Parlamentskorrespondenz Nr. 196 vom 20.03.2002

ABFANGJÄGER, NEUTRALITÄT UND DIE ÖSTERREICHISCHE SICHERHEITSPOLITIK

Wien (PK) - Die österreichische Sicherheitspolitik, die Neutralität und der von der Regierung betriebene Verkauf von Abfangjägern stand am Nachmittag im Mittelpunkt einer Debatte aus Anlass einer von den Grünen eingebrachten Dringlichen Anfrage zum Thema Abfangjäger an den Bundeskanzler.

Abgeordneter Dr. VAN DER BELLEN (G) bekräftigte bei der Begründung der Dringlichen Anfrage, dass die Grünen eine Volksabstimmung über den Kauf von neuen Abfangjägern verlangen. Auf die SteuerzahlerInnen kämen Kosten in der Höhe von 2 Mrd. €, rechnet man Erhaltung und Betrieb dazu, von 3 Mrd. € zu. Die Verantwortung, ob eine Volksabstimmung durchgeführt wird oder nicht, läge bei ÖVP und FPÖ.

Der grüne Klubobmann fasste noch einmal die Argumente zusammen, die seines Erachtens gegen den Kauf von Abfangjägern sprechen. So verstehe er nicht, warum es eine Diskussion um nicht gesicherte Frauenpensionen gebe; warum die Finanzierung des Sozialstaates an ihre Grenzen gelangt sei; warum man nicht im Stande sei, ein richtiges Konjunkturprogramm zu machen; warum für Universitäten, für Forschung und Entwicklung, für Bildung und für aktive Arbeitsmarktpolitik zu wenig Geld da sei, während man die Mittel für Abfangjäger offensichtlich aufbringen könne. Der Kauf von Abfangjägern sei auch eindeutig ein Kreditgeschäft, was dem eingeschworenen Ziel eines Nulldefizits völlig widerspreche. Es gebe auch genügend Offiziere, die klar sagten, dass bei den nötigen Anschaffungen für das Bundesheer die Abfangjäger keinerlei Priorität hätten, so Van der Bellen.

Den Begriff "militärisches Zwentendorf" habe er mit Bedacht gewählt, weil er verhindern wolle, dass eine derartige Fehlinvestition noch einmal passiert. Die Verknüpfung des Kaufs von Abfangjägern mit dem Neutralitätsgesetz durch die Regierung hält Van der Bellen für unehrlich, da Österreich gut 30 Jahre nach Beschlussfassung des Neutralitätsgesetzes ohne Abfangjäger ausgekommen sei. Der Kern der Neutralität sei völkerrechtlich klar definiert, aber über die konkreten Beschaffungsvorgänge habe Österreich noch immer autonom entschieden. Dabei gehe es gar nicht um Neutralität, stellte der Redner fest, sondern um luftpolizeiliche Maßnahmen, wie dies auch kürzlich der Verteidigungsminister öffentlich zugegeben habe. "Worin liegt daher das Problem, die BürgerInnen zu befragen?", resümierte Van der Bellen.

Bundeskanzler Dr. SCHÜSSEL konterte, dass die Regierung sowohl Bildung als auch Sicherheit im Auge behalten könne; dass sie soziale Sicherheit und Sicherheit gegen Drogen, Kriminalität und Außenbedrohung gleichzeitig im Auge behalten könne. Sie habe es zustande gebracht, die beste Familienförderung zur Verfügung zu stellen und keine neuen Schulden zu machen. Die Regierung plane auch in den nächsten zehn Jahren 17 Mrd. € in Infrastruktur-Projekte zu investieren, ohne den Staat mit zusätzlichen Schulden zu belasten. Die Argumentation, man brauche weniger Sicherheit um mehr soziale Sicherheit zu gewinnen, sei daher falsch.

