Parlamentskorrespondenz Nr. 577 vom 06.08.2001

ZUM THEMA GLEICHBEHANDLUNG EIN BERICHT UND EINE REGIERUNGSVORLAGE

Wien (PK) - Die Minister für Wirtschaft und Arbeit sowie für soziale Sicherheit und Generationen haben jetzt den Gleichbehandlungsbericht 1995 bis 2000 dem Parlament zugeleitet. Der Bericht, der die Rechtslage ab Juli 1995 schildert und auf geplante Änderungen des Gleichbehandlungsgesetzes - vor allem im Hinblick auf EU-Recht - hinweist, listet auch Entscheidungen der Gerichte, vor allem die der unteren Instanzen, auf. Dies deshalb, weil Verletzungen des Gleichbehandlungsgebotes nicht nur bei der Gleichbehandlungskommission, die seit 1.4.2000 beim Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen eingerichtet ist, sondern auch unmittelbar bei Gericht geltend gemacht werden können, wobei Gleichbehandlungskommission und Gericht unabhängig voneinander angerufen werden können.

DIE GLEICHBEHANDLUNGSKOMMISSION

Die Gleichbehandlungskommission setzt sich aus der mit dem Vorsitz betrauten Richterin Mag. Petra Smutny und zehn weiteren Mitgliedern, die von der BAK, dem ÖGB, der Wirtschaftskammer Österreich und der Vereinigung der österreichischen Industrie sowie vom Bundeskanzleramt und vom Sozialministerium entsendet werden, zusammen. Zusätzlich nehmen die Anwältin für Gleichbehandlungsfragen und ihre Vertreterinnen an den Sitzungen der Kommission teil.

Die Vorsitzende und die Mitglieder der Kommission üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus und unterliegen Verschwiegenheitspflichten, das heißt, sie sind verpflichtet, über Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, die im Verfahren zur Sprache kommen, Verschwiegenheit zu bewahren.

Inhaltlich wurden im Berichtszeitraum vermehrt Anträge wegen sexueller Belästigung an die GBK gestellt, in jüngster Zeit waren auch mehr Anträge wegen Aufstiegsdiskriminierung zu verzeichnen.

Die GBK hat vom 1. Juli 1995 bis 30. Juni 2000 insgesamt 96 Fälle behandelt; es fanden 52 Sitzungen statt.

ZUSTAND UND ENTWICKLUNG DER GLEICHBEHANDLUNG IN ÖSTERREICH

In den vergangenen fünf Jahren konnte die Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen ihren Bekanntheitsgrad und ihre Akzeptanz als eigenständige, nur der Gleichbehandlung verpflichtete Institution, vor allem aber den Bekanntheitsgrad der Inhalte des Bundesgesetzes über die Gleichbehandlung von Frau und Mann im Arbeitsleben ausbauen. Auch der EU-Beitritt, das geltende Recht der Europäischen Gemeinschaften und die Rechtsprechung des EuGH haben sich auf die Gleichbehandlungsdiskussion in Österreich positiv ausgewirkt, heißt es im Bericht. Auf dieser Basis konnte sich die Gleichbehandlungsanwaltschaft als wirkungsvolle Beratungs- und Unterstützungseinrichtung für von beruflicher Diskriminierung betroffenen Personen etablieren.

GLEICHBEHANDLUNGSGESETZ IM SPANNUNGSFELD ZWISCHEN WIRKSAMKEIT UND NOVELLIERUNGSBEDARF

Auch nach mehr als 20 Jahren nach seinem In-Kraft-Treten kann das Gleichbehandlungsgesetz nicht für sich in Anspruch nehmen, die als unternehmerische Dispositionsfreiheit bezeichnete Gewohnheit, Frauen als schlecht bezahlte, austauschbare Arbeitskräfte einzusetzen und sie beim beruflichen Aufstieg konsequent zu übersehen, beseitigt zu haben. Außer einigen Klarstellungen und der Schaffung der Voraussetzungen für die Regionalisierung der Gleichbehandlungsanwaltschaft hat sich seit 1993 im Bereich der Gleichbehandlungsgesetzgebung für die Privatwirtschaft keine Rechtsfortentwicklung gegeben, ist dem Bericht weiter zu entnehmen.

Neben der Anpassung an geltendes EU-Recht und neuen Bestimmungen, Beschäftigte durch präventive Maßnahmen vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz zu schützen, soll die GBK durch personelle Ressourcen und eine finanzielle Abgeltung der Arbeit der Vorsitzenden sowie durch die Berücksichtigung der Präzedenzentscheidungen der Kommission in der Beweiswürdigung im arbeits- und sozialgerichtlichen Verfahren ähnlich wie Sachverständigengutachten gestärkt werden.

Die Position der Gleichbehandlungsanwaltschaft als Vertreterin des öffentlichen Interesses an beruflicher Gleichbehandlung sollte dadurch gestärkt werden, dass sie in die Lage versetzt wird, Gleichbehandlungsprobleme durch ein Antragsrecht im besonderen Feststellungsverfahren vor dem OGH, wie es kollektivvertragsfähigen Körperschaften zukommt, einer verbindlichen rechtlichen Klärung zuzuführen. Ebenso sollte die Anwaltschaft das Recht auf eine Art Verbandsklage nach dem Vorbild der Interessenvertretungen erhalten, wenn ArbeitgeberInnen einem Vorschlag der Kommission nicht nachkommen.

REGIERUNGSVORLAGE ZUM GLEICHBEHANDLUNGSGESETZ

Da, wie berichtet, die Tätigkeit der/des Vorsitzenden ein unbesoldetes Ehrenamt ist und dies im Hinblick auf die Anzahl der abzuhaltenden Sitzungen, die Vor- und Nachbereitungsarbeiten, die laufend gebotene Fortbildung und die Ausfertigung gutachterlicher Äußerungen der GBK nicht mehr vertretbar erscheint, bringt die Vorlage die Freistellung der/des Vorsitzenden. Für den Fall, dass die vorsitzführende Person verhindert ist, die laufende Arbeit der Kommission zu erledigen, wird eine Stellvertretung geschaffen. Die (mittelbaren) Kosten für die 100-prozentige Freistellung werden in der Vorlage mit zirka 1 Mill. S beziffert. (745 d.B.)

(Schluss)