Parlamentskorrespondenz Nr. 573 vom 17.10.2000
22 SP-ENTSCHLIESSUNGSANTGRÄGE ZUR VERBESSERUNG DES SOZIALSYSTEMS
Wien (PK) - Ein Paket von 21 Entschließungsanträgen, in denen der Koalition vorgeworfen wird, unter dem Vorwand der sozialen Treffsicherheit einen massiven Sozialabbau umzusetzen, enthält umfangreiche Vorschläge, mit denen das Sozialsystem mittel- und langfristig verbessert werden soll. Die Bundesregierung wird darin aufgefordert, bis Ende Dezember 2000 eine Gesetzentwurf vorzulegen,.....
.....in dem das Beitragsrecht der Selbständigen einschließlich der Bauern neu geregelt wird. Ziel der angestrebten Reform soll es sein, die unterschiedliche Teilnahme an der Finanzierung der Sozialversicherung bei gleichen Leistungsansprüchen in der Krankenversicherung abzubauen. (275/A[E])
.....durch den im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung Lücken im Krankenversicherungsschutz geschlossen werden. Außerdem sollen in Verhandlung mit den Ländern Administrativprobleme im Bereich der Sozialhilfe der Länder mit der Krankenversicherung beseitigt werden. (276/A[E])
.....in dem das derzeit zersplitterte System der Rehabilitationsmaßnahmen mit unübersichtlichen Leistungsangeboten durch die Einführung eines neuen Versicherungszweiges „Rehabilitation“ vereinheitlicht wird und dadurch die Rehabilitationsmaßnahmen für alle Bedürftigen zu gleichen Bedingungen zur Verfügung stehen. (278/A[E])
.....mit dem eine klare Abgrenzung der Pflege, die aus dem Pflegegeld finanziert wird, zur medizinischen Haukrankenpflege, die dem Pflichtleistungskatalog der Krankenversicherung zuzuordnen ist, erfolgt. Damit sollen bestehende Lücken geschlossen werden, die zu Benachteiligung chronisch Kranker führen können. (279/A[E])
.....durch den im Bereich der Sozialversicherung die Fristen bei Anträgen auf Kostenerstattung verlängert werden, um Lücken in Fällen von zu kurzen Fristen zu schließen. (280/A[E])
.....der ein einheitliches Sozialhilferecht vorsieht, um damit die Vernetzung und Koordination der bestehenden Sozialleistungen von Bund, Ländern und Gemeinden sicherzustellen. Die AntragstellerInnen wollen, dass der Bund seine Steuerungskompetenz deutlicher als bisher wahrnimmt und über die Einbindung der Bundessozialämter den Zugang, die Qualität und Rechtssicherheit bei Maßnahmen der Länder verbessert. Sie fordern unter anderem, bundesweit vergleichbare Mindeststandards festzusetzen, ein nach Familiengröße gestaffeltes separates Wohngeld, die Harmonisierung der Geldleistungen für alle Personen, solange sie sich erlaubterweise in Österreich aufhalten, bzw. äquivalente Ansprüche für Flüchtlinge im Rahmen der Bundesbetreuung und die Schaffung eines bundesweit gleichen Verfahrensrechts. Dezentrale Beratungs- und Clearingstellen nach dem „One-Desk-System“ sollen flächendeckend eingerichtet werden. (281/A[E])
.....mit dem im Bereich des Pflegegeldes Lücken geschlossen werden, insbesondere hinsichtlich der seit 1996 unterbliebenen Valorisierung des Pflegegeldes. Außerdem soll die Altersgrenze von 3 Jahren im Bundespflegegeld-Gesetz entfallen. Gleichwertige Regelungen sollten auf landesgesetzlicher Ebene erfolgen, ebenso wird die Erhöhung des Sozialhilfe Taschengelds gefordert. (282/A[E])
.....durch den die Möglichkeit sozialversicherungsrechtlicher Absicherung von Pflegepersonen auch durch eine freiwillige Versicherung in der Pensionsversicherung geschaffen wird, wobei eine freiwillige Höherversicherung möglich sein soll und man die Notwendigkeit einer vorherigen Erwerbstätigkeit streichen will. (283/A[E])