Der Bundeskanzler ging in der Folge auf die völkerrechtliche Verpflichtung durch das Neutralitätsgesetz ein, die Unverletzlichkeit des österreichischen Staatsgebietes mit allen zu Gebote stehenden Mitteln aufrecht zu erhalten und zu verteidigen. Dazu gehöre auch der Luftraum, weshalb er, Schüssel, in der gegenständlichen Frage den Verteidigungsminister 100-prozentig unterstütze. Im übrigen widersprach er Van der Bellen, dass Österreich 30 Jahre nach dem Neutralitätsgesetz keine Luftraumüberwachung gehabt hätte. Bereits in den 60er Jahren seien SAAB-Flugzeuge angeschafft worden, berichtigte der Bundeskanzler. Zur Untermauerung seiner Position in der Frage der Abfangjäger nannte Schüssel andere kleinere und mittlere Staaten, die ebenfalls über eine Luftraumüberwachung verfügen. So habe beispielsweise Tschechien 110 Kampfflugzeuge, die Slowakei 84, Ungarn 27, die Schweiz 154, Finnland 64, Schweden 250 und Belgien 90. Eine glaubwürdige Verteidigung unseres Luftraumes sei eine "Sicherheitspolizze", die jedes Land brauche.

Der Bundeskanzler wies auch darauf hin, dass jede solcher Investitionen ein Langzeitprojekt mit Kompensationsangeboten sei. Schüssel strich den Wirtschaftsaspekt dabei besonders heraus und erläuterte, dass die Draken 2,4 Mrd. S gekostet hätten, man aber an Gegengeschäften 5,7 Mrd. S habe lukrieren können, wodurch 8.000 Arbeitsplätze gesichert werden konnten.

Politisch beurteilte Schüssel die Haltung der SPÖ als eine "Rückwärtsrolle". Anhand von Zitaten aus den 80er Jahren meinte er, dass sich die SPÖ früher dem Staatsganzen verpflichtet gefühlt hätte. Sogar im Grundsatzbeschluss mit der SPÖ nach den letzten Wahlen wäre das Luftpaket enthalten gewesen. Die Grünen wiederum seien von Anfang an gegen das Bundesheer gewesen und weit entfernt von jeder staatspolitischen Verantwortung, so Schüssel. Die Außen-, Verteidigungs- und Sicherheitspolitik Österreichs sei viel zu schade, um sie den Grünen zu überlassen.

In Beantwortung der konkreten Fragen stellte der Bundeskanzler fest, es gebe keine Meinungsverschiedenheit zwischen ihm und dem Verteidigungsminister. In Friedenszeiten hätten Abfangjäger selbstverständlich die polizeiliche Luftraumüberwachung über, im Krieg gehe es um die Verteidigung. Hinsichtlich der Kosten rechnet Schüssel mit 1,4 bis 1,8 Mrd. € über einen Zeitraum von neun Jahren, wobei die Rückzahlung ab 2004/2005 beginnen werde. Bei den Kompensationsgeschäften hofft er auf eine Abdeckung von 150 bis 200%. Der Kauf werde daher ausgewogen und budgetschonend abgewickelt werden.

Eine Volksabstimmung lehnt der Bundeskanzler deshalb ab, weil es keine Alternative zur Überwachung des österreichischen Luftraumes gebe, wozu wir verfassungsrechtlich verpflichtet seien. Eine Volksabstimmung könne aber auch nicht über einen Verwaltungsbeschaffungsakt erfolgen, sondern nur über ein Gesetz.

Abgeordneter Dr. PILZ (G) begann seinen Debattenbeitrag mit, wie er sagte, Berichtigungen zur Beantwortung durch den Bundeskanzler. In den letzten 20 Jahren sei es in Österreich nie um eine militärische Luftraumüberwachung gegangen, sondern lediglich um Luftpolizei. Die SAAB-105-Maschinen könne man nicht als Abfangjäger bezeichnen, da sie langsamer als jedes Verkehrsflugzeug seien. Er bezweifelte auch, Kompensationsgeschäfte von 150 % und mehr erzielen zu können und damit beschäftigungspolitische Effekte zu erreichen, und untermauerte seine Auffassung mit einen Brief von der Firma Lockheed, die nur 74 % bietet.

