Parlamentskorrespondenz Nr. 91 vom 14.02.2002

GLEICHBEHANDLUNGSBERICHTE IM AUSSCHUSS ENDERLEDIGT

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Wien (PK) - In der heutigen Sitzung des Gleichbehandlungsausschusses standen zunächst zwei Berichte, nämlich der Gleichbehandlungsbericht für den Zeitraum 1995-2000 sowie der Gemeinsame Bericht über die Vollziehung des Gleichbehandlungsgesetzes, auf der Tagesordnung, die beide enderledigt und nach ausführlicher Diskussion einstimmig zur Kenntnis genommen wurden.

Im Anschluss an die Diskussion über die Berichte befassten sich die Abgeordneten mit Entschließungsanträgen der Sozialdemokraten (Rücknahme der frauenfeindlichen Regelungen im Bundesgleichbehandlungsgesetz für den Öffentlichen Dienst; Gleichbehandlungsgesetz für die Privatwirtschaft) sowie der Grünen (Umsetzung der UNO-Frauenrechtskonvention CEDAW), die alle vertagt wurden.

Abgeordneter Caspar Einem (S) brachte zunächst einen Antrag ein, die beiden Berichte im Ausschuss nicht endzuerledigen; dieses Anliegen fand jedoch keine Mehrheit. Er habe den Eindruck, dass es sich um einen Pflichtbericht handle, da keine Akzente erkennbar sind. Zudem sei insbesondere das Kapitel über die Situation am Arbeitsmarkt "sehr dürr" ausgefallen. Die Frauenpolitik dürfte kein Herzensanliegen der Bundesregierung sein, vermutete er.

Abgeordnete Elisabeth Hlavac (S) erkundigte sich danach, wann die seit langem angekündigte große Novelle des Gleichbehandlungsgesetzes kommen wird. Eine Neufassung sei aus ihrer Sicht dringend erforderlich, da einige EU-Richtlinien (v.a. hinsichtlich Schadenersatzobergrenzen und Beweislastfrage) zum Teil noch immer nicht umgesetzt sind.

Dieser Bericht sei dünner ausgefallen als frühere Publikationen, stellte Abgeordnete Madeleine Petrovic (G) fest. Sie frage sich, ob die starke Akzentuierung in Richtung Männer (z.B. Offensive im Bereich Männergesundheit) sinnvoll sei, da die Realität ganz anders aussehe und zu Lasten der Frauen gehe. Froh zeigte sie sich darüber, dass die Regionalisierung der Gleichbehandlungsanwaltschaft voranschreite; die personelle Ausstattung erscheine ihr allerdings ein wenig dürftig. Zur Sprache brachte Petrovic noch die Personalauswahl des Ministers bei der Besetzung des Vorsitzes der Gleichbehandlungskommission. Wieso sei es zu keinem Hearing gekommen und warum wurde nur eine Person vorgeschlagen bzw. gab es keine anderen Interessentinnen? Weiters sprach sie - ebenso wie Abgeordnete Prammer - die Rechtsunsicherheiten an, die durch die Ausgliederung von staatlichen Betrieben entstanden sind.

Abgeordnete Ridi Steibl (V) bedankte sich bei den Beamtinnen des Hauses für die guten Berichte. Man könne sehen, dass es große Fortschritte gebe und sich die Frauen immer mehr trauen, ihre Interessen durchzusetzen. Erfreut zeigte sie sich auch über die regionale Ausweitung der Gleichbehandlungsanwaltschaft.

Auch Abgeordnete Barbara Prammer (S) thematisierte das Nachtarbeitsverbot für Frauen, das "seit 1.1. 2002 gefallen ist". Es sei daher dringend notwendig, moderne und geschlechtsneutrale Regelungen zu beschließen. Abgeordnete Inge Jäger (S) wies kritisch darauf hin, dass das Ministerium vor allem mit Männerthemen in den Medien vertreten sei. Initiativen würde sie sich bezüglich der Frauenförderung auf betrieblicher Ebene erwarten, da Frauen noch immer die schlechter bezahlten und austauschbaren Jobs erhalten. Sie fürchtete, dass sich diese negative Entwicklung noch fortsetzen werde und auch das Kinderbetreuungsgeld dazu beitragen wird, die Frauen aus dem Berufsleben zu drängen.

