Parlamentskorrespondenz Nr. 773 vom 22.12.2000

FLASCHENPOST AUS DER VERGANGENHEIT

Wien (PK) - "Das Vorwort zu einem Kunstbericht zu schreiben, der zur Gänze in die kulturpolitische Verantwortung meines Vorgängers fällt, seine kulturpolitischen Vorstellungen und Intentionen wiedergibt, seine Einstellung zum Kunstschaffen in Österreich und die dazugehörige Förderungspraxis, ist gewiss ein problematisches Unterfangen." Mit diesen Worten leitet Staatssekretär Franz Morak sein Vorwort zum Kunstbericht 1999 ein, der dieser Tage dem Nationalrat zugeleitet wurde (III-78 d.B.). Im Berichtszeitraum war noch Peter Wittmann für die Kunstagenden zuständig gewesen.

Und in der Tat setzte sich im Jahr 1999 jener Kurs fort, der schon im Jahr zuvor eingeschlagen worden war (siehe "Die Kunst des Sparens", PK, 4.1.00), oder, wie es Andreas Mailath-Pokorny, Leiter der Kunstsektion, beschreibt: "Während vor allem in den 80er und frühen 90er Jahren die Kunstförderung budgetär teilweise hohe Steigerungsraten erzielen konnte, sind die späten 90er Jahre von stagnierenden Budgets gekennzeichnet. Das bedeutet sowohl für die Kulturpolitik als auch für die Kunstverwaltung eine stärkere Ausrichtung auf die Konzentration der Förderungsmittel und die Schwerpunktsetzung."

Real bedeutete dies, dass nur noch ein knappes Drittel der Förderansuchen positiv beschieden werden konnte, was aber, so Mailath-Pokorny, dafür spreche, "dass es bei der Kunstförderung keineswegs um Subventionierung mit der Gießkanne geht, sondern eine sorgfältige Auswahl über Beiräte, Experten, Jurys und Fachbeamte getroffen wird." Durch Umschichtungen im zur Verfügung stehenden Gesamtbudget gelang es dennoch, die Mittel für die einzelnen Kunstsparten im wesentlichen auf dem Vorjahrsniveau zu halten und teilweise sogar punktuell zu erhöhen.

GROSSE BÜHNE, KLEINE DICHTUNG

Insgesamt standen der Kunst im Jahr 1999 rund 1,2 Mrd. S zur Verfügung. Rund die Hälfte dieser Summe ging traditionell an die Bühnen, wobei fast ein Drittel des Gesamtbudgets von den Großbühnen und allfälligen Festspielen konsumiert wird - im Berichtsjahr erhielten diese rund 380 Mill. S. Kleinere Bühnen, freie Gruppen und kreative Theaterschaffende mussten sich im Vergleich dazu mit einem knappen Zwölftel (30,5 Mill. S) bescheiden, während sich Orchester- und Musikensembles über knapp 46 Mill. S freuen durften.

Grosser Gewinner des Berichtsjahres war auch das Österreichische Filminstitut, welches mit knapp 147 Mill. S bedacht wurde, rund 6 Mill. S mehr, als insgesamt für den Gesamtbereich der Literatur aufgewendet wurde. Für die Bildende Kunst und Bereiche wie Design, Architektur und Mode standen 80 Mill. S zur Verfügung, für regionale Initiativen immerhin noch knapp 59 Mill. S, die beiden Kuratoren Wolfgang Zinggl und Lioba Reddeker durften gemeinsam mehr als 20 Mill. S verteilen.

Eine eigene Rubrik, in der Subventionsempfänger aufgelistet sind, die mehr als drei Millionen Schilling erhielten, zeigt deutlich, wo 1999 die Schwerpunkte der Kulturpolitik lagen. Unter den Top Ten befinden sich mit Ausnahme der "Kulturkontakt Austria" nur Film- und Bühnenkünstler. So erhielt das Theater in der Josefstadt 87 Mill. S, die Salzburger Festspiele 75 Mill. S, das Volkstheater Wien 72,5 Mill. S, die Bregenzer Festspiele 43 Mill. S und das Theater der Jugend immerhin noch knapp 28 Mill. S. Sieht man vom Residenz-Verlag Salzburg ab, der offensichtlich ob seiner damals prekären finanziellen Lage besonders gefördert wurde, findet sich in dieser Rubrik lediglich ein privater Zusammenschluss einzelner Schriftsteller, die IG Autoren (8 Mill. S) aus dem Bereich der Literaturproduzenten bedacht (zudem noch einige Institutionen, die sich wissenschaftlich mit Literatur befassen). Insgesamt entfiel auf die Literatur nicht einmal ein Zehntel der Kunstausgaben des Bundes. Ähnlich stiefmütterlich wurde die Wissenschaft behandelt. Einbussen mussten auch auf sozialem Gebiet konstatiert werden, wobei die Schaffung der Künstlersozialversicherung im heurigen Jahr, wie auch Staatssekretär Morak in seinem Vorwort betont, hier eine spürbare Trendwende bringen dürfte.