Pilz nahm auch Anstoß an der Verknüpfung des Ankaufs von Abfangjägern mit der Neutralität durch den Bundeskanzler, der – durch viele Zitate belegbar – immer wieder betont habe, dass Neutralität keine Rolle spiele. Was hier passiere, sei daher ein "neutralitäts- und sicherheitspolitischer Schwindel ersten Ranges". Der Grün-Mandatar hält auch deshalb die Entscheidung über den Ankauf von Abfangjägern für verfrüht, da Österreich noch nicht wisse, welche Rolle es in der europäischen und globalen Sicherheitspolitik spielen solle. Europa befände sich in einer Übergangsphase und vielleicht auch am Beginn einer gemeinsamen Außen- und Verteidigungspolitik. Erst nach Abschluss der Diskussion im Konvent würden sich die Zukunftsfragen stellen. Die Bundesregierung denke jedoch nicht an die sicherheitspolitische Zukunft, sondern wende sich der sicherheitspolitischen Vergangenheit zu.

Abschließend brachte Pilz einen Entschließungsantrag ein, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, auf den Ankauf von Abfangjägern zu verzichten. 

Die  Haltung der SPÖ zum Neuankauf von Abfangjägern begründete Abgeordneter Dr. CAP (S) mit der geopolitischen Veränderung seit 1989/90. Auch er kritisierte die Verknüpfung des geplanten Kaufs mit der Neutralität durch den Bundeskanzler, welche dieser vor nicht allzu langer Zeit mit Mozartkugeln und Lipizzanern verglichen habe. "Und das soll dann auch noch 90 Mrd. S wert sein?", fragte er. Er könne auch nicht nachvollziehen, dass man in einer Zeit der Einsparungen, in einer Zeit des Nulldefizit-Fetischs und der Sozialeinsparungen, in einer Zeit, in der man mit einem Sozialstaats-Volksbegehren versuchen müsse, dem Raubbau Einhalt zu gebieten, Abfangjäger kaufen will.

Über die Gegengeschäfte gebe es nicht einmal aus der Vergangenheit klare Aussagen. Es fehle dabei die nötige Kontrolle und die Hälfte werde heimlich und intransparent abgewickelt. Man müsse daher mit dem Mythos der Gegengeschäfte gründlich aufräumen, denn sie seien eine "reine Augenauswischerei".

Cap übte auch heftige Kritik daran, dass die Regierung eine Volksabstimmung in dieser Frage ablehne. Die Argumente dagegen seien nur vorgeschoben, vergleicht man die Themen vorangegangener Volksbegehren mit dieser nun wichtigen anstehenden Frage. Das verfassungsrechtliche Argument lasse er deshalb nicht gelten, denn man könne ja ein Gesetz beschließen und dieses dann dem Volk vorlegen.

Abgeordneter Dr. SPINDELEGGER (V) zeigte sich erschüttert über die Vorstellungen, die die Abgeordneten Van der Bellen und Cap in der Frage der Sicherheitspolitik an den Tag legen. "Das ist der Stoff, aus dem die rot-grüne Koalition gemacht wird - linker Populismus statt staatspolitischer Verantwortung". Verantwortung für Österreich beinhaltet für Spindelegger auch, für die Sicherheit im Luftraum zu sorgen. Minister Scheibner erfülle diese Aufgabe mit großem Engagement, daher stehe die Volkspartei hinter ihm.

Die Motive der Oppositionsparteien seien ebenso unterschiedlich wie widersprüchlich, analysierte Spindelegger: Die Grünen seien immer gegen die Landesverteidigung aufgetreten, wollten zugleich aber glauben machen, die Neutralität sei eine grüne Erfindung. Sie würden dabei aber übersehen, dass es im Artikel I des Neutralitätsgesetzes heiße, die Neutralität sei mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zu verteidigen. Und dazu gehört für Spindelegger auch die Luftraumverteidigung.

