Parlamentskorrespondenz Nr. 143 vom 01.03.2001

GRÜNE: SCHUTZ FÜR RECHTSBRECHER, ZU WENIG KONTROLLE BEI LEBENSMITTELN

Wien (PK) - Am Nachmittag unterbrach der Nationalrat seine Debatte über die Wahrnehmungsberichte des Rechnungshofs zur Behandlung einer von der Fraktion der Grünen eingebrachten Dringlichen Anfrage betreffend "Gesundheitsgefährdung der KonsumentInnen durch Kontroll-Chaos und Schutz von Rechtsbrechern" an Verbraucherschutzminister Herbert Haupt.

Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG (G) warf in ihrer Begründung der Anfrage Haupt vor, in seiner bisherigen Amtszeit mehr durch Parteipolitik denn durch die Lösung von Sachfragen aufgefallen zu sein. Hier scheitere er an seinen eigenen Ansprüchen.

Konkret müsse sich der Minister zwei politischen Vorwürfen stellen. Einerseits habe die Politik bei den Lebensmittelkontrollen versagt, gäbe es doch trotz der dramatischen Lage keine zusätzlichen Überprüfungen, da es an Personal und Budget fehle, andererseits würden Rechtsbrecher, Lebensmittelsünder systematisch geschützt, und dafür trage Haupt die Verantwortung.

Haupt habe keine einzige zusätzliche Kontrolle angeordnet, und dies sei ein politischer Skandal, meinte Glawischnig. Der Personalstand bei den Lebensmittelkontrollen sei seit 1995 kontinuierlich gesunken, und der Bundesminister steuere hier ebenso wenig gegen wie im Veterinärbereich.

Selbst die EU kritisiere auf diesen Gebieten Österreich, unterstrich Glawischnig, die Haupt vorwarf, auf diese Missstände nicht zu reagieren. Die illegalen Vorgänge fänden seitens der Politik keinen entschlossenen Widerstand, das sei keine akzeptable Konsumentenschutzpolitik.

Es fehlten gesetzliche Grundlagen ebenso wie entschiedenes Vorgehen in der Praxis. Und daran habe sich auch in der Amtszeit Haupts nichts geändert. Der Minister habe sich in der ganzen Angelegenheit unglaubwürdig verhalten, er habe dadurch jede Schonzeit verwirkt. Hier dürfe nicht vertuscht werden, hier müssten vielmehr die Missstände endlich ein Ende haben.

In seiner Anfragebeantwortung verwies Bundesminister Mag. HAUPT auf die Genese seines Ressorts und erinnerte an die Tätigkeit seiner Vorvorgängerin Prammer, deren politische Schritte für die Ausdünnung der Kontrollinstanzen maßgeblich verantwortlich gewesen seien. Er, Haupt, habe auf diesem Gebiet hingegen prompt und entschlossen Gegenmaßnahmen ergriffen. So habe sich der entsprechende Personalstand unter der neuen Regierung erhöht und nicht, wie behauptet, weiter vermindert.

Er habe eine Rechtslage geerbt, die gravierende Mängel aufweise, und sei sofort darangegangen, dies zu beheben. Der Gesetzgeber habe nach wie vor dringenden Handlungsbedarf, und er, Haupt, werde bestrebt sein, zur Schließung der gesetzlichen Lücken nach Kräften beizutragen.

Weit mehr als 90 % der landwirtschaftlichen Betriebe, mehr als 97 % der Veterinäre und mehr als 98% der Apotheker arbeiteten ordentlich, und er sehe nicht ein, so Haupt, weshalb diese überwältigende Mehrheit ins Zwielicht gerate durch ein paar wenige, die ungesetzlich vorgingen. Er habe hiefür entsprechende gesetzliche Schritte eingeleitet, in denen ein adäquater Strafrahmen für dieses illegale Verhalten vorgesehen sei, und er bitte den Nationalrat für diese Initiative um Unterstützung.

