Parlamentskorrespondenz Nr. 644 vom 04.10.2001

ÖSTERREICH VERTEIDIGT SEINE SPITZENPOSITION IM TOURISMUS

Wien (PK) - Österreich hat seine schon traditionelle Spitzenposition im internationalen Vergleich der Pro-Kopf-Einnahmen aus dem Reiseverkehr im Vorjahr eindrucksvoll bestätigen können. Mit 20.963 S lag der diesbezügliche Vergleichswert wiederum weit über dem EU-Durchschnitt von 6.151 S und auch deutlich vor jenen der Schweiz (15.434 S), Islands (12.424 S) und Spaniens (11.700 S), die hinter der Alpenrepublik auf den Rängen folgten. Die aktuelle Konjunkturabschwächung lässt für 2001 keine nachhaltigen Auswirkungen auf die heimischen Tourismus- und Freizeitmärkte erwarten, lautet die gute Nachricht der Experten, die für das laufende Tourismusjahr mit einer Expansion von gut 5 % rechnen. Dies geht aus dem Tourismusbericht 2000 (III-119 d.B. ) hervor, den Wirtschaftsminister Martin Bartenstein und Tourismusstaatssekretärin Mares Rossmann neulich dem Nationalrat vorgelegt haben.

In einer veränderten Form, die sich am Tourismus-Jahresbericht der EU-Kommission orientiert, bietet der Bericht erfreuliche Daten über Nächtigungen, Umsätze, Erträge und Beschäftigung im Fremdenverkehr. Speziell widmen sich die Experten des Ressorts, aber auch Gastautoren den zukunftsträchtigen Sektoren Kongresswirtschaft und Wellness-Tourismus, dem Themenkomplex Tourismus/Verkehr sowie den internationalen und den heimischen Bemühungen um einen umweltgerechten und nachhaltigen Tourismus.

POSITIVE ECKDATEN ZUM TOURISMUSJAHR 2000

Der seit 1997 anhaltende Erholungstrend im österreichischen Tourismus setzte sich im Jahr 2000 mit deutlich wachsenden Tourismusumsätzen fort. Die Branche erwirtschaftete insgesamt 211 Mrd. S, wobei das nominelle Plus mit 8,5 % bei der Inländer-Nachfrage stärker ausfiel als bei den ausländischen Gästen mit 5 %.

Alle Ausgaben für Tourismus und Freizeit, also einschließlich der Freizeitaufwendungen der Österreicher am Wohnort, betrugen im Jahr 2000 fast 500 Mrd. S. Mit allen direkten und indirekten Lieferungen betrug der Wertschöpfungsanteil der Touristiker und Freizeitanbieter an der Volkswirtschaft etwa 14 %.

Gesunken ist aber der Überschuss in der Reiseverkehrsbilanz, und zwar um 2 Mrd. S auf 31,7 Mrd. S, da die Ausgaben der Österreicher für Auslandsreisen mit knapp 8 % ähnlich kräftig zunahmen wie deren Nachfrage nach Inlandsaufenthalten. Betrachtet man die internationale Tourismuswirtschaft als Teil der österreichischen Exportwirtschaft, kann man sagen, dass 17,7 % des Warenexports im Reiseverkehr erwirtschaftet wurden. 

GUTE DETAILERGEBNISSE IM WINTERSAISON UND IM QUALITÄTSTOURISMUS

Besonders günstig entwickelten sich die Tourismusumsätze in der Wintersaison 1999/2000. Sie konnten um 7,5 % auf einen Gesamtbetrag von 105,4 Mrd. S gesteigert werden. In der Sommersaison 2000 gaben die Feriengäste mit 103 Mrd. S um 3,5 % mehr aus als 1999.

Erfreulich bewerten die Experten die Trendwende in der Qualitätsentwicklung. Während die Nächtigungen im Vorjahr mit 113,4 Mill. nur mäßig um 0,75 % zunahmen, stiegen die Umsätze mit 5,75 % deutlich stärker. Der reale Aufwand je Nächtigung nahm also überproportional zu.

Der aktuelle Trend zum Kurzurlaub, vor allem bei den deutschen Gästen, führte zu unterschiedlichen Entwicklungen bei den Touristenankünften und den Nächtigungen: Die Ankünfte stiegen um 3,5 % stärker als im Vorjahr (Inländer +5 %, Ausländer +3 %), die Nächtigungen nahmen demgegenüber aber nur geringfügig zu. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer beträgt rund 4,3 Nächte und ist bei Inländern mit 3,7 Nächten deutlich kürzer als bei Ausländern, die im Durchschnitt 4,6 mal in Österreich übernachten.

Wie entwickeln sich die internationalen Gästeströme? Bei den deutschen Nachbarn, wo Österreich als Urlaubsland hinter Spanien (14,2 %) und Italien (9,3 %) mit 6,6 % an dritter Stelle steht, mussten gegenüber 1999 Marktanteilsverluste zugunsten von Ungarn, Kroatien, Slowenien, Skandinavien und der Türkei in Kauf genommen werden. Demgegenüber stiegen die Nächtigungsziffern bei Gästen aus den USA, Großbritannien, Australien und Neuseeland (13,7 %) und der Schweiz mit 4 % kräftig. Zuwächse wurden auch bei Gästen aus den Niederlanden (5 %) und aus Schweden (6,75 %) erzielt.