Der Widerspruch in der Haltung der SPÖ bestehe darin, dass sie noch vor zwei Jahren für die Abfangjägernachbeschaffung eingetreten sei, wovon sie jetzt nichts mehr wissen wolle. Spindelegger fordert mehr staatspolitische Verantwortung von der SPÖ ein. Denn "jedes Land hat seine Abfangjäger, entweder die eigenen oder fremde. Wir müssen dafür sorgen, dass unsere eigenen Abfangjäger den österreichischen Luftraum schützen", schloss Abgeordneter Spindelegger.

Abgeordneter Ing. WESTENTHALER (F) konfrontierte Abgeordneten Cap mit der Frage, ob die Neutralität für ihn in der Luft aufhöre. Er lehne ein Volksabstimmung nicht ab, sie sollte aber nicht über einen Detailbereich der Sicherheitspolitik, sondern über ihrer grundsätzliche Ausrichtung abgehalten werden. "Wollen wir die Neutralität beibehalten und verteidigen, oder wollen wir die Verteidigung anderen überlassen und etwa der Nato beitreten?" Dann könnte es aber passieren, dass die Nato das Nachbarland Tschechien, das Abfangjäger besitze, beauftrage, den österreichischen Luftraum zu überwachen. "Da ist es mir schon lieber, wenn österreichische Abfangjäger unseren Luftraum überwachen", sagte Abgeordneter Westenthaler.

Abgeordneten Pilz erinnerte Westenthaler an das Jahr 1991, als ein jugoslawisches Kampfflugzeug im Tiefflug über Graz auftauchte und die Bevölkerung sehr froh war, dass Österreich eine funktionierende Luftraumüberwachung besaß. "Ich will nicht erleben müssen, bei einem terroristischen Akt oder bei einem Krieg dazustehen und sagen zu müssen: Wir sind nicht gerüstet. Die FPÖ sagt Nein zu neuen Schulden, sie sagt Ja zur Steuerreform und Ja zu mehr Sicherheit, auch durch eine funktionierende Luftraumüberwachung - das sind wir der nächsten Generation schuldig", führte Westenthaler aus.

Abgeordneter Dr. PILZ (G) trat in einer tatsächlichen Berichtigung der Auffassung entgegen, die Luftraumüberwachung habe im Jahr 1991 funktioniert. Der jugoslawische Jet sei einer Saab 105 begegnet, die sich zufällig gerade von Zeltweg nach Thalerhof überstellt wurde.

Verteidigungsminister Scheibner widersprach Abgeordnetem Pilz, indem er daran erinnerte, dass der jugoslawische Kampfjet vom Luftraumüberwachungssystem Goldhaube erfasst und die Saab 105 verständigt worden sei. Die Saab Draken haben die Luftraumüberwachung damals lückenlos sichergestellt, unterstrich der Minister. Den Oppositionsparteien warf Scheibner vor, eine populistische Diskussion über die Abfangjägerbeschaffung zu führen, weil sie sich davon Vorteile in der öffentlichen Meinung erwarten. Auch er habe einmal einer Oppositionspartei als Abgeordneter abgehört und oft eine sehr kritische Oppositionspolitik betrieben, räumte der Minister ein, "wir haben aber niemals mit der Sicherheit unseres Landes und mit der Sicherheit der Österreicher Parteipolitik zu machen versucht".

Die SPÖ habe sich hingegen von der Sicherheitspolitik verabschiedet und übersehe, dass es einen staatsrechtlichen Auftrag gebe, die Souveränität des Staates zu Lande und zur Luft aufrecht zu erhalten. Ihrem Vorschlag, sich in der Luftraumüberwachung auf Radar plus Lenkwaffen zu beschränken, erteilte der Verteidigungsminister eine Absage. Ohne Abfangjäger hätte Österreich seit dem 11.9.2001 elfmal unidentifizierte Flugzeuge abschießen müssen.

