Parlamentskorrespondenz Nr. 19 vom 18.01.2001
"LOHNSTEUERSENKUNG STATT BELASTUNGSPOLITIK"
Wien (PK) - Der Nationalrat trat Donnerstag Mittag zu einer auf Verlangen der Sozialdemokraten einberufenen Sondersitzung zusammen. Das Thema der Sitzung: "Lohnsteuersenkung statt unsozialer Belastungspolitik".
Zu Beginn der Sitzung ersuchte Nationalratspräsident Dr. FISCHER den Abgeordneten Fischl, binnen gegebener Zeit eine ansprechende Erklärung über seine Absenz abzugeben, da dieser seit 22. November des Vorjahres an keiner Sitzung teilgenommen habe, wodurch der dafür vorgesehene Fristenlauf begonnen habe.
Fischer teilte weiter mit, dass ein ausreichend unterstütztes Verlangen vorliege, den Antrag 354/A(E) betreffend "Lohnsteuersenkung statt unsozialer Belastungspolitik" dringlich zu behandeln, weshalb die Durchführung der diesbezüglichen Debatte für 15 Uhr anberaumt werde. Im Anschluss daran wird eine Kurzdebatte über den Antrag der Abgeordneten Kukacka und Ofner, dem Justizausschuss hinsichtlich einer Regierungsvorlage betreffend eine Änderung des Suchtmittelgesetzes eine Frist bis zum 9. Mai d.J. zu setzen, stattfinden.
Ein weiterer Fristsetzungsantrag des Abgeordneten Kostelka wird hingegen ohne diesbezügliche Debatte zur Abstimmung stehen, da die Geschäftsordnung zwei Kurzdebatten nicht vorsehe, erläuterte der Präsident.
Daran entspann sich eine Debatte der Abgeordneten Kostelka (S) und Petrovic (G) - die für ihre Fraktion ebenfalls einen Fristsetzungsantrag monierte -, Khol (V) und Westenthaler (F), in der Kostelka zunächst auf den § 59 der Geschäftsordnung verwies, welcher eine solche Debatte ermögliche, wenn die Mehrheit des Hauses sie beschließe. Und dieser Beschluss sei ob der Dringlichkeit der Materie mehr als wünschenswert, so der SP-Mandatar. Petrovic wiederum warf den Regierungsfraktionen einen "de-facto-Missbrauch" der Geschäftsordnung zur Verhinderung einer BSE-Debatte vor.
Khol verwies auf die zahlreichen diesbezüglichen Aktivitäten seitens der Regierungsparteien, die sich für die heute noch anberaumten Ausschusssitzungen in dieser Hinsicht einiges vorgenommen hätten. Es liege also sicherlich keine Diskussionsverweigerung vor, dennoch müsse der Geschäftsordnung Rechnung getragen werden. Westenthaler schloss sich der Ansicht Khols an und meinte an die Adresse der Sozialdemokratie, diese habe mit ihrer eben vorgebrachten Initiative eingestanden, mit dem Gegenstand der heutigen Sondersitzung eine "glatte Themenverfehlung" begangen zu haben.
Die beiden Anträge der Oppositionsfraktionen fanden im Plenum keine Mehrheit. Die Sitzung wurde daraufhin bis 15 Uhr unterbrochen.
GESCHÄFTSORDNUNGSDEBATTE: FALSCHE DROGENPOLITIK UND ECHTER DRUCKFEHLER ?
Nach Wiederaufnahme der Sitzung stand zunächst eine Geschäftsordnungsdebatte im Mittelpunkt, in der es um einen umstrittenen "Druckfehler" im Dringlichen Antrag der SPÖ, aber auch um die Drogenpolitik ging.
Präsident Dr. FISCHER teilte mit, dass SP-Klubchef Kostelka in einem Brief an das Präsidium darauf hingewiesen hat, dass sich in den Antrag der SPÖ ein Druckfehler eingeschlichen habe. Statt "Senkung" des Absetzbetrages müsse es "Anhebung" heißen.
