Parlamentskorrespondenz Nr. 523 vom 04.07.2001
KINDERBETREUUNGSGELD FINDET MEHRHEIT DER REGIERUNGSFRAKTIONEN
Wien (PK) - Der erste große Themenbereich am ersten von drei Sitzungstagen des Nationalrats war die Familie und ihre Förderung. In der ausführlichen Debatte - rund drei Dutzend MandatarInnen ergriffen das Wort - wurden die unterschiedlichen Familienkonzepte der Fraktionen deutlich. Zusammen mit dem Kinderbetreuungsgeldgesetz wurden das Familien-Volksbegehren sowie zwei SP-Anträge (135/A[E] und 172/A[E] ) debattiert.
Zunächst gab Präsident Dr. FISCHER - nach der Aktuellen Stunde - bekannt, dass die Grünen das Verlangen gestellt haben, die schriftliche Anfrage 2629/J an den Bundeskanzler betreffend "Reformen statt Säuberungen" dringlich zu behandeln. - Der Aufruf der Dringlichen erfolgt um 15 Uhr.
Abgeordneter Dr. Cap (S) beantragte die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur "Aufklärung der Vorwürfe betreffend Geldflüsse und Manipulationen des Vergabeverfahrens im Zuge der Vergabe des Lieferauftrages über Radaranlagen an das österreichische Bundesheer in den Jahren 1994 und 1995, zur Aufklärung einer möglichen Einflussnahme des damaligen Wirtschaftsministers und nunmehrigen Bundeskanzlers Dr. Schüssel auf die Zuschlagserteilung an das Unternehmen Thompson, zur Aufklärung des Vorwurfs der Annahme von Provisionen durch an der Vergabe beteiligte Personen und zur Untersuchung der rechtlichen und politischen Verantwortlichkeiten". - Die Debatte hierüber wird nach Erledigung der Tagesordnung stattfinden.
Abgeordneter Dr. GUSENBAUER (S) zog in seiner Wortmeldung Bilanz über 16 Monate V-F-Regierung und sprach von massiven Verschlechterungen für die Familien. Dies beginne bei der Mietenerhöhung, der Anhebung der Energiepreise, gehe über die Einführung von Selbstbehalten bis hin zu den Ambulanzgebühren und Studiengebühren. All diese Maßnahmen belasten die Familien in Milliardenhöhe. Heute werde eine Maßnahme beschlossen, die in der ersten Phase 10 Mrd. S koste und in der Schlussphase bis 17 Mrd. S., sagte Gusenbauer. Einen Teil dessen mussten die österreichischen Familien in den letzten Monaten durch die Belastungspolitik der Regierung einzahlen. Daher stelle sich für ihn, Gusenbauer, die Frage, ob all jenen Familien, die belastet wurden, auch die familienpolitischen Maßnahmen zugute kommen. Fest stehe, dass vom Kinderbetreuungsgeld nur eine Teilgruppe profitiere, nämlich die künftigen österreichischen Familien. Die 1,8 Millionen Kinder, die es zurzeit gibt, erhielten nichts. Das sei ungerecht, sagte der S-Chef.
Es werde, kritisierte er weiter, das Kinderbetreuungsgeld eingeführt und gleichzeitig das Karenzgeld abgeschafft. Durch den Wegfall der Familienzuschläge erhalte fast die Hälfte aller bisherigen Karenzgeldbezieherinnen weniger Geld als bisher. Das Kindergeld werde zwar 30 Monate bezahlt, aber der Kündigungsschutz auf 24 Monate verkürzt, das bedeutet für den Redner, der Mann/die Frau müsse nach 24 Monaten zurück in den Beruf oder er/sie riskiert, dass der Kündigungsschutz wegfällt und er/sie keine Möglichkeit der Rückkehr mehr hat. Dies sei keine gute Maßnahmen für berufstätige Frauen, unterstrich er.
Die SPÖ hingegen wolle eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, sehe die Schaffung von Kinderbetreuungseinrichtungen als notwendig an und wolle die Familienbeihilfe pro Jahr und Kind um 5.000 S anheben.
