Parlamentskorrespondenz Nr. 654 vom 15.11.2000
BUDGETAUSSCHUSS BEFASST SICH MIT SOZIALER SICHERHEIT
Wien (PK) - Die Kapitel Soziale Sicherheit und Generationen sowie Sozialversicherung standen heute als erste im Budgetausschuss zur Verhandlung. Eine Reihe mündlicher und schriftlicher Anfragen wurde Sozialminister Haupt gestellt. Die Fragenpalette reichte von der Vereinheitlichung der Pensionssysteme über die Unfallversicherung bis hin zur Behindertenmilliarde.
Wie dem Spezialbericht zu entnehmen ist, sieht der Voranschlag für 2001 für "soziale Sicherheit und Generationen" Ausgaben in der Höhe von 25.538,601 Mill. S und Einnahmen von 112,928 Mill. S vor. Die Ausgaben für die Sozialversicherung belaufen sich auf 73.093,000 Mill. S, die Einnahmen auf 145,056 Mill. S. Von diesen Gesamtausgaben von 98.631,601 Mill. S entfallen auf Personalkosten 829,441 Mill. S und auf Sachausgaben 97.802,160 Mill. S, wovon 95.985,790 Mill. S gesetzliche Verpflichtungen sind.
Die Vorsitzende des Sozialausschusses, S-Abgeordnete Annemarie Reitsamer, hinterfragte die Harmonisierung der Pensionssysteme und die Einsparungen durch die Verschärfung der Zugangsvoraussetzungen für die vorzeitige Alterspension.
Der Sozialsprecher der ÖVP, Abgeordneter Gottfried Feurstein wies darauf hin, dass die Ansätze im Sozialbereich so gestaltet seien, dass die notwendigen Leistungen erbracht werden können. Dazu komme, dass das Pflegegeld erhöht, wenn auch nicht valorisiert wird, der Aufwand für die Ausgleichszulagen steigt und erstmals 1 Mrd. S für die Behinderten vorgesehen ist.
Von einem abgeschlankten Sozialbereich sprach Abgeordneter Karl Öllinger (G). Er vertrat die Ansicht, diese Zergliederung werde weder der politischen Debatte noch den Perspektiven der Sozialpolitik gut tun. Seine Anfragen betrafen u.a. eine gerechte Verteilung der Bundeszuschüsse und das Defizit der Krankenversicherungsträger.
Abgeordneter Alois Pumberger (F) wollte wissen, ob für Zahnambulatorien die Ambulanzgebühr geschmälert bzw. gestrichen wird. Dem Komplex Krankenversicherung widmete sich Abgeordnete Heidrun Silhavy (S). Die Behindertenmilliarde stand im Mittelpunkt der Wortmeldungen der Abgeordneten Edeltraud Gatterer (V), Sigisbert Dolinschek, Norbert Staffaneller (beide F) und Gabriele Heinisch-Hoschek (S). Das Behinderteneinstellungsgesetz und die Besteuerung der Unfallrenten hinterfragte S-Abgeordnete Brunhilde Plank. Der Gratismitversicherung galt das Interesse der Abgeordneten Ridi Steibl (V) und Anna Huber (S). F-Abgeordneter Hans Sevignani erkundigte sich nach dem Weiterbildungsgeld nach der Karenz, S-Abgeordnete Sophie Bauer interessierte sich dafür, ob in Zukunft die Unfallversicherung ihre Leistungen aufrechterhalten könne, und S-Abgeordneter Arnold Grabner wünschte Auskunft darüber, ob man an den Ausbau der Hauskrankenpflege denke. Dem S-Abgeordneten Helmut Dietachmayr war das Kriegsgefangenen-Entschädigungsgesetz, wonach nur jene, die während des Zweiten Weltkrieges in osteuropäischen Staaten in Gefangenschaft geraten sind, eine Entschädigung erhalten sollen, ein besonderes Anliegen.