In einer Wortmeldung zur Geschäftsordnung kam Abgeordneter Dr. KHOL (V) auf die vorangegangene Sitzung des Hauptausschusses zu sprechen. Er zeigte sich empört darüber, dass ein Antrag auf Herabsetzung der zulässigen Grenzmenge bei Heroin wieder nicht auf die Tagesordnung kommen konnte und machte dafür die SPÖ verantwortlich. Angesichts des tragischen Todes zweier Polizisten bei einem von einem Drogenlenker ausgelösten Verkehrsunfall sowie der erst kürzlich gefundenen Rekordmenge von Heroin in Wels sei dieses Verhalten der Sozialdemokraten absolut unverständlich, bemerkte er und beantragte eine Debatte zu diesem Thema.
Präsident Dr. FISCHER betonte, dass die Ergänzung der Tagesordnung im Hauptausschuss sehr wohl verhandelt wurde. Er gab zu bedenken, dass die diesbezüglichen Stellungnahmen zweier Bundesländer erst knapp vor der Sitzung eintrafen. Auch sei der zeitliche Rahmen für den Hauptausschuss aufgrund der Sondersitzung sehr beschränkt gewesen.
Abgeordneter ÖLLINGER (G) vermutete hinter der Wortmeldung Khols ein Ablenkungsmanöver angesichts der Live-Übertragung im ORF.
Die Regierungsparteien wollten heute nicht über die von der Opposition beantragte Steuersenkung reden, meinte Abgeordneter Dr. KOSTELKA (S), der die Nichteinwilligung der SPÖ zur Ergänzung der Tagesordnung des Hauptausschusses mit der negativen Stellungnahme zweier Bundesländer begründete.
Abgeordneter Ing. WESTENTHALER (F) glaubte nicht, dass es sich bei der Wortwahl des SP-Antrages um einen Druckfehler handelte. Die SPÖ wolle eine steuerliche Verschlechterung für die Bürger, stand für ihn fest.
Abgeordnete Dr. PETROVIC (G) wandte sich gegen eine Debatte über die Tagesordnung des Hauptausschusses und sprach von einem Bruch der Geschäftsordnung durch die Regierungsparteien.
Nach einer Stehpräsidiale beschloss der Nationalrat mit den Stimmen der Regierungsparteien, zunächst eine Debatte über die Drogenpolitik abzuhalten. Erst danach wird der Dringliche Antrag - in der korrigierten Fassung - behandelt.
Präsident Dr. FISCHER, der dem Plenum diesen Vorschlag unterbreitet hatte, sprach in diesem Zusammenhang von einer unpräjudizionellen Vorgangsweise.
Abgeordneter Dr. RASINGER (V) warf der SPÖ falschverstandene Liberalität in der Drogenpolitik vor. Die derzeitig zulässige Menge von drei Gramm pro Tag würden der Kleindealerei Tür und Tor öffnen, sagte er. Aus medizinischen Gründen hielt es Rasinger für geboten, die Mindestmenge zu senken, zumal kein Süchtiger drei Gramm Heroin pro Tag brauche. Man solle endlich aufhören, mit medizinischen Argumenten etwas zu verniedlichen, was nicht zu verniedlichen sei, betonte er.
Abgeordneter Dr. JAROLIM (S) bezichtigte seinen Vorredner der Demagogie im Vorfeld des Wiener Wahlkampfes und erinnerte zudem an die ablehnenden Stellungnahmen einzelner Landesregierungen gegen das Vorhaben der Regierungsparteien.
Abgeordneter Ing. WESTENTHALER (F) bekannte sich mit Nachdruck zum Kampf gegen Drogen. Der SPÖ warf er vor, Dealer zu pardonieren und durch eine Freigabe der Drogen die Gesellschaft zu gefährden. Die Grenzmengenverordnung sei ein fataler Irrtum gewesen, sie habe keine Tagesration für die Süchtigen geschaffen, sondern vielmehr Straffreiheit für die Dealer durch die Hintertür eingeführt, bemerkte Westenthaler.