Abgeordneter Ing. WESTENTHALER (F): Diese Wenderegierung habe es geschafft, 6 000 S pro Kind auf drei Jahre den Familien zu geben. Auch Hausfrauen, Studentinnen, Selbständige, geringfügig Beschäftigte und Bäuerinnen erhalten dieses Kindergeld. Mit dieser Maßnahme werde auch die Armut in Österreich bekämpft, hat doch die SPÖ eine Million Menschen hinterlassen, die an der Armutsgrenze leben. Der Redner listete die Belastungen der SP-Regierung in den Jahren 1996/97 auf, bezifferte das Maßnahmenpaket mit 100 Milliarden und sprach von einer Schröpfung der Familien.
Zu allem sage die SPÖ nein: zum Kindergeld, zum Nulldefizit, zur ORF-Reform, zur Abfertigung neu, zur Behindertenmilliarde und zu den Schulgesetzen. Aus Sicht Westenthalers sei die SPÖ als konstruktive Partei abgetreten, sie "blockiere und demonstriere" nur.
Das Kindergeld, das nun von zwei Parteien, die eine familienpolitische Vision der Erneuerung haben, beschlossen werde, sei beispielgebend in Europa, und mit der heutigen Beschlussfassung sei jedem klar, dass es den Familien mit dieser Regierung gut gehe, schloss der Mandatar.
Abgeordnete Dr. PETROVIC (G) beantragte vorerst, dass die Vorlage geschlechtergerecht formuliert werde. Dann erläuterte sie anhand von zwei Beispielen, dass es kein Kindergeld für alle sei, dass es sehr wohl Gruppen gebe, die, wenn sie partnerschaftlich das Kind erziehen wollen, kein Kinderbetreuungsgeld erhalten. Sie sprach von einem Trick der Regierung, bestehende Verhältnisse dadurch einzementieren zu wollen.
Abgeordneter Dr. KHOL (V) wertete das Kinderbetreuungsgeld als wichtigste familienpolitische Maßnahme dieser Bundesregierung. Die ÖVP bestätige sich damit als familienfeste Partei und löse ein Wahlversprechen ein. Mehr Frauen als bisher kommen nun in den Genuss dieser Leistung, mehr Geld werde über eine längere Zeit ausbezahlt, die Zuverdienstgrenze werde erhöht. Dies seien eindeutige Verbesserungen gegenüber dem bisherigen Modell, stellte Khol fest.
Der SPÖ und den Grünen warf er vor, den Frauen die Optionsfreiheit abzusprechen, Hausarbeit als minderwertig gegenüber unselbständiger Arbeit abzuqualifizieren und die jenigen, die beim Kind bleiben, als "Dummerl" anzusehen. Der Volkspartei hingegen gehe es um die Stärkung der Familien als Ausdruck der Solidarität und um die Wahlfreiheit der Frauen. Frauen sollen sich selbst entscheiden können, ob sie beim Kind bleiben oder außer Haus arbeiten. Das Kinderbetreuungsgeld liefere dazu die Basis.
Sozialminister Mag. HAUPT sah in der Einführung des Kinderbetreuungsgeldes einen familienpolitischen Meilenstein. Dieses Modell biete für Frauen eine bessere Möglichkeit als das bisherige Karenzgeld, nach der Kinderpause mit höherer Qualifikation wieder in die Beschäftigung einzusteigen.
Zur Kritik der Grünen am Wegfall der Teilkarenz bemerkte Haupt, diese Variante sei nur von einem Prozent in Anspruch genommen worden. Den SPÖ-Vorschlag wiederum bezeichnete der Minister als Schnellschussmodell, das tausende von Frauen von dem Bezug des Kinderbetreuungsgeldes ausgeschlossen hätte. Haupt erinnerte im übrigen daran, dass die Kinderbetreuungseinrichtungen in die Kompetenz der Länder fallen, und appellierte an die SPÖ, in ihren Verantwortungsbereichen für eine Verbilligung der Kindergartenplätze zu sorgen.
