Parlamentskorrespondenz Nr. 497 vom 26.06.2001

LANDWIRTSCHAFTSAUSSCHUSS BESCHLIESST AGRARRECHTSÄNDERUNGSGESETZ 2001

Oppositionelle Bedenken hinsichtlich Wasserrecht und Sortenschutz

Wien (PK) – Mit den Stimmen der Regierungsparteien verabschiedete der Landwirtschaftsausschuss heute ein Agrarrechtsänderungsgesetz 2001 in der Fassung eines F-V-Abänderungsantrags, das im Rahmen einer Sammelnovelle Neuerungen in sieben verschiedenen Gesetzen bringt und zudem ein Sortenschutzgesetz 2001 erlässt.

Im einzelnen sieht das Gesetz zunächst Kompetenzverschiebungen im Düngemittelgesetz vor, indem es die beim Landwirtschaftsministerium in erster Instanz verbliebenen Vollzugsaufgaben an das Bundesamt und Forschungszentrum für Landwirtschaft und das Bundesamt für Agrarbiologie überträgt. Im Bereich des Pflanzenschutzgesetzes und des Pflanzenschutzmittelgesetzes soll die Vollziehung der Einfuhr von Pflanzen aus Drittländern bzw. die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln jeweils der für die fachliche Beurteilung zuständigen Organisationseinheit zugewiesen werden. Gleichfalls wird auch die Vollziehung der Anerkennung von Versuchssaatgut nach dem Saatgutgesetz auf die zur fachlichen Beurteilung zuständige Organisationseinheit verlagert. Im Futtermittelgesetz wiederum wird im Sinne einer EU-Anpassung die Möglichkeit geschaffen, dass Sachverständige der Kommission die Kontrollorgane bei der Durchführung von Tätigkeiten im Rahmen des Futtermittelgesetzes begleiten können. Eine Kompetenzverschiebung ergibt sich auch im Qualitätsklassengesetz. Die Vollzugszuständigkeit für die Qualitätskontrolle anlässlich des Warenverkehrs mit dem Ausland wandert vom Landwirtschaftsministerium zum Bundesamt und Forschungszentrum für Landwirtschaft.

Die Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes werden an das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) angepasst. Dadurch soll erreicht werden, dass die wasserrechtlichen Verfahren einfacher und kostengünstiger durchgeführt werden können. Zudem wurden im Gleichklang mit künftigen Anforderungen durch die Wasserrahmenrichtlinie Adaptionen vorgenommen, um eine bessere Berücksichtigung der Immissionssituation bei einem stufenweisen Vorgehen im Bereich der Kleinkläranlagen zu gewährleisten.

Das Sortenschutzgesetz schliesslich bringt Harmonisierungen mit EU- und internationalem Recht (UPOV - Internationales Übereinkommen zum Schutz von Pflanzenzüchtungen). Durch die Stärkung der nationalen Sortenschutzrechte wird eine Steigerung der Anträge und somit der Einnahmen erwartet, heißt es in der Vorlage.

Der Beschlussfassung war ein Hearing vorangegangen, bei dem Experten insbesondere zum neuen Sortenschutzgesetz Stellung nahmen. Im Mittelpunkt der Debatte stand vor allem die Frage, inwieweit nun das Landwirteprivileg durch die Übernahme internationaler Vorschriften auf dem Gebiet des Sortenschutzes gewahrt bleibt.

Nach den Worten von DDr. Reinhard Mang (Landwirtschaftsministerium) versucht das Sortenschutzgesetz einen Kompromiss zwischen der Festlegung der Züchterrechte und des geistigen Eigentums auf der einen Seite und einer exakten Festschreibung der Rechte der Landwirte auf der anderen Seite, wobei eine klare Abgrenzung zum Patentrecht vorgenommen werde.

Dr. Josef Hoppichler (Bundesanstalt für Bergbauernfragen) sah hingegen im Sortenschutzgesetz eine Angleichung an das Patentrecht und sprach zudem von einer weitgehenden Aufhebung des bis dato bestehenden Landwirteprivilegs. Den Bauern sei es nun nicht mehr möglich, ihr Saatgut unentgeltlich zu vermehren, fürchtete er.

