Parlamentskorrespondenz Nr. 461 vom 28.07.2000

9.186 PERSONEN WANDTEN SICH 1999 AN DIE VOLKSANWALTSCHAFT

Wien (PK) - Die Volksanwaltschaft wurde im Kalenderjahr 1999 von 9.186 Personen in Anspruch genommen. 3.971 Prüfungsverfahren wurden eingeleitet, in 29 Fällen wurden die Volksanwälte von sich aus aktiv. Das geht aus dem Bericht der Volksanwaltschaft 1999 (III-39 d.B.) hervor, der vor kurzem dem Nationalrat und dem Bundesrat vorgelegt wurde. Die überaus meisten Prüfungsverfahren im Bereich der Bundesverwaltung betrafen dabei das Sozialministerium (801 Fälle), gefolgt vom Bundesministerium für Justiz (398).

Insgesamt konnten im Berichtsjahr von den drei Volksanwälten Ingrid Korosec, Horst Schender und Christa Krammer 4.675 Prüfungsverfahren abgeschlossen werden, wobei es in drei besonders schwer wiegenden Fällen einer formellen Empfehlung und in weiteren drei Fällen einer Missstandsfeststellung bedurfte. So werteten die Volksanwälte eine Hausdurchsuchung der Polizei in einer Wohnung im 22. Wiener Gemeindebezirk als rechtswidrig, da sie ohne hinreichende Rechtsgrundlage durchgeführt worden sei. Die Justiz legte die Anzeige wegen Verletzung des Hausrechts allerdings zurück - "mit unrichtiger Einstellungsbegründung", wie die Volksanwälte kritisieren. Dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Niederösterreich empfahl die Volksanwaltschaft, einen ihrer Meinung nach nicht nachvollziehbaren Strafbescheid aufzuheben, eine Empfehlung, der der UVS aber nicht nachkam.

Eine detaillierte Aufschlüsselung der 4.675 abgeschlossenen Prüfungsverfahren zeigt, dass die Volksanwaltschaft - neben den genannten Missstandsfeststellungen und Empfehlungen - weitere 577 Beschwerden als berechtigt anerkannt hat. Dem gegenüber konnte sie in 2.328 Fällen keinen Grund für eine Beanstandung finden. Für die restlichen Beschwerden war die Volksanwaltschaft entweder nicht zuständig oder diese wurden zurück gezogen.

1998 hatte es im Vergleich 9.792 Anbringen gegeben, 4.056 Prüfungsverfahren waren eingeleitet worden. 878 Beschwerden von insgesamt 5.173 erledigten Fällen hatten zu Beanstandungen geführt, je drei weitere zu Empfehlungen bzw. Missstandsfeststellungen.

LEGISLATIVE ANREGUNGEN

Wie jeder Bericht enthält auch der nunmehr 23. Bericht der Volksanwaltschaft eine Reihe von legislativen Anregungen, die sich aus der Tätigkeit der Volksanwälte ergeben. Beispielsweise urgieren die Volksanwälte eine Abkehr vom "Parteienproporz" in den Kollegien der Bezirks- und Landesschulräte, da ihrer Ansicht nach sonst die Besetzung von Schulleiter- und Lehrerposten - trotz aller Bemühungen um Objektivierung - weiterhin maßgeblich von parteipolitischen Erwägungen beeinflusst bleibt. Weitere Punkte aus der langen Liste der Anregungen sind eine gesetzliche Verankerung des Verbots parteipolitischer Werbung und Werbung für Sekten an Schulen, ein bundeseinheitlicher Pensionistenausweis, die Schaffung eindeutiger Einstufungskriterien für pflegebedürftige Kinder und geistig Behinderte im Rahmen des Bundespflegegeldgesetzes, der Ersatz von Ausbildungskosten im Bereich der gehobenen medizinisch-technischen Dienste, mehr Nachbarschaftsrechte bei der Errichtung von GSM-Sendemasten, eine Herabsetzung der Grenzwerte für die Betriebsgeräusche von Autos und Motorrädern sowie eine Angleichung der (zehnjährigen) Verjährungsfrist nach dem Amtshaftungsgesetz an die Verjährungsfrist nach dem bürgerlichen Recht (30 Jahre).

Manche Anregungen der Volksanwaltschaft - beispielsweise die Schaffung eines freiwilligen 10. Schuljahres für Integrationskinder - sind, wie aus der detaillierten Auflistung hervorgeht, bereits umgesetzt worden, bei manchen - etwa bei der Wiedereinführung der Heimfahrtbeihilfe - ist eine Umsetzung in Aussicht genommen.

Den Hauptteil des mehr als 200 Seiten umfassenden Berichts bilden die Erfahrungsberichte der drei Volksanwälte. Geordnet nach Bundesministerien dokumentieren Ingrid Korosec, Horst Schender und Christa Krammer eine Reihe von Einzelfällen und machen auf generelle Probleme aufmerksam, auf die sie im Rahmen ihrer Tätigkeit stoßen.

Die Volksanwaltschaft hält regelmäßig Sprechtage ab - 1999 waren es 237 - und bietet auch via Internet (http://www.volksanw.gv.at) ein Online-Beschwerdeformular an. Für Rat- und Hilfesuchende steht außerdem täglich zwischen 8 Uhr und 16 Uhr ein telefonischer Auskunftsdienst (Tel. 01/51505 DW 100) zur Verfügung. (Schluss)