.....mit dem Lücken beim Versicherungsschutz durch die Arbeitslosenversicherung geschlossen werden. Dies betrifft vor allem die neuen Formen von Erwerbstätigkeit, dienstnehmerähnliche freie Dienstnehmer, mehrfach geringfügige Beschäftigte und neue Selbständige. Der Sicherungsbeitrag soll rückgängig gemacht und die Rahmenfristerstreckung einheitlich geregelt werden. (285/A[E])
.....in dem eine Anmeldung von ArbeitnehmerInnen bei der Sozialversicherung vor dem Arbeitsantritt verlangt wird, um den Beitragsentfall durch Schwarzarbeit abzustellen. (286/A[E])
.....der im Arbeitslosenversicherungsrecht auch Teilzeitbeschäftigung in Verbindung mit einem Teilarbeitslosengeld ermöglicht, um die Wiedereingliederung bestimmter Zielgruppen in das Arbeitsleben zu erleichtern. Dazu soll es Obergrenzen für das Gesamteinkommen geben, die Zeit für den Bezug von Teilarbeitslosengeld soll beschränkt werden. Ebenso wird eine sachgerechte Lösung für Arbeitslose, die eine politische Funktion ausüben, angestrebt. (287/A[E])
.....durch den es zur Einführung eines Mindestarbeitslosengeldes im Ausmaß des Ausgleichszulagen-Richtsatzes für Alleinstehende kommt. (288/A[E])
.....durch den die Freigrenze bei der Anrechnung der Notstandshilfe angehoben wird. Mittelfristig wollen die SozialdemokratInnen die Freigrenze beseitigen. Als ersten Schritt schlagen sie die Einführung eines so genannten „Erinnerungsschillings“ vor, um die Versicherungsleistungen zu erhalten. Die Ungerechtigkeit, dass Notstandshilfe als Ersatzzeit für die Pensionsversicherung vom Anspruch auf Notstandshilfe, und damit vom Partnereinkommen, abhängt, soll beseitigt werden. (289/A[E])
.....der den Zumutbarkeitsbegriff in einer Generalklausel des Arbeitslosenversicherungs-Gesetzes, unter demonstrativer Aufzählung der Rechte und Pflichten von Arbeitslosen und AMS definiert. Darüber hinaus ist nach den Vorstellungen der AntragstellerInnen ein gesetzliches Fundament für den Betreuungsplan zu schaffen. Sie fordern weiters einen verbesserten Entgeltschutz, einen verbesserten Berufs- und Qualifikationsschutz, die Bedachtnahme auf Betreuungspflichten sowie auf die Erreichbarkeit des Arbeitsortes und auf die Kosten des Pendelns bzw. der doppelten Haushaltsführung bei überregionaler Vermittlung. (290/A[E])
.....durch den im Arbeitslosenversicherungsgesetz ein Billigkeitstatbestand eingeführt wird, um im Fall von Sanktionen bei Arbeitsunwilligkeit die Transparenz zu verbessern und die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen sicherzustellen. (291/A[E])
.....der zu einem Ausbau des arbeitsmarktpolitischen Instrumentariums in der Arbeitslosenversicherung führt. Konkret werden der Ausbau des Frühwarnsystems, das Angebot verstärkter arbeitsmarktpolitischer Integrationsprojekte für Menschen mit Behinderung, die Erweiterung der Arbeitsstiftungen, die Verbesserung der finanziellen Rahmenbedingungen für Arbeitsprojekte und die Überarbeitung und Verbesserung der Zielvorgaben für Integration von Ausländern in den Arbeitsmarkt gefordert. (292/A[E])
.....mit dem eine deutliche Anhebung des Karenzgeldes erfolgt. Das Karenzgeld soll als eine einkommensabhängige Versicherungsleistung mit Sockelbeträgen und Deckelung ausbezahlt werden. Es wird auch die Abschaffung der Benachteiligung von MigrantInnen sowie die Entkoppelung der Unterhaltsvorschussleistungen von der tatsächlichen Einbringbarkeit der Unterhaltsansprüche gefordert. (293/A[E])
.....in dem die Finanzierung des Familienlastenausgleichsfonds neu geregelt wird. So wird im Antrag verlangt, die Beiträge von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben auf etwa 2 % gemäß deren Anteil am BIP anzuheben, die Beiträge der Länder, die seit 1954 gleich geblieben sind, zu valorisieren und die Befreiung der Körperschaften öffentlichen Rechts aufzuheben. Gleichzeitig wird die Bundesregierung aufgefordert, bis Ende 2000 einen Bericht vorzulegen, in dem neue Formen der Finanzierung der Sozialabgaben, die einerseits zur Entlastung der Arbeitskosten und andererseits zur Erweiterung der Finanzierungsbasis führen können, dargestellt werden. (294/A[E])