Abgeordneter Heinz Gradwohl (S), der Hoppichler beipflichtete, meinte, die Interessen der großen Saatgutkonzerne würden durch das neue Gesetz stärker geschützt als jene der kleinen Bauern.

Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) kritisierte vehement den Passus der fakultativen Vereinbarung und schloss daraus, die Bauern könnten nun ohne Zustimmung der Sorteninhaber nicht mehr ihr Saatgut aufbereiten, das Landwirteprivileg falle de facto mit diesem Gesetz.

Aus aktuellem Anlass erkundigte sich Abgeordneter Robert Wenitsch (F) danach, ob es wirklich stimme, dass aufgrund eines EU-Beschlusses ab Mitte nächsten Jahres die Verfütterung von Speiseabfällen verboten wird.

Landwirtschaftsminister Wilhelm Molterer verteidigte die Anpassung an die internationalen Regelungen und argumentierte, nur dadurch könne eine österreichische Saatgutwirtschaft auf Dauer gesichert werden. Das Landwirteprivileg werde jedenfalls nicht aufgehoben, stellte der Minister mit Nachdruck klar. Nur im Falle einer freiwilligen Vereinbarung zwischen den Landwirten und den Züchtern könne es zu Einschränkungen kommen. Hinsichtlich der Wortmeldung des Abgeordneten Wenitsch teilte der Minister mit, dass Österreich in dieser Frage überstimmt wurde und dieser Beschluss daher ab 1.7. 2002 innerstaatlich umgesetzt werden müsse. Das Argument der Befürworter lautete, dass im Lichte der Erfahrungen mit der Maul- und Klauenseuche jedes Risiko ausgeschlossen werden müsse.

In einer Ausschussfeststellung, die einstimmig angenommen wurde, ging man davon aus, dass im Sortenschutzgesetz unter "Anbau" auch die entsprechend nötigen Aufbereitungsschritte verstanden werden.

Zum Themenbereich Wasser meldete sich u.a. Mag. Barbara Pucker, Abteilung Wasserrecht der Kärntner Landesregierung, zu Wort, der es im Sinne der Verbandskläranlagen darum ging, den Begriff "Gemeinde" durch "geschlossenes Siedlungsgebiet" zu ersetzen. Abgeordnete Anna Elisabeth Achatz (F) wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Abänderungsantrag dieser Forderung entspreche. Darin wurde nämlich festgehalten, dass der Landeshauptmann mit Verordnung die Ausnahme von der Bewilligungspflicht für Einleitungen in einem geschlossenen Siedlungsgebiet, in dem häusliche Abwässer mit einer maximalen täglichen Schmutzwasserfracht von insgesamt weniger als 2000 EW anfallen, unter bestimmten Umständen bis längstens 22. Dezember 2015 verlängern kann.

Abgeordnete Eva Glawischnig (G) hielt es für extrem problematisch, dass der Grundsatz der mündlichen Verhandlung aufgegeben wird. Hinsichtlich der so genannten Wasserzwangsgenossenschaften bemängelte sie, dass ein massiver staatlicher Eingriff vorgenommen wird. Sie habe zudem den Eindruck, dass das Recht der Gemeinden massiv eingeschränkt wird.

Seiner Meinung nach sei es nicht schlüssig, meinte Abgeordneter Peter Keppelmüller (S), warum ein Systemwechsel, und zwar von der Bewilligungsfiktion hin zur Bewilligungsfreistellung, vollzogen wird. Mit der Verlängerung der Frist werde zudem unnötig über das Ziel hinausgeschossen. Dieser Auffassung schloss sich auch Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) an. Er habe auch die Sorge, führte er weiter aus, dass durch die Erhöhung der Werte auf 50 EW nur spefiische touristische Zentren profitieren, während gleichzeitig genossenschaftliche und dezentrale, biologische Lösungen blockiert werden.

Sektionschef Dr. Johannes Abentung (Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) wies u.a. darauf hin, dass der von Keppelmüller angesprochene Systemwechsel Vorteile mit sich bringe. Wenn nämlich Probleme auftreten, könne in Zukunft der Zivilrechtsweg beschritten werden. Was die Entwicklung in den letzten 10 Jahren angeht, so sei "Enormes passiert", da u.a. der Anschlussgrad an kommunale Kläranlagen von 68 % auf 86 % erhöht werden konnte. Grundsätzlich handle es sich bei der Vorlage um eine pragmatische Lösung, die statt der Einzelbewilligung das planerische Herangehen in den Mittelpunkt stelle. Schließlich machte er noch darauf aufmerksam, dass eine Verordnung zur Typisierung von Kleinkläranlagen in Begutachtung gegangen sei.