Für die heimischen Qualitätsunterkünfte werden die österreichischen Gäste immer wichtiger; die Zahl ihrer Nächtigungen in Hotels höherer Kategorien haben im Jahr 2000 mit 6,6 % stärker zugenommen als die der ausländischen Gäste mit 2,7 %.

Überdurchschnittliche Ergebnisse hat im Vorjahr wie in den Jahren zuvor der Städtetourismus erzielt, insbesondere in Bregenz, Salzburg, Graz und Innsbruck.

Die Erholung des österreichischen Tourismus vollzieht sich vor dem Hintergrund einer dynamischen Entwicklung der internationalen Tourismus- und Freizeitmärkte, deren reales Wachstum in den letzten Jahren jeweils bei 5 % lag. Demgegenüber stieg die internationale Nachfrage nach Österreich-Aufenthalten jährlich nur mit 2 % pro Jahr, lautet die kritische Anmerkung der Tourismusexperten.

ENTWICKLUNG DES EIGENKAPITALS DER BETRIEBE NACH WIE VOR BEDENKLICH

Trotz der Zurückhaltung bei den Investitionen während der letzten Jahre und der besseren Auslastung der Betriebe ist eine fortschreitende Erosion des betrieblichen Eigenkapitals zu beobachten. Die Eigenkapitalquote, die 1999 bei den Unternehmen der 4/5-Sterne-Kategorie - 12 % und in der 3-Sterne-Kategorie - 30% betrug, sank tendenziell weiter. Die Experten sprechen von einer bedenklichen Entwicklung und einem Hemmnis für die gesunde Fortentwicklung der Branche.

Abhilfe erwarten die Touristiker von einer Steuerbefreiung für in die Betriebe reinvestierte Gewinne, der Absetzbarkeit von Geschäftsessen sowie der Abschaffung von Bagatellesteuern und der Vergnügungssteuer. Außerdem drängen sie auf eine einfachere Lohnverrechnung, weitere Erleichterungen bei der Betriebsauf- und -übergabe, einen Bildungsfreibetrag und konzentriertere sowie vereinheitlichte Betriebsprüfungen.

DIE REISEBÜROS - RASCHE BERATUNG VON ANGESICHTS ZU ANGESICHT

Einer aktuellen Studie des Instituts für touristische Raumplanung ist zu entnehmen, dass Österreicher wie ausländische Gäste im Jahr 1999 37,4 Mrd. S für Reisebüroleistungen ausgaben. Somit entfielen 8 % der gesamten Tourismus- und Freizeitaufwendungen auf die 2.351 österreichischen Reisebüros mit ihren insgesamt 9.500 Mitarbeitern. Strukturell verfügt Österreich über eine hohe Reisebürodichte. Quantitativ wird die Branche von Kleinbetrieben mit bis zu 9 Beschäftigten dominiert, die 80 % aller Reisebüros ausmachen, aber nur ein Fünftel der Umsatzerlöse lukrieren.

In den Jahren zwischen 1995 und 1998 stiegen die Umsätze der Reisebüros um 18 % auf 40 Mrd. S, der Produktionswert nahm um 25 % auf 7,9 Mrd. S, die Wertschöpfung um ein Drittel auf 4,4 Mrd. S zu. Ungünstig entwickelte sich die Ertragskraft der Reisebüros, wobei Betriebe mit einer Umsatzgröße von über 25 Mill. S bessere Ergebnisse erzielen als kleine Unternehmen, da sie auf die Provisionskürzungen der Fluggesellschaften und Reiseveranstalter besser mit Kostensenkungen reagieren können.

Wie sieht die Zukunft der Reisebüros aus? - Sie werden weiterhin eine dominante Rolle in der Vertriebsstrategie der Veranstalter und der integrierten Reisekonzerne spielen, wobei mittel- bis langfristig auch der Online-Reisemarkt mit hohen Zuwachsraten rechnen kann. Das traditionelle Reisebüro müsse auf seine Kernerfolgsfaktoren, insbesondere auf die persönliche Beratung "von Angesicht zu Angesicht" setzen. Auch dabei komme aber der Informationsschnelligkeit durch Aufgeschlossenheit für die neuen Medien auf Internet-Basis große Bedeutung zu, sagen die Experten.

HEIMISCHE SEILBAHNEN TRANSPORTIEREN JEDEN DRITTEN SCHIFAHRER EUROPAS

Die 255 österreichischen Seilbahnunternehmen erwirtschafteten im Betriebsjahr 1999/2000 mit ihren 3.157 Seilbahnen einen Jahresumsatz von über 11 Mrd. S und leisteten mit Investitionen von 4,3 Mrd. S einen wichtigen Beitrag zur Wertschöpfung im alpinen Raum. Als Umsatzfaktoren gewinnen Nebenbetriebe und Restaurationen, die sich im Besitz der Seilbahnen befinden, immer größere Bedeutung. Dazu kommen Dienstleistungen außerhalb der Kernaufgaben, etwa die Pistenpflege sowie Maßnahmen für Sicherheit und Umweltschutz. 33 % aller europäischen Wintersportler sind Kunden der österreichischen Seilbahnen.