Abgeordneter BROSZ (G) übte scharfe Kritik an den Regierungsparteien. Kriminalisierung von Süchtigen habe mit einer vernünftigen Drogenpolitik nichts zu tun, meinte er und erinnerte die ÖVP an deren Widerstand gegen die Senkung der Promillegrenze im Straßenverkehr. Überhaupt sei Alkohol am Steuer das vordringlichere Problem, stellte Brosz fest.
DEBATTE ÜBER DEN DRINGLICHEN SP-ANTRAG
SPÖ-Klubobmann Dr. GUSENBAUER warf Finanzminister Grasser im Rahmen der Begründung des Dringliches Antrags vor, den arbeitenden Menschen zu viel Geld "aus der Tasche zu ziehen". Er machte geltend, dass es eine gewisse Opferbereitschaft in der Bevölkerung gebe und die Österreicher bereit seien, über ihren Beitrag zur Budgetkonsolidierung zu reden; es kann seiner Meinung nach aber nicht sein, dass den Betroffenen mehr Geld genommen werde, als zur Erreichung des Nulldefizits letztendlich notwendig wäre. Genau das wäre aber der Fall. Gusenbauer glaubt, dass die Regierung Österreich an den Rand des Bankrotts geredet habe, um Verständnis für ihre Belastungsmaßnahmen zu wecken.
Der SPÖ-Chef untermauerte seine Argumentation mit dem Hinweis auf das um 15 Mrd. S geringer ausgefallene Budgetdefizit 2000. Hier werde durch höhere Steuereinnahmen ein Beitrag beiseite geschafft, den man für das Nulldefizit gar nicht brauche, sagte er. Deshalb wäre es nur fair, wenn Finanzminister Grasser die zusätzlichen Mehreinnahmen mit einer sozial gerechten Steuerreform wieder an die Bevölkerung zurückgeben würde. Seiner Ansicht nach wäre es möglich, jedem Steuerzahler 3.500 S im Jahr zugute kommen zu lassen, ohne den Weg der Budgetkonsolidierung verlassen zu müssen. Dass genug Geld vorhanden ist, zeigt Gusenbauer zufolge nicht zuletzt auch die geplante Einführung des Kindergeldes.
Statt für einen gerechten Anteil der arbeitenden Menschen am Wirtschaftsaufschwung zu sorgen, betreibe die Regierung aber, so Gusenbauer, eine "knallharte Verteilungspolitik". Kritik übte er außerdem am "planlosen Verscherbeln des österreichischen Familiensilbers".
Finanzminister Mag. GRASSER ortet eine widersprüchliche Politik der SPÖ und meinte, Sachlichkeit und Vernunft würden auf der Strecke bleiben. Es sei schließlich die SPÖ gewesen, die 30 Jahre lang Steuern und Abgaben angehoben und immer wieder Sparpakete geschnürt habe. Auch entspräche die Behauptung, wonach es unter der neuen Regierung massive Einschnitte im Sozialsystem gegeben hätte, nicht der Faktenlage, man habe die Sozialausgaben im Ausmaß von 725 Mrd. S lediglich um 5 Mrd. S reduziert.
Grasser wies darüber hinaus auf die Notwendigkeit des Schuldenabbaus hin und betonte, dass die Sanierung der Staatsfinanzen ein wichtiges Ziel der Regierung sei. Unter diesem Aspekt zeigte er sich darüber erfreut, dass das veranschlagte Budgetdefizit im Jahr 2000 von 54,6 Mrd. S auf 39,8 Mrd. S reduziert werden konnte. Die Konsolidierung habe aber gerade erst begonnen, unterstrich der Finanzminister, da könne man nicht schon wieder über Steuersenkungen nachdenken.
Die notwendigen Mittel für das geplante Kindergeld, das der Minister als deutliches Signal an die Familien sieht, will Grasser aus Überschüssen im FLAF finanzieren. Dieses Geld gehöre Kindern und Familien, erklärte er. Weiters kündigte er einen Schwerpunkt Forschung und Entwicklung sowie eine Senkung der Lohnnebenkosten um 15 Mrd. S an.