Abgeordnete Edith Haller (F) widersprach vehement den Aussagen der Oppositionsredner, wonach die Frauenpolitik kein Anliegen der Regierung sei. Es gebe natürlich immer noch Defizite, aber die neue Regierung sei auch erst seit zwei Jahren im Amt. Außerdem sei in dieser kurzen Zeit schon vieles passiert, wie etwa die Novelle des Gleichbehandlungsgesetzes, die Umsetzung des Gender-Mainstreamings etc., erinnerte Haller. Was den Geburtenrückgang betrifft, so sei dieser auf die Tatsache zurückzuführen, dass es weniger Frauen zwischen 20 und 40 Jahren gibt, erläuterte sie. Ein Arbeitspapier des Institutes für Familienforschung belege zudem, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Österreich in einem beträchtlichen Ausmaße verwirklicht sei. Ein wichtiges Anliegen war ihr die geschlechtsneutrale Regelung des Nachtarbeitgesetzes.

Im Sinne einer besseren Übersichtlichkeit schlug Bundesminister Herbert Haupt vor, die unterschiedlichen Berichtszeiträume der einzelnen Publikationen (derzeit zwischen einem und 10 Jahren) aufeinander abzustimmen bzw. zu verkürzen. Vor allem eine Harmonisierung mit den Legislaturperioden erschiene ihm dabei als sinnvoll. Hinsichtlich der Männerabteilung machte der Minister darauf aufmerksam, dass es derzeit fünf Planstellen gebe und man daher weder personell noch finanziell von einer Schwerpunktsetzung sprechen könne. Staatssekretär Waneck und er haben sich im Bereich der Frauengesundheit sehr engagiert, betonte Haupt, nur müsse man leider feststellen, dass das Medienecho bei derartigen Veranstalten geringer sei als bei Männerthemen. Als Beispiel für die vielfältigen Frauengesundheitsinitiativen nannte er das Kompetenzzentrum in Wolfsberg, wo Lymphdrainagen nach Brustoperationen durchgeführt werden.

Zur geplanten 5. Novelle des Gleichbehandlungsgesetzes angesprochen, merkte Haupt an, dass man zunächst die Entwicklungen auf EU-Ebene (Gleichbehandlungs-Richtlinie), die sich leider verzögert haben, abwarte. Hinsichtlich der Frauenförderung halte er es auch für einen wichtigen Akzent, dass dem Führungsgremium des Hauptverbandes nunmehr erstmals eine Frau angehöre. Außerdem wolle er in seinem Ressort einen frauenpolitischen Beirat einrichten.

Einen weiteren wichtigen Schritt habe man bei der Regionalisierung der Gleichbehandlungsanwaltschaft (Graz und Klagenfurt) gesetzt, informierte er die Abgeordneten. Er habe sich überlegt, noch einen weiteren Standort ins Auge zu fassen; die Verhandlungen mit dem Finanzminister laufen bereits.

Die neue Vorsitzende der Gleichbehandlungskommission, Frau Karrer-Brunner, habe bereits mit den Sozialpartnern Gespräche aufgenommen und morgen werde die erste Sitzung nach einem halben Jahr stattfinden, führte Haupt weiter aus. Derzeit sind 35 Fälle noch offen und er hoffe, dass diese noch heuer erledigt werden, zumal die Vorsitzende hauptamtlich tätig sein wird. Frau Karrer-Brunner war schon bisher als Gemeinderätin in Klagenfurt mit Frauen-, Familien- und Sozialthemen befasst und sei zudem gewählte Betriebsrätin in einem Versicherungsunternehmen gewesen.