.....der verbesserte Rechte beim Wiedereinstieg in das Berufsleben, insbesondere durch den Ausbau des Kündigungsschutzes und der Mitbestimmungsrechte bei der Arbeitszeitgestaltung zur Sicherstellung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie zum Inhalt hat. (295/A[E])
.....der Grundlage für ein besseres Angebot an Kinderbetreuung ist. Die Bundesregierung soll in diesem Zusammenhang mit Ländern und Gemeinden Verhandlungen aufnehmen, um ein diesbezügliches bedarfsgerechtes Angebot zu entwickeln und umzusetzen. Dem Nationalrat soll darüber bis 31. 12. 2000 berichtet werden. (296/A[E])
In einem weiteren Entschließungsantrag wird die Bundesregierung aufgefordert, in der Verordnung nach § 9 ASVG, wonach Flüchtlinge in Bundesbetreuung unter Versicherungsschutz stehen sollten, die Schutzdefizite zu beseitigen. (277/A[E])
Schließlich verlangen die S-Abgeordneten die Vorlage eines Berichts, der Aufschluss über den Ausbaustand der Dienstleistungsinfrastruktur der Bundesländer nach dem Bundespflegegesetz gibt und einen Maßnahmenkatalog sowie einen Umsetzungsplan mit dem Ziel eines rascheren Ausbaus dieser Dienstleistungsinfrastruktur einfordert. Darüber hinaus sollen in Verhandlung mit den Ländern einheitliche „Zertifizierungsmaßstäbe“ für Heime und soziale Dienste sowie einheitliche Ausbildungspläne für Pflegeberufe bis Ende Dezember 2000 ausgearbeitet werden. (284/A[E])
WEITERE ANTRÄGE
Der SP-Antrag zu einem Bundesgesetz, mit dem die Angabe von Zuwendungen geändert wird, sieht eine Novelle des Einkommenssteuergesetzes vor, durch die der Steuersatz auf Zuwendungen, die politische Parteien von freiwilligen Interessensvertretungen erhalten, von derzeit 15% auf 50% zu erhöht wird. Damit soll laut Begründung des Antrages die Bundesregierung, die eine „Belastungswelle“ plant, auch bei sich selbst sparen, da ÖVP und FPÖ auf diesem Weg massive Unterstützung von wirtschaftsnahen Verbänden erhalten. (298/A)
Die Grünen fordern eine Anhebung der Ausgleichstaxe nach dem Behinderteneinstellungsgesetz auf ein in dem jeweiligen Betrieb übliches Durchschnitts-Bruttogehalt inklusive aller Lohnnebenkosten. Sie weisen darauf hin, dass derzeit nur rund die Hälfte jener Arbeitsplätze, die für Menschen mit Handicap reserviert sein müssten, tatsächlich mit Behinderten besetzt sind, und führen dies auf die ihrer Meinung nach zu niedrige Ausgleichstaxe von rund 2.000 S zurück. (273/A[E])
Die SPÖ wendet sich in einem Entschließungsantrag gegen die Einführung von Studiengebühren und urgiert den freien Zugang von jungen Menschen zu allen Bildungsinstitutionen. Kritisiert wird von den SPÖ-Abgeordneten u.a., dass bei den vorgelegten Gesetzentwürfen eine Kostenkalkulation fehlt und die begleitend vorgesehene Ausweitung der Studienförderung bei weitem nicht ausreicht, um eine "soziale Ausgewogenheit" herzustellen. Für sie ist es auch nicht einsichtig, dass berufstätige Studierende aufgrund ihrer längeren Studiendauer in erhöhtem Ausmaß belastet werden, obwohl sie kein umfangreicheres Lehrangebot absolvieren als "Vollzeitstudierende". (274/A[E])
Sämtliche steirischen SPÖ-Abgeordneten fordern die Regierung in einem Entschließungsantrag auf, bis zum 1. Dezember 2000 einen klärenden Ministerratsbeschluss zum Bau des Semmering-Basistunnels zu fassen. Die Abgeordneten unterstreichen, dass der Semmering-Basistunnel ein für die südlichen Bundesländer Steiermark und Kärnten wichtiges Verkehrsprojekt mit europäischer Dimension sei, und verlangen ein einheitliches Vorgehen aller Mitglieder der Bundesregierung. (297/A[E])