Abgeordneter EDLINGER (S) bekräftigte, die SPÖ wolle, dass die Menschen, die von der neuen Regierung "wie eine Weihnachtsgans geschröpft wurden", zu viel bezahlte Steuern zurück bekommen. Seiner Ansicht nach steht Österreich mit seinen Staatsfinanzen nicht schlechter da als die anderen EU-Staaten. Die Regierung erzähle der Bevölkerung aber bewusst die Unwahrheit über die Budgetlage, "um ihr Geld aus der Tasche ziehen zu können", glaubt er. Die Regierung wolle, so Edlinger, die Körperschaftssteuer, den Spitzensteuersatz und die Lohnnebenkosten senken, gleichzeitig aber die Kleinen "schröpfen".
Edlinger hob hervor, dass die Budgetkonsolidierung bereits 1996 unter sozialdemokratischer Führung begonnen habe, ohne jedoch die "sozialpolitische Realität Österreichs" in dem Maß durcheinander zu bringen wie dies in den ersten elf Monaten der VP-FP-Regierung passiert sei. Der Finanzminister habe weit über das Ziel geschossen, meinte er, das zeigten auch die 15 Mrd. S ungeplanter Mehreinnahmen im vergangenen Jahr.
Abgeordneter Mag. TRATTNER (F) machte seinen Vorredner darauf aufmerksam, dass man, wenn man das Budgetdefizit verringere, noch lange keine Überschüsse habe. Er erinnerte außerdem daran, dass es bereits unter der von der SPÖ geführten Regierung mehrere Sparpakete gegeben habe und die jetzige Regierung trotzdem ein "Budgetdesaster" habe übernehmen müssen. Nunmehr gelte es die hinterlassenen Probleme zu bereinigen.
Zur geplanten Einführung des Kindergeldes sagte Trattner, die Regierung wolle, dass das Fondsvermögen jenen zugute komme, für die es angespart worden sei. FLAF-Überschüsse sollten nicht zum Stopfen von Budgetlöchern verwendet werden.
Ein von Abgeordneter Dr. PETROVIC (G) gestellter Geschäftsordnungs-Antrag, über das Thema Öffentlichkeit von Plenarsitzungen eine Debatte abzuhalten, blieb bei der Abstimmung in der Minderheit. Petrovic hatte beklagt, dass durch - ihrer Ansicht nach unzulässige - Verzögerungen die Fernseh-Übertragung über den Dringlichen Antrag beeinträchtigt worden wäre.
Abgeordneter Dr. STUMMVOLL (V) bedankte sich vorerst bei der sozialistischen Fraktion für die heutige Sondersitzung, war doch schon bisher jede Sondersitzung ein Pluspunkt für die Regierung. Das Thema der Sondersitzung stellt seiner Meinung nach sehr schön die unterschiedliche Wirtschafts- und Sozialphilosophie der neuen Regierung und der SPÖ dar. Die SPÖ will Steuern senken und diese Steuersenkung durch Schulden finanzieren, was aber von Stummvoll als keine moderne Steuerpolitik bewertet wird. Wir wollen Österreich neu regieren, was bedeutet, Österreich aus den "roten Zahlen in schwarze Zahlen zu führen"; wir brauchen wieder blaues Licht am Ende des Tunnels, unterstrich der Redner. Er betonte auch die Nachhaltigkeit in der Politik, die aber nicht dazu führen dürfe, "heute Zuckerln zu verteilen und morgen Schulden zu machen", wie dies von der SPÖ beabsichtigt sei.
