Parlamentskorrespondenz Nr. 402 vom 29.06.2000

KULTURAUSSCHUSS BERÄT BERICHTE UND HAUS DER GESCHICHTE

Kulturbericht1998 und Restitutionsbericht behandelt

 

Wien (PK) - In seiner heutigen Sitzung befasste sich der Kulturausschuss mit dem Kulturbericht 1998 und mit dem Restitutionsbericht. Weiters wurde über den Themenkomplex "Haus der Geschichte" - "Haus der Toleranz" debattiert.

Die zentralen Ziele des Kulturberichts 1998 (III-14 d.B.)

umriss Bundesministerin Gehrer wie folgt: "Es ist eine wesentliche Aufgabe der Kulturpolitik, das reiche kulturelle Erbe in Österreich zu erhalten, die Basis für eine moderne und dynamische Entwicklung im Kulturbereich zu schaffen. Dieser Bericht bietet eine gute Grundlage, das Bewusstsein über unsere Verantwortung bei dieser Aufgabe zu wecken und die besondere Bedeutung unseres Kulturerbes für die Zukunft unseres Landes aufzuzeigen."

1998 seien dabei zahlreiche wesentliche Weichenstellungen für die zukünftige Arbeit jener Institutionen, welche sich der Wahrung und Weiterentwicklung des kulturellen Erbes verschrieben hätten, erfolgt. So wurden die Grundlagen für die Umwandlung der Bundesmuseen in wissenschaftliche Anstalten durch ein neues Bundesmuseengesetz geschaffen, wodurch die Museen eine eigene Rechtspersönlichkeit erhalten, in ihren Entscheidungen selbständiger sind und ihre individuellen Aufgabenstellungen besser und effizienter erreichen können. Durch gesetzliche Regelungen der Restitution von Kunstgegenständen aus den Bundesmuseen und Sammlungen wurde schliesslich eine neue Phase bei der Aufarbeitung und der Rückgabe von unter der NS-Herrschaft geraubten Kunst- und Kulturgütern eingeleitet. Letztlich gelang es Österreich auch im Rahmen seiner ersten EU-Präsidentschaft, seiner Position als führendes Kulturland in Europa gerecht zu werden, heisst es in dem Bericht.

Im Berichtsjahr traten ferner auch die Vorbereitungen für eine Novelle zum Denkmalschutzgesetz in die entscheidende Phase. Nach den Novellen 1978 und 1990 "sollte dies nunmehr die den Kompetenztatbestand Denkmalschutz zusammenfassende und abschließende Novelle werden", wie Sektionschef Rudolf Wran festhält. Erstmals bilden auch Fördermaßnahmen auf dem Gebiet des öffentlichen Büchereiwesens und der Volkskultur einen Berichtsgegenstand, beides, so Wran, "wesentliche Facetten des kulturellen Lebens, die in ihrer Vielfalt neben den großen Kulturinstitutionen das kulturelle und kreative Potenzial Österreichs maßgeblich beeinflussen."

Wran weist in seinen Ausführungen weiters auf die Bedeutung der Bibliotheken als "Zentren der Wissens- und Kulturvermittlung" hin, um sodann die Notwendigkeit der Förderung der Volkskultur als integrierender Bestandteil der Gesamtkultur im Sinne der kulturellen Vielfalt des Landes zu unterstreichen. "Hochkultur" und "Volkskultur" seien keine trennbaren Bereiche, vielmehr wurzelten sie ineinander, beide seien seit jeher gegenseitige Ergänzung, Befruchtung und Bereicherung.

FAUSTKEILE AUF ENGLISCH UND BESUCHERZUSTROM BEI DEN TEDDYBÄREN

In der Debatte wies Abgeordnete Dr. PAPHAZY (F) auf die positive Entwicklung der Besucherzahlen in den Museen hin und fragte, nach welchen Kriterien die musealen Subventionen zusammengestellt würden. Die Abgeordneten Mag. MUTTONEN, Dr. WITTMANN (beide S) und Dr. BRINEK (V) thematisierten das Museumsquartier, während Abgeordneter REHEIS (S) auf die aktuelle Situation in der österreichischen Galerie Belvedere zu sprechen kam. Wie auch Abgeordneter Wittmann wollte er wissen, welche Konsequenzen in dieser Angelegenheit geplant seien, zumal die Angelegenheit nun ja auch schon bei der Staatsanwaltschaft anhängig sei. Gegenstand der Wortmeldungen der Abgeordneten WOLFMAYR (V) und CAP (S) war der Museumsentwicklungsplan, während sich die Abgeordneten Dr. BAUMGARTNER-GABITZER (V) und JÄGER (S) mit Bauvorhaben bei den Bundesmuseen befassten. Die Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG (G) übte grundsätzliche Kritik - zu geringe Dotierung, problematische Aspekte der Ausgliederung und dergleichen - am Kulturbericht, den die Grünen daher nicht zustimmend zur Kenntnis nehmen könnten.

