Parlamentskorrespondenz Nr. 751 vom 13.12.2000
REGIERUNGSVORLAGEN: MEDIENBEHÖRDE, PRIVATRADIO
Um der zunehmenden Verschränkung von Medien- und Telekomindustrie und den Entwicklungen am Kommunikationssektor in Richtung technologischer Konvergenz Rechnung zu tragen, plant die Regierung die Einrichtung einer zentralen unabhängigen Regulierungsbehörde, die sowohl die Regulierungsaufgaben im Bereich audiovisuelle Medien als auch im Bereich Telekommunikation übernehmen soll. Diese Behörde, die den Namen "Kommunikations-Kommission Austria" (KommAustria) erhält, soll einer dem Nationalrat zugeleiteten Gesetzesvorlage zufolge nicht nur Anlaufstelle für die betroffenen Unternehmen im Hinblick auf diverse Genehmigungsverfahren sein, sondern auch als "Know-how"-Träger zur Unterstützung der weiteren Marktentwicklung auf dem Gebiet der Medien und der Telekommunikation in Österreich fungieren.
In den Erläuterungen zur Gesetzesvorlage wird außerdem darauf verwiesen, dass es einer neuen Behörde für die Erteilung von Privatradiolizenzen bedürfe, nachdem der Verfassungsgerichtshof die eingerichtete Privatrundfunkbehörde als verfassungswidrig beurteilt und aus diesem Grund zahlreiche Radiozulassungen aufgehoben hat. Da entsprechende Übergangsbewilligungen im Juni 2001 auslaufen, müsste bis dahin eine verfassungskonforme Behörde eingerichtet sein. Mit der KommAustria will die Regierung diesem Erfordernis entsprechen, wobei eine Verfassungsbestimmung die Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit der Behörde absichern soll. Um zugleich der vom Verfassungsgerichtshof geforderten parlamentarischen Kontrolle Rechnung zu tragen, sieht der Entwurf ein Interpellationsrecht des Nationalrates hinsichtlich der Vollzugstätigkeit der Regulierungsbehörde vor.
Die KommAustria soll dem Gesetzentwurf zufolge aber nicht nur die Privatrundfunkbehörde sondern auch die Kommissionen zur Wahrung des Regionalradiogesetzes und zur Wahrung des Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetzes, die Telekom-Control-Kommission und die Telekom-Control GmbH sowie die für den ORF zuständige Kommission zur Wahrung des Rundfunkgesetzes ersetzen. Außerdem fallen auch die Frequenzplanung und die fernmelderechtliche Bewilligung, die bisher vom Verkehrsministerium wahrgenommen wurden, in ihre Kompetenz.
Als konkrete Ziele der KommAustria werden u.a. die Förderung und Sicherstellung eines fairen, chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs, die Sicherung eines kostengünstigen Zuganges zu Kommunikationsdiensten und Inhalten für Konsumenten, die Förderung des Marktzutritts neuer Anbieter, die Sicherung der Meinungsvielfalt und Förderung der Qualität der Rundfunkprogramme, die Entwicklung von technischen und ökonomischen Konzepten für einen dualen Rundfunkmarkt in Österreich, die Bereitstellung von Fachwissen und die Schaffung und Bewahrung einer modernen und qualitativ hoch stehenden Kommunikationsinfrastruktur auf hohem Niveau genannt.
Zusammengesetzt ist die KommAustria laut Gesetzentwurf durch einen Präsidenten und zwölf weitere Mitglieder (davon drei hauptberuflich), die vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Regierung für eine Funktionsperiode von sechs Jahren zu ernennen sind. Für vier der nebenberuflich tätigen Mitglieder ist die Regierung dabei an Besetzungsvorschläge der im Hauptausschuss vertretenen Parteien gebunden, hinsichtlich eines weiteren nebenberuflich tätigen Mitglieds hat sie Vorschläge der Länder einzuholen.
