Parlamentskorrespondenz Nr. 541 vom 06.10.2000

1999 ZWEI GROSSE UND DREI KLEINE SPÄH- UND LAUSCHANGRIFFE

Wien (PK) - Zum ersten Mal wurden im Vorjahr in Österreich "große Späh- und Lausangriffe" beantragt, in einem Fall - im Zusammenhang mit der so genannten "Operation Spring" - auch tatsächlich durchgeführt. Im zweiten Fall wurde die Überwachung nicht durchgeführt, weil die Aktion, bei der sie geplant war, nicht zu Stande kam. Der im Gesetz vorgeschriebene Rechtschutzbeauftragte sieht in beiden Fällen die Annahme des Gerichtsbeschlusses als schlüssig und durch die Ergebnisse der Überwachung bestätigt an. In drei Fällen wurde der "kleine Späh- und Lauschangriff" rechtskräftig angeordnet. Alle genannten "Angriffe" waren im Sprengel der Oberstaatsanwaltschaft Wien zu verzeichnen. Eine Rasterfahndung ("automationsunterstützter Datenabgleich") wurde nicht beantragt. Das geht aus dem "Gesamtbericht über den Einsatz besonderer Ermittlungsmaßnahmen im Jahr 1999" (III - 64 d.B. ) hervor, der jetzt vom Justizministerium dem Parlament übermittelt wurde.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für den Einsatz "besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung organisierter Kriminalität sind seit 1998 in Kraft. 1998 gab es keinen großen und 7 kleine Späh- und Lauschangriffe, davon 6 im Sprengel der Oberstaatsanwaltschaft Wien.

Der positiven Beurteilung des Rechtschutzbeauftragten beim ersten Anwendungsfall eines großen Späh- und Lauschangriffs schließt sich auch das Justizministerium an. In seinem Bericht über das Jahr 1999 verweist es darauf, dass das Oberlandesgericht Wien den Beschwerden von drei der insgesamt 60 unmittelbar Betroffenen nicht Statt gegeben hat. Gegen 118 Personen gab es bis Ende Juni 2000 Anklageschriften und Strafanträge, überwiegend wegen schwerer Verstöße gegen das Suchtmittelgesetz. "Die zahlreichen, wenngleich überwiegend noch nicht rechtskräftigen Verurteilungen zu teilweise hohen bis hin zu zehnjährigen Haftstrafen belegen den Beitrag einer solchen besonderen Überwachungsmaßnahme zur Verbrechensaufklärung", heißt es dazu im Bericht des Justizministeriums.

Anlass für die Anordnung (in zwei Fällen vom Untersuchungsrichter, in einem Fall von der Ratskammer) des kleinen Späh- und Lauschangriffs war je einmal der Verdacht auf Anstiftung zum Mord, auf gewerbsmäßigen Betrug und Geldwäscherei sowie Missbrauch der Amtsgewalt.

So genannte Videofallen wurden in 59 Fällen angeordnet, in drei Fällen erfolgte trotz entsprechender Anregung der Sicherheitsbehörde keine Antragstellung durch die Staatsanwaltschaft. In einem Fall wurde der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Videofalle vom Gericht "mangels Verhältnismäßigkeit" nicht genehmigt. In 20 Fällen erfolgte eine neuerliche Anordnung einer Videofalle. In 21 Fällen war nach dem Bericht des Justizministeriums die Aktion erfolgreich, d.h. sie hat zur Aufklärung oder Verhinderung einer strafbaren Handlung beigetragen. In 36 Fällen gab es keine verwertbaren Ergebnisse. Die Delikte betrafen überwiegend fremdes Vermögen.

In seiner rechtspolitischen Bewertung kommt das Justizministerium - wie bereits im Bericht über das Jahr 1998 -, zum Ergebnis, dass "Sicherheitsbehörden, Staatsanwaltschaften und Gerichte ... mit den erweiterten Befugnissen zur Kriminalitätsbekämpfung maßhaltend und verhältnismäßig umgegangen sind". Dadurch werde auch die Wirksamkeit der strengen Einsatzvoraussetzungen belegt. Es zeige sich, "dass von der Befugniserweiterung für die Strafverfolgungsbehörden mit einer für das Strafverfahren typischen Selbstbegrenzung staatlicher Macht Gebrauch gemacht wurde und fundamentale Grundrechtspositionen (Privatsphäre, faires Strafverfahren) weitgehend unangetastet blieben", heißt es in dem Bericht.

Aus der geringen Zahl der Anwendungsfälle dürfe aber nicht voreilig der Schluss gezogen werden, dass die neuen Ermittlungsmethoden zur Bekämpfung der Kriminalität nicht erforderlich wären, stellt das Justizministerium in seinem Bericht abschließend fest. Damit würde man die Präventivwirkung des Gesetzes übersehen.

(Schluss)