Weil es auch im Rahmen einer Nato-Mitgliedschaft nicht möglich sei, die Luftraumüberwachung anderen zu überlassen, unterstrich Minister Scheibner das Anliegen, die eigene Sicherheit durch eigene Soldaten und eigene Flugzeuge abzusichern. Auch das Ende des Kalten Krieges habe die Luftraumüberwachung nicht überflüssig gemacht. Das prognostizierte Reich der Freiheit, der Sicherheit und des Friedens sei, wie der grausame Krieg in Jugoslawien gezeigt habe, nicht eingetreten. Die Bundesregierung stehe zu ihrer Verantwortung für die Sicherheit des Landes, sie werde sich auch von der Opposition nicht von dieser Verantwortung abbringen lassen.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) erinnerte daran, dass es nicht die Grünen seien, die dauernd Volksabstimmungen und Volksbefragungen verlangten, wie das die Freiheitlichen tun, sie halten die Frage der Abfangjägerbeschaffung aber für eine Gelegenheit, das Volk entscheiden zu lassen. Denn die Verteidigung der Neutralität setze die Anschaffung von Abfangjägern keineswegs voraus, zeigte sich Kogler überzeugt und erinnerte daran, dass Österreich seine Neutralität von 1955 bis 1988 ohne Abfangjäger glaubhaft verteidigt habe. Auch der häufig wiederholte Hinweis auf den 11. September 2001 belege laut Kogler nur, dass auch eine hochgerüstete Armee mit Abfangjägern nicht imstande sei, bestimmte Terroranschläge zu verhindern.

Für gänzlich unvereinbar hielt der Abgeordnete den Ankauf von Abfangjägern mit dem Anspruch, keine neuen Schulden aufzunehmen. Mindestens elf Budgets würden durch diese Beschaffung belastet, rechnete Kogler den Koalitionsparteien vor. Das Argument der Gegengeschäfte, mit dem man der Bevölkerung suggerieren wolle, es komme mehr Geld herein, als ausgegeben werde, sei falsch. Gegengeschäfte funktionierten nur im rüstungsnahen Bereich, was krisenanfällige Arbeitsplätze bedeute. Außerdem wisse man, dass mit Gegengeschäften stets ein Karussell von Provisionszahlungen in Gang gesetzt werde.

Abgeordneter GAAL (S) sieht die sicherheitspolitische Situation seit den achtziger Jahren als grundlegend verändert an. Das Bedrohungsszenario sei seit dem Ende des Ost-West-Konflikts völlig anders einzuschätzen. Sicherheitspolitik habe für die SPÖ nichts mit Parteipolitik zu tun, sie stehe dem Abfangjägerankauf aber deshalb kritisch gegenüber, weil sie wisse, dass die Ziele Nulldefizit, Steuerreform und Abfangjäger nicht zusammenpassen. "Sie wollen ohne Rücksicht auf die geänderte sicherheitspolitische Lage und ohne Rücksicht auf die Meinung der Bevölkerung einen Beschaffungsvorgang durchziehen, ohne für Transparenz und Nachvollziehbarkeit in der Beschaffungspolitik des Bundesheeres gesorgt zu haben." Darüber hinaus werden die Sozialdemokraten die Volkspartei nicht aus ihrer sozialen Verantwortung entlassen. "Gehen Sie ab von Ihrer Politik gegen die Bevölkerung", schloss Abgeordneter Gaal.

In einer tatsächlichen Berichtigung erinnerte Abgeordneter Ing. WESTENTHALER (F) Abgeordneten Gaal daran, dass sowohl er selbst als auch der ehemalige Bundeskanzler Klima noch Ende der neunziger Jahre für die Beschaffung eines Draken-Nachfolgemodells eingetreten sind.

Abgeordnete STADLER (V) machte zunächst darauf aufmerksam, dass die USA ihre Luftabwehr nach dem 11. September 2001 entscheidend verstärkt haben. Die Schlussfolgerung aus den Terroranschlägen könne nur mehr, nicht weniger Luftraumüberwachung heißen. Eine bloße elektronische Luftraumüberwachung reiche nicht aus, zeigte sich die Abgeordnete überzeugt und bekannte sich zur Verantwortung gegenüber der Sicherheit des Landes und damit für eine Ausrüstung des Bundesheeres, die es den österreichischen Soldaten erlaubt, ihre Aufgaben zu erfüllen. Es gehe nicht an, staatliche Aufgaben gegeneinander aufzurechnen. Die Sicherheit habe oberste Priorität, denn "Sicherheit ist vielleicht nicht alles, aber ohne Sicherheit ist alles nichts", lautet das Credo der Abgeordneten Stadler.