Abgeordnete Dr. MERTEL (S) warf der Regierung vor, sie fördere durch ihr Kinderbetreuungsmodell den Berufsausstieg der Frauen und bevorzuge Alleinverdienerhaushalte auf Kosten von Alleinerzieherinnen. Sie kritisierte die Aushöhlung der Teilzeitkarenz und den Wegfall der Kindergartenmilliarde und meinte, Familienförderung ab dem dritten Lebensjahr höre nun auf, Einkommensschwache würden nach wie vor benachteiligt. Mertel zweifelte zudem an der dauerhaften Absicherung der Finanzierung des Kindergeldes.
Abgeordnete HALLER (F) sprach von einer Revolution in der Familienpolitik, die von der Bevölkerung sehnlichst erwartet wurde. Das Modell bringe mehr Wahlfreiheit und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie mehr Anreize für Väter, beim Kind zu bleiben. Durch die Erhöhung des Betrages und die Verlängerung der Bezugszeit wirke das Kinderbetreuungsgeld auch verteilungspolitisch und werde einen positiven Einfluss auf das untere Einkommensdrittel auslösen, zeigte sich Haller überzeugt.
Abgeordneter ÖLLINGER (G) meinte, er verstehe, dass die Einführung des Kinderbetreuungsgeldes für FPÖ und ÖVP ein Anlass zur Freude sei. Es passiere immerhin zum ersten Mal, dass die Koalition Geld in nennenswertem Ausmaß hergebe und nicht wegnehme. Für Öllinger stellt sich aber die Frage, um welchen Preis Geld gegeben werde, seiner Ansicht nach um den Preis, dass die Pensionen nicht gesichert sind, um den Preis einer Umverteilung zwischen einzelnen Gruppen und um den Preis, dass nach drei Jahren kein Geld zur Verfügung stehe. "Das ist die einzige Botschaft, die übrig bleibt."
Öllinger kritisierte außerdem, dass nichts gemacht worden sei, um partnerschaftliche Kinderbetreuung zu ermöglichen. Damit würden Väter auch in Zukunft in den Familien fehlen. Weiters warf er der Koalition vor, entgegen ihren Versprechungen das Kinderbetreuungsgeld nicht für alle Kinder, die nach dem 1. 7. 2000 geboren wurden, einzuführen. Er brachte hierzu einen Abänderungsantrag ein, der darauf abzielt, dass ab 1. Jänner 2002 für alle Kinder unter drei Jahren Kinderbetreuungsgeld bezogen werden kann, wenn die sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind.
Der vorsitzführende Zweite Nationalratspräsident Dr. PRINZHORN erteilte Abgeordneter Dr. MERTEL (S) für deren Vorwürfe gegenüber Abgeordnetem Khol einen Ordnungsruf.
Abgeordnete STEIBL (V) bekräftigte, die Regierung habe unter Federführung der ÖVP Familienpolitik zu einem Herzstück ihrer Regierungsarbeit gemacht. Mit der Einführung des Kinderbetreuungsgeldes und mit anderen Maßnahmen würden auch die Forderungen des Familien-Volksbegehrens erfüllt. Man könne nicht oft genug wiederholen, dass ab 1. Jänner 2002 neun Mrd. S direkt an die Familien fließen würden, sagte Steibl.
Mit dem Kinderbetreuungsgeld würden nicht nur Betreuungsleistungen anerkannt, betonte die Abgeordnete weiter, sondern auch die Wahlfreiheit für Frauen verbessert. Dennoch belaste das Kinderbetreuungsgeld das Budget in keiner Weise, da es zur Gänze aus dem Familienlastenausgleichsfonds finanziert werde. Der SPÖ hielt Steibl vor, mit ihrem Nein zum Kinderbetreuungsgeld dafür zu sein, dass 15.000 Mütter und Väter weniger oder kein Geld bekämen.
