Parlamentskorrespondenz Nr. 517 vom 03.07.2002

INNENAUSSCHUSS: SAISONNIER-REGELUNG STÖSST BEI EXPERTEN AUF KRITIK

Fremdengesetz mit den Stimmen der Regierungsparteien beschlossen

Wien (PK) - Im Innenausschuss fand heute ein öffentliches Hearing zum Fremdengesetz statt, zu dem vier von den einzelnen Fraktionen geladene Experten gehört wurden. Kritik gab es vor allem an der Saisonnier-Regelung.

Nach dem Hearing wurde das Gesetz in der Fassung eines V-F-Abänderungsantrages, der neben Präzisierungen unter anderem auch eine Ausnahmeregelung für Forscher und deren Angehörige bringt, mit den Stimmen der Regierungsparteien angenommen.

Der Leiter des Wiener Integrationsfonds, Johannes Seitner, bemängelte vor allem die Integrationsvereinbarung, die eine "einseitige Verpflichtung" darstelle und "die Integration auf das Lernen der deutschen Sprache reduziere". Das Problematische daran sei, dass hier mit Zwang gearbeitet werde, was sich nach Meinung von Experten nicht mit der Erwachsenenbildung vertrage. Zudem seien Kurse im Ausmaß von 100 Stunden nicht ausreichend, in Deutschland etwa werden Kurse mit 600 Stunden angeboten.

Andreas Hörtnagl vom AMS Innsbruck sah die Saisonnier-Regelung als "eher problematisch" an, da nun die Möglichkeit bestehe, Saisonniers bis zu einem Jahr durchgehend zu beschäftigen. Negativ bewertete er auch die Ausdehnung auf alle Wirtschaftsbereiche, bisher galt sie nur für den Tourismus und für die Landwirtschaft. Probleme erwartet er sich auch bei der durchschnittlichen Höchstgrenze von 8.000 Saisonniers.

Arnulf Komposch von der Polizeidirektion Villach wies darauf hin, dass die Novelle vom Grundsatz "Integration vor Neuzugang" getragen sei. Das Gesetz bringe eine Vereinfachung des Verfahrens und damit eine erhöhte Rechtssicherheit. Positiv bewertete er besonders die Regelungen zur Scheinadoption, das Gesundheitszeugnis und die Schaffung einer Arbeitsmöglichkeit für ausländische Studenten. Nicht einverstanden war er mit der vorgesehenen Bestimmung, dass Pendler ein Mal pro Woche ausreisen müssen, da dies kaum überprüfbar sein werde.

Rechtsanwalt Wilfried Embacher sprach sich gegen die Saisonnier-Regelung aus und wies darauf hin, dass damit zusätzliche Arbeitskräfte nach Österreich geholt werden, diese Beschäftigten aber nicht als Zuwanderer gelten. Weiter fragte er, was passiere, wenn die Pendler nicht wöchentlich ausreisen. Außerdem kritisierte er das Weiterbestehen der Quote für die Familienzusammenführung.

S-Abgeordneter Rudolf Parnigoni sprach im Zusammenhang mit dem Fremdenpaket u.a. vom Hereinholen billiger Arbeitskräfte sowie von Lohndumping und bemängelte die Regelung für Schlüsselarbeitskräfte und Familienzuzug, die Saisonnier-Regelung und die Ausweitung der Pendler-Bestimmung auf Wochenpendler. Auch schnitt er das Thema ausländischer Arbeitskräfte vor allem in den Bereichen Tourismus, Gesundheit und Bauwesen an.

Abgeordnete Terezija Stoisits (G) trat gegen die Null-Zuwanderung auf, da sie der "Feind des Wohlstandes in Österreich" sei. Im Zusammenhang mit der Ausweitung der Saisonnier-Regelung verwies sie auf die Schweiz, wo Saisonniers oder kurzfristig beschäftigte ausländische Arbeitskräfte in vielen Fällen in sozialem und menschlichem Elend leben.