Minister Molterer hielt die neuen Regelungen für sinnvoll, da auch trotz der Fristerstreckung nicht das Ende der Projekte eingeläutet werde. Es werde zu keinerlei Schwächung des Zieles, über einen längeren Zielraum flexibler in der Prioritätenreihung zu sein, kommen, unterstrich er. Auch was die Gemeinden betrifft, erkenne er keine Einschränkung der Rechte, da sie nach wie vor im Vorverfahren eingebunden sind.

EUROUMSTELLUNG WIRD AUCH IM BEREICH LANDWIRTSCHAFT UMGESETZT

Mit SP-FP-VP-Mehrheit stimmten die Abgeordneten einer Regierungsvorlage zu, die die Umsetzung der Euroumstellung im Rechtsbereich Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zum Ziel hat. Im Rahmen einer "Sammelnovelle" werden die Schillingangaben durch die entsprechenden Euroangaben ersetzt.

Abgeordneter Pirklhuber (G) behielt sich eine weitere Prüfung des Gesetzentwurfs vor, meinte aber, dass er sich eine zumindest teilweise Zustimmung der Grünen im Plenum vorstellen könne.

Von den Koalitionsparteien abgelehnt wurde hingegen ein Entschließungsantrag der Grünen, in dem diese auf eine Novellierung des Wasserrechtsgesetzes drängen, um, wie es im Antrag heißt, eine Trendumkehr in der Landwirtschaft zum wasserverträglichen Wirtschaften einzuleiten. Konkret fordern die Grünen, das "Landwirtschaftsprivileg" abzuschaffen und die hohen Schwellenwerte für den Stickstoffeintrag in § 32 Wasserrechtsgesetz aufzuheben. Derzeit gilt laut Wasserrechtsgesetz ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung - bis zum Beweis des Gegenteils - als geringfügige Einwirkung und nicht als potentielle Beeinträchtigung.

Abgeordneter Pirklhuber (G) präzisierte heute, dass das Grundwasserproblem in Österreich nach wie vor ungelöst sei und es in intensiven landwirtschaftlichen Produktionsgebieten nach wie vor eine weit überhöhte Belastung des Wassers mit Nitrat gebe. Als eine Ursache dafür nannte er die Tatsache, dass laut Wasserrechtsgesetz landwirtschaftliche Bewirtschaftung per se problemlos sei. Seiner Ansicht nach wird es Bauern aber auch zu einfach gemacht, aus dem ÖPUL-Programm auszusteigen, da sie eine intensive Bewirtschaftung ohne behördliche Kontrollen verfolgen könnten.

Dem hielten Abgeordneter Schultes und Ausschussobmann Schwarzenberger seitens der ÖVP entgegen, Österreich liege im Bereich der Stickstoffbalance und bei der Effizienz der Stickstoffverwendung im internationalen Vergleich an der Spitze. Diese Auffassung wurde auch von Landwirtschaftsminister Molterer bestätigt. Es gebe viele Statistiken, die belegten, dass die Intensität der österreichischen Landwirtschaft im europäischen Vergleich sicher im unteren Viertel angesiedelt sei, betonte der Minister.

Darüber hinaus unterstrich Molterer, Österreich habe nach wie vor das grundsätzliche Ziel, dass jedes Grundwasser Trinkwasser sei. Ihm zufolge geht die Politik dabei in die richtige Richtung, wie die österreichweiten Messstellen zeigten. Er machte zudem geltend, dass im Gesetz auch Zwangsmaßnahmen zur Senkung des Nitratgehalts im Grundwasser vorgesehen seien, wenn freiwillige Maßnahmen nichts fruchteten.

Namens der SPÖ hielt Abgeordneter Gradwohl fest, seine Fraktion unterstütze die Zielsetzung des Antrags der Grünen. Aufgrund der Grundwassersituation in einigen österreichischen Regionen sei es notwendig, entsprechende Vorsorgemaßnahmen zu treffen.

(Schluss)