HEFTIGE AUSSCHUSSDEBATTE ÜBER DIE NOVELLE ZUM MINERALROHSTOFFGESETZ
Opposition lehnt Bartensteins Entwurf ab und spricht von Rückschritt
Wien (PK) - Hat sich das Mineralrohstoffgesetz, das Anfang 1999 an die Stelle des alten Berggesetzes getreten ist, bewährt? - Diese Frage stand am Beginn der heutigen, teilweise öffentlich abgehaltenen Sitzung des Wirtschaftsausschusses , die von Obmann Günter Puttinger geleitet wurde.
Nein, sagte Wirtschaftsminister Martin Bartenstein, der in seinem Erfahrungsbericht ( III-54 d.B. ) die negativen Konsequenzen des MinroG auflistete, den Abgeordneten Verbesserungsvorschläge unterbreitete und in Konsequenz dessen einen Regierungsentwurf ( 833 d.B. ) für eine Mineralrohstoffgesetznovelle 2001 vorlegte, der die Unterstützung der Regierungsparteien fand und schließlich mit V-F-Mehrheit in der Fassung eines V-F-Abänderungsantrags mit redaktionellen Korrekturen verabschiedet wurde. Ein Drei-Parteien-Entschließungsantrag zur Ausarbeitung eines "Österreichischen Rohstoffplans" fand die Zustimmung von SPÖ, ÖVP und FPÖ. Der Antrag der Abgeordneten Petrovic, die MinroG-Novelle in einem Unterausschuss zu behandeln, blieb in der Minderheit der Opposition.
Die Sprecher der Oppositionsparteien, allen voran die Abgeordneten Madeleine Petrovic (G) sowie Kurt Eder, Hannes Bauer und Kurt Gassner (alle S) widersprachen den Ausführungen Bartensteins und äußerten angesichts seines Novellenentwurfs die Befürchtung, dass die Rechte der Anrainer und der Gemeinden gegenüber den Schotterbetrieben auf der Strecke bleiben könnten. Konkret wandten sich Sozialdemokraten und Grüne gegen die Absicht, den Abbau von Mineralstoffen in einem geringeren Abstand als 300 Meter von Häusern und Wohnungen zuzulassen und Schotter- und Kiesgruben bis an Wohnhäuser, Spielplätze oder Erholungsgebiete heranzurücken. - Die Vertreter der Koalitionsparteien mit den Abgeordneten Karlheinz Kopf (V) und Udo Grollitsch (F) an der Spitze bemühten sich, diese Besorgnisse zu zerstreuen und sahen die Anrainerrechte durch die nunmehr konkret an Immissionswerten orientierten Schutzbestimmungen besser gewahrt als bisher.
BARTENSTEINS BERICHT UND DIE KRITIK DER OPPOSITION IM EINZELNEN
Die Zuständigkeit erster Instanz für sein Ressort habe den Verwaltungsaufwand erhöht, zu Verfahrensverzögerungen und Erschwernissen geführt sowie Kostensteigerungen nach sich gezogen, führte der Wirtschaftsminister aus. Der Katalog der bergfreien mineralischen Rohstoffe habe sich als unvollständig und die Bestimmungen für einzelne Mineralien als rechtlich unklar erwiesen. "Kompliziert, lückenhaft, widersprüchlich und verwaltungstechnisch aufwändig" lautete Bartensteins Urteil über die Bestimmungen für das Gewinnen grundeigener mineralischer Rohstoffe.
"Die Ausdehnung der Verwaltungstätigkeit" sei überdies auf die einjährige Geltungsdauer von Gewinnungsbetriebsplänen für bergfreie und bundeseigene mineralische Rohstoffe sowie für das untertägige Gewinnen und das Speichern grundeigener mineralischer Rohstoffe zurückzuführen. Die unterschiedlichen Gegebenheiten in einzelnen Bergbauarten und bei einzelnen Bergbaubetrieben konnten aufgrund des MinroG nicht berücksichtigt werden.
Als nicht den praktischen Bedürfnissen entsprechend haben sich laut Bartenstein schließlich auch die Bestimmungen über die verantwortlichen Personen herausgestellt. Sei seien zu kompliziert und es fehle die Möglichkeit, die Weiterführung eines Betriebes wegen Nichtbestellung verantwortlicher Personen zu untersagen. Zudem seien Unvereinbarkeitsregelungen zwischen Markscheider und Betriebsleiter bzw. Betriebsaufseher, wie sie im derzeitigen MinroG nicht bestünden, notwendig, betonte der Minister.
Weitere Verbesserungsvorschläge des Wirtschaftsministers galten schließlich den Voraussetzungen für die Verleihung von Bergwerksberechtigungen, die Bewilligung bergbaufremder Bauten, die Vormerkung von Gewinnungsfeldern für Kohlenwasserstoffe, der Bewilligungspflicht bei der Änderung von Bergbauanlagen, den Bergschäden und der Besichtigungspflicht der Behörden.
