Parlamentskorrespondenz Nr. 737 vom 07.11.2001
KULTURAUSSCHUSS NIMMT KULTURBERICHT 1999 EINSTIMMIG ZUR KENNTNIS
Wien (PK) - In seiner heutigen Sitzung befasste sich der Kulturausschuss des Nationalrates mit dem Kulturbericht 1999 der Bundesregierung, nachdem zuvor Christine Muttonen (S) in der Nachfolge ihres Fraktionskollegen Josef Cap zur neuen stellvertretenden Obfrau des Ausschusses gewählt worden war.
"Die wesentlichen Weichenstellungen des Jahrs 1998 für Bundesmuseen und andere Institutionen, die sich mit unserem kulturellen Erbe auseinander setzen, wurden im Jahr 1999 großteils umgesetzt." Diesen zufrieden stellenden Befund stellt Bundesministerin Gehrer der heimischen Kulturpolitik im Vorwort zum nun vorliegenden Kulturbericht 1999 (III-80 d.B.) aus.
So seien die Erfahrungen mit der wesentlichen Verwaltungs- und Strukturreform positiv gewesen und hätten damit die Grundlage für die nächsten Schritte auf diesem Gebiet gelegt. Nach Beschluss des Bundesmuseen-Gesetzes im Jahre 1998 habe das Kunsthistorische Museum (KHM) essentielle Pionierarbeit geleistet, auf deren Erfahrungen man nun aufbauen könne, stünden doch vergleichbare Maßnahmen für die Albertina, das Museum für Angewandte Kunst (MAK), das Technische Museum und die Österreichische Galerie an.
Auf dem Gebiet des Denkmalschutzes sei durch die grundlegende Novellierung der entsprechenden Gesetzeslage eine neue Qualität erreicht worden, und die Arbeiten an der größten Kulturbaustelle des Landes, dem Museumsquartier, wurden auch 1999 planmäßig fortgesetzt. Schließlich, so Gehrer, sei es die wesentliche Aufgabe der Kulturpolitik, das reiche kulturelle Erbe zu erhalten. Dazu wolle man der breiten Öffentlichkeit auch einen digitalen Zugang ermöglichen, ein Ziel, das auch im Aktionsplan der EU - "e-Europe" - entsprechend zum Ausdruck kommt. Zwar konnte 1999 die Rekordzahl an Besuchern aus dem Vorjahr (2,95 Millionen) nicht gehalten werden, doch verzeichnete man mit 2,73 Millionen Besuchern immer noch einen beachtlichen Zuspruch für die heimischen Bundesmuseen.
In der Debatte zeigten sich sämtliche RednerInnen von dem Bericht angetan, dabei auch seine Gestaltung sowie seine Übersichtlichkeit lobend, und nahmen ihn zum Anlass für konkrete Anregungen und Fragen. Abgeordnete Christine Muttonen (S) regte an, künftig die finanzielle Übersicht auch auf die Museen im einzelnen auszuweiten, um so nachvollziehen zu können, wie die einzelnen Museen mit der Vollrechtsfähigkeit zurecht kommen. Konkret erkundigte sich Muttonen nach der Zukunft des Künstlerhauses und wollte wissen, ob Gegenstrategien hinsichtlich des Besucherrückgangs entwickelt worden seien.
Abgeordnete Terezija Stoisits (G) bedauerte eingangs, dass die Zustimmung ihrer Fraktion zu diesem Bericht in einem so exklusiven Zirkel erfolgen müsse, denn die kulturellen Fragen, die einen prägenden Charakter auf die nationale Identität hätten, verdienten es, ausführlicher behandelt zu werden. Stoisits stellte Detailfragen zu den Themenkomplexen Albertina, Bundesdenkmalamt, Haus der Geschichte/Haus der Toleranz und Museumsquartier.
