Parlamentskorrespondenz Nr. 699 vom 23.10.2001
ÄNDERUNGEN IM VERWALTUNGSVERFAHREN MIT S-F-V-MEHRHEIT BESCHLOSSEN
Wien (PK) - Nach der umfangreichen Debatte zu den Themen Sicherheitsrat und Vertrag von Nizza wandten sich die Abgeordneten der Regierungsvorlage zu Änderungen im Verwaltungsverfahren zu. Die entsprechende Regierungsvorlage fand die Zustimmung von Sozialdemokraten, Freiheitlichen und Volkspartei. Das im Anschluss daran diskutierte Protokoll zur Änderung des Europäischen Übereinkommens über das grenzüberschreitende Fernsehen fand die Zustimmung aller Fraktionen.
Abgeordnete Dr. Madeleine PETROVIC (G) erklärte, die Grünen hätten bei allen Änderungen der Verwaltungsverfahrensgesetze zwei Prinzipien: zum einen die rasche und transparente Abwicklung der Verfahren, zum anderen dürften dabei aber keinesfalls die Rechte der BürgerInnen im Verfahren geschmälert werden. Die vorliegende Novelle enthält ihr zufolge allerdings eine, wenn auch nicht dramatische, so doch spürbare Verschlechterung des Rechtsschutzes, da bei Verfahren vor den Unabhängigen Verwaltungssenaten künftig nicht mehr automatisch eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen ist, sondern nur dann, wenn es der Berufungswerber beantragt. Daher würden die Grünen, so Petrovic, der Novelle nicht zustimmen. Darüber hinaus mahnte sie die Aufnahme von Verhandlungen über ein einheitliches Umweltanlagenrecht ein.
Abgeordneter Dr. Peter WITTMANN (S) kündigte die Zustimmung der SPÖ zur vorliegenden Verwaltungsverfahrensnovelle an und begründete dies damit, dass durch das Gesetz Verfahren vereinfacht würden und auch eine Anpassung an die europäische Gesetzgebung stattfinde.
Kritisch äußerte sich Wittmann demgegenüber zur geplanten großen Verwaltungsreform. Vor allem die Bestimmung, dass die Unabhängigen Verwaltungssenate nur dann meritorisch, also in der Sache selbst, entscheiden dürfen sollen, wenn die erste Instanz dem zustimme, lehnt er ab, da dies seiner Meinung nach zu einer Verlängerung der Verfahren und zu großer Rechtsunsicherheit führen werde. Im Übrigen signalisierte er Verhandlungsbereitschaft der SPÖ bezüglich einer umfassenden Verwaltungsreform.
Abgeordnete Dr. Sylvia PAPHAZY (F) unterstrich, Bürgernähe, Serviceorientierung, Verfahrensbeschleunigung und e-Government würden in der öffentlichen Verwaltung in Zukunft selbstverständlich sein. Sie sieht die vorliegende Verwaltungsverfahrensnovelle als einen Schritt in diese Richtung, da Anregungen aus der Praxis aufgegriffen und notwendige Klarstellungen getroffen würden. Im nächsten Schritt wird es laut Paphazy dann zu einer Verfahrenskonzentration bei den Bezirkshauptmannschaften und zu einer Aufwertung der Unabhängigen Verwaltungssenate kommen. Sie rechnet dadurch mit einer Entlastung des Staatshaushaltes in zweistelliger Milliardenhöhe.
Abgeordneter Dr. Gottfried FEURSTEIN (V) meinte in Richtung Abgeordneter Petrovic, es sei zumutbar, dass vor den Unabhängigen Verwaltungssenaten künftig nur noch dann eine mündliche Verhandlung anberaumt werden muss, wenn die Parteien es verlangten. Er sieht darin eine wichtige Verwaltungsvereinfachung. Was die geplante große Verwaltungsreform betrifft, sieht Feurstein die Notwendigkeit der Einbeziehung der Länder. Auch sie müssten die Frage mitentscheiden können, ob die Unabhängigen Verwaltungssenate künftig auch in der Sache selbst entscheiden oder Entscheidungen lediglich an die erste Instanz zurückweisen dürfen.