Insgesamt werden drei Kommissionen - eine Medienkommission, eine Infrastrukturkommission und eine Wettbewerbskommission - in der KommAustria eingerichtet, die jeweils aus drei bzw. sechs Mitgliedern bestehen und von einem hauptberuflichen Mitglied geleitet werden. Die Medienkommission ist dabei etwa für die Vergabe und den Entzug von Rundfunklizenzen einschließlich der Frequenzzuteilung zuständig und hat die Rechtsaufsicht über sämtliche Rundfunkveranstalter wahrzunehmen. In die Kompetenz der Infrastrukturkommission fallen u. a. die Frequenzplanung und die Frequenzverwaltung, Entscheidungen über Konzessionen im Bereich der Telekommunikation sowie die Genehmigung von Entgelten und Geschäftsbedingungen im Bereich der Telekommunikation. Der Wettbewerbskommission soll schließlich die Aufgabe übertragen werden, den Markt zu beobachten und bei Bedarf Antragstellungen nach dem Kartellgesetz einzuleiten, überdies hat sie ein Gutachterstatut in Kartellverfahren im Medienbereich.
Zur Beratung der Bundesregierung und der KommAustria in grundsätzlichen, den Medien- und Telekommunikationsbereich berührenden Fragen wird bei der KommAustria ein fünfzehnköpfiger Kommunikationsbeirat eingerichtet. Er soll sich aus Volkswirtschafts-, Betriebswirtschafts-, Sozial- Technik- und Rechtsexperten sowie aus Experten auf dem Gebiet des Konsumentenschutzes zusammensetzen. Ein unabhängiger Bundeskommunikationssenat soll als Kontrollinstanz einen effektiven und schnellen Rechtsschutz gegen Entscheidungen der KommAustria gewährleisten.
Als Geschäftsapparat der KommAustria ist eine GmbH vorgesehen, die aus umsatzbezogenen Beiträgen der Unternehmen der Medien- und Telekommunikationsbranche finanziert werden soll und mit einem Stammkapital von 50 Mill. S ausgestattet wird. Zudem will die Regierung die Telekom-Control GmbH im Wege der Verschmelzung in die KommAustria-GmbH einbringen. (400 d.B.)
PRIVATRADIOGESETZ SOLL REGIONALRADIOGESETZ ABLÖSEN
Mit der Vorlage eines neuen Privatradiogesetzes, das das geltende Regionalradiogesetz ablösen soll, reagiert die Regierung auf ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs. Insbesondere ist vorgesehen, das bisher zweigeteilte Bewilligungsverfahren für Privatradioveranstalter zusammenzuführen und die Prüfung sowohl der rundfunkrechtlichen als auch der fernmelderechtlichen Aspekte einer zentralen Regulierungsbehörde zu übertragen (siehe dazu den Gesetzentwurf zur KommAustria).
Darüber hinaus werden die geltenden restriktiven Beteiligungsbeschränkungen für Medieninhaber gelockert. War es einem Medieninhaber, beispielsweise einem Zeitungsverleger, bisher lediglich erlaubt, sich an einem Privatradio mit 26 % und an zwei weiteren Sendern in anderen Bundesländern zu je 10 % zu beteiligen, stellt der vorliegende Entwurf nunmehr in erster Linie auf Versorgungsgebiete ab. So ist es künftig durchaus zulässig, dass ein Medieninhaber mehrere Sender betreibt bzw. sich an mehreren Sendern zu mehr als 25 % beteiligt, wenn deren Versorgungsgebiete sich nicht überschneiden. Ausgeschlossen ist damit künftig etwa nur, dass jemand bundesweites Radio und regionales Radio gleichzeitig betreibt. Für Medienverbünde gilt, dass nicht mehr als zwei Programme gleichzeitig an einem Ort ausgestrahlt werden dürfen und die Einwohnerzahl jener Versorgungsgebiete, die einem Medienverbund zuzurechnen sind, 12 Millionen nicht überschreiten darf. Neu ist außerdem, dass für alle Privatradios Programmübernahmen anderer Sender von maximal 60 % erlaubt sind, bisher galt für Regionalradios eine 40%-Grenze. (401 d.B.)
Die vollen Titel der Regierungsvorlagen:
400 d.B.: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesverfassungsgesetz über die Einrichtung einer unabhängigen Regulierungsbehörde in den Bereichen audiovisuelle Medien und Telekommunikation erlassen wird, ein Bundesgesetz über die Einrichtung der "Kommunikations-Kommission Austria" ("KommAustria") erlassen wird sowie das Bundes-Verfassungsgesetz, das Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetz, das Rundfunkgesetz, das Fernsehsignalgesetz, das Telekommunikationsgesetz, das Zugangskontrollgesetz, das Kartellgesetz und das Signaturgesetz geändert werden.
401 d.B.: Bundesgesetz, mit dem Bestimmungen für privaten Hörfunk erlassen werden (Privatradiogesetz - PrR-G)