Parlamentskorrespondenz Nr. 571 vom 30.07.2001

KONSUMENTENSCHUTZ: IM JAHR 2000 FAST 100.000 BESCHWERDEN

Wien (PK) - Auf fast 100.000 aktuelle Beschwerde- und Beratungsfälle beim Verein für Konsumenteninformation (VKI) und auf Markterhebungen und Marktanalysen stützt sich der Bericht zur Lage der Verbraucherinnen und Verbraucher 2000 (III-107 d.B. ), den das für den Konsumentenschutz zuständige Justizministerium kürzlich dem Parlament zugeleitet hat. Rund ein Drittel der Beschwerden betraf den Dienstleistungssektor, am zweithäufigsten ging es um Fragen im Zusammenhang mit dem Wohnen, ein knappes Achtel entfiel auf den Bereich Freizeit/Hobbies. Der Berichtszeitraum umfasst die Zeit vom 1. Oktober 1999 bis 30. September 2000.

In dem Bericht wird einleitend die Wirtschaftslage kurz dargestellt: Die Wirtschaftsdaten seien ausgezeichnet, im Jahr 2000 habe es mit 3,5 % Steigerung des realen Brutto-Inlandsprodukts das stärkste Wirtschaftswachstum seit zehn Jahren gegeben. 40 - 50 % der neuen Jobs seien allerdings schlecht bezahlte Teilzeit-Jobs mit geringen Aufstiegschancen. 46 % der Österreicher seien der Meinung, dass der Mangel an Arbeitsplätzen bald zu einem Dauerzustand werde. Nur 23 % der Bevölkerung glaubten, dass neue Technologien neue Arbeitsplätze schaffen und die wegrationalisierten Jobs aufwiegen würden.

Die Verunsicherung der österreichischen Verbraucher sei unübersehbar, heißt es weiter in der Einleitung zu dem Bericht. Neben der Sorge um den Arbeitsplatz und um die Sicherheit der Altersversorgung sei die zunehmende Unübersichtlichkeit des sich binnen kurzer Zeit erneuernden Dienstleistungsangebots Ursache für die unübersehbare Verunsicherung der österreichischen Verbraucher: Für Verbraucherinnen und Verbraucher werde es immer schwieriger, das für sie entsprechende Angebot herauszufinden. Es stehe außer Zweifel, dass die Situation durch die Privatisierung staatlicher Dienstleistungen verstärkt werde; staatliche Monopolstellungen seien aber ebenfalls problematisch.

1999 wurden im Durchschnittshaushalt 268.000 Schilling für den privaten Konsum ausgegeben. Besondere Steigerungen vermerkt der Bericht bei der Telekommunikation: Allein für GSM-Handys stiegen 1999 die Ausgaben um 300 %, bei Computern um 50 %. Gespart wurde hingegen bei der Ernährung, wobei sich die Ausgaben verschoben haben: Der "Außer-Haus-Verzehr" ist um 3 % gewachsen, wobei vor allem Fast-Food-Lokale profitiert haben. Das Glücksspiel floriert nach wie vor: dem Bericht zufolge sind dafür pro Haushalt 6.000 Schilling ausgegeben worden. Obwohl die Konsumenten in manchen Konsumbereichen mit ihren Ausgaben zurückhaltender wurden, verschulden sie sich immer mehr. Der Bericht spricht in diesem Zusammenhang von einem "dramatischen Anstieg der Privatkonkurse". Für das Jahr 2000 nennt der Bericht 3.000 entsprechende Anträge, gegenüber 2000 im Jahr 1998. Damit liege die Zahl der Privatkonkurse erstmals über jener der Firmenkonkurse.

Der Bericht referiert in der Folge branchenspezifische Problemlagen und stellt branchenübergreifende juristische und andere Fragen dar. Nach einem Abschnitt über soziodemographische Entwicklungen (nationalitäts-, alters- sowie geschlechtsbedingte Verbraucherprobleme) und ökologischen Überlegungen schließt der Bericht mit einer Darstellung der Verbandsklagen und einiger Musterprozesse des VKI.

REISEN - BANKEN - TELEKOMMUNIKATION - WOHNEN

Rund 100 Seiten des 154 Seiten starken Berichts sind branchenspezifischen Problemlagen gewidmet, wobei sich hier der Bogen von Reisen, Internet und E-Commerce, Finanzdienstleistungen, Telekommunikation, Wohnen, Kosmetik, Freizeit und Hobbies bis zu Fragen der Energie und der Haustechnik spannt.

Auf dem Reisemarkt, auf dem die vier größten Veranstalter 84 % des Marktes halten, kritisieren die Konsumentenschützer vor allem die mangelhafte Transparenz und große Preisunterschiede (bis zu fast 40 %). Mit knapp 19 % aller Interventionen beim VKI ist der Anteil an den Gesamtanfragen gegenüber dem Vorjahr annähernd gleich geblieben.