Im übrigen geschehe in Österreich statistisch schon jetzt mehr als in der vielgepriesenen BRD, wie Österreich EU-weit keinen Vergleich zu scheuen brauche. Viele Seuchen, mit denen andere Staaten gegenwärtig zu kämpfen hätten, seien bei uns schon lange ausgerottet. Man arbeite jedenfalls verstärkt an der Lösung der Probleme, und dafür ersuche er um die Unterstützung des Hauses.

Er spreche sich dagegen aus, so Haupt weiter, die Konsumenten zu verunsichern, wobei er auch an die Medien appelliere, auf die billige Schlagzeile, die sich dann, wie im Fall Außerfern, als falsch erweise, zu verzichten. Dies habe sich die heimische Wirtschaft verdient.

Der Minister fasste daraufhin die Maßnahmen seines Ressorts noch einmal zusammen und verwies auf die Ergebnisse seiner Politik, die international achtbar seien. Schließlich ging Haupt auf die einzelnen Detailfragen der Dringlichen Anfrage ein und beantwortete diese.

Abgeordnete Dr. MOSER (G) strich heraus, dass Minister Haupt zwar vieles sagte, aber die Dringliche Anfrage, die in Richtung Kontrolle und Verbesserung der Lebensmittel- und veterinärmedizinische Untersuchungsanstalten geht, unbeantwortet ließ. Auch über das Projekt "Agentur für Ernährungssicherheit" fand der Ressortchef nur wenige Worte. Besonders vermisste die Rednerin konkrete Inhalte für diese "hohle Schachtel", auch sprach sie sich dagegen aus, dass der Landwirtschaftsminister als Vertreter der Produzenten in dieser "Schachtel herumkramt". Weiters machte sie darauf aufmerksam, dass es nur wenige Stichproben in heiklen Bereichen gibt und bestichprobtes Fleisch nach wie vor bis zum Konsumenten gelangt, lediglich bei Rindfleisch wird das Fleisch bis zum Vorliegen des Untersuchungsergebnisses zurückgehalten. Dies sollte im Interesse der Konsumenten für alle Stichproben gelten.

Abgeordneter Mag. MAIER (S) hielt fest, dass es nicht um einen Lebensmittel-, sondern um einen Futtermittelskandal und um Kontrolldefizite in der Landwirtschaft gehe. Kritik äußerte Maier zur Agentur für Ernährungssicherheit und mutmaßte, dass sich die FPÖ von der ÖVP habe über den Tisch ziehen lassen. Ein von ihm eingebrachter Entschließungsantrag befasst sich mit der Schließung von Kontrolllücken im Lebensmittelbereich.

Die Verunsicherungskampagne der Grünen beruht auf falschen Fakten und Daten, sagte Abgeordnete Mag. MIKL-LEITNER (V). Die Grünen versuchten ihre fachliche Inkompetenz zu überspielen, was ihnen aber nicht gelinge. Angesichts des Wiener Wahlkampfes könne es sich nur um eine Alibihandlung der Grünen handeln.

Aussagen der Erstrednerin Glawischnig stellte die Rednerin aus ihrer Sicht richtig und verwies darauf, dass in Niederösterreich 30 bis 40 Personen zusätzlich für die Kontrolle des Tiermehlfütterungsverbotes abgestellt wurden. In einigen Tagen werden 10 % der niederösterreichischen Betriebe kontrolliert sein. Hinsichtlich der illegalen Verabreichung von Antibiotika wurde rasch gehandelt, in Niederösterreich konnten zusätzlich 400 Betriebe kontrolliert und etwa 40 Betriebe von der Kriminalpolizei überprüft werden.

Abgeordneter GAHR (V) traf eine Richtigstellung betreffend den Import von Futtermitteln nach Tirol. - Abgeordnete Dr. MOSER (G) bestritt in einer tatsächlichen Berichtigung den Vorwurf der Panikmache.

Abgeordnete ACHATZ (F) strich heraus, dass bei uns im Unterschied zu Deutschland Betriebe bis zum Vorliegen des zweiten Untersuchungsergebnisses geschlossen werden. Den Grünen gegenüber bemängelte die Rednerin, dass von BSE-Skandal und von Schweinepest gesprochen werde, obwohl es in unserem Land keinen einzigen Fall gibt. Diese Panikmache trage zur Verunsicherung der Konsumenten bei, meinte sie.