Die Abgeordneten Andrea Wolfmayr (V) und Brigitte Povysil (F) kamen auf die Entwicklungen auf dem Gebiet der Vollrechtsfähigkeit zu sprechen, dabei auch mögliche Synergien und die finanzielle Zukunft der Museen ansprechend. Povysil wies überdies auf die Wichtigkeit der Neuordnung des Denkmalschutzes hin. Abgeordnete Sylvia Paphazy (F) thematisierte die Aufarbeitung des Nachlasses von Thomas Bernhard und die Preisgestaltung der Eintritte zu den Museen, Abgeordneter Nikolaus Prinz (V) befasste sich mit der Volkskultur.
Den möglichen Anbau an das TGM zur Schaffung eines Verkehrsmuseums sprach Abgeordneter Walter Posch (S) an, die Themenfelder Restitution und Finanzielles waren Gegenstand der Wortmeldung der Abgeordneten Inge Jäger (S). Ihr Fraktionskollege Peter Wittmann setzte sich mit den Themen Inventarisierung und Digitalisierung auseinander.
Die Themenkreise Denkmalschutz, Denkmalpflege und Weltkulturerbe hatten die Redebeiträge der Abgeordneten Reinhold Lexer (V), Gerhard Kurzmann (F) und Cordula Frieser (V) zum Inhalt.
Bundesministerin Elisabeth Gehrer hielt zunächst fest, dass der Besucherrückgang von 1998 auf 1999 ein relativer gewesen sei, zumal im Jahr 2000 wieder ein Anstieg konstatiert werden konnte. Derlei Entwicklungen seien von den grossen Ausstellungen abhängig und somit auch davon, wie viele solcher Ausstellungen man sich leisten könne.
Der Vertrag mit dem Künstlerhaus laufe noch bis 2002, und gegenwärtig bestehe keine Absicht, ihn zu verlängern, zumal die Museen nun vollrechtsfähig seien und ihre Verträge daher selbst abschliessen könnten. Das Künstlerhaus müsse sich daher bemühen, von sich aus in eine Vertragsbeziehung mit den Museen zu kommen.
Die Bundesministerin ging auf die vielen vorgebrachten Detailfragen ein und zog dabei eine zufriedene Bilanz der bisherigen Entwicklungen zum Thema Vollrechtsfähigkeit. Diese sei auf einem guten Wege, 2002 sollten die Nationalbibliothek und das Naturhistorische Museum folgen. Gehrer betonte bei dieser Gelegenheit auch die Wichtigkeit der Volkskultur und hielt fest, eine genaue Liste der denkmalgeschützten Objekte werde derzeit erstellt.
Der Nachlass von Thomas Bernhard werde durch eine private Stiftung aufgearbeitet, der Bund sei davon also nicht berührt. Die Eintrittspreise seien immer noch günstiger als bei vergleichbaren privaten Einrichtungen, man überlege aber, durch die Schaffung eines Kartenverbundes noch günstigere Angebote für die Besucher erstellen zu können.
Hinsichtlich des TGM sei derzeit nicht an einen Anbau für ein Verkehrsmuseum gedacht, hingegen seien die diesbezüglichen Pläne im niederösterreichischen Straßhof sehr weit gediehen und unterstützenswert.
Gehrer befasste sich weiters mit dem Themenfeld "Haus der Geschichte/Haus der Toleranz". Hier gebe es zwei Konzepte, die nun zu einem zusammengeführt werden sollen. Diese gemeinsame Konzeption solle im Rahmen einer neuen Fachtagung diskutiert werden, um sodann ein einheitliches Ergebnis präsentieren zu können.
Hinsichtlich der Inventarisierung und der Digitalisierung der Museumsbestände sei man auf dem richtigen Weg, auch im Denkmalschutz gehe man mit der nötigen Feinfühligkeit, Sorgfalt und Konsequenz vor. Zufrieden zeigte sich Gehrer weiters damit, dass bereits 80 Prozent der Rubbellose für den Denkmalschutz abgesetzt seien.
Der Bericht wurde sodann einstimmig zur Kenntnis genommen und somit enderledigt.