Unterschiedliche Zahlen verschiedener Institute zitiert der Bericht bezüglich der Internetanschlüsse. Die Zahlen reichen hier von 19 bis 26 % der Österreicher, die über einen privaten Internet-Anschluss verfügten. 17 % wickeln ihre Bankgeschäfte online ab, nur 13 % "gehen" im Internet einkaufen. Rückläufig ist dem gegenüber der traditionelle Versandhandel, der von 37 % im Jahr 1995 auf 31 % im Berichtsjahr zurückgegangen ist.

11,3 % der Anfragen betrafen den Bereich Geld- und Kreditwesen, wobei gut zwei Fünftel davon auf den Produktbereich Verbraucherkredit entfielen. Dazu kommen 2.000 Anfragen und 546 "Fallbearbeitungen" zum Thema "Kreditnachrechnung wegen nicht erfolgter Zinsanpassungen. Einen geringen Anstieg der Anfragen vermerkt der Bericht im Bereich Versicherungen, wobei der größte Aufklärungsbedarf auf die Sparte Lebensversicherung entfällt.

Nach Einführung einer Zahlscheingebühr klagte der VKI die Mobilkom. Der OGH wies das Klagebegehren allerdings ab. Im Zusammenhang mit der von ihm vermuteten Sittenwidrigkeit von Telefonsex-Gesprächen beabsichtigt der VKI, einen Musterprozess anzustrengen.

Die Situation auf dem Wohnungsmarkt bezeichnet der Bericht als derzeit entspannt. Gleichwohl konnten im Berichtszeitraum 5.876 Personen telefonisch oder persönlich beraten werden.

Ein deutlicher Anstieg - 21 % - wird bei den Ausgaben der ÖsterreicherInnen für Vitamine, Mineralstoffe und sonstige Nahrungszusatzstoffe registriert - dies trotz massiver Zweifel an der Wirksamkeit dieser Stoffe. Bei der Ernährung geht der Trend, vor allem bei jungen Menschen, in Richtung kalorienarme Kost, mit Vorliebe für die mediterrane und asiatische Küche. Parallel dazu haben auch die Anfragen in diesem Bereich um rund 29 % zugenommen.

Der Bericht geht auch auf die Problematik der Einweg-Gebinde ein und ortet eine immer häufiger eingesetzte Verwendung dieser Verpackungsart bei Getränken. Die Gründe dafür seien vielfältig, heißt es dazu: eine "zahnlose Verpackungsverordnung", die Forcierung der Einweg-Verpackungen durch den Handel und die steigende Anzahl von Single-Haushalten.

JURISTISCHE QUERSCHNITTSFRAGEN - WERBUNG ALS BELÄSTIGUNG

Immer mehr dringt die Werbung auch in die Privatsphäre der VerbraucherInnen ein, wo sie zumeist als Belästigung empfunden wird. Das beginnt bei der Werbeflut an der Haustür - wobei das registrierte Pickerl oft missachtet wird - bis hin zur Telefonwerbung und zur Werbung über Internet und SMS. Der Bericht spricht in diesem Zusammenhang auch die Problematik des Datenschutzes an, zumal belästigende Werbung vielfach auf den Datenaustausch zwischen Firmen zurückgeführt wird. Zahlreich waren im Berichtszeitraum auch die Beschwerden über unseriöse Gewinnspiele.

GRUPPENSPEZIFISCHE VERBRAUCHERiINNENPROBLEME

Wie schon früher, wurden die höchsten Ausländeranteile bei Wohnproblemen, bei Kreditvermittlungen und im Gebrauchtwagenhandel registriert.

Bei jüngeren KonsumentInnen lagen die Probleme im Berichtszeitraum vor allem in den Bereichen Wohnungssuche, Finanzierungsfragen, Spiele und Spielzeug sowie moderne Kommunikationstechnologie. In der Gruppe der Älteren ging es vornehmlich um Heizungsprobleme, um Timesharing (z.B. bei der gemeinsamen Benützung von Ferienappartements) und um "Steinmetzbeschwerden".

Hinsichtlich der Verteilung der Geschlechter stellt der Bericht einen leichten Überhang von weiblichen Ratsuchenden fest. Die vorrangigen Themen dieser Gruppe waren Werbefahrten, Inkassobüros und der Versandhandel. Bei den Männern dominierten der Kfz-Bereich, Sportartikel und Heimwerken.

Abgeschlossen wird der Bericht von einer kurzen Darstellung von Verbandsklagen und Musterprozessen. Berichtet wird u.a. über einen Musterprozess um Bankomatmissbrauch, den der VKI angestrengt hat und in dem er nun, nach zehnjähriger Dauer, vor dem OGH obsiegt hat: Da die beklagte Bank den Beweis, dass mit der Original-Bankomatkarte behoben worden wäre, nicht erbringen konnte, bekommt der klagende Verbraucher - vor zehn Jahren noch Lehrling - den abgebuchten Betrag von S 10.000 zurück - und die seither aufgelaufen Zinsen dazu.

(Schluss)

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