Parlamentskorrespondenz Nr. 520 vom 27.09.2000
DER GRÜNE BERICHT 1999 IST IM PARLAMENT EINGETROFFEN
Wien (PK) - Landwirtschaftsminister Mag. MOLTERER hat dem Nationalrat kürzlich den GRÜNEN BERICHT 1999 vorgelegt. Im Gegensatz zur Gesamtwirtschaft, die im Vorjahr mit 2,1 % wuchs und mit einer Inflationsrate von 0,6 % die niedrigste Teuerung seit 40 Jahren aufwies, verzeichnete die Land- und Forstwirtschaft einen Einkommensrückgang von 3 %. Die agrarische Endproduktion lag mit 62,4 Mrd. S (Landwirtschaft: 48,8 Mrd., Forstwirtschaft: 13,6 Mrd.) um 1 % unter dem Ergebnis von 1998. Einbußen erlitt, vor allem wegen der Krise des Schweinemarktes, die Tierhaltung, während der Pflanzenbau zulegen konnte. 145.900 Menschen, 4,2 % aller Beschäftigten, waren in der Land- und Forstwirtschaft tätig, ihr Anteil am BIP betrug 1,4 %.
Positives berichtet Minister Molterer vom agrarischen Außenhandel. Die Exporte nahmen seit 1998 um 15,7 % auf 42,5 Mrd. S zu, die Importe stiegen um 3,1 % auf 58,6 Mrd. S. Infolgedessen verringerte sich das agrarische Handelsbilanzdefizit im Jahr 1999 von 20 Mrd. S auf 16 Mrd. S. Klar im Zentrum des österreichischen Agrarhandels steht der EU-Binnenmarkt: Zwei Drittel des Exports und drei Viertel des Imports entfielen auf den Handel mit Ländern der Europäischen Union.
Der heimische Markt ist von großen Veränderungen im Nahrungsmittelhandel geprägt. Einerseits erschweren Konzentrationstendenzen den Absatz bäuerlicher Kleinerzeuger, andererseits bietet die zunehmende Sensibilität der Konsumenten für Merkmale wie Gesundheit, Herkunft, Produktionsmethode und Frische der Nahrungsmittel gute Chancen für regionale bäuerliche Qualitätsprodukte, registrieren die Experten des Agrarressorts.
DIE ENTWICKLUNG DER LANDWIRTSCHAFT IN DER EUROPÄISCHEN UNION
Die Einkommen der Landwirte sanken nicht nur in Österreich, sondern in der gesamten EU. Vor dem Hintergrund einer ähnlich positiven Entwicklung der Gesamtwirtschaft mit einem Wachstum von 2,2 %, zunehmender Beschäftigung und einer weiter sinkenden Arbeitslosenquote beklagten die Bauern in der EU 1999 eine Verminderung ihrer Einkommen um etwa 3 %.
Das agrarpolitische Interesse konzentrierte sich 1999 in Europa auf die Agenda 2000, mit der die 1992 eingeleitete Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik fortgesetzt wurde. Sie brachte einen weiteren Abbau der direkten Markt- und Preisstützungen für Milch, Getreide, Rindfleisch und Wein sowie neue Regelungen für die Entwicklung des ländlichen Raumes. Die Rechtsgrundlagen für die EU-Agrarstrukturfonds für die Periode 2000 bis 2006 wurden reformiert und die diesbezüglichen Verordnungen genehmigt. Für den selben Zeitraum beschloss der STAR-Ausschuss am 27.6.2000 das Programmplanungsdokument für die ländliche Entwicklung.
Im Rahmen der WTO-Verhandlungen fand 1999 die 3. WTO-Ministerkonferenz in Seattle statt. Dabei konnten sich die Minister nicht auf einen Text für eine Erklärung zur Eröffnung einer neuen Verhandlungsrunde einigen. Die von den Industriestaaten geforderte Einbeziehung neuer Themen wie Soziales, Umwelt u.a. wurde von den Entwicklungsländern strikt abgelehnt. Zu den Bereichen mit zum Teil unüberwindbaren Gegensätzen zählte auch die Landwirtschaft.
Im Rahmen der Verhandlungen zur Erweiterung der EU, die, wie Bundesminister Molterer betont, im besonderen Interesse Österreichs liege, wurden im Juni 2000 die Beratungen über das Kapitel Landwirtschaft aufgenommen. Als wichtigste Punkte gelten die Direktzahlungen der GAP, ein funktionierendes System von Quoten und Mengen und die Frage der Übergangsregelungen.
