Parlamentskorrespondenz Nr. 699 vom 23.11.2000
DRINGLICHE ANFRAGE DER FPÖ ZUM "BANK-BURGENLAND-SKANDAL"
Wien (PK) - Abgeordneter Mag. SCHWEITZER (F) bezeichnete den bei der Bank Burgenland entstandenen Schaden als für die Bürger dieses Landes "erschütternd", wobei noch dazu zu befürchten stehe, dass sich die Schadenssumme noch weiter erhöhe. Dies sei eine Misswirtschaft in "roter Handschrift", wie es sie in dieser Form nicht einmal beim Konsum gegeben habe.
Schweitzer nannte konkrete Beispiele, um zu zeigen, was hier seines Erachtens falsch gemacht wurde. Die Vorgangsweise in diesem Skandal sei "verwerflich", meinte der Redner. Dies umso mehr, als schon 1993 darauf hingewiesen worden sei, wie hier vorgegangen werde. Doch die politisch Verantwortlichen seien viel zu lange viel zu sorglos mit der Materie umgegangen.
"Stix und Co" hätten schon lange Bescheid wissen müssen, wie es um die Bank Burgenland bestellt ist. Hier sei zu klären, weshalb nicht auf diese Entwicklungen reagiert wurde. Der Redner konstatierte ein komplexes Personengeflecht, durch welches dieser Skandal erst jene Ausmaße annehmen konnte, die heute registriert werden müssten. Damit werde einmal mehr belegt, die Sozialdemokratie könne "mit Geld einfach nicht umgehen".
Bundesminister Mag. GRASSER nannte die Ereignisse rund um die Bank Burgenland "nicht nur einen Kriminalfall, sondern auch einen politischen Skandal". Die Sparer seien erschüttert, nun müsse man ihnen wieder Vertrauen in die heimische Bankenlandschaft geben, weshalb aus diesem Haus klare Signale kommen müssten und dieser Skandal rückhaltlos aufgeklärt werden müsse.
Dieser Fall zeige einmal mehr, dass privates Unternehmertum wesentlich sinnvoller sei als staatliches Wirtschaften, da die Privatunternehmer mit ihrem eigenen Geld wirtschaften müssten. Die Regierung habe dem auch im Zusammenhang mit der PSK Rechnung getragen. Sodann beantwortete der Minister die konkreten Fragen der Dringlichen Anfrage.
Abgeordneter EDLINGER (S) ortete in dieser Debatte den "Versuch, auf den Wahlkampf im Burgenland vom Hohen Haus aus Einfluss zu nehmen". Hier solle nur von den Problemen der F in der Spitzelaffäre abgelenkt werden. Überdies scheine der Finanzminister von seiner Partei als "Wahlkampfmaschine" engagiert worden zu sein.
Der Kriminalfall Bank Burgenland müsse aufgeklärt werden, doch erstaune ihn, dass die zweite Regierungspartei "kollektiven Gedächtnisverlust" erlitten zu haben scheine, denn es sei evident, dass hohe und höchste Bankfunktionäre der ÖVP nahestünden. Die VP sei in ihrer Argumentation "fast drollig", so Edlinger, der die konservativen Funktionäre in Folge beim Namen nannte. Überdies habe die Volkspartei Änderungen bei der Bankenaufsicht zwei Jahre lang verhindert, sodass ihre heutige Haltung unglaubwürdig sei. Die Regierungsparteien sollten der Sozialdemokratie nicht permanent "niederträchtige Motive" unterstellen.
Abgeordneter BÖHACKER (F) meinte, die F habe es nicht nötig, vom so genannten Spitzelskandal abzulenken, erst heute sei wieder eine Suspendierung eines F-Funktionärs aufgehoben worden. Der Redner dankte dem Finanzminister für seine Fragebeantwortung und wies dann auf die zahlreichen SP-Aktivisten in der Bank Burgenland hin. Der Wähler werde dies durchschauen und der SPÖ am 3. Dezember entsprechende Antwort geben.
Abgeordneter KISS (V) brachte einen Entschließungsantrag der beiden Koalitionsparteien ein, der auf eine lückenlose Aufklärung der Vorgänge rund um die Bank Burgenland abzielt. Konkret soll die Regierung u. a. eine Weisung von Ex-Finanzminister Edlinger und die Ereignisse im Zusammenhang mit der Wiederbestellung von Ernst Gassner zum Generaldirektor der Bank Burgenland überprüfen sowie Verdachtsmomenten im Hinblick auf allfällige Schmiergeldzahlungen und Parteienfinanzierung durch die Hom-Rusch-Gruppe nachgehen. Außerdem fordert die Koalition einen ehestmöglichen Bericht von der Regierung über die getroffenen Veranlassungen ein.