Abgeordneter ÖLLINGER (G) zeigte sich über die Ausführungen seines Vorredners verwundert, zumal dieser 14 Jahre gemeinsamer Regierungspolitik mit den Sozialdemokraten verdränge und die SPÖ im Regen stehen lasse. Seiner Meinung nach solle man nicht nur über Steuererhöhung oder -senkung und über die unsoziale Belastungspolitik der Regierung reden, sondern auch über die Verschwendungspolitik der Bundesregierung. Als Beispiele nannte Öllinger das Kinderbetreuungsgeld, für dessen Finanzierung in die Töpfe der Pensionsversicherung gegriffen werde, die immensen Summen für die Rüstung und die Privatisierungen, insbesondere der Telekom, die zu "Schrottpreisen auf den Markt geworfen wurde". Die Vorschläge der Sozialdemokraten finden nicht seine Zustimmung, vielmehr trat er dafür ein, Maßnahmen für die Arbeitslosen, denen monatlich zwischen 1.000 S und 3.000 S weggenommen wird, zu setzen und in den Bildungsbereich zu investieren.
Abgeordnete Mag. KUBITSCHEK (S) war überrascht darüber, dass in einer Zeit massiver Belastungen über das Kinderbetreuungsgeld diskutiert wird. Richtiger wäre es, über neue Modelle beim Karenzgeld und über Leistungsausweitungen zu debattieren. Ihre Kritik betraf vor allem das Belastungspaket. Sie sprach auch die Belastungen der Arbeitnehmer und Pensionisten in den kommenden Jahren an und strich heraus, dass die Wirtschaft ab 2003 mit einem Plus von 1 Mrd. S rechnen könne. Sie befürchtete für die Zukunft weitere Verschlechterungen für Arbeitnehmer und Pensionisten. Deshalb appellierte sie an den Gerechtigkeitssinn der Regierung, den Arbeitnehmern und Pensionisten jene Beträge wieder rückzuerstatten, die man diesen Gruppen genommen habe.
Abgeordneter GAUGG (F) meinte, die Sozialdemokraten trommelten verzweifelt seit einem Jahr ein und die selben Sprüche und versuchten, eine Spaltung zwischen FPÖ und ÖVP herbei zu führen, was ihnen aber nicht gelinge. Weiters erinnerte er daran, dass der SPÖ bei den Wahlen die Arbeitnehmer in Scharen davon gelaufen sind, weil sie von der SPÖ enttäuscht waren.
Abgeordnete STEIBL (V) wies darauf hin, dass die Koalitionsparteien alle im Regierungsübereinkommen verankerten Anliegen umsetzen werden, so werde auch das Kinderbetreuungsgeld für alle Kinder eingeführt werden. Die ÖVP mit Bundeskanzler Schüssel weiß genau, sagte Steibl, dass Gelder für die Familien nicht zweckentfremdet verwendet werden dürfen. Die SPÖ liefert für sie den besten Beweis dafür, dass sie für die Familien nichts übrig hat.
Abgeordnete Dr. PETROVIC (G) vertrat die Ansicht, ein "vernünftiger Unternehmer" Staat würde in Bildung, Aus- und Weiterbildung, in den Arbeitsmarkt und in Chancengleichheit investieren. Ein Unternehmen sieht die Schulung von MitarbeiterInnen als positiv an, der Unternehmer Staat dünnt jedoch die Bildung aus; auch die Kinderbetreuungsmilliarde sei aus dem Budget verschwunden, fügte sie hinzu. Im Zusammenhang mit dem Kinderbetreuungsgeld machte die Rednerin darauf aufmerksam, dass es im Falle von Mehrlingsgeburten oder wenn zwei Kinder knapp hinter einander geboren werden, nur einmal das Kinderbetreuungsgeld ausbezahlt werden soll, was ihrer Ansicht nach völlig unverständlich sei.
Abgeordneter NÜRNBERGER (S) räumte ein, dass es auch in der letzten Regierungszeit verschiedene Meinungen gegeben hat, aber was nun von der jetzigen Regierung geboten werde, sei "Chaos pur". Allein zum Kindergeld gab es innerhalb eines Tages fünf verschiedene Meinungen. Dass ein Ex-Parteimitglied, nämlich Schmid, das einfache Parteimitglied Haider in Belangen von Ministerin Forstinger berät, ist für Nürnberger ein weiteres markantes Beispiel. Auch muss die FPÖ für die Wiener Wahl einen neuen Spitzenkandidaten finden.
