Parlamentskorrespondenz Nr. 748 vom 08.11.2001

GESETZESPAKET BRINGT ERLEICHTERUNGEN FÜR UNFALLOPFER IM AUSLAND

Wien (PK) - Mit den Stimmen der Koalitionsparteien wurde heute vom Finanzausschuss ein Gesetzespaket angenommen, das Erleichterungen für jene Personen bringt, die im Ausland Opfer eines Verkehrsunfalls geworden sind und ihre Ersatzansprüche gegen den ausländischen Haftpflichtversicherer geltend machen müssen. Grundlage dafür ist eine entsprechende EU-Richtlinie, die den EU-Mitgliedstaaten vorschreibt, bis zum 20. Jänner 2002 Entschädigungsstellen einzurichten oder anzuerkennen, welche dem Unfallopfer Schwierigkeiten durch das fremde Recht, die fremde Sprache, eine ungewohnte Regulierungspraxis oder eine unvertretbar lange Dauer der Regulierung abnehmen.

Dieser Teil des Gesetzentwurfs wurde auch von den Vertretern der SPÖ und der Grünen im Finanzausschuss begrüßt. Sie stimmten dennoch gegen das Gesetzespaket, da ihrer Ansicht nach hinsichtlich eines neuen Passus im Kfz-Haftpflichtversicherungsgesetz eine Klarstellung notwendig wäre. Konkret geht es um die neu gefasste Prämienanpassungsklausel, die den Versicherungen im Fall eines Anstiegs ihres Schadensaufwandes Prämienerhöhungen erlaubt. SPÖ und Grüne fordern, dass die Klausel auch in die andere Richtung wirkt, das heißt, dass im Falle einer Reduktion des Schadensaufwandes der Versicherungen die Prämien automatisch sinken müssten. Außerdem urgierte die SPÖ die Festlegung objektiver Indikatoren für zulässige Prämienerhöhungen.

Finanzminister Karl-Heinz Grasser hielt dazu fest, dass die Forderung der Opposition hinsichtlich der Prämienanpassungsklausel ohnehin durch eine Bestimmung im Konsumentenschutzgesetz gewährleistet sei. ÖVP und FPÖ sagten dennoch zu, bis zu den Beratungen des Gesetzespakets im Plenum zu prüfen, ob eine Umformulierung des entsprechenden Passus notwendig ist. Abgeordneter Hermann Böhacker hält es jedenfalls, wie er sagte, für logisch, dass die Prämien nicht nur steigen könnten, sondern im Falle eines verringerten Schadensaufwandes der Versicherungen auch sinken müssten. Ähnlich äußerte sich auch Abgeordneter Günter Stummvoll (V).

Eine Frage von Abgeordnetem Jakob Auer, inwieweit in absehbarer Zeit daran gedacht sei, die Mindestdeckungssumme in der Kfz-Haftpflichtversicherung zu erhöhen, beantwortete Grasser dahingehend, dass dies in der Kompetenz von Justizminister Böhmdorfer liege. Es gebe über diese Frage schon seit längerem Diskussionen, bis jetzt sei aber keine Entscheidung gefallen.

Abgeordneter Werner Kogler (G) sprach sich generell für mehr Konkurrenz bei den Versicherungen aus.

Das Gesetzespaket passierte schließlich unter Berücksichtigung eines F-V-Abänderungsantrages, der lediglich eine Klarstellung enthält, den Finanzausschuss.

Konkret schreibt die EU-Richtlinie folgende Einzelmaßnahmen vor: Verpflichtung der Versicherungsunternehmen, für jeden EU-Mitgliedstaat einen eigenen Schadenregulierungsbeauftragten zu bestellen und drei Monate, nachdem der Geschädigte den Ersatzanspruch geltend gemacht hat, die Ersatzleistung anzubieten oder eine begründete Stellungnahme abzugeben. Eine Auskunftsstelle soll gewährleisten, dass der Geschädigte rasch erfährt, an welche Haftpflichtversicherung und welchen Schadenregulierungsbeauftragten er sich wenden kann. Die Entschädigungsstelle selbst kann in Anspruch genommen werden, wenn Versicherungsunternehmen oder Schadenregulierungsbeauftragte ihre Pflichten nicht rechtzeitig erfüllen oder ein Schaden durch ein unversichertes oder unbekanntes Fahrzeug entstanden ist. Das in der Richtlinie ebenfalls vorgesehene direkte Klagerecht auf dem Gebiet der Kfz-Haftpflicht besteht in Österreich schon seit dem Jahr 1968.

Die Umsetzung der Richtlinie macht Änderungen in folgenden Gesetzen notwendig: im Versicherungsaufsichtsgesetz, im Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetz und im Verkehrsopferschutzgesetz.

