni Wien, Vermessung an der TU Graz und Philosophie an der Uni Innsbruck. 

FORSCHUNGSBERICHTE 1999 UND 2000 FINDEN EINHELLIGE ZUSTIMMUNG

Im Anschluss daran diskutierten die Abgeordneten den Forschungsbericht 2000 (III-41 d.B.), den Forschungsbericht 1999 (III-19 d.B.) sowie einen Antrag der Grünen (110/A[E]), der sich gegen die  Zersplitterung der Kompetenzverteilung im Bereich Wissenschaft und Forschung wendet, unter einem.

Die Regierungsfraktionen brachten dazu zwei Anträge gemäß § 27 Abs. 1 GOG-NR betreffend das Forschungsförderungsgesetz und das Forschungsorganisationsgesetz ein. Diese Anträge wurden mit V-F-Mehrheit beschlossen. Ebenso wurden zum Forschungsförderungsgesetz drei Ausschuss-Entschließungen mit den Stimmen der Regierungsfraktionen angenommen. Die beiden Forschungsberichte wurden einstimmig zur Kenntnis genommen, wurden aber im Ausschuss nicht enderledigt. Der Antrag der Grünen blieb in der Minderheit und wurde nur von der sozialdemokratischen Fraktion mitunterstützt.

Der Forschungsbericht 2000 ist der erste, der von der neuen Wissenschaftsministerin Elisabeth GEHRER gemeinsam mit dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Dipl.Ing. SCHMID vorgelegt wurde.

1999 lag der Anteil der Forschungsförderung bei 1,65 % des BIP. Bis zum Jahr 2005 soll das Gesamtvolumen der Forschungsausgaben auf 2,5 % ansteigen. Hoffnung setzt man dabei in die Steuerreform 2000, die  durch ihre Maßnahmen einer steuerlichen Begünstigung von Forschung und Entwicklung einen maßgeblichen Beitrag zur geplanten Erhöhung der Forschungsquote leisten dürfte. Kritisch hinterfragt muss dabei aber die Tatsache werden, dass der Anteil der öffentlichen Finanzierung für Forschung und Entwicklung in Österreich deutlich über dem internationalen Durchschnitt liegt, während der Anteil von Förderungen durch Unternehmerseite EU-weit unterdurchschnittlich ist.

Gehrer und Schmid betonen in ihrem gemeinsamen Vorwort, dass es auf eine adäquate Prioritätensetzung ankomme, und heben in diesem Zusammenhang die Ausarbeitung eines „Grünbuches zur österreichischen Forschungspolitik“ unter dem damaligen Wissenschaftsminister Einem hervor. Darin wird unter anderem auf die Notwendigkeit einer stärkeren Ergebnisorientierung hingewiesen, die zu einer Erhöhung der Attraktivität des Forschungsstandortes Österreich beitragen soll. Selbstorganisation als Leitgedanke einer effizienten Reorganisation aller Forschungseinrichtungen sowie die Intensivierung der Vernetzung relevanter Einrichtungen sollen zu einer Qualitätssteigerung führen. Zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Forschung wird es erforderlich sein, die Rahmenbedingungen zu verbessern und attraktive Arbeitsplätze für ForscherInnen an den Universitäten und den außeruniversitären Einrichtungen zu schaffen.

Der Forschungsbericht 1999 war im Vorfeld ausführlich in einem Unterausschuss diskutiert worden.

Die F&E-Quote für 1999 wurde nach Berechnungen des ÖSTAT mit 1,63%, das sind ca. 44 Mrd. S prognostiziert, wobei der Anteil der öffentlichen Hand mit 43,7% und jener der Wirtschaft mit 52,1% angenommen wurde. Der Rest fällt auf andere Geldquellen. Die Ausgaben des Bundes 1999 werden mit 16,3 Mrd. S angegeben, was eine Steigerung von 0,3% gegenüber dem Vorjahrsniveau bedeuten würde.

