Parlamentskorrespondenz Nr. 875 vom 11.12.2001

FINANZMINISTER BEI KONJUNKTUR UND BUDGET UNVERÄNDERT OPTIMISTISCH

Wien (PK) - Der Finanzminister hat dem Nationalrat die Fortschreibung seines Stabilitätsprogramms für die Jahre 2001 bis 2005 vorgelegt (Volltext unter Publikationen auf www.bmf.gv.at abrufbar). Gleich in der Einleitung geht der Finanzminister auf das "heiße Eisen" Konjunkturentwicklung ein und führt aus, dass das wirtschaftliche Umfeld schwieriger und die konjunkturellen Risken größer geworden seien als in den vergangenen Jahren. Aufgrund der jüngsten wirtschaftlichen Einschätzungen sehe er aber dennoch keinen Grund zur Annahme, dass Österreich und Europa nicht bald wieder auf einen durchschnittlichen Wachstumspfad einschwenken werden.

Im Jahr 2001 senkt Österreich sein öffentliches Defizit auf null Prozent des BIP. Auch in den Jahren 2002 und 2003 werde es jeweils ein Nulldefizit geben, kündigt der Finanzminister an. Für die Folgejahre rechne er "dank der durchgeführten Strukturreformen" mit einem Konjunkturaufschwung und moderaten Haushaltsüberschüssen des Gesamtstaates, also von Bund, Ländern und Gemeinden. Schon jetzt lasse die öffentliche Schuldenquote einen klaren Abwärtstrend erkennen. Sie soll, so Grasser weiter, schon 2002 unter den Referenzwert von 60 % des BIP sinken.

DATEN UND PROGNOSEN ZU WIRTSCHAFT UND BUDGET BIS ZUM JAHR 2005

Im Einklang mit der Entwicklung in der Europäischen Union verlangsamte sich Österreichs Wirtschaftswachstum im Laufe des Jahres 2001. Das Wachstum wurde vom privaten Konsum getragen, während Exportnachfrage und Investitionen, insbesondere am Bau, stark nachließen. Aufgrund vorläufiger Daten und Annahmen für 2001 erwartet der Finanzminister für 2001 ein reales BIP-Wachstum von 1,3 %.

Die Beschäftigung wurde mit abnehmenden Zuwachsraten bis Oktober 2001 (+0,35 % gegenüber dem Vorjahresmonat) ausgeweitet. Während die Frauen-Beschäftigung seit Dezember 1996 gegenüber dem Vorjahreswert jeweils wuchs (Oktober 2001: +1,6 %), ging die Männer-Beschäftigung seit Juli 2000 gegenüber dem Vorjahreswert zurück (Oktober: -0,5 %). Die Arbeitslosenrate nahm im Jahresverlauf zunächst ab, stieg aber seit Mai und lag im Oktober bei 3,9 %. Vor allem die Baubranche, die Jugendlichen und die über 60-jährigen waren betroffen. Die Inflation entwickelte sich seit Anfang 2000 ungefähr im EU-Durchschnitt.

Auf mittlere Sicht sieht der Finanzminister keinen Grund zur Annahme, dass Europa nicht wieder auf seinen normalen Wachstumspfad einschwenken könnte, weil es in der Euro-Zone keine schwerwiegenden makroökonomischen Ungleichgewichte gebe, die korrigiert werden müssten. Die Rohstoffpreise, einschließlich Öl, seien im Verlauf des Jahres 2001 gesunken und werden sich künftig analog zum Wachstum entwickeln. Ein negativer Preisschock sei derzeit wenig wahrscheinlich, die Inflationsrate werde in der Euro-Zone ab dem Jahr 2003 im Durchschnitt knapp unter 2 % liegen. Mit der im Gefolge der Terroranschläge in den Vereinigten Staaten expansiven Geldpolitik der USA ziehe die EZB - in langsamerem Tempo - mit. Die langfristigen Zinsen der Euro-Zone, die im November Jahr 2001 deutlich auf unter 4,5 % gesunken seien, könnten auch mittelfristig unter 5 % bleiben, um dann im Einklang mit der Konjunkturentwicklung gegen Ende der Prognoseperiode anzusteigen. Der US-Dollar dürfte gegenüber dem Euro kaum an Wert verlieren.

Für Österreich erwartet der Finanzminister, dass die Sozialpartner bei ihrer Lohn- und Einkommenspolitik bleiben und der von den  Arbeitskosten ausgehende Druck auf die Inflationsrate moderat bleiben werde. Von den öffentlichen Haushalten werden ab dem Jahr 2002 keine direkten Preiseffekte ausgehen. Die Strukturreformen sollten weiterhin die Inflation dämpfen. Insgesamt dürfte sich die Inflation in etwa wie in der Euro-Zone entwickeln.

Unter der Annahme, dass auch die nächste Regierung die gegenwärtige budgetpolitische Strategie fortführt, sei aufgrund der prognostizierten Konjunkturentwicklung und der sinkenden Zinsausgaben gegen Ende des Prognosehorizonts mit leichten Haushaltsüberschüssen des Gesamtstaates zu rechnen, schreibt Finanzminister Karlheinz Grasser.

EIN LANGFRISTIGES PROBLEM - DIE ALTERUNG DER BEVÖLKERUNG

Das Stabilitätsprogramm spricht auch langfristige Probleme bei der nachhaltigen Sicherung der Finanzierungssysteme an, etwa den deutlichen Zuwachs bei den Ausgaben für die Alters- und Gesundheitsversorgung aufgrund der demographischen Entwicklung. Statistik Austria und Eurostat errechneten aufgrund aktueller Trends eine Abnahme der österreichischen Bevölkerung von derzeit 8,1 auf 7,6 Millionen bis zum Jahr 2050. Gleichzeitig, vor allem ab 2020, werde der Anteil der über 64-Jährigen an der Erwerbsbevölkerung von gegenwärtig 25 % auf 55 % ansteigen und der Anteil der über 79-Jährigen noch deutlicher zunehmen. Angesichts solcher Prognosen wurden Arbeitsgruppen eingerichtet, um Vorschläge zur nachhaltigen Sicherung des Pensionssystems und des Gesundheitssystems zu unterbreiten. Seit dem 1. Oktober 2000 besteht eine gesetzlich institutionalisierte Kommission ("Pensionsbeirat") zur Beobachtung der Entwicklung der Pensionsversicherung. Diese Kommission hat den Auftrag, alljährlich eine Mittelfristprognose über die Entwicklung der gesetzlichen Pensionsversicherung abzugeben und darüber hinaus – als Novum – alle drei Jahre ein Langfristgutachten zu erstellen. Das erste dieser Langfristgutachten stellt Finanzminister Grasser für 2003 in Aussicht (III-129 d.B .). (Schluss)