ZWEITER RESTITUTIONSBERICHT: EINSTIMMIGE KENNTNISNAHME
Im Anschluss an die Debatte zum Kulturbericht wandten sich die Abgeordneten dem zweiten Bericht von Wissenschaftsministerin Elisabeth Gehrer über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen zu. Gehrer wies dabei Kritik von Abgeordneter Terezija Stoisits zurück, wonach es ein Informationsdefizit über jene Fälle gebe, in denen man Anträgen auf Rückerstattung von Kunstgegenständen nicht stattgegeben habe. Die betreffenden Fälle seien Gegenstand umfassender medialer Berichterstattung gewesen, erklärte sie, wobei es in einem Fall ein rechtskräftiges Urteil gebe, dass keine Ansprüche bestünden.
Zur immer wieder aufgestellten Forderung, die Restitutionsbestimmungen auch auf die Stiftung Leopold auszudehnen, merkte Gehrer an, dass es sich hier um eine privatrechtliche Stiftung handle. Der Aufsichtsrat der Stiftung habe aber den Auftrag, die Sachlage zu klären und Vorschläge zu machen, wie diese Frage gelöst werden können. Im Übrigen zeigte sich Gehrer zuversichtlich, dass die Stiftung Leopold von sich aus eine Provenienzforschung betreibe.
Dass die Rückgabe von Kunstgegenständen nicht rascher von Statten gehe, begründete die Ministerin mit der notwendigen sorgfältigen Vorgangsweise. Um zu verhindern, dass man die Kunstgegenstände jemandem Falschen zurückgebe, brauche man eindeutige Belege und Nachweise, dass es sich in jedem Fall um die wirklichen Erben handle.
Zuvor hatte Abgeordnete Terezija Stoisits (G) mehr Transparenz im Hinblick auf jene Fälle gefordert, bei denen wichtige Kunstgegenstände nicht restituiert worden sind. Es gebe sehr viele Gerüchte, meinte sie, die nicht zu widerlegen seien, da es keine Informationen gebe und der Bericht nur eine Liste der zurückgegebenen Gegenstände enthalte.
Was die Diskussion um die Stiftung Leopold betrifft, sagte Stoisits, es sei sicher nicht der Wille des Gesetzgebers gewesen, diese von der Provenienzforschung auszunehmen. Abgeordnete Inge Jäger (S) wies in diesem Zusammenhang auf moralische Verpflichtungen hin. Für sie ist es eine Frage der Einstellung, wie man mit Beutekunst umgehe.
Der zweite Restitutionsbericht wurde schließlich einstimmig zur Kenntnis genommen. Darin wird festgehalten, dass es wesentlich mehr Fälle von möglicherweise zu restituierenden Kunstgegenständen gibt als ursprünglich angenommen. Die im März 1998 eingesetzte Kommission für Provenienzforschung beim Bundesdenkmalamt arbeite laufend an der Katalogisierung der betreffenden Kunstgegenstände und übermittle die Ergebnisse dem hiezu eingerichteten Beirat, heißt es im Bericht.
Insgesamt wurden im Berichtszeitraum 1999/2000 an 28 Erben Kunst- und Kulturgüter ausgefolgt, wovon das Kunsthistorische Museum, das Museum für angewandte Kunst, das Bundesmobiliendepot, die Graphische Sammlung Albertina und die Österreichische Nationalbibliothek sowie die Österreichische Galerie und das Heeresgeschichtliche Museum betroffen waren. Übereignet wurden u.a. Gemälde von Klimt, Daffinger, Schwind, Alt, Spitzweg, Hanak und Faistauer, diverse Kunstgegenstände, Druckschriften und Bücher, antike Amphoren und Einrichtungsgegenstände aus verschiedenen Epochen. Insgesamt handelt es sich dabei um rund 900 Wertgegenstände.
Am Beginn der Diskussion war ein Antrag der Grünen, den Bericht nicht im Ausschuss "endzuerledigen", sondern auch im Plenum zu behandeln, von den Koalitionsparteien abgelehnt worden.
(Schluss Berichte/Fortsetzung Kulturausschuss)