Abgeordneter Dipl.-Ing. SCHÖGGL (F) brachte zwei Anträge gemäß § 27 Abs. 1 GOG-NR ein, die Ergebnis der ausführlichen Beratungen im Unterausschuss seien. Er betonte, dass sich die Experten darüber einig gewesen seien, im Wissenschaftsbereich Institutionen zu schaffen, die in ihrer Größenordnung sowohl international bestehen können als auch nationalen Bedürfnissen entsprechen. Es habe sich einhellig die Auffassung herauskristallisiert, in Zukunft in der Forschungspolitik Schwerpunkte setzen zu müssen und die Arbeit permanent zu evaluieren. Die Evaluierung müsse aber ein Prozess mit Konsequenzen sein. Die Experten hätten auch moniert, das Dreieck Wirtschaft - universitäre Forschung - außeruniversitäre Forschung stärker zu vernetzen, auszuweiten und zu fördern.

Der Antrag zum Forschungsförderungsgesetz hat zum Ziel, beim Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie einen "Rat für Forschung und Technologieentwicklung" einzurichten. Dessen Aufgabe besteht darin, die Bundesregierung und gegebenenfalls auch Landesregierungen strategisch zu beraten. Die AntragstellerInnen begründen den Schritt mit der verschärften globalen Wettbewerbssituation und der Änderung des nationalen und internationalen Umfeldes, die eine teilweise Neuorganisation im Bereich Forschung, Technologie und Innovation erfordern. Die Arbeit des Rates soll die Abstimmung und Koordination aller diesbezüglichen politischen, strategischen und operativen Maßnahmen im Bundesbereich optimieren. Er wird die bisherigen Beratungsgremien (Österreichischer Rat für Wissenschaft und Forschung, Forschungsförderungsrat, Rat für Technologieentwicklung, etc.) ablösen.

Durch die drei Ausschussfeststellungen wollen die Abgeordneten sicher stellen, dass der vom Rat zu verfassende schriftliche Bericht auch eine Rückmeldung über die Umsetzung der Empfehlungen durch die Bundesregierung umfasst, dass die Forschungs- und Technologiefonds in die Aktivitäten des Rates einbezogen sind und dass die Budgetierung mit größtmöglicher Flexibilität gehandhabt werden soll.

Eine Änderung des Forschungsorganisationsgesetzes erachten FPÖ und ÖVP deshalb für erforderlich, um eine strukturelle Bereinigung vorzunehmen und der Einrichtung des Rates für Forschung und Technologieentwicklung Rechnung zu tragen. Regelungsbedarf besteht insbesondere im Bereich der Frauenförderung, die Vergabe von Forschungsaufträgen und Expertengutachten soll EU-rechtskonform geregelt werden, die Bestimmungen über die Teilrechtsfähigkeit der im FOG geregelten Forschungsanstalten ist genauso anzupassen wie deren Aufgabenkataloge.

Ing. GARTLEHNER (S) bekräftigte seitens der SPÖ die grundsätzliche Zustimmung zum Rat für Forschung und Technologieentwicklung, kritisierte jedoch, dass maßgebliche gesellschaftliche Kräfte in der Zusammensetzung des Rates nicht berücksichtigt worden seien. Er kündigte daher für das Plenum einen Abänderungsantrag an. Abgeordneter DDr. NIEDERWIESER (S) ergänzte, dass er ein Begutachtungsverfahren vorgezogen hätte und für ihn die vorgelegte Lösung einen zu kleinen Schritt darstelle.

Abgeordneter GRÜNEWALD (G) meinte, die Erwartungen, die man in dieses Gremium setze, seien zu groß. Ihm komme es wie eine Desavouierung des Ministeriums vor, da man nun mit dem Rat etwas schaffen wolle, was das Ressort in den letzten dreißig Jahren nicht geschafft hat. Grünewald äußerte sich auch kritisch zu den vielfältigen Evaluierungsmaßnahmen und fügte ironisch hinzu, man brauche wahrscheinlich eine "Dachorganisation für Evaluierungsagenturen".