AKTUELLE UMWELTTHEMEN IN DER LAND- UND FORSTWIRTSCHAFT
Problematische Umweltveränderungen, aber auch die steigenden Ölpreise rücken nachwachsende Rohstoffe und biogene Energieträger stärker in das Blickfeld der europäischen Agrarpolitik, registriert der Grüne Bericht mit Interesse. Denn für die österreichische Land- und Forstwirtschaft könnten Energieträger zu einer neuen Einkommensbasis werden. Land- und Forstwirtschaft hätten, so die Fachleute, das Potenzial, den wachsenden Bedarf an nachwachsenden Ressourcen zu decken. Die Rahmenbedingungen ließen dies derzeit aber nur bedingt zu, wenngleich eingeräumt wird, dass seit 1.1.2000 eine Befreiung der Biokraftstoffe von der Mineralölsteuer gilt.
Landwirtschaftsminister Molterer sieht die Zukunft der Landwirtschaft generell in ihrer Multifunktionalität. So macht er darauf aufmerksam, dass in manchen Regionen, gerade auch im alpinen Raum, die für die heutige Gesellschaft unentbehrlichen Wohlfahrtsleistungen der Bauern bereits wichtiger seien als ihr Produktionsertrag. Die Multifunktionalität der Land- und Forstwirtschaft sei auch ein wesentlicher Pfeiler der EU-Agrarpolitik, stellte Minister Molterer klar.
Den Belastungen und Gefährdungen des Waldes wirkt die Forstwirtschaft mit einer naturnahen Waldwirtschaft entgegen. Auch der Erhaltung der Artenvielfalt wird vermehrte Bedeutung beigemessen. Besonders hervorgehoben werden im Grünen Bericht 1999 die Eindämmung der durch Schadstoffe bedingten Waldschäden, die Reduzierung überhöhter Wildbestände und die Sanierung der Schutzwälder.
Ziele der Wasserwirtschaft sind die langfristige Sicherung der Wasserversorgung und die Erhaltung der Gewässer als funktionsfähige Lebensräume. In intensiven Ackerbaugebieten bestehen noch Belastungen von Grundwasservorkommen durch Stickstoffverbindungen und Atrazin. Einen flächendeckenden Grundwasserschutzes hält der Landwirtschaftsminister durch die hohe Akzeptanz des Umweltprogramms (ÖPUL) in der Landwirtschaft und die Realisierung bestehender Grundwassersanierungskonzepte für erreichbar. Die österreichweiten Messstellen zeigen einen leicht rückläufigen Trend in der Belastung des Grundwassers, teilt der Landwirtschaftsminister mit.
DIE KLEINBETRIEBLICHE STRUKTUR DER HEIMISCHEN LANDWIRTSCHAFT
Die österreichische Land- und Forstwirtschaft ist trotz des voranschreitenden Strukturwandels immer noch kleinbetrieblich strukturiert. Mehr als die Hälfte der 252.110 Betriebe bewirtschaften jeweils weniger als 10 ha. Rund ein Drittel der bäuerlichen Betriebe sind Bergbauernbetriebe. Bezogen auf die Landesfläche hat Österreich innerhalb der EU mit 70 % den höchsten Anteil an Berggebieten. 51 % der Betriebe und 57 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche liegen im Berggebiet, 70 % der Betriebe und 69 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Berg- oder benachteiligten Regionen.
LAND- UND FORSTWIRTSCHAFTLICHE PRODUKTIONSDATEN IM JAHR 1999
Bei günstigen Witterungsbedingungen ohne gravierende Schadensereignisse entwickelten sich die landwirtschaftlichen Kulturen im Jahr 1999 überwiegend zufriedenstellend. Auf einer mit 810.000 ha verringerten Gesamtanbaufläche wurden 1999 4,8 Mill. t Getreide geerntet. Der Anbau von Ölfrüchten (rd. 130.000 ha) nahm nach jahrelangen Rückgängen beträchtlich zu. Bei den Hackfrüchten verzeichnete der Kartoffelbau zunehmende, der Zuckerrübenbau sinkende Erträge. Im Gemüsebau (10.100 ha) konnten die Erträge bei nur mäßig ausgeweiteter Fläche fast um ein Drittel gesteigert werden. Die Weinernte übertraf mit 2,8 Mill. hl das Vorjahresniveau nur geringfügig. Die Obsternte ging gegenüber 1998 mit 0,7 Mill. t leicht zurück.
Die Zahl der geförderten Biobetriebe erhöhte sich auf 18.962, fast 80 % von ihnen liegen in Grünlandgebieten. In den Bergregionen ist fast nur Grünlandnutzung möglich, wobei auch die Almen - vor allem in den westlichen Bundesländern - einen wichtigen Beitrag zur Futtergrundlage liefern.