Bundesministerin GEHRER erinnerte daran, dass es hinsichtlich des Museumsquartiers eine Konzeption aus dem Jahre 1996 gebe, die auch weiter umgesetzt werde. Hinsichtlich der österreichischen Galerie betonte die Ministerin, Direktor Frodl habe sich bemüht, diese Angelegenheit zu erhellen. Der Rechnungshof habe die Causa der Staatsanwalt übergeben, doch sei ihr, Gehrer, nicht bekannt, dass sich daraus bis dato weitere Entwicklungen ergeben hätten.

Die Fördermittel der Museen erfolgten nach jenen Kriterien, welche die Museumsdirektoren selbst erarbeitet hätten. So sei es auch im Museumsgesetz festgeschrieben. In diesem Zusammenhang verwies Gehrer auf die "Lange Nacht der Museen", die ein grosser Erfolg gewesen sei. So hätten allein 30.000 Menschen in Wien von dieser Gelegenheit Gebrauch gemacht. Besondere Erwähnung fanden dabei die 600 Besucher im Teddybär-Museum. Gehrer kam sodann auf die baulichen Initiativen im Museumsbereich zu sprechen und trat für mehr Internationalität in den Ausstellungen ein - so sollten im Naturhistorischen Museum die Faustkeile auf Englisch beschriftet sein. Bei den Baumassnahmen werde die Albertina konsequent weiter umgestaltet, danach folge das Museum für Völkerkunde, wie man generell vorhabe, Schritt für Schritt vorzugehen.

Der Bericht wurde mit den Stimmen von S, F und V zur Kenntnis genommen.

HAUS DER GESCHICHTE/TOLERANZ: EINHELLIGE VERTAGUNG

Weiters stand der Themenkomplex "Haus der Geschichte" resp. "Haus der Toleranz" auf der Tagesordnung des Ausschusses. Ein "Haus der Geschichte der Republik Österreich" ist "ein wesentliches Millenniumsprojekt der Republik Österreich". Es soll daher mit allen an der Thematik interessierten Gruppen diskutiert und erarbeitet werden. Das "Haus der Geschichte" versteht sich als "Zentrum eines virtuellen Netzwerks, als Schnittstelle für Kommunikation, aber auch als Bindeglied zwischen den einschlägigen Organisationen und Instituten". Es habe in der Vergangenheit immer wieder Sonderausstellungen zu Einzelthemen der Geschichte Österreichs gegeben; die Geschichte der II. Republik sei hingegen in ihrer Gesamtheit noch nie Gegenstand einer großen Ausstellung gewesen, geschweige denn, dass sie in einer permanenten Ausstellung "eine Art historisches Grundmuster erfahren hätte". Dies sind zentrale Aussagen der Machbarkeitsstudie, die von Stefan Karner und Manfried Rauchensteiner im Auftrag des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst erstellt wurde. (III-6 d.B. )

"Die Geschichte verstehen, um die Gegenwart zu begreifen - und das 21. Jahrhundert anders zu gestalten: Das richtet sich an die jeweils jungen Generationen Österreichs, Europas, der Welt." Mit diesen Worten umreißt Anton Pelinka im Vorwort der Machbarkeitsstudie die Zielsetzung für ein "Haus der Toleranz". Die Studie wurde im Auftrag des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr vom Institut für Konfliktforschung in Wien erarbeitet und liegt jetzt dem Nationalrat zur parlamentarischen Erörterung vor. AutorInnen der Studie sind, gemeinsam mit Univ.Prof. Dr. Pelinka, Dr. Sabine Juffinger, die Professoren Dr. Ekkehard Kappler und Dr. Stephan Laske sowie die Ökonomin Claudia Meister-Scheytt. (III-8 d.B. )