Abgeordneter Dr. GRÜNEWALD (G) verstand nicht, weshalb die Regierungsparteien kritisieren, dass die Grünen eine Dringliche Anfrage eingebracht haben. Dies stellt für ihn Realitätsverweigerung dar, weil, obwohl es in Österreich keinen einzigen BSE-Fall gibt, die potenzielle Gefahr bestehe. Auch die Lebensmittelsicherheit sei kein unwichtiges Anliegen, meinte der Abgeordnete. Zum Problem der Antibiotika in der Tierhaltung und zu den Gefahren der Antibiotikaresistenzen machte der Redner auf Untersuchungen aufmerksam, wonach nur 20 % der Antibiotika therapeutisch eingesetzt werden.

Abgeordnete Mag. SIMA (S) bemängelte, dass, obwohl der Schweinemastskandal seit sechs Wochen bekannt ist, keine einzige Maßnahme seitens der Regierung gesetzt wurde, weil offensichtlich der Koalitionspartner massiv Widerstand leiste. Die Vorgangsweise ist ihrer Ansicht nach ein Beispiel dafür, wie Krisenmanagement nicht gemacht werden soll. Wichtig sind für sie eine Entwirrung des Kontrollchaos, eine klare Trennung zwischen Produktion und Kontrolle und eine artgerechte Tierhaltung.

Bundesminister Mag. HAUPT hob hervor, dass Betriebe nur so lange gesperrt bleiben, als es unbedingt notwendig ist, und regte an, gemeinsam bestehende gesetzliche Defizite auszumerzen und nicht in einem Wahlkampf auf Kosten der Konsumenten, Produzenten und der Wirtschaft Schaden anzurichten.

Abgeordnete Mag. PECHER (V) kritisiert die Dringliche Anfrage als "Panikmache der Grünen" und verlangte, auf dem Boden der Realität zu bleiben. "Wir haben sichere Lebensmittel und ein strenges Lebensmittelrecht, das alles verbietet, was nicht ausdrücklich erlaubt ist", sagte Pecher und erinnerte an die strengen Hygieneverordnungen, die in den letzten Jahren noch verschärft wurden, was Bauern und Industrie hohe Investitionen abverlangt habe. Die steigende Lebenserwartung sei nicht nur ein Verdienst der medizinischen Versorgung, sondern auch des Angebots an gesunden Lebensmitteln, zeigte sich die Rednerein überzeugt. Die Lebensmitteluntersuchungsanstalten haben 30.000 Rinder untersucht, ohne einen BSE-Fall zu finden. Von Überforderung der Kontrollore, von mangelnder Kontrolle könne keine Rede sein. Wer mehr Kontrollore verlange, solle sagen, dass dies höhere Kosten nach sich ziehe, die von Konsumenten oder Steuerzahlern zu tragen wären. Statt dessen forderte Abgeordnete Pecher, bei den Lebensmittelkontrollen Synergieeffekte zu nützen und Kosten zu sparen. Es sei nicht einzusehen, dass die selben Lebensmittel mehrfach von verschiedenen Anstalten untersucht werden.

Abgeordneter Dr. PUMBERGER (F) erinnerte an das langjährige gesundheitspolitische Engagement seiner Fraktion und meinte, die heutige Dringliche Anfrage habe dem Gesundheitsminister Gelegenheit geboten, die Bedenken der Opposition zu zerstreuen. Abgeordnete Glawischnig habe die Konsumenten mit schlecht recherchierten und falschen Zahlen grundlos verunsichert. Überdies sollte sie sich bei Minister Haupt für die Behauptung entschuldigen, er schütze Rechtsbrecher. Versagen ortete Abgeordneter Pumberger bei der ehemaligen Konsumentenschutzministerin Prammer, sie habe nicht reagiert, die Freiheitlichen hingegen hätten schon bald nach dem EU-Beitritt einen Schweineskandal in Oberösterreich nachgewiesen.