Die tierische Veredelungsproduktion (Rinder, Milch, Schweine u.a.) spielt eine sehr bedeutende Rolle für die österreichische Landwirtschaft. Der Rindermarkt erfuhr wieder eine Dämpfung, der Produktionsabbau setzte sich fort. Hingegen wuchs die Milchlieferleistung bei nahezu gleich bleibendem Erzeugerpreis um 3,5 % auf 2,5 Mill. t.
Auf dem Schweinesektor hielt die schwerwiegende Marktkrise von 1998 weiter an, die Schlachtschweinepreise blieben weiterhin niedrig. Die im Vergleich zu einigen westeuropäischen Ländern geringe Konzentration verstärkt sich.
Bei der österreichischen Geflügel- und Eierproduktion zeigt sich dagegen bereits ein höherer Anteil von Betrieben mit großen Tierbeständen. Bei den Masthühnern trat eine Abschwächung der stabilen Marktsituation ein, bei den Eiern setzte sich der Preisrückgang fort. Die Pferdezahl steigt im Zusammenhang mit dem Freizeitsport seit einigen Jahren wieder an. Die Schafhaltung hat vor allem in extremen Bergregionen Bedeutung. Sonstige Produktionen (z.B. Damtiere, Fische, Bienen) bieten einzelnen Betrieben gute Einkommenschancen.
Die Bewirtschaftung des Waldes, der 46 % der österreichischen Staatsfläche ausmacht, hat große Bedeutung für Beschäftigung und Einkommen im ländlichen Raum. Die 214.000 Waldeigentümer steigerten die Holzernte 1999 bei stabilen Preisen auf 14 Mill. Festmeter, weist der Grüne Bericht aus.
DIE BÄUERLICHEN EINKOMMEN
Die Einkünfte aus der Land- und Forstwirtschaft betrugen 1999 im Bundesmittel 254.804 S (-3,8%) je Betrieb und 155.609 S je Familienarbeitskraft (-3,1%). Der Einkommensrückgang war in erster Linie auf den weitgehenden Wegfall der degressiven Ausgleichszahlungen und die geringe Inanspruchnahme von Zinsen- und Aufwandszuschüssen sowie auf weitere Preisrückgänge am Schweinemarkt zurückzuführen. Positiv haben sich die höheren Erträge bei Milch und im Feldbau (insbesondere bei Weizen, Körnermais, Kartoffel und Gemüse) sowie bei Holz auf die Einkommensentwicklung ausgewirkt.
Der Unternehmensertrag hat sich gegenüber 1998 nur geringfügig verändert. Der Unternehmensaufwand war etwas höher als 1998. Nach Betriebsformen erzielten die Marktfruchtbetriebe mit einem Plus von +10 % den größten Zuwachs je Familienarbeitskraft. Einkommensverluste mussten Dauerkulturbetriebe (-14 %), Futterbaubetriebe (-6 %) und Veredelungsbetriebe (-5 %) hinnehmen. Die Zahl der Familienarbeitskräfte je Betrieb hat 1999 um 1 % auf 1,63 Familienarbeitskräfte abgenommen.
Die öffentlichen Gelder je Betrieb verringerten sich weiter und sanken um 7,2 % auf 166.011 S je Betrieb. Das waren im Bundesdurchschnitt 19 % vom Unternehmensertrag. Zuwächse wurden bei den ÖPUL-Zahlungen registriert, die degressiven Ausgleichszahlungen gingen planmäßig weiter zurück.
Die Einkünfte aus der Land- und Forstwirtschaft je Familienarbeitskraft war 1999 bei den Bergbauernbetrieben mit 145.421 S um 4% niedriger als im Vorjahr. Die land- und forstwirtschaftliche Produktion hätte zwar einen Einkommenszuwachs von knapp 9 % gebracht, doch bedeuten die Abnahmen bei den öffentlichen Geldern einen Einkommensverlust um mehr als 5 % und die gestiegenen Aufwendungen einen weiteren um nahezu 7 %. Der Einkommensabstand der bergbäuerlichen Betriebe zum Bundesmittel änderte sich 1999 kaum. Er betrug je Familienarbeitskraft absolut rund 10.000 S und relativ 7 %.
Bei den Spezialbetrieben wiesen die Marktfruchtbetriebe mit 299.866 S die höchsten Einkommen je Familienarbeitskraft auf. Es folgen die Geflügelspezialbetriebe mit 254.013 S. An dritter Stelle liegen bereits die Biobetriebe mit höherem Bodennutzungsanteil (225.837 S).