DIE DEBATTE
Abgeordnete Madeleine Petrovic (G) erinnerte einleitend daran, dass es das Grubenunglück in Lassing auf der einen und die Proteste der "Schottergemeinden" auf der anderen Seite gewesen seien, die zum Beschluss des MinroG im Jahr 1998 geführt haben. Nun werde in großer Eile eine umfangreiche Novelle auf den Tisch gelegt, die rasch beschlossen werden soll, was befürchten lasse, dass "wir alles verlieren, was wir durch das MinroG für die Gemeinden gewonnen haben". Der vorliegende Bericht stelle keine Grundlage für eine so massive Novelle dar, die den Interessen der Betriebe entspreche, von Umweltverbänden und der ÖGNU aber heftig kritisiert werde. Als Widerspruch im Bericht des Ministers sah die Rednerin, dass einerseits über die Verzögerung der Verfahren geklagt, gleichzeitig aber Regelungen vorgeschlagen werden, die den Bedarf an Gutachten weiter erhöhen werden. An der Erarbeitung des beabsichtigten Rohstoffplanes sollten, so Petrovic, nicht nur die Betriebe, sondern im Rahmen eines ordentlichen rechtsstaatlichen Verfahrens auch Vertreter der Wissenschaft mitwirken.
Die Abgeordnete schlug vor, mit der Novellierung bis zur Vorlage eines aktualisierten Berichtes zuzuwarten. Ihr Antrag auf Einsetzung eines Unterausschusses fand die Unterstützung der SPÖ, nicht aber die Mehrheit des Ausschusses.
Abgeordneter Kurt Eder (SP) schloss sich den Ausführungen seiner Vorrednerin weitgehend an und kritisierte insbesondere, dass die MinroG-Novelle die Parteienrechte der Gemeinden und die Gutachtenpflicht abschwäche sowie die 300-Meter-Schutzzone aufweiche. - Dieser Novelle fehlten daher die Ausgewogenheit zwischen den Interessen der Betriebe, der Anrainer und der Gemeinden, kritisierte Eder.
Abgeordneter Karlheinz Kopf (VP) führte aus, dass nach der Bergwerkskatastrophe von Lassing ein Gesetz entstanden sei, das in manchen Punkten überzogen sei und nicht dem Schutz der Nachbarn und der Umwelt diene, sondern Schikanen für die Betriebe mit sich brachte. Daher seien neue, sachgerechte organisatorische Lösungen sowie die Korrektur von lückenhaften und widersprüchlichen Regelungen notwendig geworden. Für unverständlich hielt Kopf die Kritik der Opposition an der neuen Schutzzonenregelung. Er könne nicht erkennen, dass eine starre 300-Meter-Regelung die Anrainer besser schützen soll als die ausdrückliche Rücksichtnahme auf die tatsächlichen Immissionen. Kopf appellierte an die Opposition, darauf zu verzichten, Ängste und Besorgnisse von Anrainern zu schüren.
Auch Abgeordneter Udo Grollitsch (F) widersprach Abgeordneter Petrovic. Mit der MinroG-Novelle würden lediglich die Fehler eines Husch-Pfusch-Gesetzes beseitigt, vor denen die Freiheitlichen schon bei der Beschlussfassung im Jahr 1998 gewarnt haben. Es habe hohe Administrationskosten verursacht und sich als schwer vollziehbar erwiesen. Mit der Novelle wird der Schutz der Anrainer keineswegs zurückgenommen. Statt einer starren 300-Meter-Lösung komme eine funktionelle Lösung unter Berücksichtigung der Immissionen. Die Novelle sei sachgerecht, transparent und bürgernahe.
In einem V-F-S-Entschließungsantrag, den der Abgeordnete einbrachte, wird der Wirtschaftsminister aufgefordert, in angemessenster Frist einen "österreichischen Rohstoffplan" zu erarbeiten, der die Lagerstätten der benötigten mineralischen Rohstoffe dokumentiert. Auf Basis dieser Lagerstättenkarten ist in Relation zum jeweiligen Bedarf mit den Ländern und Gemeinden ein bundesweiter Abbauplan für Rohstoffe zu erstellen, der die Basis für künftige Gewinnungsbetriebspläne sein soll.
Abgeordneter Hannes Bauer (S) zeigte sich von der Eile bei der Novellierung des MinroG überrascht und kritisierte, dass durch den vorliegenden Entwurf das Gleichgewicht zwischen den Interessen der Bürger und der Interessen der Wirtschaft verschoben werde. Bauer wies insbesondere auf das Problem hin, dass Anrainerbelastungen, etwa durch den Rohstofftransport, oft nicht in der Standortgemeinde selbst, sondern in Anrainergemeinden wirksam werden. Dieses Problem sei im Novellen-Entwurf nicht berücksichtigt.
Abgeordneter Kurt Gaßner (S) erkundigte sich nach Detailbestimmungen der Novelle, unter anderem danach, wie eine Anrainergemeinde zu einer Standortgemeinde werde.