Bundeskanzler Dr. SCHÜSSEL unterstrich, mit der Einführung des Kinderbetreuungsgeldes werde das zentrale politische Versprechen der Bundesregierung verwirklicht. Besonders stolz zeigte er sich darüber, dass diese Leistung in Sparzeiten erbracht werden könne, und zwar in vollem Konsens mit der Wirtschaft. Österreich werde damit, so Schüssel, zum familienfreundlichsten Land Europas, wobei er betonte, dass ÖVP und FPÖ gemeinsam für diesen "Quantensprung" verantwortlich seien.
Schüssel wies darauf hin, dass Familien besonderen Schutz und sowohl materielle als auch immaterielle Unterstützung brauchten. Vor allem junge Familien hätten besondere Probleme. "Wir wollen hier einfach Lasten wegnehmen." Der Kanzler machte in diesem Sinn geltend, dass es künftig neun Mrd. S "mehr Cash" für Familien geben werde.
Zur ablehnenden Haltung von SPÖ und Grünen merkte Schüssel an, die Opposition tue sich "redlich schwer" mit ihrer Argumentation. Er sprach sich dezidiert gegen ein einkommensabhängiges Karenzgeld und gegen eine Verwendung von FLAF-Beiträgen zur Senkung von Lohnnebenkosten aus. Für Kinderbetreuungseinrichtungen sind ihm zufolge primär die Länder und Gemeinden zuständig, die sich durch die Einführung des Kinderbetreuungsgeldes immerhin Millionen ersparen würden.
Abgeordnete Mag. PRAMMER (S) erinnerte daran, dass die Regierungsparteien die Familien in den letzten 16 Monaten durch die Streichung der beitragsfreien Mitversicherung, die "Studentensteuer", Pensionskürzungen, Ambulanzgebühren und andere Maßnahmen belastet hätten. Jetzt würde auch noch das Karenzgeld "ersatzlos abgeschafft". Zudem würde rund die Hälfte der Karenzgeldbezieherinnen durch die Streichung des Familienzuschlages künftig um 100 S pro Monat weniger erhalten als bisher.
Nach Auffassung Prammers geht es der Koalition darum, Frauen eine Entscheidung zwischen Familie oder Beruf zu ermöglichen, junge Menschen wollten aber Familie und Beruf vereinbaren können. Sie sieht im Kinderbetreuungsgeld auch keine geeignete Maßnahme zur Armutsvermeidung und stellte dem das Konzept der SPÖ zur bedarfsorientierten Mindestsicherung gegenüber.
Abgeordnete ZIERLER (F) meinte in Richtung ihrer Vorrednerin, das Karenzgeld werde nicht ersatzlos gestrichen, sondern durch ein viel besseres Modell ersetzt. Sie lehnte auch die Alternativvorschläge der SPÖ zum Kinderbetreuungsgeld wie ein einkommensabhängiges Karenzgeld oder eine weitere Kindergartenmilliarde ab. "Alles Geld in Kinderbetreuungseinrichtungen" würde ihr zufolge der SPÖ-Ideologie entsprechen, Möglichkeiten für Frauen zu schaffen, "ihre Kinder so schnell wie möglich abzugeben". Die SPÖ versuche mit ihrer Ablehnung nur, das Kinderbetreuungsgeld "madig zu machen", konstatierte Zierler, es gebe aber keine Frau, die das Modell ablehne.
Abgeordnete Mag. LUNACEK (G) erklärte, es stimme einfach nicht, dass künftig alle Frauen Kinderbetreuungsgeld erhielten. Wer etwa zuviel verdiene, bekomme nichts. Zudem werde Kinderbetreuungsgeld nicht für jedes Kind ausbezahlt, sondern nur einmal pro Familie.
Zur Aussage von Bundeskanzler Schüssel, Österreich werde mit der Einführung des Kinderbetreuungsgeldes zum familienfreundlichsten Land Europas, merkte Lunacek an, der Bundeskanzler beziehe sich damit lediglich auf den traditionellen Familienbegriff, während moderne Familien, die ebenfalls in der Gesellschaft vertreten seien, von der ÖVP nicht anerkannt würden. Lunacek ortet insbesondere eine Diskriminierung schwuler und lesbischer Eltern. Sie brachte in diesem Sinn einen Entschließungsantrag ein, in dem die Grünen eine Pflegefreistellung nach dem Urlaubsrecht auch für gleichgeschlechtliche Partner fordern.