Abgeordneter DI PIRKLHUBER (G): "Die derzeitige Krise in der österreichischen und europäischen Lebensmittelproduktion erfordert radikale Reformen." Nur durch einen radikalen Kurswechsel in der österreichischen Schweinebranche könne das Vertrauen der Konsumenten langfristig wiedergewonnen werden. Bloße Symptombehandlung reiche nicht aus. Hohe Standards müssten kontrolliert und tatsächlich umgesetzt werden. Dies setze voraus, Gesetzeslücken zu schließen und vorbeugende Maßnahmen zu treffen. Pirklhuber verlangte eine Offensive des Ministers. Es gehe nicht nur um den illegalen, sondern auch um den legalen Medikamenteneinsatz. Denn die Antiobiotika-Verwendung in der Tierhaltung führe zu Resistenzen. Überdies gelangten wasserlösliche Antibiotika über die Gülle in die Böden und in das Grundwasser. Einmal mehr plädierte Pirklhuber für Biolandbau und artgerechte Tierhaltung und für ein Ende der Spar- und Kürzungspolitik in der Kontrolle.

Abgeordnete HUBER (S) registrierte eine tiefe Verunsicherung der VerbraucherInnen, die weniger Fleisch kaufen, was die Bauern um ihre Existenz und die Arbeitskräfte in der Nahrungsmittelindustrie um ihre Jobs bangen lasse. Die vom Gesundheitsminister angekündigten Maßnahmen seien unzureichend und unkoordiniert. Huber drängte auf Untersuchungen im Bereich Geflügel und Fische und klagte darüber, dass kein Personal für zusätzliche Proben zur Verfügung stehe, weil der Sparstift regiere. Auch fehlten Konsequenzen für Verstöße gegen das Lebensmittelrecht. Hinsichtlich der Futtermittelproblematik beantragte die Rednerin die Zuziehung des Landwirtschaftsministers. - Dieser Antrag fand in der Abstimmung aber nicht die erforderliche Mehrheit.

Auch Abgeordneter PRINZ (V) warf der Opposition vor, die Konsumenten zu verunsichern. Sie lasse jede Verantwortung für die österreichische Wirtschaft vermissen, die unter unseriösen Medienberichten leide. Prinz schilderte die Leistungen der österreichischen Bauern bei der Produktion gesunder Lebensmittel und in der Landschaftspflege. Die Grünen aber wollten nur Spendengelder sammeln und Stimmen maximieren. "Wenn wir gesunde Lebensmittel wollen, müssen wir die wirtschaftliche Grundlage der Bauern erhalten", schloss Prinz.

Abgeordnete MOSER (G) trat in einer tatsächlichen Berichtigung der Behauptung entgegen, die Grünen hätten Bauern angezeigt.

Abgeordneter HAIGERMOSER (F) sah die "Grüne Melonenpartei ausgetrocknet und ohne Saft agieren". Zuletzt seien sie nur durch Verunsicherung und die Anwesenheit der Abgeordneten Petrovic bei der Opernball-Demo aufgefallen. Den Grünen fehle, was nötig sei, um das Unbehagen der Konsumenten zu überwinden, nämlich Handlungskompetenz, sagte Haigermoser, ehe er sich kritisch mit der verfehlten Agrarpolitik der EU - an der auch Kommissar Fischler maßgeblich beteiligt sei - sowie mit der Konzentration des Lebensmittelshandels befasste. Diese Politik - Motto: billige Endprodukte statt guter Rohstoffe - habe zu BSE-Krise und zu Problemen im ländlichen Raum und bei den Bauern geführt. Die EU sollte etwas gegen das Versickern von Milliarden - Stichwort Flachsskandal - tun, statt von  Österreich zu verlangen, Probleme lösen, "die wir nicht verursacht haben". Haupt und Molterer bewältigten die Probleme, ihr Handeln zeige in die Zukunft - Pirklhuber und Petrovic hingegen seien keine Problemlöser, das hat die heutige Dringliche für Abgeordneten Haigermoser aufgezeigt. - In einer tatsächlichen Berichtungen weist Abgeordnete Dr. PETROVIC (G) jeden Konnex zwischen ihr und Gewalttätern zurück.