ÖSTERREICHS KONGRESSTOURISMUS WEITERHIN IM SPITZENFELD

Welche Position nimmt Österreich im internationalen Kongresstourismus ein, welche Bedeutung hat der Kongresstourismus für die heimische Fremdenverkehrswirtschaft heute und in der Zukunft? -  Das sind die Fragen, zu denen das Institut für touristische Raumplanung in einer weiteren Studie Antworten gesucht hat. Zunächst wird festgestellt, dass Österreich seit Jahren eines der wichtigsten Kongressländer der Welt ist. Die 244 österreichischen Städten und Gemeinden mit kongresstouristischen Einrichtungen registrierten im Jahr 2000 rund 4 Millionen Konferenzteilnehmer und Begleitpersonen. Die Zahl der Übernachtungen beträgt insgesamt 60,6 Millionen, der Anteil an den Nächtigungen liegt zwischen 5,8 % bis 6,8 %. Jede sechste Nächtigung in der Qualitätshotellerie (3 bis 5 Sterne) stand im Zusammenhang mit Kongressen und Tagungen.

Der Kongresstourismus entwickelt sich sehr dynamisch. Seit 1985 stieg die Zahl der Kongressnächtigungen in Österreich von 1,2 Millionen (damals 1 % des gesamten Nächtigungsvolumens) auf 3,5 bis 4 Millionen Nächtigungen im Jahr 1999/2000 an und hat sich damit innerhalb von 15 Jahren verdreifacht.

Auf der Einnahmenseite verbuchte der Kongresstourismus im Jahr 2000 zwischen 12,1 und 14,9 Mrd. S, das sind 6 % bis 7,4 % der gesamten Tourismuseinnahmen. Diesen Anteil hat der Kongresstourismus seit 1995 fast verdoppelt. Die Zahl der durch den Kongresstourismus gesicherten Ganzjahresarbeitsplätze in Österreich wird auf bis zu 26.800 geschätzt.

Im europäischen Vergleich liegt Österreich mit 191.366 Sitzplätzen und 1.861 Räumen in Kongresszentren und -hotels im Vorderfeld und stellt über 8 % der Angebotskapazität. Unter den Kongressstädten liegt Wien mit 77.900 Plätzen nach Paris (110.000) und London (101.900) an dritter Stelle.

International liegen die USA an der Spitze der Kongressdestinationen, gefolgt von Frankreich, Großbritannien und Deutschland. Österreich rangiert seit einigen Jahren unter den Top 10. Die Rangliste der Kongressstädte führt in Europa Paris vor London, Wien, Brüssel und Genf an.

Die künftigen Chancen Österreich im Kongresstourismus zeichnen Experten positiv, empfehlen aber angesichts der wachsenden internationalen Konkurrenz, das Image Österreichs als Kongressdestination weiter zu verbessern. Ihre Vorschläge lauten auf mehr Werbung, bessere Fluganbindung für die Landeshauptstädte sowie auf intensivere Forschung und Weiterbildung. Mehr Augenmerk sollten die heimischen Veranstalter auch auf die "Inszenierung" und auf den Ereignischarakter der Kongresse richten.

ÖSTERREICH ALS "WELLBEING DESTINATION OF EUROPE"

Eine der anspruchsvollsten, wertschöpfungsstärksten und wissensintensivsten Tourismusformen ist der Gesundheitstourismus. Er entspricht den Voraussetzungen in hochentwickelten Ländern und gibt ihnen gute Chancen, wettbewerbsfähig zu bleiben. Derzeit boomen einige Bereiche des Gesundheitstourismus auch in Österreich, das langjährige Erfahrung im Thermen-, Wellness- und Kurtourismus hat und überdies einen hervorragenden Ruf auf vielen Gebieten der Medizin genießt.

Der Tourismusbericht 2000 dokumentiert auch die Ergebnisse einer aktuellen Studie, aus der hervorgeht, dass es sich beim Thema "Gesundheit" nicht um einen einfachen Modetrend handle, sondern um einen gesellschaftlich fundierten "Megatrend", von dem der Tourismus Nutzen ziehen könne, wenn es gelingt, sich als seriöser Bestandteil des Gesundheitssystems zu etablieren. Daher muss künftiger Gesundheitstourismus nachweisbar gesundheitsfördernd wirken und strikt auf nicht ernst zu nehmende Angebote im Zusammenhang mit dem Wellness-Boom verzichten. Bei aller Buntheit an Heilverfahren muss, so die Fachleute, ein erfolgversprechender Gesundheitstourismus der modernen Medizin entsprechen und sich der wissenschaftlichen Diskussion stellen. (Schluss)