Abgeordnete ZIERLER (F) befasste sich mit dem Kindergeld, erinnerte daran, dass die Betreuung von Kindern bis zum dritten Lebensjahr besonders wichtig ist, und verwies darauf, dass das Kindergeld eine Familienleistung ist und keine Einkommens- oder Sozialleistung. Dabei gehe es nicht nur um die Armutsbekämpfung, sondern auch um echte Familienförderung. Für die SPÖ waren Kinder stets reine Privatsache und die Frauen wurden in eine Doppelbelastung gedrängt, behauptete die Rednerin.
Abgeordneter PRINZ (V) bezeichnete die Familie als das sozialste und nachhaltigste Lebensmodell der Zukunft, unterstrich die Leistung der Familien für Gesellschaft und Staat und betonte die Notwendigkeit eines finanziellen Ausgleichs zwischen jenen, die Kinder haben und jenen, die keine haben. Denn es sei nicht hinzunehmen, dass Menschen nur deshalb unter die Armutsgrenze rutschen, weil sie Kinder großziehen. Die Sozialdemokraten aber wollten den Familien Geld wegnehmen, das ihnen zustehe, kritisierte Prinz.
Abgeordneter Mag. KOGLER (G) bekannte sich zum Einsatz für alleinerziehende Frauen und für Menschen, die von dieser Regierung bereits mehrfach zur Kasse gebeten wurden. Angesichts des heutigen Antrages der SPÖ stellte Kogler aber die Frage, ob er wirklich jenen nütze, denen die SPÖ helfen wolle. Ihm, Kogler, sei der SP-Antrag zu undifferenziert. Mit einer Erhöhung der Absetzbeträge bzw. der Negativsteuer werden Arbeitslose und Menschen nicht berücksichtigt, die auf Notstandshilfe angewiesen sind. Daher können die Grünen nicht zustimmen.
Abgeordneter BÖHACKER (F) wies es als Unterstellung zurück, dass Sozialminister Haupt die volle Besteuerung der Abfertigungen fordere und nannte die Behauptung falsch, dass Finanzminister Grasser das Urlaubs- und Weihnachtsgeld besteuern wolle. Der Versuch der SPÖ, als "Rächer der Witwen und Waisen" aufzutreten, sei daneben gegangen, sagte Böhacker. Die Sozialdemokraten sollten sich daran erinnern, dass sie bei ihren Sparpaketen nur abkassiert haben, ohne dauerhafte strukturelle Einsparungen zu erzielen. Die neue Bundesregierung gehe demgegenüber einen anderen, zukunftsträchtigeren Weg. Sie hole sich das Geld bei jenen, die es sich leisten können, und schlage einen sozial gerechten Weg in der Steuerpolitik ein.
Der Dringliche Antrag der SPÖ - in der korrigierten Version - wurde mehrheitlich abgelehnt.
FRISTSETZUNG FÜR ÄNDERUNG DES SUCHTMITTELGESETZES
Abgeordneter Mag. KUKACKA (V) begründete den Antrag, dem Justizausschuss zur Berichterstatung über die Änderung des Suchtmittelgesetzes eine Frist bis zum 9. Mai zu setzen, mit der Absicht der Koalitionsparteien, der Verzögerungstaktik der Opposition, wie er sagte, ein Ende zu setzen. Denn es gäbe Anlässe genug, über das Thema Suchtgift zu sprechen, die jüngsten spektakulären Suchtgiftfunde etwa oder die beiden Polizisten, die bei einem Unfall getötet wurden, den ein "Drogenlenker" verursacht hat. Dem ehemaligen Verkehrsminister Einem warf Kukacka Versäumnisse vor, denn schon vor zwei Jahren habe der Verkehrsausschuss Maßnahmen gegen Drogen im Straßenverkehr, insbesondere ein Prüfverfahren, verlangt. Dies werde die neue Koalition nun nachholen, zumal Tendenzen erkennbar seien, statt Alkohol Drogen zu konsumieren, um bei Verkehrskontrollen "nicht aufzufallen". Die Koalition werde alles tun, um den Kampf gegen Drogen im Straßenverkehr zu intensivieren und dafür sorgen, dass Menschen, die von Alkohol, Drogen und Medikamenten abhängig sind, keine Lenkerberechtigung erhalten. Kukacka fordert Drogentests, die in Verdachtsfällen nicht zurückgewiesen werden dürfen.