Die Ausführungen des Finanzminister fasste Kiss mit dem Satz zusammen, "wo Rote das Sagen haben, gibt's rote Zahlen". Er ortet ein umfangreiches rotes Netzwerk rund um die Bank Burgenland und warf, basierend auf einer Meldung in der Tageszeitung "Standard", Ex-Finanzminister Edlinger vor, für Hom-Rusch interveniert zu haben. Die ÖVP erwartet sich Kiss zufolge klare Konsequenzen bei den kommenden Landtagswahlen im Burgenland.
In einer tatsächlichen Berichtigung widersprach Abgeordneter EDLINGER (S) der Behauptung von Kiss, er habe im Zusammenhang mit dem Bank-Burgenland-Skandal eine Weisung erteilt. Der "Standard" habe bereits eine entsprechende Klarstellung vorgenommen, unterstrich er.
Abgeordneter Dr. VAN DER BELLEN (G) erklärte, bei den Vorgängen rund um die Bank Burgenland handle es sich nicht um ein rotes Netzwerk, wie dies von den Koalitionsparteien dargestellt worden sei, sondern um ein rot-schwarzes Netzwerk. "Die ÖVP hängt da genauso drinnen wie die SPÖ", sagte er. Schließlich seien ihre Vertreter ebenfalls im Vorstand und im Aufsichtsrat gesessen. Für den in den Raum gestellten Verdacht der verdeckten Parteienfinanzierung ist die FPÖ Van der Bellen zufolge vorläufig noch jeden Beweis schuldig geblieben.
Van der Bellen bezweifelte darüber hinaus insgesamt die Wirtschaftskompetenz der jetzigen Regierung. Er erinnerte unter anderem daran, dass unter der rot-schwarzen Koalition ein Viertel der Telekom um 27 Mrd. S verkauft worden sei, während der nunmehr von der schwarz-blauen Koalition initiierte Börsegang abzüglich der Abschlagszahlung an die Telecom Italia lediglich einen Erlös von 13 Mrd. S gebracht habe.
Abgeordnete PFEFFER (S) kritisierte, ÖVP und FPÖ würden "scheinheilig und unaufrichtig" mit Fakten umgehen. Ihrer Ansicht nach ist es ihnen aber nicht gelungen, aus dem Kriminalfall Bank Burgenland einen politischen Fall zu machen. Es gebe keinen Hinweis auf eine Verantwortung von Landeshauptmann Stix, erklärte sie, was es aber gebe, seien Hinweise darauf, dass der burgenländische ÖVP-Vorsitzende Jellasitz über die gleichen Informationen wie Stix verfügt habe. Als Grund für die Dringliche Anfrage vermutet Pfeffer das Hineintragen des burgenländischen Wahlkampfs in das Parlament.
Abgeordneter MÜLLER (F) wies darauf hin, dass sich der Schaden bei der Bank Burgenland mittlerweile schon fast auf 5 Mrd. S belaufe, wobei Kredite von 15 Mrd. S noch gar nicht geprüft worden seien. Seiner Auffassung nach trägt dafür die SPÖ die Verantwortung, da die Zusammensetzung des Aufsichtsrates eindeutig deren Handschrift trage. Kritik übte Müller aber auch an den Bankprüfern, die immer wieder Gesetzesverletzungen durch den Vorstand festgestellt, aber nichts dagegen unternommen hätten. Man habe einen Dinosaurier mit einer Steinschleuder attackiert, formulierte er.
Abgeordnete LENTSCH (V) führte aus, wenn das "rote Netzwerk" im Zusammenhang mit der Bank Burgenland nicht so gut funktioniert hätte, wäre dem Burgenland vieles erspart geblieben. Sie glaubt, dass in der Bank generell sehr sorglos mit dem Geld umgegangen worden sei. Wenn 4,5 Mrd. S auf den Konten fehlen, dann gebe es keine Ausrede mehr. Für Lentsch hat der Fall aber nicht nur eine strafrechtliche Dimension, sondern auch eine politische. Seitens der SPÖ sei permanent von außen in die Bank hineinregiert worden und deren Vertreter seien auch nicht bereit gewesen, "ein offensichtlich überfordertes Management" abzuberufen, argumentierte sie.
Abgeordneter Mag. KOGLER (G) hielt fest, es gebe keine rote Krake, sondern eine rot-schwarze. Die Beteiligung der ÖVP an der Causa werde von der Koalition "sehr plump verheimlicht". Dass der burgenländische ÖVP-Vorsitzende Jellasitz nichts gewusst habe, "können Sie jemand anderem erzählen", erklärte er in Richtung von ÖVP und FPÖ. Darüber hinaus hinterfragte Kogler die Rolle der Bankenaufsicht, die seiner Auffassung nach mit den Mitteln, die ihr das Bankwesengesetz in die Hand gibt, zu wenig gemacht habe. Gegen den von der ÖVP eingebrachten Entschließungsantrag hat der Abgeordnete, wie er sagte, nicht allzu viel einzuwenden.