Abgeordneter LACKNER (S) warf Minister Haupt Untätigkeit vor. Er habe genügend Gelegenheit gehabt, seine Vorstellungen einer zielführenden Lebensmittelkontrolle umzusetzen. Außer plakativem Rindfleischessen sei bislang aber wenig bis nichts passiert. Es sei nicht länger zu verantworten, die Gesundheit der Österreicher durch Fortsetzung einer bloßen Ankündigungspolitik zu gefährden. Nur eine Änderung der verfehlten Agrarpolitik könne eine sichere Lebensmittelproduktion garantieren, dazu gehöre vor allem eine radikale Umstellung der Agrarförderungspolitik. Mit der geplanten Lebensmittelsicherheitsagentur werde der "Bock zum Gärtner" gemacht. Diese Agentur sollte als nachgeordnete Dienststelle des Gesundheitsressorts eingerichtet werden. Lackner trat nachdrücklich für eine effiziente und unabhängige Kontrolle im Interesse der Konsumenten und Konsumentinnen ein.

Abgeordneter SEVIGNANI (F) erinnerte an die Kritik der Freiheitlichen an der EU-Agrarpolitik und machte beispielhaft darauf aufmerksam, was sich die Konsumenten in den vergangenen Jahren alles gefallen lassen mussten: Hormone, Klärschlamm und Salmonellen. Obwohl bei 29.000 BSE-Tests in Österreich nicht ein einziger BSE-Fall aufgetreten sei, lasse die Opposition dennoch keine Gelegenheit aus, dieses Problem hochzuspielen. Sie richte damit großen wirtschaftlichen Schaden an, sagte Sevignani und wies auf den Fall in Außerfern hin, wo die Existenz eines Bauern wegen eines Untersuchungsfehlers gefährdet wurde. Schuld sei der agrarindustrielle Komplex der EU, daher sei die EU bei der Bewältigung der BSE-Krise zur Kasse zu bitten, nicht aber die Bauern des BSE-freien Österreich. Die Freiheitlichen lehnten es ab, gesunde Tiere zu verbrennen, während Millionen Menschen hungern. "Nirgendwo ist es sicherer, Rindfleisch zu essen als in Österreich", schloss Sevignani.

Abgeordneter GRADWOHL (S): "Österreich hat Gott sei Dank keinen BSE-Fall, aber es hat andere Fälle, etwa Hormonbehandlungen in der Schweinemast". Die ÖVP verfolge aber schon seit Jahren die Strategie "Augen zu, Ohren zu, Mund zu", kritisierte Gradwohl. Den Ausführungen von Minister Haupt, die die Hoffnung erweckt hätten, dass etwas geschehe, stünden Aussagen von ÖVP-Rednern, etwa Mikl-Leitners, gegenüber, die in die entgegengesetzte Richtung wiesen. Die geplante Agentur für Lebensmittelsicherheit veranlasste Gradwohl zu der Frage, ob nicht in den Ländern ohnehin schon neun solcher Einrichtungen bestünden. Er bezweifelte, dass es sinnvoll sei, eine zusätzliche Koordinierungsagentur zu schaffen. Habe aber Minister Haupt bei seiner Absicht, die mittelbare Bundesverwaltung zu verändern, ein Durchgriffsrecht zugunsten der Lebensmittelsicherheit für die Konsumenten im Auge, habe er die Sozialdemokraten an seiner Seite, sagte Abgeordneter Gradwohl.

Bei der Abstimmung erzielte der SP-Entschließungsantrag betreffend Schließung von Kontrolllücken im Lebensmittelbereich keine Mehrheit und wurde abgelehnt.