Abgeordneter Mag. Johann MAIER (S) bekräftigte, die SPÖ stimme allen sinnvollen Regelungen im Rahmen der Verwaltungsreform zu. Er gestand der Regierung zu, die Währungsumstellung in den Verwaltungsverfahrensgesetzen vom Schilling auf den Euro korrekt durchgeführt und auch richtig gerundet zu haben. Das sei auf Länderebene nicht so. Dort würden Gebühren erhöht und falsch umgerechnet, klagte der Abgeordnete.
In einem von Maier eingebrachten Entschließungsantrag fordert die SPÖ die Regierung auf, eine Initiative von Großbritannien, Frankreich und Schweden, die auf die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldbußen und Geldstrafen innerhalb der EU abzielt, zu unterstützen.
Staatssekretär Franz MORAK wies darauf hin, dass die Bundesstaatsreform "eine lange Geschichte" sei. Politik sei aber nun einmal die Kunst des Möglichen, auch in dieser Frage, sagte er. Morak zufolge haben sich die neun Bundesländer heute dahingehend geeinigt, dass die Unabhängigen Verwaltungssenate künftig auch in der Sache entscheiden dürfen, sofern die Bezirkshauptmannschaften nicht widersprechen.
Zum Entschließungsantrag der SPÖ merkte Morak an, Österreich habe grundsätzlich eine positive Haltung zu diesem Vorhaben.
Abgeordneter Mag. Gerhard HETZL (F) betonte, wenn es im Zuge der Währungsumstellung zu Benachteiligungen von Verbrauchern komme, müsse dem mit allen zu Gebote stehenden Mitteln begegnet werden. Zur Verwaltungsreform hielt er fest, die Verwaltung entwickle sich schrittweise und nicht in großen Sprüngen. Eine Selbstverständlichkeit sollte es seiner Auffassung nach sein, die neuen Medien künftig in Ämtern und Behörden zu berücksichtigen.
Die Verwaltungsverfahrensnovelle 2001 wurde mit S-F-V-Mehrheit beschlossen. Der Entschließungsantrag der SPÖ betreffend gegenseitige Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen durch den Rat wurde von den Koalitionsparteien abgelehnt.
EINSTIMMIG FÜR ÜBEREINKOMMEN ÜBER GRENZÜBERSCHREITENDES FERNSEHEN
Abgeordnete Dr. Madeleine PETROVIC (G) erklärte, die Grünen würden diesem Tagesordnungspunkt nach einer Diskussion im Klub nunmehr doch zustimmen. Sie sprach sich aber dafür aus, dass Österreich in manchen Bereichen über die im Abkommen festgeschriebenen Mindeststandards hinausgehe, etwa was die Bewerbung gesundheitsgefährdender Produkte betrifft.
Abgeordneter Peter SCHIEDER (S) signalisierte die Zustimmung der SPÖ zum vorliegenden Abkommen, urgierte aber die Aufnahme eines Vorbehalts in der Frage der Alkoholwerbung. Österreich habe hier strengere Bestimmungen, erläuterte er und könnte nur durch einen Vorbehalt sicher verhindern, dass künftig jemand Alkoholwerbung nach Österreich hereinstrahle, die hierzulande nicht zulässig sei.
Staatssekretär Franz MORAK hielt einen Vorbehalt Österreichs bezüglich von Werbeverboten für nicht sinnvoll, zumal solche Beschränkungen gegenüber von Programmen aus anderen EU-Staaten nicht möglich seien. Auch wäre ein Werbeverbot für Satellitenprogramme nicht machbar.
Abgeordneter Dr. Michael KRÜGER (F) stellte dazu klar, dass in der EU-Fernsehrichtlinie im Gegensatz zum österreichischen Gesetz kein Verbot der Werbung für Spirituosen vorgesehen sei.
Abgeordnete Mag. FRIESER (V) sah durch die gegenständlichen Protokolle kaum Handlungsbedarf für Österreich, da die Standards bereits in den österreichischen Mediengesetzen festgelegt wurden. Die Rednerin wertete dies als Beweis für die Qualität dieser Gesetze.
Bei der Abstimmung wurde der Staatsvertrag einstimmig genehmigt.
(Schluss Verwaltungsverfahren/Forts. NR)