Abgeordneter Dr. KOSTELKA (S) bezeichnete den Antrag des Abgeordneten Kiss als Wahlkampfmunition, im Kern stimme er diesem aber zu, weil die SPÖ nichts zu verbergen habe. Die Formulierungen des Antrages seien jedoch inakzeptabel, weil darin eine Vorverurteilung des damaligen Finanzministers Edlinger enthalten sei, der, so stellte Kostelka fest, keine Weisung erteilt habe. Der Regierung warf er in diesem Zusammenhang vor, einäugig zu sein und Scheuklappen aufzuhaben. Die SPÖ selbst habe keinerlei Angst vor einer breiten Untersuchung, weshalb er einen eigenen S-Antrag zur Untersuchung der Vorgänge um die Bank Burgenland betreffend die umgehende Aufklärung aller Hintergründe des Kriminalfalls Bank Burgenland sowie sonstiger Politskandale der Republik, insbesondere im Zusammenhang mit dem F-Spitzelskandal und der illegalen Weitergabe von Polizeidaten einbrachte.
Die Verlässlichkeit der SPÖ zeige sich, wie Abgeordneter Dr. KURZMANN (F) meinte, von der "Konsum"-Pleite bis zum Bank Burgenland-Skandal. Das Manöver der großen Oppositionspartei sei daher leicht durchschaubar, nämlich nach dem Motto: Angriff ist das beste Mittel zur Verteidigung. Kurzmann kam dann auf die Spitzelaffäre zu sprechen und wollte die "Gesinnungsschnüffelei" und den "Tugendterror" vor allem im Rahmen der Briefbombenaffäre gegen alles, was nicht links war, untersucht wissen. Zurück zur Bank Burgenland, beschuldigte er die Landeshauptleute, ihrer Aufsichtspflicht nicht nachgekommen zu sein. Erklärbar sei dies nur aus einem Filz von Wirtschaft und Parteipolitik.
Abgeordneter LOOS (V) bemerkte, dass heute niemand so sehr die SPÖ in Schutz genommen habe wie die Grünen. Daher mutmaßte der Redner, dass derjenige, der im Burgenland grün wählt, gleichzeitig auch rot wähle. Den stellvertretenden Landeshauptmann Jellasits nahm er in Schutz, da dieser keine Funktion in der Bank Burgenland innegehabt habe. Jellasits habe auch niemals Stix vertreten müssen. Die politische Verantwortung liege daher allein bei Landeshauptmann Stix und der SPÖ. Jellasits habe sich auch ernsthaft gegen eine Wiederbestellung von Gassner gewehrt. In seinem Resümee hielt Loos fest, dass das Burgenland einen Neubeginn brauche.
Abgeordnete Mag. STOISITS (G) sprach ebenfalls von einer beispiellosen Verfilzung von Parteipolitik und Wirtschaft, und zwar durch Rot und Schwarz. In diesen rot-schwarzen Filz menge sich nun die blaue Farbe, wie man es aus Kärnten wisse und seit Kürze auch auf Bundesebene miterlebe. Das neue Markenzeichen sei der Ersatz des Parteibuchs durch Freunderlwirtschaft, wie jüngste Aufsichtsratsbesetzungen bezeugten. Stoisits bezeichnete dies als einen neuen "Wirtschaftsfeudalismus". Sie wies auch darauf hin, dass die FPÖ seit langem im Kontrollausschuss des burgenländischen Landtags vertreten ist, ohne jedoch großartige Aktivitäten gesetzt zu haben.
Auch Abgeordneter Mag. TRATTNER (F) thematisierte die parteipolitische Besetzung von Posten. Dabei habe die SPÖ, wie "Konsum" und Bank Austria zeigten, ein "glückliches Handerl" bei den Sanierern gehabt, meinte der Abgeordnete zynisch. Stix warf er vor, bei keiner Aufsichtsratssitzung der Bank Burgenland dabei gewesen zu sein. Der ehemalige Finanzminister Edlinger wiederum habe in Fragen der Steuereintreibung zugunsten von Hom-Rusch interveniert, so Trattner.
In einer tatsächlichen Berichtigung stellte Abgeordneter EDLINGER (S) fest, dass er keine persönlichen Beziehungen zu Hom-Rusch hatte und jeder Brief in Sachen Steuern sei an die zuständige Abteilung gegangen, die diesen gesetzmäßig behandelt habe.
Abgeordneter Ing. KAIPEL (S) wandte sich gegen Abgeordneten Schweitzer, der seiner Ansicht nach in seiner Wortmeldung ein ordentliches Wirtschaftsunternehmen diskreditiert habe.
In einer tatsächlichen Berichtigung stellte Abgeordneter Mag. SCHWEITZER (F) fest, dass alles, was er rund um die Bank Burgenland gesagt habe, richtig sei.
Bei der Abstimmung wurde der V-F-Entschließungsantrag mehrheitlich angenommen. Der Antrag der SozialdemokratInnen blieb in der Minderheit. (Schluss)