Abgeordneter SCHWARZENBERGER (V) hielt seiner Vorrednerin entgegen, jede Familie habe die Möglichkeit, ihr Einkommen so zu gestalten, dass man unter der Zuverdienstgrenze von 200.000 S jährlich bleibe. Er gab zudem zu bedenken, dass der Anspruch auf Karenzgeld bisher an eine unselbständige Beschäftigung gekoppelt gewesen sei, was zu großen sozialen Ungerechtigkeiten geführt habe. Durch die 100-prozentige Finanzierung aus dem FLAF sei das Kinderbetreuungsgeld nunmehr auch keine Versicherungsleistung mehr, sondern eine Leistung der Gesellschaft für Familien.
Schwarzenberger erwartet sich vom Kinderbetreuungsgeld nicht zuletzt eine stärkere Armutsvermeidung. Er wies darauf hin, dass vor allem kinderreiche Familien unter die Armutsgrenze fielen, und sieht es als Verantwortung des Gesetzgebers, dem durch entsprechende Maßnahmen entgegenzuwirken. In diesem Zusammenhang machte der Abgeordnete auf die Erhöhung des Mehrkind-Zuschlages von 400 S auf 500 S und die geplante Erhöhung der Familienbeihilfe für Kinder ab drei Jahren um 100 S ab 1. 1. 2003 aufmerksam.
Sozialminister Mag. HAUPT befasste sich mit dem Thema Kinderbetreuungseinrichtungen und machte in diesem Zusammenhang u.a. darauf aufmerksam, dass im Rahmen eines AMS-Programmes für Wiedereinsteigerinnen im letzten Jahr Kinderbetreuungsbeihilfen in 16.000 Fällen gewährt wurden. Mit dem Kinderbetreuungsgeld werde zudem eine wichtige gesundheitspolitische Weichenstellung vorgenommen, da eine verpflichtende Teilnahme an den Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen sowie eine zusätzliche Untersuchung im fünften Lebensjahr vorgesehen ist.
In den letzten 16 Monaten habe es ausschließlich Belastungen für die Familien gegeben, und zwar insgesamt in der Höhe von mehr als 40 Mrd. S, kritisierte Abgeordnete BURES (S). Für einen kleinen Teil der Frauen werden zwar kurzfristig Vorteile erwachsen, aber gleichzeitig müsse die Mehrheit der Frauen wahnsinnig viele Nachteile, etwa im Bereich des Arbeitsrechtes, in Kauf nehmen. Die Menschen wollen so leben, wie sie es sich vorstellen, und deshalb brauchen sie Wahlmöglichkeiten, betonte die Rednerin. Statt dessen würden jedoch die Kindergartenmilliarde gekürzt, die Wiedereinstiegsprogramme gestrichen und der Wunsch nach einem Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen negiert.
Abgeordneter DOLINSCHEK (F) sprach von einem Meilenstein in der österreichischen Familienpolitik. Die Kritik der Sozialdemokraten, die in der Vergangenheit den "Familienlastenausgleichsfonds ausgeräumt haben", hielt er für nicht gerechtfertigt. Er hätte sich zwar auch gewünscht, dass keine Zuverdienstgrenze besteht, aber auf Grund der budgetären Bedingungen sei dies nicht möglich gewesen.
Die ÖVP habe es geschafft, den Familien in kürzester Zeit über 40 Mrd. S wegzunehmen, kritisierte Abgeordnete SILHAVY (S) scharf. Bei dem "großen Wurf" handle es sich bloß um eine Mogelpackung, da das Kinderbetreuungsgeld weder alle Frauen noch alle Kinder bekommen. Nicht nur die Opposition stelle das KBG in Frage, sondern z.B. auch die Steiermärkische Landesregierung, die den Wegfall des Familienzuschlages monierte. Für sie war es klar, dass es der Regierung nicht um eine Familienmaßnahme, sondern um eine ideologisch und politisch motivierte Umschichtung gehe.