Abgeordneter Mag. POSCH (S) wies in der Debatte auf die gravierenden Bedenken hin, die gegenüber den beiden Konzepten von dritter Seite vorgebracht worden seien. Diesen ermangle es an innovativen Ideen - Figls Weinglas, Sinowatzens Hosenträger und Schüssels Mascherl auszustellen sei wohl zu wenig, betonte Posch - und sie seien mithin in ihrer Plausibilität wenig überzeugend. Abgeordnete Dr. BAUMGARTNER-GABITZER (V) berichtete davon, dass die Autoren der beiden Studien einen Workshop planten, um diese zu einem Produkt zusammenzuführen, weshalb man die Tagesordnungspunkte vertagen sollte, bis von Seiten der Autoren ein neues Ergebnis vorliege.

Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG (G) erinnerte an ein Versprechen des seinerzeitigen Kulturausschussvorsitzenden Krüger, zu diesem Fragenkomplex eine parlamentarische Enquete abzuhalten. Für diese Vorgangsweise trete sie nach wie vor ein. Abgeordnete Dr. BRINEK (V) hielt dem entgegen, dass zwischen Baumgartners Vorschlag und Glawischnigs Ansinnen kein Widerspruch bestehe. Man solle bis Herbst zuwarten, dann könne man den Weg einer Enquete, eines Hearings oder eines Unterausschusses auf Basis der Ergebnisse des besagten Workshops immer noch beschreiten. Abgeordneter GAUGG (F) plädierte dafür, die Zeithistoriker in diesen Prozess einzubinden, da ein solch grosses Vorhaben auf möglichst breiter Basis mitgetragen werden sollte. Bundesministerin GEHRER erinnerte daran, weshalb zwei Konzepte vorgelegt wurden. Wolle man diese nun zusammenführen, müsse man eine konkrete Arbeitsweise festlegen, und man habe sich eben für die Form eines Workshops entschieden. Das so geschaffene Produkt solle sohin ein Grundgerippe für die Diskussion darstellen. Diese Schritte sollten bis Herbst gesetzt sein, dann könne man weitersehen. Die Materie wurde einstimmig vertagt.

Schliesslich befasste sich der Ausschuss noch mit dem Restitutionsbericht. Gemäß § 2 Abs. 3 des Bundesgesetzes BGBl I 181/1991 ist das Unterrichtsministerium dazu verpflichtet, dem Nationalrat über die erfolgte Übereignung von Kunstgegenständen jährlich Bericht zu legen. Dieser Bericht (III-18 d.B.) liegt nun vor.

Einleitend wird auf die Vorgeschichte der gegenständlichen Thematik eingegangen. Bereits unmittelbar nach Kriegsende hat die Republik 13.500 Objekte ihren früheren Eigentümern rücküberantwortet. Ähnliche Maßnahmen erfolgten im Laufe der Zweiten Republik in regelmäßigen Abständen, zuletzt im Rahmen einer Novelle zum Kunstbereinigungsgesetz im Jahre 1995. Konkrete Anlassfälle wie die Zurückbehaltung zweier Schiele-Gemälde aus der Sammlung Leopold im Januar 1998, aber auch die Aufarbeitung des archivalischen Materials zum Thema "Raub und Restitution von Kunst- und Kulturgegenständen" in den 90er Jahren sorgten dafür, dass die Archive der Bundesmuseen und Sammlungen für eine systematische Aufarbeitung geöffnet wurden.

Konkret sollen die ursprünglichen Eigentümer respektive deren Rechtsnachfolger festgestellt und die Kunstgegenstände an diese retourniert werden. In diesem Zusammenhang wurde ein eigener Beirat konstituiert, der das Bundesministerium bei den hiezu erforderlichen Schritten berät. Nach sorgsamen Prüfungen wurden entsprechende Gutachten erstellt, woraufhin der Bundesminister für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten zum Stichtag 18.8.1999 in insgesamt 290 Fällen von seiner Ermächtigung zur Übereignung Gebrauch machte.

Betroffen von dieser Maßnahme waren dabei das Kunsthistorische Museum, die Österreichische Galerie Belvedere, die Graphische Sammlung Albertina, das Heeresgeschichtliche Museum, die Österreichische Nationalbibliothek sowie das Museum für angewandte Kunst.

Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen, nachdem Bundesministerin GEHRER zuvor darauf hingewiesen hatte, dass der nächste Bericht im Dezember 2000 vorliegen werde. (Schluss)