Abgeordnete Ulrike Baumgartner-Gabitzer (V) legte als Berichterstatterin zur MinroG-Novelle einen Abänderungsantrag mit redaktionellen Korrekturen und einer Neuregelung für die Rohstoffe "Illitton und Blähtone" vor, durch die die Behördenzuständigkeit vereinfacht und die Administration wesentlich verbilligt werden soll.
Wirtschaftsminister Martin Bartenstein sprach von einer umfassend vorbereiteten und intensiv begutachteten Novelle und erinnerte in diesem Zusammenhang erinnerte auch an eine Enquete unter Beteiligung der ÖGNU.
Kernpunkt der Novelle sei die Abstandregelung, die durch eine Orientierung an den tatsächlichen Immissionen eine klare Verbesserung für die Anrainer bringe.
Hinsichtlich der künftigen Struktur der Montanbehörde teilte der Minister mit, dass er an ein Dreiteilung des Bundesgebietes mit den Standorten Wien, Leoben und Salzburg denke.
Fragen der Abgeordneten Kurt Gassner und Hannes Bauer hinsichtlich der Rechte von Anrainergemeinden beantwortete der Minister, indem er ausführte, dass sich an den Voraussetzungen, unter denen eine Anrainergemeinde zur Standortgemeinde werde, nichts ändere. Eine Nachbargemeinde wird zur Standortgemeinde, wenn die 300-Meter-Zone in die Nachbargemeinde reiche.
Abgeordneter Helmut Haigermoser (F) sprach von einer hervorragenden Novelle, die schwer vereinbare Interessen unter einen Hut bringe. Die Parteienrechte der Anrainer blieben uneingeschränkt und die Mitsprache der Gemeinden stark.
Abgeordneter Werner Kogler (G) kritisierte die MinroG-Novelle, weil sie einseitig so genannten Wirtschaftsinteressen entspreche, andere Interessen, aber auch die Interessen anderer Branchen, etwa des Tourismus, aber auf der Strecke blieben.
Abgeordneter Reinhold Mitterlehner (V) bezeichnete die MinroG-Novelle als einen ersten Schritt in die richtige Richtung, aus der Sicht der Wirtschaft sei sie aber noch nicht weitgehend genug. Künftig sollte die Verbindung zwischen dem Mineralrohstoffgesetz und den Bestimmungen des Naturschutzes sowie des Wasser- und Forstrechtes hergestellt werden.
DIE HAUPTPUNKTE DIE MINROG-NOVELLE
Im einzelnen sieht der Entwurf für die MinroG-Novelle eine flexiblere Gestaltung des 300 m-Verbotsbereiches für das Gewinnen grundeigener mineralischer Rohstoffe sowie Erleichterungen bei den Einreichunterlagen und für Kleinbetriebe mit geringerer Gefährlichkeit vor. Flexibler soll künftig auch die Geltungsdauer von Gewinnungsbetriebsplänen werden, deren Erstellung und die Verlängerung der Gültigkeitsdauer sollen vereinfacht werden. Gesetzliche Erfordernisse wie Bergbuch und Betriebspflicht sollen entfallen und der Kreis fachkundiger Personen für die Erstellung der Unterlagen erweitert werden.
Überdies werden die Verantwortlichkeiten eines Bergbauberechtigten gestrafft, für Markscheider und Betriebsleiter bzw. Betriebsaufseher Unvereinbarkeitsregeln eingeführt und eine zentrale Zuständigkeit des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit bei der Vormerkung für die Bestellung verantwortlicher Personen geschaffen. Außerdem bringt die Novelle Klarstellungen für die Regelungszuständigkeit bei ober- und untertägiger Gewinnung mit wechselseitiger Beeinflussung, eine Flexibilisierung der Geltungsdauer von Gewinnungsbetriebsplänen, eine Deregulierung im Bereich der "neobergfreien" mineralischen Rohstoffe sowie Regelungen für die Aufhebung einer zwangsweisen Grundüberlassung bei Zweckverfehlung. Zudem wird das MinroG an die Seveso-Richtlinie und an die IPPC-Richtlinie sowie an das Bergbauinformationssystem angepasst.
Das Grubenrettungswesen soll aufgrund der Erfahrungen des Grubenunglücks von Lassing vollkommen neu geregelt werden. Aufbauend auf der grundsätzlichen Unterscheidung zwischen einer betrieblichen Grubenrettung und einem überbetrieblichen Rettungswerk soll es künftig einen betrieblichen Notfallplan und eine Hauptstelle für das Grubenrettungswesen geben. Solange der Betrieb die Situation beherrscht, soll die Einsatzleitung beim Betriebsleiter liegen. Reichen Maßnahmen und Mittel des betrieblichen Notfallsplanes jedoch nicht aus, kommt das überbetriebliche Rettungswerk zum Einsatz
und die Einsatzleitung geht auf den Landeskatastrophenschutz über. Die Hauptrettungsstelle für das Grubenrettungswesen soll bei der Wirtschaftskammer Österreich eingerichtet werden.
(Schluss MinroG/Forts. Wirtschaftsausschuss)