Das Kinderbetreuungsgeld bringe erstmals eine wirkliche Wahlfreiheit für die Familien, unterstrich Abgeordnete GATTERER (V). Zudem würden die Kindererziehung als Arbeit gewertet, den Vätern ein gutes Angebot gemacht, sich partnerschaftlich in die Familie einzubringen und das Geld aus dem FLAF voll den Familien zur Verfügung gestellt. Erfreut zeigte sie sich darüber, dass nunmehr endlich einer langjährigen Forderung nachgekommen wurde, nämlich dass auch Hausfrauen und Studentinnen ein Karenzgeld erhalten sollen.
Das Kinderbetreuungsgeld dränge nicht nur die Frauen in den beruflichen Ausstieg, sondern bringe auch einen mangelnden Kündigungsschutz, gab Abgeordneter RIEPL (S) zu bedenken. Er zeigte zudem auf, dass die Pensions- und Krankenversicherung sehr stark belastet und enorme Geldmittel gebunden werden, die man auf Familien mit Kindern bis drei Jahre zentriere. Riepl trat dafür ein, jenen Familien mehr zu geben, die einen Einkommensausfall haben.
Die wesentlichsten Ziele der Koalitionsregierung waren es, der Familienpolitik eine neue Qualität zu geben, den Stillstand zu überwinden und Rückschritte abzubauen, erläuterte Abgeordneter Ing. WEINMEIER (F). "30 Jahre rote Sozial- und Finanzpolitik brachten dauernde Kürzungen", womit aber nun Schluss sein solle. Negativ stand er den Vorschlägen der Opposition, die "die Kinderlosigkeit verstaatlichen wollen" gegenüber.
Der "Meilenstein" in der Familienpolitik entpuppe sich als ein Mühlstein, meinte Abgeordnete BINDER (S), da man ein bestimmtes Gesellschaftsmodell vor Augen habe und die Aspekte der Partnerschaft, Gleichberechtigung und Chancengleichheit außer Acht lasse. Sie brachte sodann einen Entschließungsantrag ein, der die Erhöhung der Familienbeihilfe um 5.000 S pro Jahr und Kind sowie den Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen zum Ziel hat.
Das Kinderbetreuungsgeld stelle die Krönung der familienfreundlichen Politik der Volkspartei dar, führte Abgeordneter ELLMAUER (V) aus. Damit haben die Familien erstmals eine echte Wahlfreiheit und können entscheiden, ob sie die Kinder selbst versorgen oder Betreuungseinrichtungen in Anspruch nehmen. Positiv hob er noch die Erweiterung des Beziehungskreises, die Verlängerung des Anspruches um mindestens ein Jahr, die höhere Leistung sowie die deutlich erhöhte Zuverdienstgrenze hervor. Österreich werde damit zum familienfreundlichsten Land in Europa, war Ellmauer überzeugt.
Abgeordnete PARFUSS (S) fasste die Standpunkte ihrer Fraktion zu dieser Frage zusammen und berichtete die eigenen Erfahrungen zu diesem Thema ein. In den letzten Jahren habe es viele Verbesserungen gegeben, diese seien nun aber ob der konservativen Familienpolitik der Regierung in Gefahr, warnte die Rednerin. Der Kinderbetreuungsscheck werde die Probleme der Familien nicht lösen können.
Bundesminister Mag. HAUPT wies auf die Verbesserungen hin, die durch die Regierung gerade auf dem Gebiet der Kinderbetreuungseinrichtungen durchgeführt worden seien. Dadurch werde ermöglicht, dass Frauen auf den Arbeitsmarkt zurückkehren könnten. Auch die Kritik des Abgeordneten Riepl wies der Minister zurück.