Abgeordneter Peter Westenthaler (F) machte darauf aufmerksam, dass die Vorlage von der Bevölkerung überwiegend positiv aufgenommen werde, nannte den "Schmäh" mit der Aufrechterhaltung des Wohlstandes als "abgeleiert" und warf der SPÖ vor, bei der Integration in den letzten 15 Jahren versagt zu haben. Die verpflichtende Einführung von Sprachkursen sei wichtig, da viele Ausländer nur deshalb arbeitslos seien, weil sie die deutsche Sprache nicht beherrschen.

Wir wollen sozialen Frieden, wir wollen Integration und keine billige Polemik, sagte V-Abgeordneter Paul Kiss. Er verteidigte die Deutschkurse, denn "wer die Sprache des Mitbürgers nicht beherrscht, hat keinen Zugang zu den Mitmenschen".

Für Bundesminister Ernst Strasser ist zentraler Punkt der neuen Bestimmungen, dafür zu sorgen, dass ausländische Mitbürger nach und nach integriert werden. Daher werde der Grundsatz "wer legal hier lebt, soll auch arbeiten können" umgesetzt. Die Sprache sah Strasser als einen wichtigen Teil der Integration an. Den Vorwurf von Johannes Seitner, die Kurse seien mit 100 Stunden nicht ausreichend, ließ der Ressortleiter nicht gelten, biete doch der Integrationsfonds Kurse im Ausmaß zwischen 45 und 60 Stunden an.

Abgeordneter Werner Miedl (V)  sprach auch die Deutschkurse an und meinte, innerhalb von vier Jahren müsste es doch möglich sein, die angebotenen 100 Stunden zu konsumieren, um Deutsch zu erlernen. Den "sanften Druck" hielt er für gerechtfertigt, zumal türkische Männer ihre Ehefrauen nicht aus dem Haus lassen, damit sie die deutsche Sprache lernen.

Abgeordneter Walter Posch (S) erkundigte sich danach, wie man die Quote der Saisoniers kontrollieren wolle, durch die neue Pendler-Regelung befürchtete er einen massiven Zustrom an Arbeitskräften aus dem Ausland. Für ihn handelt es sich nicht um "Integration, sondern um Selektion".

Bundesminister Martin Bartenstein sprach von einer Gleichschaltung des legalen Aufenthalts mit einer legaler Arbeitsmöglichkeit. Die Zuwanderung müsse auch im Lichte des Arbeitsmarktentwicklung gesehen werden. Eine Verelendung von Saisonniers kann sich Bartenstein nicht vorstellen, weil es sich dabei um Jobs handelt, für die man keine Österreicher findet; diese Personen haben kein Zuzugsrecht und kein Recht auf Familiennachzug, fügte er an. Außerdem verwies der Minister darauf, dass bereits jetzt 40 % der Saisonniers durcharbeiten.

Während Abgeordneter Johann Loos (V) die Saisonnier-Regelung aus der Sicht der Landwirtschaft begrüßte, befürchteten die SP-Abgeordneten Emmerich Schwemlein und Helmut Dietachmayr hingegen durch das Ansteigen der Saisonkräfte einen Druck auf den heimischen Arbeitsmarkt sowie Lohndumping.

Abgeordneter Matthias Ellmauer (V) betonte, der Grundsatz "Wer sich legal in Österreich aufhält, der soll auch hier arbeiten dürfen" sei eine langjährige Forderung der Volkspartei und komme im Fremdengesetz zum Ausdruck.

Abgeordnete Helene Partik-Pable (F) zeigte keinerlei Verständnis für die Kritik der Opposition bezüglich des Gesundheitsnachweises und verwies auf die klassischen Einwanderungsländer, in denen solche Gesundheitstests seit jeher gängige Praxis sind.

In der Frage der Sprachkurse trat Abgeordneter Rudolf Parnigoni (S) für Motivation ein und stellte klar, seine Fraktion sei keineswegs dagegen, dass Einwanderer Deutsch lernen. Die Sozialdemokraten würden dabei aber auf das "Zuckerbrot" setzen, während die Regierungsparteien eher für die "Peitsche" seien, brachte Parnigoni seine Einschätzung der unterschiedlichen Standpunkte auf den Punkt.

(Fortsetzung)