Abgeordnete Dr. BRINEK (V) sowie der Vorsitzende Dr. GRAF (F) unterstützten beide Anträge. Dr. Graf fügte erklärend hinzu, dass man zwei von drei Kritikpunkten der Experten durch die Ausschuss-Feststellungen gefolgt sei. Der dritten Anregung, das Vorschlagswesen zu regeln, sei man jedoch nicht gefolgt, weil man eine typisch österreichische Lösung, nämlich Nominierungen über die Sozialpartnerschaft, durchbrechen wollte.

Bundesminister Dipl.-Ing. SCHMID äußerte sich positiv über die vorangegangene Woche der Wissenschaft und Bildung und beteurte, mit vielen wertvollen Anregungen konfontiert worden zu sein. In Richtung SPÖ betonte der Minister, dass die Einrichtung dieses Gremiums keineswegs bedeute, die Politik habe sich damit erledigt, man versuche nur einen Neubeginn. Er selbst werde ein interessierter Beobachter sein, wie der Rat funktioniere. Der Erfolg wird nicht zuletzt davon abhängen, wie weit die Politik bereit sei, rasch zu reagieren, wenn etwas nicht funktioniere.

INSTITUTIONELLER INTAGRATIONSSCHRITT FÜR PRIVATUNIVERSITÄTEN

Als nächster Punkt auf der Tagesordnung stand ein Antrag der Koalitionsparteien zum Universitäts-Akkreditierungsgesetz. Dieser wurde einstimmig angenommen. (107/A)

Danach sind die verliehenen akademischen Grade nicht dem Ausland zuzurechnen, sondern stellen akademische Grade nach österreichischen Studienvorschriften dar. Dieser Integrationsschritt ist eine institutionelle Nostrifizierung der Studienabschlüsse, die vom Akkreditierungsrat ex ante vorgenommen wird. Damit entfällt die ex post notwendige individuelle Nostrifizierung durch die AbsolventInnen.

Bundesministerin GEHRER brach eine Lanze für den freien Wettbewerb auf dem Bildungsmarkt und merkte an, dass die Absolventen von zukunftsorientierten Studienrichtungen gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben.

KEINE TIERVERSUCHE BEI KOSMETIKA

Zuletzt wurde die Regierungsvorlage betreffend das Verbot des Inverkehrbringens von kosmetischen Mitteln, die im Tierversuch überprüft worden sind, in Verhandlung genommen. Sie fand bei der Abstimmung die Zustimmung aller Fraktionen unter Berücksichtigung eines Abänderungsantrages, der lediglich die Anpassung an das neue Bundesministeriengesetz vorsieht. (22 d.B.)

Grundlage für diesen Gesetzentwurf ist eine EU-Richtlinie, die den Mitgliedstaaten der Europäischen Union künftig das Inverkehrbringen von kosmetischen Mitteln verbietet, wenn diese Bestandteile oder Kombinationen von Bestandteilen enthalten, die in Tierversuchen überprüft worden sind. Betroffen vom Verbot sind kosmetische Produkte, für die nach dem 29. Juni 2000 Tierversuche durchgeführt werden. Bei Verstoß gegen diese Bestimmung drohen, sofern nicht ohnehin der Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung erfüllt wird, Geldstrafen bis zu 100.000 S.

Staatssekretär Dr. WANECK nahm kurz zur Entwicklung in der EU Stellung und berichtete, dass der Termin des Inkrafttretens der EU-Richtlinie abermals bis zum 30. Juni 2002 verschoben worden sei. Weiters liege bereits ein Vorschlag für eine siebente Änderungsrichtlinie des Rates zur Kosmetikrichtlinie vor, in welcher das Vermarktungsverbot für im Tierversuch überprüfte kosmetische Mittel durch ein Tierversuchsverbot in den Mitgliedstaaten ersetzt werden soll.

Abgeordneter GROLLITSCH (F) regte auch eine Verbesserung des österreichischen Tierschutzgesetzes an.

(Schluss)