Hinsichtlich der Novelle zum Gleichbehandlungsgesetz teilte Bundesminister Martin Bartenstein mit, dass die Sozialpartner erklärt haben, die EU-Gleichbehandlungs-Richtlinie abwarten zu wollen. Das diesbezügliche Ermittlungsverfahren beginne Ende Februar, teilte der Ressortchef mit. Es solle jedoch schon nächste Woche mit Gesprächen begonnen werden, wobei u.a. die Themen Schadenersatzobergrenze, Umsetzung der Entsenderichtlinie und die Frage der Beweislastumkehr zur Diskussion stehen werden. Was die Koppelung öffentlicher Aufträge an die gewisse Kriterien anbelangt, sei er zurückhaltend, da das ohnehin nicht einfache Vergaberecht nicht noch mehr überfrachtet werden sollte. Bezüglich des Nachtarbeitsverbotes für Frauen, das schon längst ein Diskriminierungsfaktor für die Frauen gewesen ist, liege der Ball nun bei den Sozialpartnern. Bei den Ausgliederungen vertrete er die Ansicht, dass für alle Unternehmen, die im Wettbewerb mit privaten Unternehmen stehen, das gleiche Recht gelten sollte.

DAS RESÜMEE DER GLEICHBEHANDLUNGSBERICHTE

Der Gleichbehandlungsbericht 1995 bis 2000 (114 d.B.), der die Rechtslage ab Juli 1995 schildert und auf geplante Änderungen des Gleichbehandlungsgesetzes - vor allem im Hinblick auf EU-Recht - hinweist, listet auch Entscheidungen der Gerichte, vor allem die der unteren Instanzen, auf. Dies deshalb, weil Verletzungen des Gleichbehandlungsgebotes nicht nur bei der Gleichbehandlungskommission, die seit 1.4.2000 beim Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen eingerichtet ist, sondern auch unmittelbar bei Gericht geltend gemacht werden können, wobei Gleichbehandlungskommission und Gericht unabhängig voneinander angerufen werden können.

Inhaltlich wurden im Berichtszeitraum vermehrt Anträge wegen sexueller Belästigung an die Gleichbehandlungskommission gestellt, in jüngster Zeit waren auch mehr Anträge wegen Aufstiegsdiskriminierung zu verzeichnen. Die GBK hat vom 1. Juli 1995 bis 30. Juni 2000 insgesamt 96 Fälle behandelt; es fanden 52 Sitzungen statt.

Weiters befassten sich die Mandatare mit dem Gemeinsamen Bericht über die Vollziehung des Gleichbehandlungsgesetzes: Insgesamt hatte die Anwaltschaft 2.679 Beratungen durchzuführen, davon betrafen u.a. 1160 die Diskriminierung durch sexuelle Belästigung, 264 die Festsetzung des Entgelts und 177 die Diskriminierung beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei der Beförderung.

Neu kamen 850 Beratungsfälle hinzu, davon bezogen sich 692 auf das Gleichbehandlungsgesetz. Wien hatte die meisten neuen Beratungsfälle (434), gefolgt von Tirol (163), zu verzeichnen.

THEMENSCHWERPUNKTE

Mehr als in früheren Jahren wollen von Diskriminierung betroffene Frauen selbst gegenüber ihren Arbeitgebern initiativ werden. Viele scheuen auch ohne innerbetriebliche Unterstützung konfrontative und fordernde Gespräche nicht mehr. Derzeit sind es noch eher Frauen mit hoher fachlicher Qualifikation und auf wichtigen betrieblichen Positionen, die den Kampf um berufliche Gleichbehandlung selbst aufnehmen. Sie suchen die Gleichbehandlung auf, um Klarheit über die rechtliche Relevanz ihres Anliegens und Informationen über Rechtsfolgen und Judikatur zu ihrem speziellen Problem zu erhalten, genauso wichtig ist ihnen aber das Erarbeiten von Verhandlungsstrategien und Coaching durch die Anwältinnen für Gleichbehandlungsfragen. Dieses Empowerment lässt die betroffenen Frauen die notwendigen Veränderungen selbst einfordern, während die Anwaltschaft im Hintergrund bleibt, was in vielen Fällen die Chance auf eine Verhandlungslösung ohne Druck von außen wahrt.

Sehr viele Anfragen und Beratungen gab es zum Thema "Nachtarbeitsverbot für Frauen". Insbesondere in Produktionsbetrieben empfanden Frauen es als zunehmend ungerecht, dass ihnen durch das Nachtarbeitsverbot auch Aufstiegsmöglichkeiten und bessere Bezahlung verwehrt blieben. Unsicherheiten traten anlässlich von Ausgliederungen aus dem Bund auf, aber auch bei der Privatisierung von Gemeindeunternehmen, ist doch ungeklärt, welches Gleichbehandlungsgesetz anzuwenden ist. Insbesondere dann, wenn keine ausdrückliche Regelung getroffen wird und im Unternehmen sowohl dienstzugeteilte öffentlich Bedienstete als auch privatwirtschaftlich eingestellte ArbeitnehmerInnern tätig sind.

