Parlamentskorrespondenz Nr. 164 vom 12.03.2002

DER PRÄSIDENT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK IRAN ZU GAST IM HOHEN HAUS

Wien (PK) - Der Präsident der Islamischen Republik Iran, Seyed Mohammed Khatami, besuchte heute im Beisein des iranischen Außenministers Kemal Kharasi das Hohe Haus, wo er mit Nationalratspräsident Heinz Fischer zu einem Gedankenaustausch zusammentraf. An der Unterredung nahm auch der Dritte Präsident des Nationalrates Werner Fasslabend teil.

Im Mittelpunkt des Gespräches stand dabei die Lage im Nahen Osten. Beide Politiker sprachen sich für einen Dialog und eine friedliche Lösung der Probleme aus, wobei Präsident Khatami betonte, dass ohne eine Berücksichtigung der legitimen Ansprüche des palästinensischen Volkes dauerhafter Frieden, dauerhafte Sicherheit und Stabilität in der Region nicht zu erzielen sein werde. In diesem Zusammenhang erörterten die beiden Präsidenten auch die jüngsten Vorschläge des saudiarabischen Kronprinzen zur Lösung des Konflikts.

Khatami und Fischer beleuchteten in ihrem Gespräch auch die unterschiedliche politischen Praxis im Iran und in Österreich, wobei der iranische Gast auf die Rolle des Präsidenten im Rechtsgefüge des Iran einging. Präsident Fischer erinnerte an seinen seinerzeitigen Besuch in Teheran und bezeichnete die bilateralen Beziehungen als sehr gut. Präsident Khatami sei bei seiner Wiederwahl großes Vertrauen seitens des iranischen Volkes zuteil geworden, und auch im Ausland schätze man die Person des iranischen Staatsoberhauptes ob ihrer Politik. Dem Iran sei bei seinem Reformprozess auch weiterhin viel Erfolg zu wünschen.

Nach einem philosophischen Exkurs, bei dem Khatami und Fischer sich mit den Werken von Hegel, Heidegger und Popper befassten, kam Khatami auf die aktuelle politische Lage im Iran zu sprechen, wobei er unterstrich, dass für das iranische Volk in den letzten zwei Jahrhunderten zwei Ziele von besonderer Bedeutung gewesen seien: die Ersetzung von Despotie durch Demokratie und die Erlangung vollständiger Unabhängigkeit vom Ausland. Die Umsetzung dieser Ziele sei mitunter mit Problemen konfrontiert, doch sei er, Khatami, überzeugt davon, dass man diese Ziele erreichen werde, habe der Iran doch durch die Revolution vor 23 Jahren erstmals eine Regierung, die nicht gegen das Volk, sondern für das Volk und mit dem Volk an der Umsetzung dieser Ziele arbeite.

Im Anschluss an das Gespräch im Empfangssalon setzten die beiden Politiker ihren Meinungsaustausch im Beisein von Kardinal Christoph Schönborn, den vier Klubobleuten Josef Cap (S), Peter Westenthaler (F), Andreas Khol (V) und Alexander Van der Bellen (G) sowie dem Präsidenten der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, Peter Schieder, und dem ehemaligen Außenminister Alois Mock bei einem Arbeitsessen im Parlament fort, das von Nationalratspräsident Fischer zu Ehren seines iranischen Gastes gegeben wurde. (Schluss)