DIE KUNST 1999: HIGHLIGHTS AND LOWDIMS

Der zweite Teil des Berichts behandelt die Förderungen im Detail. Daraus lässt sich ersehen, wo im Jahre 1999 die Schwerpunkte innerhalb der einzelnen Kunstsparten gesetzt wurden. Im Bereich "Bildende Kunst" etwa stieg die Galerieförderung bei gleichzeitiger Rücknahme der Mittel für allfällige Werkankäufe. Preisgelder gab es 1999 nur im Rahmen von zwei Bundeszuschüssen für Landespreise. Die darstellende Kunst durfte sich über ein mächtiges Plus von fast 70 Mill. S freuen, sodass grosso modo alle Detailbereiche gegenüber dem Vorjahresbericht Zuwächse in den Förderungen verzeichnen konnten. Ähnliches gilt für den Film mit einem Plus von rund 37 Mill. S, wobei dieses fast zur Gänze an das ÖFI ausgeschüttet wurde. Somit konnte das ÖFI 119 von insgesamt 228 Förderansuchen positiv beantworten. Für die Filmherstellung wurden beispielsweise 54 Mill. S zur Verfügung gestellt, für die sogenannte Referenzfilmförderung weitere 45 Mill. S, wobei überdies knapp 33 Mill. S zusätzlich zugesagt wurden.

Highlights unter den geförderten Filmen sind dabei "Der Überfall" mit Roland Düringer und Josef Hader sowie die Haas-Verfilmung "Komm, süßer Tod", die 17 bzw. zehn Millionen S an Förderung erhielten. Im Rahmen der Referenzfilmförderung erhielt "Way Out" knapp 15 Mill. S. Franz Antels "Der Bockerer III (Die Brücke von Andau)" erhielt 14 Mill. S, und Mirjam Ungers "Ternitz, Tennesee" mit Nina Proll bekam aus mehreren Töpfen insgesamt knapp 13 Mill. S. Goran Rebics künstlerisch hoch gelobter Film "The Punishment" musste mit knapp mehr als einer Million S das Förderungsauslangen finden. Im Rahmen der Verwertungsförderung kamen auch andere künstlerisch wertvolle Filme wie "Nordrand", "Geboren in Absurdistan", "Untersuchung an Mädeln", "Ein flüchtiger Zug nach dem Orient" oder "Herr Zwilling und Frau Zuckermann" zu kleineren Beträgen.

KUNST 2000 - EIN AUSBLICK

Staatssekretär Morak ergreift in seinem Beitrag zum Kunstbericht die Gelegenheit, sich perspektivisch über die Kulturpolitik zu äußern. Morak ortet die Notwendigkeit eines Paradigmenwechsels in der Kunstförderung: "Für den Kulturpolitiker wird es vor allem darum gehen, neue Strukturen und Möglichkeiten der Kunst- und Kulturförderung zu finden, die im Rahmen der vorgegebenen Budgets den Fortbestand des Bewährten garantieren, aber auch Raum für Experimente und neue Denkansätze bieten."

Wesentlich, so Morak, sei dabei der kreative Aspekt, das Schöpferische der Kunstproduktion, das unter allen Umständen und mit allen Mitteln von einer verantwortungsvollen Kulturpolitik gefördert werden müsse, wobei jedoch keinesfalls eine Regulatorenrolle mit der Förderung verbunden werden dürfe. Ohne dabei auf Marktmechanismen zu schielen oder gar dem vordergründigen Heischen nach Applaus das Wort zu reden, sollte auch in der Kunst eine Art positive Konkurrenz herrschen, meint Morak: "In diesem Zusammenhang erscheint es mir durchaus nicht als Anathema, den Künstler in stärkerem Masse als bisher im nationalen und internationalen Wettbewerb einzubinden." Dies könne für den Künstler ein gewisser Maßstab dafür sein, was sich im künstlerischen Bereich bewähren und behaupten kann.

Morak, immerhin selbst Künstler, umreißt denn auch seine Aufgabe als zuständiger Politiker klar: "Als das für die Kunstförderung verantwortliche Mitglied der Bundesregierung in Österreich werde ich mich ganz intensiv darum bemühen, das zeitgenössische Kulturschaffen unseres Landes im nationalen und internationalen Umfeld noch sichtbarer zu machen, österreichische Kunst in jeder Form zu propagieren, vor allem aber auch neue Märkte und neue Publikumsschichten für Kunst und Künstler zu erschließen."

Ein Serviceteil, der wichtige Daten, Adressen und Ansprechpartner für die Förderung von Kunst sowie die gesetzlichen Grundlagen hiezu enthält, ein Glossar, in dem die einzelnen Ausdrücke und Bereiche genau erläutert werden, und ein umfangreiches Namens- und Institutionsregister runden den detaillierten und ausführlichen Bericht ab.

(Schluss)

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