Der Bericht listet auch die aufgrund der praktischen Erfahrung der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen notwendigen und möglichen Verbesserungen auf: Aufhebung der Schadensobergrenzen bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses und beim beruflichen Aufstieg; Einbeziehung von nicht geschlechtsneutralen Stellenausschreibungen durch ArbeitgeberInnen in die Verwaltungsstrafbestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes; verbesserter Schutz bei Diskriminierung durch sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz; Erleichterung der Beweisführung in Fällen sexueller Belästigung; verbesserter Schutz bei Folgediskriminierungen; Angleichung der Fristen zur Geltendmachung von Schadenersatz; sprachliche Gleichbehandlung durch das Gleichbehandlungsgesetz; Einbeziehung von Personen, die arbeitnehmerInnenähnlich beschäftigt sind, in den Geltungsbereich des Gesetzes.(III-135 d.B.)

FRAUENFEINDLICHE REGELUNGEN IM BUNDESGLEICHBEHANDLUNGSGESETZ?

Die sofortige Rücknahme von ihrer Einschätzung nach frauenfeindlichen Regelungen im Bundesgleichbehandlungsgesetz für den öffentlichen Dienst urgiert S-Abgeordnete Barbara Prammer in einem Antrag. In einem Selbständigen Antrag verlangt G-Abgeordnete Madeleine Petrovic die Konkretisierung der Gründe, die gemäß dem Gleichbehandlungsgesetz zu einem Abgehen von der bevorzugten Bestellung von Frauen mit gleicher Bestqualifikation führen können.

Abgeordnete Edith Haller (F) gab bekannt, es lägen seit Inkrafttreten der Dienstrechtsnovelle vor einem halben Jahr keine Beanstandungen bei der Anwaltschaft vor. Um eine Beobachtungsfrist von einem Jahr abwarten zu können, beantragte sie eine Vertagung, die auch mit Koalitionsmehrheit angenommen wurde.

Abgeordnete Elisabeth Hlavac (S) verwies darauf, dass "soziale Gründe" meist frauendiskriminierend sind und dass dies im Gesetz festgeschrieben werden müsse.

GLEICHBEHANDLUNGSGESETZ FÜR DIE PRIVATWIRTSCHAFT WIRD VERLANGT

Die SPÖ fordert die Vorlage eines Gleichbehandlungsgesetzes für die Privatwirtschaft ein. Sie verweist auf die nach wie vor beachtlichen Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen und gibt zu bedenken, dass diese einer Studie zufolge zum Teil systemimmanent sind. Die von den Regierungsparteien beantragte Vertagung fand mehrheitliche Zustimmung. (263/A[E])

GRÜNE PLÄDIEREN FÜR UMSETZUNG DER UNO-FRAUENRECHTSKONVENTION

Die vollständige Umsetzung der UNO-Frauenrechtskonvention CEDAW durch Österreich ist ein Anliegen der Grünen. Die Palette der von der Abgeordneten Ulrike Lunacek in ihrem Entschließungsantrag unterbreiteten Punkte reicht dabei von Frauenquoten in der Politik über den Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen bis hin zu Integrationsmaßnahmen für weibliche Zuwanderer.

Da in absehbarer Zeit ein neuer CEDAW-Bericht vorliegen wird, wollen die VertreterInnen der Regierungsparteien die Vorlage dieses Berichtes abwarten und beantragten daher eine Vertagung, die auch mit den Stimmen der beiden Koalitionsparteien beschlossen wurde.

Bundesminister Herbert Haupt gab bekannt, dass der Bericht am 17.1. fertig gestellt und dem Ministerrat zugeleitet wurde. In absehbarer Zeit könne daher eine Diskussion stattfinden.

Weiters machte Haupt darauf aufmerksam, dass die Frauensektion in ihre neuen Räumlichkeiten gezogen sei und nun über eine neue Homepage verfüge. (Schluss)