Abgeordneter EDER (S) meinte, die Probleme, die Kukacka ansprach, seien nicht so leicht zu lösen, wie dieser glaube, und wies den Vorwurf der Verzögerung seitens der Opposition zurück. Es handle sich aber um ein heikles Thema, wie auch Verkehrsministerin Forstinger zugegeben habe, eine Fristsetzung sei daher unseriös. Während Verkehrsminister Einem wertvolle Arbeit leistete, habe die neue Regierung ein ganzes Jahr versäumt. Kukacka kritisiere mit seiner Fristsetzung die eigene Regierung, meinte Eder pointiert und unterstrich die Bereitschaft der SPÖ, an der Suche nach machbaren Lösungen mitzuwirken. Die Bundesregierung sei aufgefordert, tätig zu werden und sachgerechte Vorschläge zu unterbreiten. Dem Fristsetzungsantrag werde die SPÖ nicht zustimmen.
Auch Abgeordneter Dr. PUMBERGER (F) warf der SPÖ vor, eine Reform des Suchtmittelgesetzes zu blockieren. Sie blockiere auch die Behandlung der Grenzmengenverordnung im Hauptausschuss. Die SPÖ hat den Angehörigen der durch einen Drogenlenker zu Tode gekommenen Polizisten zu erklären, warum sie die Einführung von Drogentests im Straßenverkehr verzögere. Angesichts steigender Drogenkriminalität verlangt der Abgeordnete, Verkehrskontrollen durch Drogentests zu verbessern und Drogenbosse mit lebenslangen Freiheitsstrafen zu verurteilen.
Abgeordnete Dr. FEKTER (V) zeigte sich als Ausschussvorsitzende dankbar für die Fristsetzung, da sich die Opposition bisher dem Gespräch über eine Änderung des Suchtmittelgesetzes verweigert habe. Die SPÖ habe im Hauptausschuss auch eine Behandlung der Grenzmengenverordnung verhindert, weil, wie Abgeordneter Kostelka heute gesagt habe, noch eine Expertenenquete stattfinden soll. Gleichzeitig habe die SPÖ aber Termine für Experten-Hearings abgelehnt. Die Verzögerungstaktik sei offensichtlich. Der Tod der beiden Polizisten habe gezeigt, dass Handlungsbedarf bestehe, zeigte sich Fekter überzeugt.
Abgeordneter Mag. BROSZ (G) klagte, dass seine Fraktion die Stellungnahmen aus dem Begutachtungsverfahren zur Grenzmengenverordnung erst heute bekommen habe. Nicht die Oppositionsparteien haben blockiert, das Sozialressort habe es verabsäumt, die Abgeordneten zu informieren. Brosz verlangte Tests, die den Grad der Beeinträchtigung der Verkehrstüchtigkeit feststellen können, warnte aber davor, vom Grundsatz "Helfen statt Strafen" in der Drogenpolitik abzugehen. Die Anhebung des Strafmasses von 20 Jahren auf lebenslänglich für Dealer hielt Brosz für absurd. Solche Leute lassen sich von einer höheren Strafdrohung nicht abschrecken, meinte der Abgeordnete.
Der F-V-Antrag, dem Justizausschuss zur Berichterstattung über die Änderung des Suchtmittelgesetzes eine Frist bis 9.5.2001 zu setzen, wurde mehrheitlich angenommen.
Ohne Debatte wurden zwei Fristsetzungsanträge der Oppositionsparteien zur Abstimmung gebracht und mehrheitlich abgelehnt. Der Antrag der SPÖ galt dem Gesundheitsausschuss, jener der Grünen dem Landwirtschaftsausschuss. Beide Vorlagen bezogen sich auf das Thema BSE. (Schluss)