 

FRISTSETZUNGSANTRAGDER GRÜNEN: KEINE BESTEUERUNG DER UNFALLRENTEN

In der Begründung des Fristsetzungsantrages meinte Abgeordneter ÖLLINGER (G), man könne zwar aus Fehlern lernen, es komme aber immer auf das "Wie" an. Er kritisierte in diesem Zusammenhang die Beauftragung jener Arbeitsgruppe, die vor einem Jahr für die Besteuerung der Unfallrenten eingetreten ist. Auch der heute eingebrachte Entschließungsantrag beweise, dass man das Problem nicht wirklich verstanden habe. Öllinger brachte darauf hin einige konkrete Beispiele, die zeigen sollten, wie hart die Besteuerung der Unfallrenten treffen könne. Alle Versuche, Härtefälle zu vermeiden, würden schief gehen, prognostizierte der Redner, denn alle Unfallrentner seien Härtefälle. Von den Renten etwas wegzunehmen, sei daher purer Zynismus. Das Ganze werde auch vor dem Verfassungsgerichtshof nicht halten, da zum Beispiel Heeresunfallrenten nicht besteuert würden. Die Regierung werde daher nicht einmal im Ansatz einen Ausweg aus dem Dilemma finden, in das sie sich selbst hinein manövriert hat.

Abgeordnete Mag. PLANK (S) rief der Regierung zu, endlich zu begreifen, dass sie Menschen um ihre Rechte bringe. Die Politik der Regierung sieht sie auf drei Pfeilern aufgebaut, nämlich auf der unsozialen Treffsicherheit, auf dem Hin und Her, Vor und Zurück und dem Chaos pur sowie auf dem Schönreden. Hinsichtlich der Unfallrenten wies Plank darauf hin, dass 60 % der Betroffenen RentnerInnen seien, deren Durchschnittseinkommen bei 14.000 S liege. Nachdem man die Besteuerung trotzdem beschlossen hatte, habe sich nun knapp vor der Wiener Wahl auf einmal der "Robin Hood aus Kärnten" gemeldet, bemerkte sie ironisch, und dann sei der Faschingsscherz erst so richtig losgegangen, als eine widersprüchliche Meldungen nach der anderen folgte und die heiße Kartoffel immer weiter gegeben wurde. Abschließend sprach sie sich für die sofortige Rücknahme der Besteuerung der Unfallrenten aus.

Abgeordneter Dr. FEURSTEIN (V) erinnerte an die Politik von Minister Lacina im Jahr 1988. Die beantragte Fristsetzung von Grünewald bezeichnete er insofern als falsch, als die Regierung gerade die von Öllinger genannten Härtefälle auf Grund der Vorschläge der Arbeitsgruppe durch Gesetzesänderung raschest vermeiden wolle. Außerdem sei unrichtig, wenn von einer Doppelbesteuerung der Unfallrenten gesprochen werde, denn wenn man als Vollrente den gleichen Betrag wie als unselbständig Erwerbstätiger bekomme, unterliege man keinem Steuerabzug. Schließlich wies er auf die Ungleichbehandlung zwischen jenen, die von Geburt an behindert sind, und UnfallrentnerInnen hin.

Abgeordnete HAIDLMAYR (G) vermisst die Stimme Partik-Pablés für die Behinderten Österreichs. Den Entschließungsantrag könne man zerreißen und wegschmeißen, sagte sie, weil damit die Sache hinaus gezögert werde. Man schade damit jenen Menschen, die sich im Rahmen ihrer Tätigkeit eine Behinderung zugezogen haben. Anhand eines Beispieles warf sie der Regierung Realitätsverweigerung vor und meinte, dass man zur Vermeidung solcher Härtefälle keine Arbeitsgruppe brauche.

Abgeordneter Ing. WESTENTHALER (F) bezeichnete die Aussage seiner Vorrednerin, ein parlamentarisches Instrument sei zu zerreißen und wegzuschmeißen, als Ausdruck für den Mangel an Demokratieverständnis. Auch er bekräftigte, dass man gerade die von Öllinger gebrachten Beispiele von Härtefällen in Zukunft vermeiden wolle. Es gebe aber auch andere Fälle mit weitaus höheren Einkommen. Die völlige Rücknahme der Besteuerung sei sozial ungerecht und das Ende der Behindertenmilliarde und der Joboffensive für Behinderte. Der SPÖ sprach er die Glaubwürdigkeit ab, da diese selbst in die Tasche der Behinderten und Pflegegeldbezieher gegriffen habe.

Bei der Abstimmung wurde der Fristsetzungsantrag der Grünen mit F-V-Mehrheit abgelehnt.

(Schluss Dringliche)