Bundesminister Herbert Haupt machte im Zusammenhang mit der Frage nach der Harmonisierung der Pensionssysteme darauf aufmerksam, dass der bäuerliche Berufsstand stark zurückgegangen ist, sodass in der Pensionsversicherungsanstalt auf einen Pensionisten ein Beitragszahler komme. Aus diesem Grunde müsse ein Solidaritätsausgleich über die einzelnen Gruppen hinweg gesucht werden. Daher hielt es der Ressortleiter für vernünftig, die Strukturprobleme in der Pensionsversicherungsanstalt der Bauern zu lösen.
Allgemein meinte der Ressortchef, das Pensionssystem gehöre umgestellt und Österreich sollte dem Beispiel Finnlands, Schwedens und der Niederlande folgen. Auch über die zweite Säule der Pensionsversicherung, die betriebliche Versicherung, die es in Österreich ausschließlich in ehemaligen staatlichen Betrieben, Versicherungen und Banken gibt, muss ebenso beraten werden wie über die Abfertigung Neu, da auch Berufsgruppen ohne Abfertigung in den Genuss einer Abfertigung kommen und diesen Anspruch als Rucksack mitnehmen sollen. Ob es im Rahmen der dritten Säule, der privaten Vorsorge, zu Förderungen kommen wird, konnte der Minister angesichts der Sparsituation nicht sagen.
Unbestritten im Bereich der Sozialversicherungsträger ist die Zusammenlegung der EDV-Verwaltungen. Zur Strukturreform der Sozialversicherungen, insbesondere der Krankenversicherungen, liegt ein Stufenplan vor. Im heurigen Jahr hat sich laut Schätzungen die Gestion der Krankenversicherung um 500 Mill. S verbessert, im kommenden Jahr rechnet man mit 1 Mrd. S. Sonstige Gebührenerhöhungen sollen 1,6 Mrd. S bringen.
Die Ambulanzgebühren werden vom Hauptverband verrechnet, da dieser einerseits über eine sparsame Verwaltung und andererseits über das notwendige Datenmaterial verfügt. Der Großteil der Landeshauptleute hat schriftlich zugesagt, dass 5 % der Ambulanzgebühren bei den Krankenhäusern bleiben. Haupt wies auch darauf hin, dass eine durchschnittliche Behandlung in einer Ambulanz fast eineinhalbmal so viel kostet wie eine Behandlung im niedergelassenen Bereich.
Durch die Verschärfung der Zugangsvoraussetzungen für die vorzeitige Alterspension sind für heuer Einsparungen von 30 Mill. S zu erwarten, für das Jahr 2001 von über 500 Mill. S, für 2002 von mehr als 1 Mrd. S und für 2003 von etwa 2,8 Mrd. S.
Das Defizit der Krankenversicherungen liegt im heurigen Jahr bei knapp unter 5 Mrd. S, es wird für 2001 zwischen 3 und 4,9 Mrd. S angesetzt.
Kinderlose Frauen werden - teilte der Bundesminister mit - einen Beitrag von 3,4 % der Beitragsgrundlage des Versicherten zu leisten haben. Diese Mittel sind keine Maßnahme zur Budgetsanierung, sondern werden der Krankenversicherung zugeführt werden.
Neue Gespräche will Haupt aufnehmen, um die Unfallversicherung einer Neuordnung zuzuführen.
Die Behindertenmilliarde soll den Behinderten und sonst niemandem zugute kommen, strich der Minister in seiner Anfragebeantwortung heraus. Er nimmt an, dass den Behinderten von der Milliarde 800 Mill. S zur Verfügung stehen, 200 Mill. S werden für Begleitpersonen zur Integration der Behinderten am Arbeitsplatz aufgewendet werden. Die Behindertenorganisationen sind in die Verhandlungen eingebunden, können mitreden und mitgestalten. Es ist aber nicht daran gedacht, die Behindertenmilliarde über ein paar Jahre zu erstrecken, denn mehr als 40.000 behinderte Menschen warten auf einen Arbeitsplatz, sagte Haupt.
Zur Entschädigung der Kriegsgefangenen meinte der Ressortleiter, die von Dietachmayr angesprochene Formulierung sei verständlich und verfassungskonform. Da nicht mehr Geld zur Verfügung stehe, wolle man die anderen Kriegsgefangenen in einer weiteren Entschädigungsrunde berücksichtigen.
(Fortsetzung)