Parlamentskorrespondenz Nr. 390 vom 27.06.2000
WIE FUNKTIONIERT DER FREIE STROMMARKT?
Wien (PK) - Mit einem umfangreichen Zusatz zu ihrem Entwurf eines Gaswirtschaftsgesetzes hat die Bundesregierung dem Nationalrat unter dem Titel "Energieliberalisierungsgesetz" jene konkreten Bestimmungen für den vollliberalisierten Strommarkt in Österreich nachgeliefert, auf dem alle Stromkunden bereits ab dem 1. Oktober 2001 mit Elektrizitätserzeugern, Elektrizitätshändlern sowie Verteilerunternehmen Verträge über die Lieferung von elektrischer Energie zur Deckung ihres Bedarfes schließen und hinsichtlich dieser Strommenge Netzzugang begehren können.
Als Voraussetzung für den freien Netzzugang werden die Bestimmungen für das "Unbundling", also die Entflechtung von Erzeugung, Transport und Verteilung von Elektrizität, verschärft. Das Marktgeschehen wird durch spezielle, von der E-Wirtschaft im Konsens zu erlassende "Regeln" geordnet. Sie enthalten die Bedingungen für den Marktzugang und die Bestimmungen für die Arbeit der Verrechnungsstellen, für Haftungen und für den Versorgerwechsel. Die Organisation obliegt einer Reihe neuer Institutionen. Das Übertragungsnetz wird in die drei historisch gewachsenen Regelzonen - Ost-Österreich, Tirol und Vorarlberg als Teil einer deutschen Regelzone - eingeteilt. In jeder Zone erfüllt der Regelzonenführer die Aufgaben des Netzbetreibers, sorgt für den Elektrizitätstransit und teilweise auch für die Aufbringung der Ausgleichsenergie. Erzeuger, sonstige Lieferanten und Verbraucher werden innerhalb einer Regelzone in Bilanzgruppen zusammengefasst. Erst wenn der von den Bilanzgruppenverantwortlichen geplante und vertraglich vereinbarte Energiefluss zwischen zwei Bilanzgruppen mengenmäßig abweicht, wird dies messtechnisch oder rechnerisch erfasst und einer Verrechnungsstelle zugeleitet. Die Bilanzgruppenverantwortlichen rechnen die Ausgleichsversorgung ab und erstellen die Normal-Summenfahrpläne. Die darüber liegende "Verrechnungsstelle für Transaktionen und Preisbildung für Ausgleichsenergie" wird vom Bilanzgruppenkoordinator geleitet. Die Energieaufsicht wird als unabhängige Regulierungsbehörde nach dem Vorbild der Telekom neu geordnet.
Dazu kommt ein wettbewerbsneutrales Förderungssystem für die Erzeugung elektrischer Energie mit erneuerbaren Energieträgern durch Verankerung von Abnahmegarantien und Kleinwasserkraft-Zertifikaten, die dem Nachweis dienen, dass jeder Verbraucher 7 % seines Strombezugs aus Kleinwasserkraftwerksanlagen deckt. Zudem wird die unabhängige "Elektrizitäts-Control" darüber wachen, das bis 2005 3 % des Stromendverbrauches aus alternativen Energieträgern (Wind, Photovoltaik, Biomasse, Biogas, Kleinwasserkraft) gedeckt wird. Stromimport aus Drittstaaten, die ihren Bedarf überwiegend aus Anlagen decken, die nicht dem Stand der Technik entsprechen, ist nicht mehr zulässig, bestehende Verträge sind ehestmöglich zu kündigen (Zu 66 d.B.).
DURCHFÜHRUNGSÜBEREINKOMMEN ZUM SCHUTZ WANDERNDER FISCHBESTÄNDE
Das Übereinkommen zur Durchführung der Bestimmungen des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10.Dezember 1982 über die Erhaltung und Bewirtschaftung gebietsübergreifender und weit wandernder Fischbestände dient der Stärkung der internationalen Fischereiorganisationen und einer Intensivierung der internationalen Zusammenarbeit bei der Erhaltung der lebenden Ressourcen der Hohen See (200 d.B.).
ÖSTERREICH TRITT AUS DEM INTERNATIONALEN ZOLLTARIFBÜRO AUS
Die Entwicklung moderner und kostengünstiger weltweiter Kommunikationsmethoden (Telefon, Fax, E-Mail und Internet) hat es möglich gemacht, aktuelle Zollsätze eines bestimmten Landes direkt und einfach in Erfahrung zu bringen. Dieser Umstand hat die Bundesregierung veranlasst, die seit 1890 bestehende Mitgliedschaft Österreichs beim Internationalen Zollbüro zu kündigen. Die Budgetentlastung durch Entfall des Mitgliedsbeitrages wird 470.000 S jährlich ausmachen (201 d.B.).
Die vollen Titel der Regierungsvorlagen:
Zu 66 d.B.: Bundesgesetz, mit dem Neuregelungen auf dem Gebiet der Erdgaswirtschaft erlassen (Gaswirtschaftsgesetz - GWG), das Bundesgesetz betreffend den stufenweisen Übergang zu der im Gaswirtschaftsgesetz vorgesehenen Marktorganisation erlassen wird, das Preisgesetz 1992, die Gewerbeordnung 1994, das Rohrleitungsgesetz, das Reichshaftpflichtgesetz, das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz geändert werden und das Bundesgesetz über die Aufgaben der Regulierungsbehörde im Elektrizitätsbereich und die Errichtung der Elektrizitäts-Control GmbH und der Elektrizitäts-Control Kommission sowie das Bundesgesetz, mit dem die Ausübungsvoraussetzungen, die Aufgaben und die Befugnisse der Verrechnungsstellen für Transaktionen und Preisbildung für die Ausgleichsenergie geregelt werden, erlassen werden (Energieliberalisierungsgesetz)
200 d.B.: Übereinkommen zur Durchführung der Bestimmungen des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 über die Erhaltung und Bewirtschaftung gebietsübergreifender Fischbestände und weit wandernder Fischbestände
201 d.B.: Kündigung des Übereinkommens vom 5. Juli 1890 betreffend die Veröffentlichung der Zolltarife und die Organisation einer Internationalen Vereinigung zur Veröffentlichung der Zolltarife samt einem Durchführungsregulativ
(Schluss)