Parlamentskorrespondenz Nr. 494 vom 26.06.2001

KEIN ARBEITSMANGEL FÜR DIE VOLKSANWALTSCHAFT

Wien (PK) - Dass die Volksanwaltschaft trotz zahlreicher Ausgliederungen in der Vergangenheit nicht an Arbeitsmangel leidet, unterstreicht der Tätigkeitsbericht der Volksanwaltschaft über das Jahr 2000, der nunmehr dem Parlament vorgelegt wurde (III-98 d.B.). Daraus geht hervor, dass sich im vergangenen Jahr 8.605 BürgerInnen an die Volksanwaltschaft wandten. In 3.806 Fällen wurde ein Prüfungsverfahren eingeleitet, weitere 44 Mal wurden die VolksanwältInnen von sich aus aktiv. Die häufigsten Beschwerden auf Bundesebene betrafen dabei das Sozialministerium (588) und das Justizministerium (506), während sich auf das Außenministerium lediglich neun neue Prüfungsverfahren bezogen. In der Bundesländerstatistik führt das Burgenland vor Wien und Vorarlberg die Beschwerdeliste an, das Schlusslicht bilden Oberösterreich und Tirol.

Nicht allen, die bei der Volksanwaltschaft Rat suchen, können die VolksanwältInnen auch tatsächlich helfen. So fielen von den 8.605 Anbringen des Jahres 2000 immerhin 2.538 nicht in die Zuständigkeit der Volksanwaltschaft, da es dabei etwa um zivilrechtliche Probleme zwischen Privatpersonen, beispielsweise Unterhalts- oder Obsorgeregelungen nach Scheidungen ging. Aber auch bei 2.261 Beschwerden, die die Verwaltung betrafen, fehlte der Volksanwaltschaft die Möglichkeit zum Einschreiten, da die behördlichen Verfahren noch nicht abgeschlossen waren oder den BeschwerdeführerInnen ein Rechtsmittel offen stand.

Dennoch blieben genug Fälle zur Bearbeitung übrig. Wie der Bericht zeigt, konnten im Jahr 2000 4.704 Prüfungsverfahren erledigt werden, wobei es in zwei besonders schwer wiegenden Fällen zu einer formellen Empfehlung und in einem Fall zu einer Missstandsfeststellung kam. Während jedoch im einen Fall das Verkehrsministerium der Anregung der Volksanwaltschaft vollinhaltlich nachkam und einen Bescheid der BH Gänserndorf bezüglich der Befristung einer Lenkerberechtigung aufhob, weigerte sich im anderen Fall das Finanzministerium, der Empfehlung Folge zu leisten und eine Beschädigtenrente im Wege des Härteausgleichs zu gewähren. Die Missstandsfeststellung betraf die Dauer eines Berufungsverfahrens in Bezug auf die Entziehung einer Lenkerberechtigung. In weiteren 648 Fällen hatten die Beschwerden aus Sicht der Volksanwaltschaft ihre Berechtigung, immerhin 2.207 Mal sahen die VolksanwältInnen aber keinen Anlass für eine Beanstandung.

Im Jahr 1999 hatte es im Vergleich 9.186 Anbringen gegeben, 3.971 Prüfungsverfahren waren eingeleitet worden. 577 von insgesamt 4.675 erledigten Fällen hatten zu Beanstandungen geführt, dazu kamen drei Missstandsfeststellungen und drei Empfehlungen.

Neben der Abwicklung des Geschäftsanfalls gab die Volksanwaltschaft im Jahr 2000 auch zu einer Reihe von Gesetzentwürfen Stellungnahmen ab, setzte sich mit an den Nationalrat gerichteten Bürgerinitiativen und Petitionen auseinander und pflegte internationale Kontakte.

LEGISTISCHE ANREGUNGEN

Wie die früheren Berichte enthält auch der nunmehr 24. Bericht der Volksanwaltschaft eine Reihe von legistischen Anregungen, die sich aus der Tätigkeit der Volksanwaltschaft ergeben. So urgieren die VolksanwältInnen u.a. die Schaffung eines Heimvertragsgesetzes, die Wiedereinführung der Heimfahrtbeihilfe, die Schaffung von Nachbarrechten bei der Errichtung von GSM-Sendeanlagen und die Beseitigung von Rechtsschutzdefiziten bei Liegenschafts-Enteignungen. Sie kritisieren beispielsweise aber auch die verpflichtende Angabe des Religionsbekenntnisses auf Heirats- und Sterbeurkunden sowie die Tatsache, dass ArbeitnehmerInnen, die aufgrund der wirtschaftlichen Lage ihres Dienstgebers gezwungen sind, ihre Vollbeschäftigung auf das Ausmaß einer geringfügigen Beschäftigung zu reduzieren, keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben.

In einzelnen Bereichen ist die Volksanwaltschaft mit ihren Anregungen dabei durchaus erfolgreich. So konnte sie erreichen, dass Freigesprochene verständigt werden müssen, wenn die Staatsanwaltschaft Rechtsmittel, die sie gegen den Freispruch eingelegt hat, zurückzieht. Durch eine Novellierung des Jugendgerichtsgesetzes wurde das Recht von Jugendlichen, eine Vertrauensperson bei einer polizeilichen Vernehmung beizuziehen, auch auf diejenigen Fälle erstreckt, in denen keine Festnahme erfolgte. Zahlreiche legistische Anregungen der Volksanwaltschaft aus den vergangenen Jahren harren, wie der Bericht zeigt, aber nach wie vor der Umsetzung. Manche Forderungen, wie etwa jene nach einer Neugestaltung des Fundrechts, sind dabei sogar seit vielen Jahren aufrecht.

Den Hauptteil des mehr als 200 Seiten umfassenden Berichts bildet eine detaillierte Aufschlüsselung des Geschäftsanfalls der drei VolksanwältInnen. Geordnet nach Bundesministerien dokumentieren Ingrid Korosec, Horst Schender und Christa Krammer eine Reihe von Einzelfällen und machen auf generelle Probleme aufmerksam, auf die sie im Rahmen ihrer Tätigkeit gestoßen sind.

Der vorliegende Bericht ist übrigens der letzte des amtierenden Volksanwaltschafts-Trios. Die Erstellung des nächsten Berichts wird bereits unter die Zuständigkeit von Rosemarie Bauer, Peter Kostelka und Ewald Stadler fallen, die am 1. Juli 2001 ihr Amt als Volksanwalt bzw. Volksanwältin antreten werden.

Die Volksanwaltschaft hält regelmäßig Sprechtage ab - 2000 waren es 223 - und bietet auch via Internet (http://www.volksanw.gv.at) ein Online-Beschwerdeformular an. Für Rat- und Hilfesuchende steht außerdem täglich zwischen 8 Uhr und 16 Uhr ein telefonischer Auskunftsdienst (Tel. 01/51505-100) zur Verfügung.

(Schluss)