Über die EU-Anpassungen hinaus lässt eine Änderung des Kfz-Haftpflichtversicherungsgesetzes Prämienerhöhungen aufgrund einer Prämienanpassungsklausel zu und sieht Schadensverlaufsbescheinigungen bei Beendigung des Versicherungsvertrages vor. Im Kraftfahrgesetz wird die Kontrolle der Haftpflichtversicherung bei der Einreise von Fahrzeugen eingeführt, die im Zulassungsstaat von der Versicherungspflicht ausgenommen sind.

KONTROVERSIELLE DISKUSSION UM REFORM DES STAATSSCHULDENAUSSCHUSSES 

Unterschiedlich wurde von den einzelnen Abgeordneten das Vorhaben der Bundesregierung aufgenommen, den Aufgabenkreis und die Zusammensetzung des Staatsschuldenausschusses zu ändern. Dieser soll künftig nicht nur Empfehlungen zu den volkswirtschaftliche Auswirkungen der Finanzoperationen des Bundes abgeben, sondern - nicht zuletzt im Hinblick auf den Österreichischen Stabilitätspakt - die Finanzpolitik der öffentlichen Haushalte insgesamt beurteilen. Zudem soll er stärker in die Öffentlichkeitsarbeit des Bundes einbezogen werden.

Die Kritik der Opposition bezog sich vor allem auf die künftige Zusammensetzung des Staatsschuldenausschusses. Dieser soll in Hinkunft 12 Mitglieder haben, wobei sechs Mitglieder von der Bundesregierung und je drei Mitglieder von der Wirtschaftskammer (im Einvernehmen mit der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern) und der Bundesarbeitskammer zu nominieren sind. Derzeit hat der Staatsschuldenausschuss 14 Mitglieder, vier von ihnen werden von der Regierung und je fünf von der Wirtschaftskammer und der Bundesarbeitskammer entsandt.

Abgeordneter Rudolf Edlinger(S) wertete die Verstärkung des Regierungseinflusses auf den Staatsschuldenausschuss als weiteren Versuch der Regierung, ein bisher unabhängiges Gremium zu vereinnahmen und mögliche kritische Stimmen in Bezug auf die Budgetpolitik auszuschalten. Da bei Stimmengleichheit der Vorsitzende entscheide, bestehe künftig keine Notwendigkeit für die Regierungsvertreter im Staatsschuldenausschuss mehr, Konsens mit den anderen Mitgliedern herzustellen, veranschaulichte er.

Dieser Position schloss sich auch Abgeordneter Werner Kogler (G) an. Durch die geänderte Zusammensetzung wird seiner Ansicht nach das Wesen des Staatsschuldenausschusses verändert, dieser sei kein unabhängiges Gremium mehr, sondern eine Art Regierungskommission.

Die Kritik der Opposition wurde sowohl von den Abgeordneten der Koalitionsparteien als auch von Finanzminister Karl-Heinz Grasser vehement zurückgewiesen. Grasser bekräftigte, dass sich durch die geänderte Zusammensetzung weder Geist noch Klima des Staatsschuldenausschusses ändern würden, und erinnerte daran, dass dieser in der Vergangenheit stets einstimmig vorgegangen sei. Daran solle sich auch in Zukunft nichts ändern. Gegen Ausdrücke wie "Gleichschaltung" verwahrte sich Grasser strikt und betonte, dass er großen Wert auf unabhängige Empfehlungen lege. Abgeordneter Günter Stummvoll (V) erklärte, auch von einem von der Regierung nominierten Mitglied erwarte er sich eine kritische Beurteilung der Sachlage.

Um die Bedenken der Opposition auszuräumen, brachten die Koalitionsparteien darüber hinaus eine Ausschussfeststellung ein. Darin heißt es, der Finanzausschuss gehe davon aus, dass durch die neuen Gesetzesbestimmungen "weder in die Unabhängigkeit des Staatschuldenausschusses eingegriffen noch in sonstiger Weise die unabhängige Stellung der einzelnen Ausschussmitglieder beeinträchtigt wird".

Die Ausschussfeststellung wurde ebenso wie der Gesetzentwurf mit FP-VP-Mehrheit beschlossen. Durch die Annahme eines Abänderungsantrages, der von den Abgeordneten Hermann Böhacker (F) und Günter Stummvoll (V) zum Gesetzentwurf eingebracht worden war, sind künftig auch der Österreichische Gemeindebund, der Österreichische Städtebund und die Landeshauptmännerkonferenz durch je ein Mitglied, jedoch ohne Stimmrecht, im Staatsschuldenausschuss vertreten. (Schluss)