Abgeordneter Dr. BÖSCH (F) warf der Opposition vor, dieses ernste Thema zu billiger Polemik zu missbrauchen. Er erinnerte daran, dass der Kauf von Abfangjägern schon 1986 von der SPÖ ausdrücklich begrüßt und das damalige Volksbegehren gegen die Beschaffung von den Sozialdemokraten als massiver Angriff auf die Landesverteidigung abgelehnt wurde.

Abgeordnete PFEFFER (S) stellte fest, die Regierungsparteien hätten Angst vor einer Volksabstimmung, da sich in den jüngsten Meinungsumfragen 75 % der Bevölkerung gegen die Abfangjäger ausgesprochen hatten. Kein Mensch verstehe, dass Fluggeräte um Milliardenbeträge gekauft werden und die Koalition gleichzeitig eine ungeheure Belastungswelle lostritt, bemerkte Pfeffer.

Abgeordneter Dr. BRUCKMANN (V) unterstütze den Kauf der Abfangjäger mit dem Argument, Österreich sei wegen seiner Neutralität verpflichtet, seinen Luftraum zu schützen. Der Redner wandte sich gegen eine Volksabstimmung über die Abfangjäger und meinte, dieses Instrument sei nur bei entscheidenden verfassungsrechtlichen Grundsatzfragen anzuwenden, nicht aber für Fragen der Vollziehung, insbesondere komplizierte Sachverhalte, bei denen der Demagogie Tür und Tor geöffnet seien.

Abgeordnete Mag. HARTINGER (F) erwartete sich von den Abfangjägern ein Mehr an Sicherheit für Österreich und rechnete im Übrigen damit, dass die Gegengeschäfte die Anschaffungskosten mindestens um das Doppelte übersteigen werden.

Abgeordnete Dr. LICHTENBERGER (G) sah in der Neutralität kein zwingendes Argument für den Kauf von Abfangjägern. Die Verpflichtung zur Verteidigung des Luftraumes sage nichts über die dazu einzusetzenden Mittel aus, sagte sie. Erstaunlich sei es auch, dass die Bundesregierung nun in der Abfangjägerdiskussion die Neutralität aus dem Talon ziehe, wo sie doch sonst bei jeder Gelegenheit gegen die Neutralität auftritt.

Abgeordneter Dr. BRUCKMANN (V) warf ein, hätte die SPÖ den Regierungspakt unterschrieben, dann wäre sie es heute, die die Anschaffung der Abfangjäger in die Wege leiten würde.

Abgeordneter Dr. KHOL (V) unterstrich, über einen Kaufvertrag könne es keine Volksabstimmung geben. Formal müsste vor der von den Grünen verlangten Volksabstimmung das Neutralitätsgesetz derart abgeändert werden, dass es praktisch inhaltsleer würde. Der Opposition gehe es nicht um Landesverteidigung, sondern bloß um Stimmenmaximierung, diagnostizierte Khol.

Abgeordneter GRADWOHL (S) zweifelte an der Finanzierbarkeit der Abfangjäger und hielt darüber hinaus die Gegengeschäfte für überbewertet.

Abgeordneter Dr. KHOL (V) stellte klar, dass eine Volksabstimmung über die Abfangjäger nur auf dem Wege eines Bundesverfassungsgesetzes möglich wäre, das das Neutralitätsgesetz abändert.

Bundeskanzler Dr. SCHÜSSEL ortete ein Glaubwürdigkeitsproblem bei den Grünen, wenn diese als Verteidiger der Neutralität nun zum Nichtstun aufrufen. Die von den Grünen immer wieder aufgestellte Forderung nach Aufrechterhaltung der Neutralität vertrage sich schlecht mit der Ablehnung der Anschaffung von Abfangjägern.

Bei der Abstimmung wurde der Entschließungsantrag der Grünen betreffend Ankauf von Abfangjägern abgelehnt.