Abgeordneter KNERZL (F) nannte den Tag der Beschlussfassung dieses Gesetzes einen wichtigen für die Familienpolitik. Seiner Fraktion sei es damit gelungen, ein wichtiges Wahlversprechen einzulösen. Die Kritik der Opposition könne er nicht nachvollziehen. Man habe die Gelegenheit genutzt und ein Gesetz vorgelegt, das den Wünschen vieler Familien entspreche und eine zukunftweisende Familienpolitik darstelle.
Abgeordnete Mag. LAPP (S) meinte, diese Vorlage sollte besser "Windelgeld" genannt werden, denn die älteren Kinder würden in diesem Konzept nicht berücksichtigt, würden im Gegenteil verstärkt belastet. Diesem Modell müsse sie eine klare Absage erteilen, betonte Lapp, nehme dieses doch den Familien den lebensnotwendigen Sauerstoff. Die Sozialdemokratie hingegen stehe für eine eigenständige Versorgung der Frauen, unterstrich die Rednerin.
Abgeordneter DONABAUER (V) verteidigte das Regierungsmodell als den Interessen der Familien dienlich. Das Kinderbetreuungsgeld bereite ihm grosse Freude, weil endlich niemand mehr ausgegrenzt werde. Dies zeige, wer wirklich die Familienpartei sei. Nun stehe endlich das Kind im Mittelpunkt der Leistungen, das Gesetz sei mithin ein gutes, die Lösung eine optimale. Das Karenzgeld möge gut gewesen sein, das Kinderbetreuungsgeld sei aber besser.
Abgeordnete FREIGASSNER (F) würdigte das Modell als den Bedürfnissen der Frauen, zumal alleinerziehenden, dienlich. Endlich hätten diese die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, ob sie persönlich das Kind betreuten oder ob sie Tagesmütter in Anspruch nehmen und mithin die beste Lösung für das Kind zu finden.
Auch Abgeordneter FREUND (V) sah die gegenständliche Vorlage positiv und meinte, die Opposition sei offensichtlich mit ihrem Latein am Ende, da sie sich nicht mehr zu Wort gemeldet habe. Dieses Gesetz sei ein Meilenstein in der Familienpolitik und richtungweisend für die Zukunft, ein vorbildliches Modell für Europa.
Abgeordneter HORNEGGER (F) erinnerte an die jahrelangen Bemühungen seiner Fraktion, eine Änderung in der Familienpolitik herbeizuführen, was nun endlich gelungen sei. Das nun vorliegende Modell sei ein gutes und unterstützenswertes, meinte der Redner, der dessen Vorzüge nochmals rekapitulierte.
Ähnlich argumentierten die Abgeordneten KAMPICHLER (V), Abgeordnete BURKET (F), Abgeordneter PRINZ (V), Abgeordnete Mag. PECHER (V) und Abgeordneter Mag. TANCSITS (ebenfalls V). Auch sie betonten die Weichenstellung für die Zukunft durch dieses Gesetz, welches im Interesse der Familien sei und als ein Meilenstein in der Familienpolitik gesehen werden könne. Die Schaffung der Zuverdienstgrenzen sei positiv. Es dürfe ein hohes soziales Verantwortungsbewusstsein konstatiert werden, würden doch bisher bestehende Ungerechtigkeiten beseitigt und Kind und Karriere kombiniert. Auch der Aspekt des Erwerbs von Pensionszeiten wurde neuerlich in die Debatte eingebracht.
Abgeordneter Dr. EINEM (S) meinte, die Regierungsparteien gingen offenbar davon aus, dass Kindsein mit 3 Jahren aufhöre. Seine Fraktion sehe das anders, weshalb es anderer Lösungen bedürfe. Die Vorschläge der Sozialdemokratie trügen diesem Umstand Rechnung, weshalb sie dem Problem gerechter würden als die Vorschläge der Regierung.
Die Vorlage wurde sohin mehrheitlich angenommen, wie auch die Berichte des Familienausschusses eine entsprechende Mehrheit fanden. Die Entschließungs- und Abänderungsanträge der Opposition blieben hingegen in der Minderheit.
(Schluss Kinderbetreuungsgeld/Forts. NR)