Die Grünen wollen, dass der Finanzminister von der geplanten Besteuerung der Unfallrenten wieder Abstand nimmt. Ihrer Ansicht nach wäre eine Besteuerung der Unfallrenten rechtswidrig, da bereits bei deren Bemessung ein pauschalierter Prozentsatz in der Höhe von 33,3 % einbehalten wird. Außerdem fürchten sie soziale Härten. (299/A[E])
Die Behindertensprecherin der Grünen, Theresia Haidlmayr, legt in einem Entschließungsantrag detaillierte Vorschläge zur Verwendung der von der Regierung angekündigten Behindertenmilliarde vor. Sie verlangt u.a., dass die zusätzlichen Gelder nicht in "ghettoisierende" Einrichtungen wie integrative Betriebe oder geschützte Werkstätten fließen, sondern für Qualifizierungs- und Arbeitsassistenzmaßnahmen zur Verfügung gestellt werden, die sich an den Interessen und Berufswünschen der arbeitsuchenden behinderten Menschen orientieren. Um die Transparenz der Mittelvergabe sicherzustellen, treten Haidlmayr und ihrer Fraktion für die Einrichtung eines Gremiums ein, das mehrheitlich mit behinderten ExpertInnen besetzt ist. (300/A[E])
Weiters ortet Abgeordnete Haidlmayr Defizite bei der Treffsicherheit des Pflegegeldes. Sie spricht sich daher in einem Entschließungsantrag für eine jährliche Valorisierung des Pflegegeldes sowie für den Wegfall der Altersgrenze im Bundespflegegeldgesetz aus. (301/A[E])
(Schluss)
Format
Links
- 274/A(E) - freier Zugang zu allen Bildungsinstitutionen
- 280/A(E) - längere Fristen für Anträge auf Kostenerstattung
- 279/A(E) - Hebung der sozialen Sicherheit im Bereich der Hauskrankenpflege
- 283/A(E) - bessere Absicherung der Pflegepersonen
- 285/A(E) - Hebung der sozialen Sicherheit im Bereich der Arbeitslosenversicherung
- 296/A(E) - Hebung der sozialen Sicherheit Verbesserung des Angebotes an Kinderbetreuung
- 299/A(E) - Abstandnahme von der geplanten Besteuerung der Unfallrenten
- 301/A(E) - Defizite bei der Treffsicherheit des Pflegegeldes
- 286/A(E) - Hebung der sozialen Sicherheit im Bereich der Sozialversicherung
- 289/A(E) - Anhebung der Freigrenzen bei der Anrechnung der Notstandshilfe
- 291/A(E) - Hebung der sozialen Sicherheit Arbeitslosenversicherung Verbesserung bei den Sanktionen
- 293/A(E) - Hebung der sozialen Sicherheit Einkommenssituation Karenz Kindererziehung
- 277/A(E) - Hebung der sozialen Sicherheit Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung
- 297/A(E) - Ministerratsbeschlusses zur Durchsetzung des Semmering-Basistunnels
- 300/A(E) - Verwendung der Behindertenmilliarde im Budget 2001
- 282/A(E) - Hebung der sozialen Sicherheit im Bereich des Pflegegeldes
- 287/A(E) - Schaffung eines Teilarbeitslosengeldes
- 288/A(E) - Hebung der sozialen Sicherheit durch ein Mindestarbeitslosengeld
- 281/A(E) - Hebung der sozialen Sicherheit im Bereich der Sozialhilfe
- 292/A(E) - Hebung der sozialen Sicherheit Arbeitslosenversicherung arbeitsmarktpolitischen Instrumente
- 298/A - mit dem die Abgabe von Zuwendungen geändert wird
- 278/A(E) - Hebung der sozialen Sicherheit im Bereich Rehabilitätsmaßnahmen
- 290/A(E) - Hebung der sozialen Sicherheit Arbeitslosenversicherung Verbesserung der Zumutbarkeitsbestimmungen
- 284/A(E) - Pflegegeldes in der Pflegeinfrastruktur
- 275/A(E) - Hebung der sozialen Sicherheit Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung
- 276/A(E) - Hebung der sozialen Sicherheit Schließen der Lücken im Krankenversicherungsschutz
- 294/A(E) - Hebung der sozialen Sicherheit Arbeitslosenversicherung Familienlastenausgleichsfonds
- 295/A(E) - Hebung der sozialen Sicherheit Vereinbarkeit Beruf Familie Rechte beim Wiedereinstieg
- 273/A(E) - Anhebung der Ausgleichstaxe nach dem Behinderteneinstellungsgesetz