Im längerfristigen Vergleich haben sich die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft je Familienarbeitskraft seit 1991 um 1,8 % verbessert. Das Erwerbseinkommen je Familienarbeitskraft stieg um 2,5 %, das Gesamteinkommen um 2 %.
DIE ENTWICKLUNG DER AGRARFÖRDERUNGEN
Die von EU, Bund und Ländern gemeinsam finanzierten Förderungen und Leistungsabgeltungen bilden einen wesentlichen Bestandteil des bäuerlichen Einkommens und tragen zur Erhaltung einer flächendeckenden Landwirtschaft bei, schickte Bundesminister Molterer seiner Übersicht über die Entwicklung der Agrarförderungen im Jahr 1999 voraus.
1999 wurden 26,7 Mrd. S an EU-, Bundes- und Landesmitteln für den Agrarbereich aufgewendet. Der größte Teil entfiel mit 13,6 Mrd. S auf die EU-Förderungen. Auf nationaler Ebene wurden die Mittel für die meisten Förderungen im Verhältnis 60:40 von Bund (6,4 Mrd. S) und Ländern (6,7 Mrd. S) aufgebracht. Gegenüber 1998 sind die Ausgaben für die Land- und Forstwirtschaft um 1,7 Mrd. S (- 6 %) zurückgegangen. Die wesentlichen Ursachen dafür waren das Auslaufen der degressiven Ausgleichszahlungen und die erheblich geringeren Aufwendungen für einzelbetriebliche Investitionsförderungen sowie für Zinsenzuschüsse und Tierprämien.
Die wichtigsten Ausgabenpositionen des Agrarbudgets 1999 waren mit 6,2 Mrd. S die GAP-Ausgleichszahlungen und Prämien, die Aufwendungen für das Umweltprogramm (7,76 Mrd. S inkl. Nachzahlungen für die Vorjahre) und jene für Strukturmaßnahmen (7,5 Mrd. S). Gestiegen sind die Aufwendungen für das Umweltprogramm (+ 250 Mill. S), wofür die bessere Ausnützung des Programms infolge des Umstieg ins ÖPUL 98, die Aufhebung des Einstiegsstopps und die vermehrte Teilnahme an ökologisch höherwertigen Programmen maßgeblich waren.
Ebenfalls erhöht haben sich die Ausgaben für Fördermaßnahmen in Ziel 1 und Ziel 5b-Gebieten, wo im Jahr 1999 ein weiterer Anstieg der förderfähigen Projekte zu verzeichnen war. Bei den meisten übrigen Förderungsmaßnahmen gab es nur geringfügige Änderungen gegenüber dem Vorjahr. Die Ausfuhrerstattungen für Getreide, Milch, Fleisch und Wein machten 1999 insgesamt 1 Mrd. S aus. Der Anteil der Förderungen, die 1998 direkt an die Bauern ausbezahlt wurden, betrug 18,6 Mrd. S (EU und Bund: 15 Mrd. S, Länder: 3,6 Mrd. S).
Die Ausgaben für das Agrarbudget 2000 sind im Kapitel 60 "EU- und Bundesmittel" mit 23,4 Mrd. S dotiert. Die darin enthaltenen Förderungen für die Land- und Forstwirtschaft betragen 17,8 Mrd. S (ohne Landesmittel). Zu diesen Förderungen kommen 3 Mrd. S auf Grund von im Bundesfinanzgesetz festgeschriebenen Ermächtigungen.
DIE SOZIALE SITUATION DER BAUERN
Die soziale Situation der Bauern und Bäuerinnen hängt nicht nur vom Einkommen, sondern von mehreren Faktoren ab. Eine zentrale Funktion für die soziale Sicherheit hat die bäuerliche Pensions-, Kranken- und Unfallversicherung bei Alter, Tod, Krankheit, Unfall, Behinderung und Mutterschaft sowie bei der Pflegevorsorge nach dem Bundespflegegeldgesetz (seit 1.7.1993).
1999 verzeichnete die Pensionsversicherung 193.051 Versicherte, die Krankenversicherung inklusive Pensionisten 236.043 und die Unfallversicherung 1,119.794 Personen. Die durchschnittliche Alterspension der Bauern betrug im Vorjahr 8.033 S (inkl. Ausgleichszulage und Kinderzuschuss). Die Höhe des Ausgleichszulagenrichtsatzes lag 1999 für Alleinstehende bei 8.112 S und für Ehepaare bei 11.574 S. Das fiktive Ausgedinge ist für Einheitswerte über 54.000 S (für Alleinstehende) und über 77.000 S (für Ehepaare) mit 30 % begrenzt (III-61 d.B.). (Schluss)