KURZDEBATTE ÜBER SCHLIESSUNG VON POSTÄMTERN

Eine Anfragebeantwortung durch den Infrastrukturminister veranlasste die Sozialdemokraten, die Schließung von Postämtern zu thematisieren. Abgeordneter HEINZL (S) protestierte gegen die geplante Schließung von 650 Postämtern und sprach in diesem Zusammenhang von blau-schwarzer Zerschlagung der Post. Er befürchtet massive Verschlechterungen bei der Versorgung der Bevölkerung insbesondere im ländlichen Raum und vermutete überdies, die Regierung wolle durch den Abbau von 11.000 Arbeitsplätzen den Kauf der Post für ausländische Investoren schmackhaft machen. Heinzl verwies zudem auf zahlreichen Petitionen gegen die Schließungspläne und sagte den Postbediensteten die Unterstützung der SPÖ bei allfälligen Kampfmaßnahmen zu.

Bundesminister Ing. REICHHOLD erinnerte daran, dass die Post bereits in der Zeit der SPÖ-Regierungsverantwortung aus der Hoheitsverantwortung des Bundes ausgegliedert wurde. So sei auch der Vorstand, der die derzeitigen Schließungen plant, ebenfalls noch in der SP-Regierungszeit eingesetzt worden. Reichhold berichtete weiters, dass 90 % der insgesamt 290 Beschwerdebriefe den gleichen Text aufweisen. Es liege der Verdacht nahe, dass es sich dabei um eine konzertierte Aktion seitens der SPÖ handle, die aus der Sache politisches Kleingeld schlagen wolle, stellte der Minister fest.

Abgeordnete SCHASCHING (S) verteidigte die Vorgangsweise der Sozialdemokraten, die wesentliche Infrastruktureinrichtungen in Gefahr sehen. Der jetzige Minister Reichhold habe im Gegensatz zu seiner Vorgängerin wenigstens angedeutet, dass er sich dafür einsetzen wird, dass der ländliche Raum nicht ausgehungert wird. Kritisch betrachtete sie die Haltung vieler VP-Bürgermeister, die sich für die Erhaltung der Infrastruktur nicht einsetzen. Als Beispiel nannte sie ihre Heimatgemeinde Neulengbach, wo zwei von drei Postämtern geschlossen werden sollen.

Er werfe der SPÖ nicht vor, Briefe zu schreiben, meinte Abgeordneter Mag. KUKACKA (V), aber halte es für verwerflich, dass Unwahrheiten verbreitet werden. Man müsse bei den Fakten bleiben und den Leuten sagen, dass niemand im vergangenen Jahr wegen einer Postamtsschließung entlassen worden ist. Als die Post ausgegliedert wurde, war man noch der Auffassung, dass es wichtig sei, die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen, um für den liberalisierten Markt gerüstet zu sein. Die Verunsicherungskampagne der SPÖ habe nichts mit der Realität im Lande zu tun, stellte Kukacka abschließend fest.

Die SPÖ habe tatsächlich ein Programm, meinte Abgeordnete Mag. ZIERLER (F), aber ein Programm der Unwahrheiten. Es handle sich jedoch nicht nur um billige Polemik, sondern auch um eine Kindesweglegung. Denn das Erbe, das die SPÖ der Post mitgegeben hat, mache ihren Weg in einen liberalisierten Markt nicht einfacher und erhöhe keinesfalls die Wettbewerbsfähigkeit.

Es gelte die Basisversorgung mit gewissen öffentlichen Diensten in ganz Österreich sicherzustellen, unterstrich Abgeordnete Dr. MOSER (G). Schon in der Vergangenheit wurden die falschen Antworten auf die neuen Herausforderungen gefunden, bedauerte sie. Nun gehe es darum, diese Defizite auszugleichen sich zudem darauf einstellen, dass 2007 womöglich die volle Liberalisierung eintreten wird. Da die Post AG noch immer im Eigentum des Bundes ist, habe der Minister sehr wohl noch Einwirkungsmöglichkeiten, gab Moser zu bedenken.

(Schluss Dringliche/Forts. NR)